Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Fahrsamengewinnung
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Fahrsamengewinnung.
Auf dem Wege von Birnau nach Benshausen ist ein Fleck, darauf spukt ein Jägergeist, weil er, da er noch lebte, dort Fahrsamen gewann, d. i. den unsichtbarmachenden Samen des Farnkrautes, dessen Besitzer ungesehen hinfahren kann, wohin er will. Er trat zur Sonnenwendezeit in der Mittagsstunde auf eine Waldblöße, breitete ein weißes Tuch aus, auf das er sich stellte, und schoß gegen die Sonne. Da fielen drei Tropfen Blutes herab, die mußte er auffangen und wol bewahren, das war der Fahrsamen, dessen Gewinnung den Jäger freilich dem Teufel weihte. Der Jäger kannte seinen Todestag, sagte [19] ihn sogar voraus, und that an demselben einen schrecklichen Brüll. Nun sitzt er dort am Wege in der Mittagsstunde auf einem Stein, hat einen gedrückten altmodischen Jägerhut auf, und drei weiße Hündlein bei sich, wie der Wode, zu jeder Seite eins und eins auf dem Schooße – die weichen nimmer von ihm.