Thränen der Rose

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Autor: Ferdinand Stolle
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Titel: Thränen der Rose
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 1
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1862
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Thränen der Rose.

Von F. Stolle.



Willst Du im Blumenschmuck der Au’n
Des Frühlings Bild, das schönste, schau’n,
O, wolle zu der Rose gehn,
Wenn ihr im Aug’ die Thränen stehn.

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Die Rose kennt Dein Herzeleid,

Sie kennt auch Deine Himmelsfreud’,
Und sie, der Blumen schönste Zier,
Theilt gerne Leid und Freud’ mit Dir.

Sieh’ dorten unterm Lindenbaum

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Ein kleines Grab im stillen Raum,

Davor, allein mit seinem Schmerz,
Ein gramgebrochen Mutterherz.

Die bleiche Mutter, ganz verarmt,
Sie hält das kleine Grab umarmt,

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Denn hier in Blumen, sanft und lind,

Hat man versenkt ihr einzig Kind.

Der Abend thaut aus Himmelshöh’n –
Rings blühn die Rosen wunderschön –
Wie sie den Schmerz der Mutter sehn –

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In ihrem Aug’ die Thränen stehn.





Des Vaterlandes schönster Tag –!
O Gott, wer ihn erleben mag!
Der alte Traum seit tausend Jahr
Ist Wahrheit worden golden klar;

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Die Sonn’ erglänzt; ihr Himmelsstrahl

Begrüßt zum allerersten Mal
Vom Nordmeer bis zur Alpenwand,
Vom Elsaß bis zum Dünastrand
Ein freies deutsches Vaterland;

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Und alle Glocken, groß und klein,

Im ganzen Reiche fallen ein –
Es ist ein Morgen, dessen Freuden
Im Himmel Gottes Engel neiden,
Es ist ein Morgen, eine Pracht

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Nach langer thränenreicher Nacht,

Daß das urältste Herze lacht
Und allen Rosen wunderschön
Vor Freuden die Thränen im Auge stehn.