Zum Inhalt springen

Ueber die Wertschätzung der Bücher im Mittelalter

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ueber die Wertschätzung der Bücher im Mittelalter
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 33, S. 564
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[564] Ueber die Wertschätzung der Bücher im Mittelalter. Im Mittelalter, als es noch keine gedruckten, sondern nur mit der Hand mühsam geschriebene Bücher gab, wurden diese als ein kostbarer Schatz betrachtet, der mit großer Sorgfalt vor Entwendung behütet wurde. Die Bibliotheken waren damals vorzugsweise Eigentum der Kirche; ihre Vermehrung erfolgte demgemäß beinahe ausschließlich durch geistliche Personen. Namentlich war es gebräuchlich, beim Eintritte ins Kloster Bücher zu opfern, um sich eines freundlichen Entgegenkommens zu versichern. Im Kloster St. Mesmin bei Orleans brachte der Abt Helias die Chronik des heiligen Hieronymus, welche er von einem Mönch hatte schreiben lassen, am Gründonnerstag auf dem Altare dar und verfluchte feierlich jeden, der sie dem Kloster entfremden würde. Als der Dekan zu Jllmünster 1422 seinen „allerliebsten Schatz, das ist mein Bibel und andre Volumina meiner Bücher“ dem Kloster Untersdorf zu einem Jahrtag vermachte, bat er den Abt, mit schwerem Bann und Edikt zu gebieten, „daß ihn von eurer Librey nyman nehm, entziech noch entpfrömd in kainerley weis“. Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß das Entleihen von Büchern damals nicht immer sehr leicht war. Der Abtei von Penpont wurden 1231 Bücher vermacht gegen das eidliche Versprechen, nur gegen völlig sichere Bürgschaft welche davon auszuleihen. Nur wenn einer der Brüder „ad scolas“ geschickt würde, sollte man ihm Bücher mitgeben. In Münster ward 1362 verordnet, daß nur zuverlässigen geistlichen Personen Bücher geliehen werden sollten, in anderen Fällen aber die Genehmigung des Domkapitels einzuholen sei. Gerhard Groote († 1384) vermachte seine Bücher den „Brüdern des gemeinsamen Lebens“, damit sie dieselben mit Vorsicht zwar, aber doch liberal an die Brüder und Schüler ausliehen. Meist wurde aber ein gleichwertiges Pfand als Einsatz für entliehene Bücher verlangt, wenn das Entleihen nicht überhaupt ganz verboten war. Einer der vornehmsten englischen Büchersammler, der zu Anfang des 14. Jahrhunderts lebende Richard de Bury, ein Freund Petrarkas, verordnete, daß Bücher, von welchen kein Duplikat vorhanden war, durchaus nicht aus dem Hause gegeben werden sollten. Er ermahnt die Studenten in eindringlichster Weise, die Bücher nicht zu verunreinigen, und ist von Entsetzen erfüllt über die Gefahren, welche den schön geschriebenen und gemalten Büchern durch schmutzige Hände, essende, trinkende und schwatzende Leser, durch Beschmieren der Ränder oder gar durch Diebe drohen. Die Strafe des Bannfluches hält er einem solchen Vergehen gegenüber nicht für zu schwer. Hier und da wurden Bücher auch auf Zins ausgeliehen; das Basler Domkapitel erhielt z. B. zu diesem Zwecke Bücher vermacht, und auch für das Ausleihen der von Johannes von Gmunden der artistischen Fakultät zu Wien 1435 vermachten Bücher hatte er in seinem Testamente eine Taxe festgesetzt. Hierin könnte man also die Anfänge der Leihbibliotheken sehen, wenngleich zuzugeben ist, daß der geistige Inhalt jener alten von dem dieser neuzeitlichen Bücherleihanstalten grundverschieden war.