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Uffs Schneiderdokters Taud

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Textdaten
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Autor: Michel Buck
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Titel: Uffs Schneiderdokters Taud
Untertitel:
aus: Bagenga’. Gedichte in oberschwäbischer Mundart. S. 147-152
Herausgeber: Friedrich Pressel
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: bis 1888
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Robert Lutz
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Erscheinungsort: Stuttgart
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Originaltitel:
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Quelle: Google-USA* und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[147]

Uffs Schneiderdokters Taud.[1]

Jessesle, was muaß i haira,
Was, der Moischter, dear sei taut,
Und i könn füar sovel Laihra
Nimma healfa’n in der Naut?

5
O was ischt des Menschaleaba!

Zmôl verfluichts aß wia der Rauh,
Gäucht[2] se oiner mächtig eaba,
Guckt er num, so hôts en au.

Z Wocha[3] wead se s wieder jähra,

10
Daß er Anno dreißg und neu’

(Denk i dra’, so muaß i plära)[4]
Bei üs uff der Stair[1] ischt gsei’.

[148] Uffam Simbsa bi’n i gseassa,
Hau’ dô Bleatzla zema[5] gnäht,

15
Doch mei’ Nähi[6] hôt a bseassa[7]

Und höllbsinntisch[8] gheit[9] und grät.[10]

„Gang aweagg dô mit deim Trôdel,“[11]
Sait er zôanig zmôl, und hui
Steckt er miar sei’ graußi Nôdel

20
Beima Zol tuif nei’ ins Knui.


Und der Au’mensch hôt noh pfiffa
Und ab meini Schmeaza glacht:
„Hättescht mit de Buaba gschliffa
Statt dôha’ da Schneider gmacht!“

25
Doch mei’ Muatar hôt vom Klôsa[12]

Guatsla brôcht und hôt mi träuscht[13]
Und am Knui mei’ Waihli blôsa.
„Schneidergitz![14] jetz näh i aischt!“[15]

Und a Jährle viari später

30
Macht er miar s Studentahäs,[16]

[149] Und dô sait dear Uebelthäter:
„Michöl, desmôl geits a wähs.“[17]

Und mei’ Kittel hôt zwe’ Roiha
Geali[18] Knöpf, verguldte, ghätt,

35
Lange Flügel zum Vermoia[19]

Hinta nous im Luft um d Wett.

D Hosa mit em broita Lada
Hau’t noh Leadarsteag[20] am Fuaß,
Gauh’ mer[21] rouf bis über d Wada,

40
Daß i seall drob lacha muaß.


„Jetza, Michöl, gang in Tenna[22],
Laß di bei de Drescher seah’,
Jeder wead der, däascht it pflenna,“[23]
Gwis en nuia Kreuzer gea’.

45
Und i moi’, i sei schau’ s Hairle,

Und i gäuch[24] mi wia’n a Pfô,
Und miar springet, i sags aihrle,[25]
Aelli kleini Kinder nô.

[150] Und so dourat d Freud a Weile,

50
Bis i na ge Bibra[26] komm.

Voar em Thoar will eusa Gäule,
S gscheit, glei wieder kaihra’n um.

S Räpple hôt dui Sach verstanda,
Denn as ischt uff Jôhra[27] gsei’,

55
S hôt wohl denkt: „jetz stauh’t mer z Schanda,

Ai, was fällt em d Studi[28] ei’?“

Richtig, wia’n i mit em wäha[29]
Häs dur s Städtle laufa thua,
Hair i schreia, lacha, schmäha:

60
„Gucket au dea Bourabua!“


Und se zupfet an meim Kittel
Und se zupfet an meim Häs
Vom Gennasi[30] bis zum Spittel –
O wia hein[31] i dô so räs![32]

65
„Schneidergitzle, du bischt schuldig,

Thuascht mer älli Schanda’n a’!“
Zletschta wear i nôch geduldig,
Hair dia Reda rüabig[33] a’.

[151] D Jährla rennet, was se könnet,

70
Meine Kittel wearet alt,

D Hosa breachet, d Nôhta[34] trennet
Bald von sealber, bald mit Gwalt.

Und nô lange, lange Zeita
Macht der hetischt[35] Sünder oft

75
Endli denischt[36] doch da Gscheita,

Und it sealta au’verhofft.

So isch mit em Schneider ganga:
Denket, was dear Schlinkel thuat!
Nimmt me mit em Doktra[37] gfanga,

80
Und i wear am wieder guat,


Thuat me nuje Käu’schta[38] laihra –
„Diese[39] Studi ischt nu’ Dau’scht.“[40]
Und i hau’n ems grauß in Aihra,[41]
Denn se sind vom Dokter Fau’scht,

85
Laihrt me guati Seaga spreacha

Und nôch d Schmeaza neamma’n au,
Laihrt in baisi Finger steacha,
Kommt Materi,[42] bin i frauh!

[152] Und a Dörrband laihrt er macha

90
Füar dia Leut, wo flüssig sind,

Und vill guati Salba macha,
Aellas ussam Fundament.

Aber s moi’t a menger,[43] wunder
Was er für a Käu’schtler sei,

95
Nôch, was gschieht? dô füahrt der Donder[44]

Oim da Taud in d Stuba glei,

Wos bei älli Käu’schta eaba
Wôlli[45] über d Lacha gôht.
Jetz, was hoißt des zeitle Streaba,

100
Daß ma’ so a Lusi[46] hôt?


Sag is it, daß s Menschaleaba,
Zmôl verfluicht aß wia a Rauh?
Gäuch se oiner grad noh eaba,
Guckt er num, so häbs a’n au!



  1. a b S. ob. S. 47. Stör=Wanderschaft
  2. Spreizt.
  3. In der nächsten Woche.
  4. Weinen.
  5. Zusammen.
  6. Nähen.
  7. Wahnsinnig.
  8. Höllenmäßig.
  9. Geärgert.
  10. Geärgert.
  11. Umtrieb.
  12. St. Niklas-Tag.
  13. Getröstet.
  14. Geiß.
  15. Erst.
  16. Anzug eines Lateinschülers.
  17. Schönes.
  18. Gelbe.
  19. Verlustieren.
  20. Lederstulpen.
  21. Gehen mir.
  22. Scheune.
  23. Weinen.
  24. Spreize.
  25. Ehrlich.
  26. Biberach.
  27. Bei Jahren.
  28. Das Studium.
  29. Schönen.
  30. Gymnasium.
  31. Weine.
  32. Herb.
  33. Ruhig.
  34. Nähten.
  35. Härteste.
  36. Dennoch.
  37. Doktern, Heilkunst treiben.
  38. Künste.
  39. Jenes dein.
  40. Dunst.
  41. Rechne es ihm hoch an.
  42. Eiter.
  43. Mancher.
  44. Donner.
  45. Weidlich, hurtig.
  46. Aufhebens, Lebtag.