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Versuche über die Fortpflanzungsweise der Wellen auf der Oberfläche von Flüssigkeiten

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Textdaten
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Autor: Harrison Gray Dyar
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Titel: Versuche über die Fortpflanzungsweise der Wellen auf der Oberfläche von Flüssigkeiten
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band LX
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
Auflage:
Entstehungsdatum: 1843
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel: Expériences sur le mode de propagation des ondes à la surface des liquide
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Annales de chimie et de physique. Trosième Séries, tome septième, p. 421-425. Google
Quelle: Scans auf Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[558]
X. Versuche über die Fortpflanzungsweise der Wellen auf der Oberfläche von Flüssigkeiten;
von Hrn. Dyar,
Bürger der Vereinigten Staaten Nord-Amerika’s.
(Annales de chemie et de physique, Ser. III T. VII p. 421.)


I. Man kann immer an der Oberfläche einer Flüssigkeit eine Welle erregen, die sich ganz unter oder über der freien Oberfläche dieser Flüssigkeit fortpflanzt.

Taf. II Fig. 8

Es diente dazu ein Kanal von 3m,33 Länge und 0m,16 Breite (Taf. II Fig. 8). Eine der langen Wände dieses war von Glas, damit man durch sie hin die freie Oberfläche der Flüssigkeit sehen könnte, und auf dieser Glasplatte war, entsprechend dem Niveau der Flüssigkeit im Zustand der Ruhe, eine Linie gezogen.

[559] Zur Erregung einer Welle gebrauchte man einen starren Körper, dessen Gestalt und Dimensionen durch die drei in Fig. 9 Taf. II abgebildeten Projectionen hinreichend angezeigt sind. Diesen Körper taucht man, an einem Ende des Kanals, in das Wasser, mit solcher Geschwindigkeit, daß das Wasser etwa 0m,03 steigt. Diese Welle verläßt sogleich den Körper, und pflanzt sich in dem Kanäle bis zum anderen Ende fort, wo sie reflectirt wird; endlich verschwindet sie nach und nach in Folge des Widerstandes, den sie bei ihrer Fortpflanzung erleidet.

Taf. II Fig. 9

Wenn man während dieses Vorgangs das Niveau der Flüssigkeit in dem Kanal sorgfältig durch die Glasplatte hin beobachtet, so findet man, daß dessen Horizontalität nicht gestört worden ist, und daß sich das Niveau an keinem Punkte unterhalb der auf das Glas gezogenen Linie gesenkt hat. Kurz die einzige Welle ist bei ihrer Fortpflanzung gänzlich oberhalb der ebenen Oberfläche der Flüssigkeit geblieben. Man kann daher diese Welle Wellenberg (onde élevée) nennen.

Nachdem die Welle verschwunden und die Horizontalität der Oberfläche sich vollständig wieder hergestellt hat, ziehe man den Körper senkrecht in die Höhe, mit derselben Geschwindigkeit, mit der man ihn eingetaucht hatte. Es wird sich in der Flüssigkeit eine Vertiefung bilden, welche sich in Gestalt einer einzigen concaven Welle fortpflanzen wird. So wie sie einen Punkt des Kanals durchlaufen hat, nimmt die Flüssigkeit in diesem Punkt ihr früheres Niveau ohne irgend eine Oscillation wieder an, so daß in der ganzen Erstreckung des Kanals die freie Oberfläche der Flüssigkeit vollkommen eben und horizontal bleibt, bis auf die veränderliche Stelle, welche die Welle einnimmt, die zuletzt verschwindet. Man kann diese Welle, im Gegensatz zur ersteren, Wellenthal (onde déprimée) nennen.

II. Diese beiden Wellen, nämlich die erhobene [560] und die vertiefte, lassen sich auf mehre Weisen hervorbringen.

So z. B. wurden gleiche Versuche, wie die obigen, an einem großen kreisrunden Gefäße von 6m,66 Durchmesser angestellt, in welchem sich an mehren Punkten Stifte erhoben, an denen die Niveaulinie bezeichnet war, um die Bewegung der freien Oberfläche zu beobachten. Der zur Erregung der Wellen dienende Körper ist ein Umdrehungskörper , Fig. 10 Taf. II, welchen man in der Mitte des Gefäßes senkrecht eintaucht bis zum Niveau . Alsdann bildet sich um diesen Körper eine kreisrunde Welle, welche sich vom Mittelpunkt bis zum Umfang kreisförmig fortpflanzt, ohne die freie Oberfläche der Flüssigkeit anderweitig zu verändern. Die erzeugte Welle ist also ein Wellenberg.

Taf. II Fig. 10

Zieht man, nach Wiederherstellung des Gleichgewichts, den Körper rasch heraus, so entsteht ein kreisrundes Wellenthal, ohne daß sich die Flüssigkeit irgendwo über das allgemeine Niveau erhebt.

III. Läßt man einen Körper in Wasser mit ruhiger Oberfläche fallen, so bestimmt die Gestalt dieses Körpers die Bildung einer oder mehrer Wellen.

Wenn z. B. der Körper , Fig. 11 Taf. II, an einem Faden hängend, in der Milte des kreisrunden Gefäßes rasch und vollständig eingetaucht wird, so entsteht nur eine einzige Welle, die sich auf der Oberfläche des Wassers fortpflanzt.

Taf. II Fig. 11

Zerschneidet man denselben Umdrehungskörper nach seinem größten Kreis , Fig. 12 Taf. II, und taucht eine seiner Hälften auf dieselbe Weise ein, so wird sich eine Reihe Wellen bilden und in dem Becken fortpflanzen.

Taf. II Fig. 12

IV. Die Breite einer Welle kann in Bezug auf die Höhe derselben beliebig vergrößert, aber nicht unterhalb eines gewissen Minimums verringert werden.

Schaltet man z. B. zwischen die beiden Hälften des [561] zu den erwähnten Versuchen angewandten Umdrehungskörpers ein cylindrisches Stück ein (Fig. 13 Taf. II), und taucht man das Ganze nun in der Mitte desselben Behälters mit mäßiger Geschwindigkeit unter, so beobachtet man, daß die Welle in Breite zugenommen hat, und oben eine gewisse Strecke eben ist.

Taf. II Fig. 13

Macht man denselben Versuch in dem Kanal, unter analoger Abänderung des früheren Körpers (Fig. 14), so zeigt eine Beobachtung durch die Glaswand, daß der ebene Theil der Welle in Beziehung steht zu dem Theil des eingetauchten Körpers.

Taf. II Fig. 14

Diese Erscheinung zeigt sich immer, die Welle mag eine erhobene oder vertiefte seyn.

V. Den Durchschnitt einer Welle in ihrer einfachsten Gestalt, d. h. im Minimo ihrer Breite, will ich hyperbolische Parabel nennen. (Fig. 15) stellen diese mit Sorgfalt durch die Glaswand des Kanals beobachteten Curven dar.

Taf. II Fig. 15

VI. Die auf der Oberfläche des Wassers sich fortpflanzenden Wellen haben keinen Einfluß auf die Theilchen, die sich in einer Tiefe gleich der doppelten Höhe der Wellen unter dem allgemeinen Niveau befinden. Dieß wurde in dem Kanal beobachtet, indem man feinen Staub in die Flüssigkeit brachte.

VII. Wenn zwei Wellen von gleichem Volum, eine erhobene und eine vertiefte, sich in entgegengesetzter Richtung bewegen, so verschwindet jede Störung des Niveaus im Moment wo beide Wellen einander treffen allein nach dieser Durchdringung pflanzt jede sich in ihrer Richtung fort, ohne die mindeste Störung.

Macht man den Versuch in dem Kanal mit einer Flüssigkeit, die Staubtheilchen in Schwebe enthält, so sieht man im Augenblick des Zusammentreffens beider Wellen die Bewegung dieser Theilchen verschwinden.

Man änderte die Versuche dahin ab, daß man zwei erhobene, und dann zwei vertiefte Wellen zusammenstoßen [562] ließ. Die Wirkungen überdeckten sich im Moment des Zusammentreffens beider Wellen. Hierauf fuhr jede fort sich wie zuvor fortzupflanzen.

VIII. Wenn zwei Wellen verschiedener Art, die sich in gleicher Richtung fortpflanzen, einander treffen, so verschwinden ihre Effecte im Moment der Durchdringung, sobald sie gleiche Dimensionen haben, oder erstere subtrahiren sich, wenn sie ungleich sind. Allein nach der Trennung kehren beide Wellen auf ihren früheren Zustand zurück. In keinem Falle also kann eine Welle eine andere bleibend abändern.

Taf. II Fig. 16

Von bis , Fig. 16, ist, eine Reihe erhobener Wellen dargestellt, von bis eine Reihe vertiefter, endlich von bis eine Reihe abwechselnd erhobener und vertiefter[1].


  1. Vollständigere und gründlichere Untersuchungen über diese Gegenstände besitzen wir bekanntlich in der „Wellenlehre“ von E. H. und W. Weber (Leipzig 1825).
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