Vom Weihnachtsbüchertisch (Die Gartenlaube 1886/50)

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Titel: Vom Weihnachtsbüchertisch
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aus: Die Gartenlaube, Heft 50, S. 883–884
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Rubrik: Vom Weihnachtsbüchertisch
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[883] Vom Weihnachtsbüchertisch. Eine Zahl von Prachtalbums und elegant eingebundenen Dichtwerken hat sich wieder auf unserem Büchertisch eingefunden und harrt der Beleuchtung durch die Kerzen des Christbaums. Zum ersten Male ist eine Berliner „Bunte Mappe“ (München 1886, Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft“) erschienen, welche den bisher so beliebten Münchener „Bunten Mappen“ Konkurrenz macht. Da sehen wir die Berliner Künstler im Verein thätig, in Genre- und Stimmungsbildern, in Portraits und Studienköpfen, in Erinnerungsblättern jeder Art die künstlerische Leistungsfähigkeit der Reichshauptstadt zu bewähren. Da fehlt weder Ludwig Knaus, der uns einen genügsamen Weltbürger mit köstlichem Humor zeichnet, noch Adolf Menzel, der in „Der Stickkünstler“ ein mit großer Feinheit ausgeführtes Erinnerungsblatt an die japanische Gesandtschaft giebt, noch August von Heyden („Im Frühling“) und Paul Thumann („Frühlingsblumen“) mit ihren stimmungs- und deutungsvollen Gestalten und Gruppen. Von Hermann Prell’s Fresken im Rathhaussaale zu Worms erhalten wir eine charakteristische Probe; Anton von Werner führt uns militärische Gestalten aus der Zeit des alten Fritz und der Gegenwart vor: wir können nicht alle die originellen und anziehenden, oft mit vielem Humor ausgeführten Bilder namhafter Meister und strebender Talente hier erwähnen. Auch der Berliner Parnaß ist in den Texten ziemlich vollzählig vertreten; es wechseln Gedichte, Humoresken, Novellen; da fehlt kein Name von Spielhagen und Lindau, Rodenberg und Ring, Elisabeth Werner und Julius Wolff, Hans Hopfen und Hermann Heiberg, bis zu den Jüngeren, die strebend sich bemühen, wie Karl Bleibtreu.

In einer illustrirten Prachtausgabe ist Rudolph Baumbach’s „Truggold“, eine Erzählung aus dem 17. Jahrhundert, erschienen (Berlin, Albert Goldschmidt). Diese Erzählung ist in Prosa geschrieben: man vermißt ungern die schalkhaften Verse des Dichters; doch dem Illustrator giebt sie in Genrebildern und Liebesscenen und durch charakteristische Gestalten reichlichen Stoff, welchen Philipp Grot Johann mit Geschick verwerthet hat.

Auch ein älterer Dichter, Freiherr von Eichendorff, der einige unvergängliche Lieder gedichtet, die mit ihrem stimmungsvollen Reiz sich im Herzen unseres Volkes eingebürgert haben, erscheint auf dem Weihnachtsbüchermarkte mit einem größeren Werke: „Aus dem Leben eines Taugenichts“, von welchem die Amelang’sche Verlagsbuchhandlung in Leipzig eine illustrirte Prachtausgabe erscheinen läßt. Die Ausgabe ist mit 38 Heliogravüren nach Originalen von Philipp Grot Johann und Professor Edmund Kanoldt ausgestattet. In dieser Novelle überwiegt das lyrische Element; sie enthält einige der schönsten Eichendorff’schen Lieder; es ist natürlicb, daß auch die Illustrationen diesen Charakter tragen, und wenn es auch nicht an einigen genrehaften Situationsbildern fehlt, so sind doch die überwiegende Mehrzahl der Zeichnungen landschaftliche Stimmungsbilder, auf denen der träumende Taugenichts bisweilen nur Staffage ist. Die Zeichnungen haben zum Theil einen sonst nur durch den Pinsel zu erreichenden lyrischen Reiz.

Zu dem deutschen Roman, welcher maßgebend geworden ist für deutschhistorische Romandichtung aus älterer Zeit: Scheffel’s „Ekkehard“, jedenfalls der werthvollsten Dichtung, welche der Autor hinterlassen, sind Bilder mit erklärendem Text erschienen (München, Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft). Die Bilder, die sich durch anmuthige Auffassung der Hauptfiguren auszeichnen, bisweilen wie „die Hunnenschlacht“ größere Tableaus bieten, bisweilen einen schalkhaften Humor athmen, wie Rudimann und Kerhildis, sind von den Malern J. Benczur, W. Dietz, C. Grützner, J. C. Herterich, L. Hofmann-Zeitz, von A. Liezen-Mayer und G. Max, die Textillustrationen von O. Seitz gezeichnet, während Ludwig Fulda den Text und die theils biographische, theils die Dichtung erläuternde Einleitung mit gewandter Feder verfaßt hat.

Im Verlage von F. Cavael in Leipzig ist ein duftiger, aus Liedern und Bildern gebundener Blüthenstrauß neuer Lyrik erschienen unter dem Titel „Ein Frauenherz“. Frida Schanz, welche durch anmuthige Verse einst die Preisrichter so bestochen hat, daß sie dieser Musenjüngerin den ersten Preis für das beste Studentenlied zuertheilten, hat ein sehr hübsches einleitendes Gedicht zu diesem Album verfaßt. Die biographischen Notizen, welche den einzelnen Gedichten vorausgeschickt sind, zeichnen sich durch knappe und doch bezeichnende Form im Lebensabriß und im kritischen Urtheil aus. Die Zeichnungen von Richard Gutschmidt schließen sich mit Bezug auf Weichheit des Tons an die Thumann’sche Richtung an; die Auswahl der illustrirten Gedichte wurde durch die Tendenz der Sammlung und die Eigenart des illustrirenden Künstlers bestimmt.

Mächtig treten uns „Richard Wagner’s Heldengestalten“ in 18 Portraitbildern entgegen, welche im Verlage von Edwin Schloemp in Leipzig erschienen sind. Den erläuternden Kommentar zu den einzelnen Bildern hat Hans von Wolzogen geschrieben, einer der eifrigsten und kundigsten Wagnerianer; die Bilder, nach Originalphotographien in Autotypie von Angerer und Göschl in Wien sind nach den Masken der namhaftesten Wagner-Sänger entworfen und sind, wie das von solchen Künstlern zu erwarten ist, durchaus charakteristisch für die von ihnen ins Leben gerufenen Gestalten. Da sehen wir den „Rienzi“ des Tichatschek, den „Fliegenden Holländer“ des Max Staegemann, den „Tannhäuser“ des Ant. Schott, den „Lohengrin“ des Emil Goetze, den „Siegmund“ Albert Niemann’s, den „Tristan“ Heinrich Vogl’s, den „Parcival“ von Heinrich Gudehus, den „Gurnemanz“ von Emil Scaria etc. Das „Vorwort und die Erklärungen“ von Hans von Wolzogen sind in dem bekannten schwunghaften Stil dieses Autors gehalten, der auch den einzelnen Sängern gerecht wird.

Daß der Berliner Humor nicht bloß von neuem Datum ist, daß er schon zur Zeit des Eckenstehers Nante und vor derselben blühte: das beweist die mit 23 Tafeln in kolorirtem Lichtdruck ausgeführte Mappe „Berliner Humor vor 50 Jahren“. Nach Zeichnungen von B. Dürbek (Berlin, Mitscher und Röstel): man wird sich an manchen dieser drolligen Bilder ergötzen. Der Berliner Witz war damals harmloser, aber nicht minder schlagend.

Die „Worte der Weisen aus allen Völkern und Zeiten“, welche K. Hertz im Verlage von Gebrüder Kröner in Stuttgart herausgegeben hat, verfolgen den Zweck, „dem gebildeten Publikum eine gedrängte Auswahl aus den schönsten und tiefsinnigsten Gedanken der Weltlitteratur, soweit dieselben in spruchartig abgeschlossener Form gefaßt sind, vorzuführen“. Dieser Aufgabe ist der Verfasser vorzüglich gerecht geworden. Aus der reichen Fülle des Spruch- und Sentenzenschatzes aller Völker und Zeiten hat er mit kundiger Hand das Beste und Prägnanteste ausgewählt, die deutschen Sprüche und Sentenzen nach den verläßlichsten Quellen. Die fremdländischen Citate sind nach anerkannt guten Uebertragungen oder, wo solche nicht vorhanden, in trefflicher, eigener Verdeutschung gegeben. Insbesondere aber unterscheidet sich die vorliegende Sammlung von anderen ähnlichen durch genaue Angabe der Quelle bei jedem einzelnen Spruche, und das ist ein Vorzug, der sicher allgemeine Anerkennung finden wird.

[884] Für die Jugend sind noch zwei Schriften von Frida Schanz erschienen, welche wir nachträglich kurz empfehlen möchten. In den hübschen Erzählungen unter dem Titel „Blumen und Früchte“ (Stuttgart, Gustav Weise) wendet sich die Verfasserin an Mädchen im Alter von 6 bis 9 Jahren, in dem zweiten Bande „Jn der Feierstunde“ (ebenda) dagegen an solche im Alter von 8 bis 12 Jahren. Beide Bände sind mit je vier farbigen Illustrationen von P. Wagner geschmückt.

Eine der schönsten Weihnachtsgaben für den Familienkreis sind Robert Schumann’s „Kinderscenen“ (Leipzig, Adolf Titze). Das geschmackvoll ausgestattete Werk enthält dreizehn Musikstücke Schumann’s für das Pianoforte, mit Dichtungen von Albert Träger und kecken, humorvollen Bildern von Alexander Zick, die mit Dichtung und Musik vortrefflich übereinstimmen. Wo immer die edle Musika ein Heim gefunden hat, da werden auch die „Kinderscenen“ willkommen geheißen werden und sich im Sturme die Herzen von Groß und Klein erobern.

„Zweimal Christnacht“ betitelt sich ein freundlich ausgestattetes dramatisches Märchen in acht Bildern von Auguste Goetze (Leipzig, Oswald Mutze), ein Märchen von erzieherischer Tendenz, in welchem die Kinder eines Stadtmusikus die Hauptrolle spielen und der heilige Nikolas als Pädagog auftritt. Die Verfasserin ist ja als Bühnenschriftstellerin bekannt, und so hat sie einzelne Scenen wirksam angeordnet und läßt in die bürgerlichen Verhältnisse ein wenig Weihnachtsglorie fallen.

Es giebt ja heut zu Tage ein sehr modernes Publikum, welches alles Neueste der Dichtung bevorzugt: doch es giebt auch altmodische Leute und für diese ist ein bereits in zweiter Auflage vorliegendes Liederbuch bestimmt: „Als der Großvater die Großmutter nahm“ (Leipzig, F. Wilh. Grunow). Da finden sich Fabeln, Erzählungen, Lieder aus guter alter Zeit, aus unserer klassischen Epoche, aber auch aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. Die buchhändlerische Ausstattung entspricht durchweg der eigenartigen Tendenz. †