Von einem Vielgenannten (Die Gartenlaube 1875/48)

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Titel: Von einem Vielgenannten
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aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 812
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[812] Von einem Vielgenannten. Durch die Freundlichkeit eines angesehenen Mitbürgers ist uns ein von hervorragender Seite an denselben gerichteter Privatbrief zugestellt worden, der eine auf die „Gartenlaube“ bezügliche Stelle enthält. Bei dem Belang des darin berührten Punktes glauben wir der betreffenden Aeußerung hier einen Platz vergönnen zu müssen. Es heißt in dem Briefe:

„Ihre Frage nach bestimmter Auskunft über das Befinden des Dr. Lasker kann ich nur dahin beantworten, daß sich derselbe zwar in erfreulicher Weise von seiner lebensgefährlichen Krankheit erholt hat, daß seine Gesundheit aber noch immer angegriffen ist und der sorgfältigsten Schonung bedarf. Es widerlegen sich durch diesen so einfachen Umstand alle jene Gerüchte, die das Publicum unserer für Geschichtenträgerei und Mythenbildung so empfänglichen Tage schon hier und da nach sachlich gar nicht vorhandenen Gründen suchen ließen, durch welche das Ausscheiden Lasker’s aus der Justizcommission des Reichstags veranlaßt sei. Er wird eben aus naheliegenden Gesundheitsrücksichten noch längere Zeit seine parlamentarische Thätigkeit einschränken müssen, und es ist zu wünschen, daß er diesen Vorsatz festhält, da die Nation doch wahrlich kein Interesse daran hat, ausgezeichnete und ihrer Sache nothwendige Männer vorzeitig im Dienste derselben sich aufreiben zu sehen. Da ich aber von der Neigung unserer Zeit für Gerüchts- und Sagendichtung spreche, kann ich nicht umhin, einer recht curiosen, ja frappirenden Bemerkung zu gedenken, die sich in dem letzten jener Artikel findet, welche die ‚Gartenlaube‘ seit einigen Monaten über den Börsen- und Gründungsschwindel bringt.

Man braucht Lasker nicht sehr nahe zu stehen, um zu wissen, daß schon seinem klaren Einblicke in die Verhältnisse ein abenteuerliches Speculiren auf einen ‚Ministersessel‘ jederzeit gänzlich fern gelegen hat. Wer kann vorher sagen, ob ihn und manchen Anderen nicht einmal ein schwieriger Moment, eine ernste Wendung im Vaterlande auf einen hohen Verwaltungsposten berufen wird? Träte aber eine solche Forderung an ihn heran, so würde er bei dem strengen Gedankenernste, bei der Idealität und bescheidenen Selbstlosigkeit seines genügsamen und uneigennützigen Wesens das auf sich nehmen wie eine schwere Pflicht, der er sich nicht entziehen dürfe, der er mit ausdauerndster Hingebung seine ihm so lieb gewordene Unabhängigkeit und den letzten Tropfen seiner Kraft zu opfern habe. Es würde genug sein, wenn in dem betreffenden Passus jenes Artikels nur hätte angedeutet werden sollen, daß Lasker sein Streben und Sein auf die Erlangung eines Ministerpostens eingerichtet habe. Es ist aber mehr darin gesagt; es wird sogar dieses angebliche Streben Lasker’s in einen aller Welt bisher unbekannt gebliebenen Zusammenhang mit dem verwerflichen Börsen- und Gründungsschwindel gebracht, und man läßt die Vermuthung durchblicken, Lasker habe in dieser Schwindelzeit wohl nur ‚reine Hand‘ gehalten, weil ihm ein Portefeuille erstrebenswerther erschienen, als bloßer Geldbesitz. Allerdings gestattet der Verfasser seinen Lesern einige Zweifel darüber, ob diese so genaue Kenntniß der innersten Triebfedern Lasker’s sein eigenes Verdienst ist, oder noch dem Gedankengange des eben citirten Löwenfeld angehört, aber um so mehr erregt die zur Sache gänzlich unnöthige Bemerkung den Eindruck eines beweislos und auf gutes Glück in die Welt gespielten Vorwurfs, gleichviel ob ihre Autorschaft auf Herrn Löwenfeld oder Herrn Glagau zurückzuführen ist. Es wäre der Mühe werth, wenn Sie bei der sonst doch so besonnenen, inhumanen Gehässigkeiten niemals ihre Spalten öffnenden Redaction der ‚Gartenlaube‘ einmal anfragten: ob ihr der volle Sinn jener kleinen, scheinbar nebensächlich hingeworfenen und doch unstreitig argen Schlußpointe nicht im Drange der Geschäfte vielleicht entgangen ist? Was hier einem notorisch so reinen Charakter wie Lasker begegnet ist, das kann im nächsten Augenblicke jedem anderen ehrlichen Manne begegnen. Findet ein Uebelwollen nichts an ihm, was Stoff zu einem Angriffe auf seine Ehre giebt, so schreibt man nur in die Welt: er würde unehrlich sein, wenn ihm die Ehrlichkeit nicht größeren Vortheil brächte. Das kann doch nicht erlaubt sein.“

Da mehrfach schon ähnliche Anfragen an uns ergangen sind, so ergreifen wir gern die Gelegenheit ausdrücklich zu bemerken, daß wir bei dem Zusammenhange des betreffenden Satzes mit den vorhergehenden Löwenfeld’schen Auslassungen leider nicht sofort herausgefühlt haben, daß dieser Passus in Nr. 44 einer Auffassung begegnen könne, wie sie in dem obigen Briefe sich ausspricht. Was unsere Ansicht über den Charakter des Abgeordneten Lasker betrifft, so sind wir mit dem Briefschreiber vollständig einverstanden und verweisen außerdem auf die in Nr. 8 und 34 dieses Blattes (1873) abgedruckten Charakteristiken des Vielgenannten, die deutlich genug für unsere Anschauungen sprechen.