Vorspiel (Badisches Sagen-Buch)
Kennt ihr den Wundergarten,
Den Götterhände warten,
Wo Alles grünt und blüht
Und kaum den Gärtner müht?
Vom Stolz der teutschen Lande,
Vom königlichen Rhein,
Ins fernste Blau hinein;
Und rechts von Berg und Thalen
Hercynia’s Hügelreih’n
Voll Frucht und edlem Wein!
Wie braußt dort auf dem Strome
Vorüber Erwin’s Dome,
Das schmucke Räderboot!
Und vom Gebirge wieder
Wie jubelnd klingt hernieder
Des Hirtenknaben Sang!
Die Burgruinen schauen
Mit heiterem Vertrauen
Ins Aug’ der neuen Zeit,
Voll Friedensseligkeit!
Wie labt der Wälder Kühle!
Wie lacht der Matten Grün
Mit glänzend fetten Küh’n!
Wie tröstlich wehn die Tannen,
Mit ihrem Balsamhauch,
Was sie mag quälen auch!
Dort laden die Najaden
Zum Trinken oder Baden
Aus ihrem Wunderhorn.
Es strotzen Felsenquadern
Von reichen Erzesadern,
Kein schlimmer Gnom verlacht
Und Städte rings voll Leben
Und schmucke Dörfer weben
Zum Himmel von Saphir
Die schönste Teppichzier.
In immer höhrer Wandlung
Und Kunst und Wissenschaft
Voll reger Triebe Kraft!
Des Volkes Herzen stammen
Für Freiheit, Licht und Recht;
Ein kerniges Geschlecht! –
Sey’s auf den glanzumgebnen,
Goldährenvollen Ebnen,
Sich stürzt mit Donnerhall:
Millionen Reize laden
Zum Paradies von Baden
Der Gäste buntes Meer .
Doch ganz es zu genießen,
Laßt euch nun auch erschließen
Durch Sängers Zauberwort
Der Sagen Wunderhort!
Aus den geheimsten Pfaden,
Die Geister der Natur
Aus Berg- und Thalesflur;
In Liedern und Romanzen
Sie jedes Sonntagskind,
Das nicht für Wunder blind.
Von steiler Klippe Stufen,
Aus tiefen Stromeskufen,
Aus grüner Waldesnacht;
Aus blauen Seees Wellen,
Aus stillen Klosterzellen,
Zerfallner Burgen Wall –
Sie singen Freud’ und Schmerzen
Tief aus des Volkes Herzen,
Und halten wach darin
Den kindlich frommen Sinn;
Sie manches arme Leben,
Und bieten ihm Ersatz
Für einen andern Schatz.
Die Gnomen und die Elfen,
Dem braven Bauer aus
In Feld und Hof und Haus.
Die Riesen und die Zwerge
Durchwandeln noch die Berge,
Doch thun se Niemand weh.
Ein heilger Gottesfrieden
Hat allen Haß geschieden,
Und gute Geister nur
Drum lauscht nun gern den Sagen
Aus den vergangnen Tagen;
Dann erst im wahren Glanz
Erblickt ihr Badens Kranz!