Wächterruf (Hebel, 1803)
Siehe auch: Wächterruf (Werkausgabe 1834) |
Loset, was i euch will sage!
D’ Glocke het Zehni gschlage.
Jez betet, und jez göhnt ins Bett,
und wer e rüeihig Gwisse het,
e heiter Aug die ganzi Nacht.
Loset, was i euch will sage!
D’ Glocke het Oelfi gschlage.
Und wer no an der Arbet schwitzt,
dem bieti jez zum leztemol.
’s isch hochi Zit! Und schlofet wohl!
Loset, was i euch will sage!
D’ Glocke het Zwölfi gschlage.
e Gmüeth in Schmerz und Chummer wacht,
se geb der Gott e rüeihige Stund,
und mach di wieder froh und gsund!
Loset, was i euch will sage!
Und wo mit Satans G’heiß und Roth
e Dieb uf dunkle Pfade goht,
– i wills nit hoffe, aber gschiehts –
Gang heim! Der himmlisch Richter sieht’s.
D’ Glocke het Zwey gschlage.
Und wem scho wieder, eb’s no tagt,
die schweri Sorg am Herze nagt,
du arme Tropf, di Schlof isch hi’!
Loset, was i euch will sage,
D’ Glocke het Drü gschlage.
Die Morgestund am Himmel schwebt,
und wer im Friede der Tag erlebt,
und gang ans Gschäft, und – halt di guet!
[Notenbeilage]