Warum zu Sora bei Bautzen keine Sperlinge sind
Unweit Budissin liegt das Dorf Sora, welches nach Wilthen eingepfarrt ist. Von diesem erzählen die Inwohner und ihre Nachbarn, daß die Sperlinge, welche sonst der Dorfleute ungebetene Gäste zu sein pflegen, sobald das Getreide auf dem Felde zu reifen beginnt, oder wenn es bereits in die Scheunen gebracht, wenn es ausgedroschen und auf den Schüttböden verwahrt wird, in besagtem Dorfe sich gar nichts blicken lassen, und man selbige allda so wenig findet, als man in England Wölfe antreffen soll. Ja, wenn sich einer ohngefähr von ihnen verirre und dahin käme, so könne er doch nicht bleiben, sondern müsse fort, noch weniger unterständen sie sich, daselbst zu hecken. Die Ursache wollen sie einem übernatürlichen Ereigniß zuschreiben und geben vor, eine Bande Zigeuner wäre einstmals in diesem Dorfe gewesen, da ihnen die Einwohner alle Liebe erzeugt, deswegen hätten jene die leichtfertigen und gefräßigen Vögel, die Sperlinge, statt eines Wiedergelts oder zur Dankbarkeit durch ihre beiwohnenden Künste aus dem ganzen Revier des Dorfes verwiesen und gleichsam in Bann gethan. Im Dorfe Oberpfannenstiel zwischen Grünhain und Unterpfannenstiel hat man dasselbe bemerkt. Im Voigtlande zu Lauterholz bei Stangengrün [207] und in Buchwald bei Reichenbach giebt es auch keine (s. Köhler, Aberglauben etc. im Voigtlande S. 552). In der Kreuzkirche zu Dresden predigte sogar einmal ein Pastor gegen die Sperlinge, weil sie durch ihren Lärm die Andächtigen störten (s. Mag. f. Sächs. Gesch. Bd. I. S. 99.)