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Westphälische Sagen und Geschichten/Stiftung des Klosters Herdecke

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: H. Stahl alias Jodocus Temme
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Titel: Stiftung des Klosters Herdecke
Untertitel:
aus: Westphälische Sagen und Geschichten
Seite 100–101
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1831
Verlag: Büschler’sche Verlagsbuchhandlung
Drucker:
Erscheinungsort: Elberfeld
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons = Google
Kurzbeschreibung:
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Bild
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Bearbeitungsstand
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[100]
II.


Stiftung des Klosters Herdecke.


Viele behaupten zwar, der Name Herdecke komme von der altdeutschen Göttin Hertha her, und bedeute soviel als Herth-Ecke, d. h. Herthas-Eiche, Eiche, wo der Hertha geopfert worden. Allein wenn auch jene Göttin in dieser Gegend vorzüglich verehrt seyn mag, so ist doch die Entstehung des Namens Herdecke anders, und von der Stiftung des Klosters unzertrennlich, wie folgende Erzählung zeigen wird:

Vor vielen hundert Jahren lebte in Italien eine junge, schöne und reiche Prinzessin, Namens Fredaruna, eine Nichte des großen Kaysers Karolus. Diese liebte einen vornehmen und tapferen Ritter, und wurde von ihm wiedergeliebt; allein der Ritter starb im Kampfe gegen die Sarazenen. Da wurde der unglücklichen Prinzessin ihr Vaterland und die Welt verhaßt, und sie beschloß gen Norden zu ziehen, und ein Kloster zu bauen, in dem sie ihr Leben still und abgeschieden beschließen könne. Zu dem Ende verkaufte sie alle ihre Güter und ihre Besitzungen, und ladete das Geld auf [101] Maulthiere, und zog nun fort aus ihrer Heimath, immer tiefer dem kalten Norden zu. Weil sie aber viel von den deutschen Eichen gehört hatte, und wie es so still und heimlich darunter sey, so entschied sie, dort ihr Kloster zu bauen, wo die Maulthiere zuerst und von selbst sich unter eine Eiche lagern würden. Lange zog sie umher, und die Thiere lagerten sich nicht. Endlich aber in einer anmuthigen Gegend an der Ruhr legten sie sich unter einer großen, herrlichen Eiche nieder. Da rief die Prinzessin voller Freuden: Hier de Eke! d. h.: hier ist die Eiche! und sie bauete allda ein prächtiges Kloster für Jungfrauen, das nach ihrem Ausrufe Herdecke genannt wurde, und in dem sie lange, als erste Abtissin, ein frommes, gottseliges Leben führte.


(Mündlich.)