Zedler:Ordnungen (Buchdrucker-)
Ordnungen (Buchdrucker-) oder löbliche Kunst-Gebräuche, worüber die Vorfahren der Buchdrucker-Kunst steiff und fest gehalten, solche bestehen aus folgenden Sätzen: 1) Es soll ein Lehrling, wenn er die Kunst erlernen will, und einige Wochen die Probe gemacht hat, bey demjenigen redlich gelernten Buchdrucker-Herrn, seine aus einem reinen, keuschen und unbefleckten Ehe-Bette, von untadelhafften Eltern erzeugte Geburt, durch beglaubte Obrigkeitliche Attestata, oder sonst erfordernde mündliche Zeugen und Bürgen darlegen. 2) Hierauf soll er auf eine Zeit von 4, 5 oder mehr Jahren zu lernen, in Gegenwart redlicher Gesellen, so sich mit dem Buchdrucker-Herrn zugleich unterschreiben, aufgedungen werden, und sich der Frömmigkeit und Verschwiegenheit, auch in der Arbeit emsig befleißigen, dabey aber getreu sich verhalten, und auch an Sonn- und Feyertagen die Anhörung göttlichen Worts nicht verabsäumen. Wenn aber in der Druckerey, worinnen er lernen will, keine Gesellen gegenwärtig in Arbeit stehen: so sollen einige Glieder von der nächsten Buchdrucker-Gesellschafft, gegen Erlegung einiger Gebühr, darzu erbeten werden. 3) Wenn die Lehr-Jahre um, und der Lehrling sich wohl verhalten, so soll er in Beyseyn redlicher Kunstgenossen wieder frey gesprochen, und als ein Cornutus, gegen die erlegende Gebührniß, erkläret werden. 4) So lange er in dem Cornuten Stande ist, so soll er alle Messen etwas gewisses, nach der Christlichen Billigkeit, am Gelde, in derjenigen Druckerey, worinnen er arbeitet, denen Gesellen zu erlegen gehalten, oder wo deren keine vorhanden, so soll der Buchdrucker-Herr an die ihm am nähesten liegende Gesellschafft solches zu überschicken verbunden seyn. 5) Wenn er nun so viel durch Arbeit erworben, oder sonsten Vermögen hat, den Gesellen-Namen zu erhalten; So kan er, wie es Herkommens, wo nicht bey völliger Gesellschafft, doch in Gegenwart 6 redlicher Kunst-Genossen, so als Beamten ernennet, nach Erlegung ordentlicher Gelder, das Postulat verschencken; worauf er alsdenn als ein rechtschaffenes Mitglied der Kunst, oder als ein redlicher Geselle, auf- und angenommen werden soll. 6) Hat er postuliret, so soll er sich nach Christlicher Erbarkeit und geziemender Reinlichkeit in Wäsch und Kleidern bestreben, auch absonderlich den Gottesdienst, als rechten Christen gebühret, und zukommt, nicht hindan setzen, und liederlichen bösen Wesen und Händeln anhangen, sondern vielmehr denselbigen absagen. 7) So er, wider verhoffen, von jemanden beschimpft, oder durch seine gegebene, ob zwar geringe Ursach, gescholten worden; so soll er solches innerhalb 14 Tagen in der Druckerey anzeigen, oder nach Beschaffenheit der Sachen, bey einer völligen [1803] Gesellschafft unverweilt vortragen, und nicht über solche gesetzte Zeit zu stehen sich unterfangen. 8) Da er aber Ursach darzu, und sich unschuldig befindet; So kan er das von dem Gegner gethane Scheltwort auf ihn wieder zurücke schieben, er muß aber dabey nicht wieder schelten. 9) Neben einem gescholtenen soll er nicht über die 14 Tage wissentlich in Arbeit stehen, sondern ihn zur Abthu- und Versöhnung des Streits anhalten, will er anders mit dem gescholtenen nicht in Schaden gerathen; widrigenfalls der gescholtene, so fern die Sache anderwärts vorgegangen, einsweils ein Scheltwort, um der Erbar- und haltenden Einigkeit willen, zu Vermeidung aller Zänckerey, niederlegen, und in der ersten Messe die Aussöhnung dort selbsten suchen muß. 10) In keine Druckerey, wo nicht redlicher und herkommentlicher Gebrauch gepflogen wird, soll er zur Arbeit eintreten, vielweniger einer Hudeley aufzuhelffen sich gelüsten oder betreten lassen, widrigenfalls er von der redlichen Kunst abgesondert und ausgeschlossen seyn solle. So weit obgedachte löbl. Kunst-Gebräuche, wie sich solche in dem 2 Theile der Buchdruckerkunst und Schrifftgiesserey befinden und daselbst den 27 Anhang ausmachen, welchen noch beygefüget: Einige von redlichen Männern angemerckte Mißbräuche, so den ietzt erwehnten Gebräuchen schnur stracks zuwider lauffen. Vorher befinden sich auch als Anhänge verschiedene specielle Buchdrucker-Ordnungen, als z. E. die Augspurgische, Dantziger, Nürnbergische, etc. die daselbst nachzulesen sind.