Zum Inhalt springen

Zedler:Persische Manufacturen und Werckstätte

aus Wikisource, der freien Quellensammlung


Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
korrigiert
<<<Vorheriger

Persische Mahlzeiten

Nächster>>>

Persische Medicin

Band: 27 (1741), Spalte: 635–637. (Scan)

[[| in Wikisource]]
in der Wikipedia
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für WP  
Literatur
* {{Zedler Online|27|Persische Manufacturen und Werckstätte|635|637}}
Weblinks
{{Wikisource|Zedler:Persische Manufacturen und Werckstätte|Persische Manufacturen und Werckstätte|Artikel in [[Johann Heinrich Zedler|Zedlers’]] [[Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste|Universal-Lexicon]] (1741)}}

Persische Manufacturen und Werckstätte. Die Handwercke und Profeßionen haben in Persien ein jedes einen eigenen Ober-Mann in jeder Stadt, welcher von der höhern Obrigkeit verordnet und dem anbefohlen wird, auf die Gesetze, Pflichten und Freyheiten im Reiche, so die Handwercker betreffen und üblich sind, Acht zu haben. Bey diesem Innungs-Syndicus oder Handwercks-Richter lässet einer, der dieselbe Handthierung treiben will, seinen Namen und Logement, wo er wohnet, anschreiben. Sodann ist er Meister, und treibt sein Handwerck, so gut er kan. Ob, wo, und was er gelernet, wird nicht gefragt. Ihm wird auch nicht verboten, etwas zu machen, so in eine andere Profeßion läufft, sondern was ein jeder kan, und zu arbeiten bekommt, das macht er. Z. E. ein Kupfferschmid arbeitet in Silber und Gold, er wird von den Goldschmieden nicht beunruhiget. Wenn aber der König ein oder das andere Handwerck bedarf, so lässet er bey dem Aufseher desselben so viel Meister fordern, als er brauchet, und sie müssen unverweigerlich erscheinen, und für den König arbeiten. Wenn die Arbeit nicht eben eilig ist für den König, so können sich die Meister, so nicht gern bey Hofe arbeiten wollen, mit Gelde frey kauffen. Die Lehrjungen werden hier nicht auf gewisse Jahre aufgedungen, sondern wenn der Meister und Lehrling einig sind, so tritt dieser in seines Meisters Arbeit, und bekommt auch von dem ersten Tage an seinen Lohn von dem Meister, wenigstens so viel, als sein [636] Reiß oder Brod des Tages kostet. Und hernach wächst sein Lohn, je nachdem seine Geschicklichkeit und Fleiß wächset. Es geschicht mehr mahl, daß ein Junge, der noch in der Lehre stehet, mehr Wochenlohn bekömmt, als der Gesell, der wohl schon vor etlichen Jahren loßgesprochen gewesen. Ein solcher Lehrling kan wieder aus der Lehre gehen, wenn er will, und wenn er meynet die Profeßion genung gelernet zu haben, kan auch gleich sich einschreiben lassen, und für sich selbst arbeiten. Andere Meister, die in Kundschafft stehen, und wegen guter Arbeit und billigen Preises bekannt sind, fürchten sich nicht für zu vielen Meistern. Denn wenn viel Meister nichts zu arbeiten haben, so müssen sie andern, die Arbeit haben und Gehülffen brauchen, doch ums Lohn arbeiten, wo sie ihren Unterhalt verdienen wollen. Es sind also die Handwercke in Persien gantz frey, wie die Kaufmannschafft ist, oder doch seyn muß, wenn sie recht floriren soll. Und ein jeder mag sich nähren, handeln und arbeiten, wie er weiß, will und kan. Das Zimmer-Handwerck soll in Persien am schlechtesten unter allen beschaffen seyn, vielleicht weil das Zimmer-Holtz an viel Orten seltsam ist, und meist mit Steinen oder Leim gebauet wird. Uberhaupt ist die Baukunst allda in schlechtem Beruf, sonderlich, wenn man sie gegen die herrlichen künstlichen Pracht-Gebäude der alten Persianer, davon hin und wieder noch wenige, aber Verwunderungswürdige Uberreste gefunden werden, vergleicht. Doch ihre Schnitzler, Drechsler, und Hausrathmacher verstehen sich besser auf ihr Werck, ihre Firnisse und Lackwerck sind schön und fest, und kommen dem Japanischen ziemlich gleich. Wie auch all ihr Töpffer-Geschirr das unsrige an den meisten Orten weit übertrifft, und dem Chinesischen Porcellain zum Theil nicht viel nachgiebt. Die Kupfferschläger und Kannengiesser wissen sich ihrer Hämmer, Feilen und Drehbäncke auch wohl zu bedienen, und machen saubere Arbeit. Das meiste ihres Küchen-Geräths wird von verzinntem Kupfer, selten aber aus Eisen, Meßing oder anderm Metall gemacht. Im Sticken, und Bordiren, es sey auf Leinen, Scidenzeug oder Leder weichen sie keinen Künstlern; und ihre Schneider müssen ihr Werck wohl verstehen, denn die Persianer sind grosse Liebhaber schöner und prächtiger Kleider. Der Saffian, Chagrin, Zakron oder Sagrin-Leder, so man in Europa verbrauchet, und aus der Türckey bekommt, wird meist in Persien gemacht. Ihre Gerber brauchen keine Lohe, sondern Saltz, Kalck und Galläpfel. Ihre Gewehr-Schmiede machen sehr gute Säbel, Schwerdter, Dolche und Messer und allerley schneidende Werckzeuge, härten solche auch sehr wohl. Die Lauffe ihres Schieß-Gewehrs werden bey der Mündung so dick als hinten um die Pulver-Kammer, sonst aber sauber und geschickt gemacht, nur der Schaft ist nicht recht beqvem, sonderlich die Kolbe pflegt zu dünne zu seyn, und keinen guten Anschlag zu geben. Von den Schlössern zum Schieß-Gewehr und allem, das stählerne Federn braucht, gestehen sie selber, daß sie den Europäischen nicht gleich kommen, daher ausländische Künstler, Uhrmacher, Glockengiesser, bey ihnen wohl gelitten sind. Grosse [637] Spiegel-Gläser wissen sie auch weder zu machen noch zu schleiffen, und noch weniger zu poliren. Dahingegen machen sie artige stählerne, meist hohl geschliffene Spiegel, die wegen der trockenen Luft auch nicht leicht anlauffen oder rosten; sonst haben sie aber auch Glaß-Hütten, sonderlich um Schiras herum, allwo es auch die besten Thon-Gruben giebt, und allwo daher die besten irrdene und gläserne Gefässe gemacht werden. Weil die Perser gute Bogen-Schützen sind, so wird das Pfeil-Gewehre auch bey ihnen am propersten gemacht. Die Gold-Dratzieher und Silber-Arbeiter in Persien gehören auch mit unter die Künstler: Ihre Juwelirer verstehen sich auf das Steinschneiden so wohl, daß sie auch Steine, die eben nicht so sehr hart sind, doch so glatt schneiden, oder schleiffen und poliren, daß sie schön spielen. Ihre Färbereyen gehen den unsern in hohem Glantz und Dauerhaftigkeit der Farben weit vor, doch dis ist nicht so sehr ihrer Kunst, als der reinen und trockenen Luft zuzuschreiben, die den Farben Leben und Festigkeit mittheilet. Die Schneider müssen, wie schon gesagt, sehr nette Näthe machen, wie es die feinen Stoffen, darinnen sie arbeiten, erfordern. Ihre Barbirer sind auch nicht zu vergessen, weniger zu verachten, denn sie sind sehr geschickt, und in sechs Zügen haben sie einen Bart herunter, haben auch so leichte Hände, daß man ihre Hände nicht fühlet. Die Goldschmiede da zu Lande hingegen sind Stümper gegen andere zu vergleichen. Die vornehmsten Manufacturen des Reichs sind allerley Stoffen, schlecht und geblümet, von lauter Seide, Cameel- Ziegen-Haar und Cattun, oder eins mit dem andern vermenget, gesponnen oder durchwebt, von Gold oder Silber und bunter Seide mit Blumen durchwürckt oder eingenähet; einfach oder gedoppelt, entweder auf einer oder beyden Seiten recht, und dergleichen hunderterley Sorten. Ihre Gold-Sammete sind eine wunderbare Manufactur. Und alle ihre Gold- und Silberreiche Stoffen haben dieses zum voraus, daß sie nicht leicht verschiessen, auch nicht leicht anlauffen und unscheinbar werden, sondern Glantz und Schönheit behalten, so lange sie sich nur tragen lassen. Die Tapeten und das Leder, so bey uns Türckisch heißt, weils meist durch Türckey zu uns kommt, aind auch aus Persischen Fabriqven. Die schönsten seidenen Stoffen werden zu Ispahan, Kaschan und Yesd, und die Tapeten in Kirman gemacht. Die Cameel-haarnen Zeuge werden in Carmania gewebet, Camelotten, seidene gemeine Droguetten werden eben daselbst verfertiget, Ziegenhaarne Zeuge werden in Hircania und um Bassora am Golfo herum bearbeitet. Baumwolle wächst zwar auch in Persien, sie kommt aber, wie der Cattun und allem so daraus gearbeitet wird, den Indianischen nicht gleich. Heutige Historie und Geographie von Persien, p. 73. u. ff.