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Zedler:Townshend, (Carl)

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Townson, (Johann)

Band: 44 (1745), Spalte: 1770–1773. (Scan)

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Townshend, (Carl) Vicomte von Townshend, Ritter des blauen Hosen-Bandes, und Pair von Groß-Brittannien. Er war aus vorstehendem Geschlechte entsprossen, und hatte sein Ansehen lediglich dem Hertzoge von Marlborough und dessen Hausse zu dancken, welches unter der Regierung der Königin Anne bis 1711 fast den gantzen Hof regieret. Als sich nun Townshend mit besonderer Geflissenheit an dasselbe addreßiret, und seine Geschicklichkeit bey verschiedenen Gelegenheiten zu erkennen gegeben, schickte ihn diese Königin als gevollmächtigten Minister nach dem Haag um den Kriegs- und Friedens-Conferentzen beyzuwohnen. Er hat auch in solcher Qualität nicht nur nebst dem Hertzoge von Marlborugh, dem Printzen Eugen von Savoyen, dem Grafen von Sintzendorf, und den Holländischen Deputirten mit dem Marquis von Torcy und andern Frantzösischen Ministern den 28 May 1709 den bekannten Präliminar-Tractat, sondern auch den 29 October dieses Jahrs einen besondern Barrier-Tractat mit den General-Staaten, und den 31 Mertz 1710 einen die Nordischen Cronen betreffenden, Neutralitäts-Tractat geschlossen und unterzeichnet. Im Jahr 1711 ward er aus Holland zurückberuffen, und bey seiner den 17 April geschehenen Rückkunfft als eine Creatur des Hertzogs von Marlborough, welcher damahls mit seinem gantzen Hausse bey der Königin in Ungnade gefallen, wegen verschiedener Dinge mit ungnädigen Augen angesehen. Sonderlich bezeigte sich die neue Hofparthey wegen des mit den General-Staaten geschlossenen Barrier-Tractats sehr mißvergnügt über ihn, drunge auch darauf, daß derselbe dem Parlamente vorgelegt, und darüber ein Schluß abgefasset werden wuste, dessen Innhalt fast einmüthig dahin gienge, daß der Vicomte von Townshend zu unterschiedlichen Artickeln dieses Tractats keinen Befehl gehabt, und daher nicht befugt gewesen, sich darüber in Handlung einzulassen; man habe ihn deshalben mit allen, die der Königin den Rath gegeben, diesen Tractat zu ratificiren, vor Feinde Sr. Majestät, und des Reichs zu halten. Jedoch Townshend ließ sich deswegen nicht erschrocken finden. Er vertheidigte seine Person und Handlungen mit grossen Nachdruck, wiedersetzte sich dem vorhabenden Friedenswercke im Parlamente mit vielen Eyfer, befand sich während des Aufenthalts des Printzen Eugens zu Londen fleißig in dessen Gesellschafft, und half die wieder die Eröfnung des Utrechtischen Friedens-Congresses von einigen Lords abgefassete Protestation unterschreiben, wodurch er sich aber bey der Königin, und derselben neuen Staats-Ministerio äusserst verhaßt machte. Als 1714 die Königin Anna starb, und George I, Churfürst zu Hannover, den Königlichen Thron bestieg, so erwieß sich dieser gleich Anfangs so gnädig gegen Townshend, daß er ihn nicht nur zu einem von den Königlichen Regenten ernennete, die vor seiner Ankunfft die Regierung führen solten, sondern er ertheilte ihm auch noch vor seiner Anlangung im Reiche an statt des Vicomte [1771] von Bollingbrock die wichtige Bedienung eines Königlichen Staats-Secretairs, davon er so gleich bey des Königs, den 29 Septembr. geschehenen Ankunfft im Reiche, den Eyd ablegte. In solcher Qualität muste er nicht lange darnach dem bisherigen General-Capitain Hertzoge von Ormond, die Erlassung aller seiner Chargen ankündigen, auch an der Untersuchung Theil nehmen, die wegen der Aufführung der bisherigen Staats-Minister vorgenommen wurde, worüber es aber 1715 bey nahe im gantzen Reiche zu einem grossen Aufstand gekommen wäre, wenn nicht die Göttliche Vorsehung die Anschläge der Feinde zu Schanden gemacht, und die Königlichen Waffen gesegnet hätte. Im Jahr 1716 that der König eine Reise in seine Deutschen Chur-Lande da indessen der Printz von Wallis die Regierung führete. Ehe aber der König zu Anfang des folgenden Jahrs wieder zurück kam, begegnete dem Townshend das Unglück, daß ihm die Stelle eines Staats-Secretairs genommen, und er dagegen zum Vice-König in Irrland ernennet wurde. Dieses verursachte bey Hofe grosses Aufsehen. Alle seine Freunde die damahls die grösten Ehrenstellen bey Hofe bekleideten, wurden darüber aufmercksam, und bezeigten sich über den Grafen von Sunderland öffentlich sehr mißvergnügt, weil sie sich nicht anders einbilden konnten, als es müste derselbe den König zu Hannover, wohin er demselben gefolget war, darzu verleitet haben. Der Vicomte von Townshend wolte die neu erlangte Charge nicht eher annehmen, als bis der König aus Deutschland zurück gekommen. Indessen kam zu seinem Vortheil ein Tractätgen zum Vorschein, das den Titel führte: Unpartheyische Untersuchung der Conduite des Herrn Caroli, Lord Vicomte von Townshend, der vor kurtzen der Bedienung eines Secretairs entsetzet worden. Endlich langte der König den 29 Jenner 1717 aus Deutschland wieder an, und Townshend sahe sich genöthiget die Vice-Königs-Charge den 3 Febr. anzunehmen, wolte er anders nicht in des Königs gäntzliche Ungnade fallen. Jedoch auch dieser Ungnade konnte er nicht entgehen. Denn ehe er noch würcklich von seiner neuen Bedienung Besitz genommen, ward ihm den 10 April angedeutet, daß der König nicht weiter seiner Dienste benöthiget wäre, worauf die Herrn, Walpole, der Hertzog von Devonshire, der Graf von Oxford und andere Freunde desselben, freywillig ihre Chargen niederlegten. War nun der Vicomte Townshend bisher ein eyfriger Vertheidiger der Hof-Parthey im Parlamente gewesen, so hielt er es dagegen nunmehro mit der Gegenparthey, und halff alle Protestationen unterschreiben, welche wieder die prävalirenden Meynungen derer vom Hofe abgefasset wurden; wie er denn auch nicht wenig zur Befreyung des bekannten Grafen von Oxford, der 1717 das Chavot besteigen solte, beygetragen. In solchen Umständen befand er sich bis 1720, da die Wieder-Aussöhnung des damahligen Printzen von Wallis mit seinem Herrn Vater, dem Könige, zu deren Vermittelung er sich auf Seiten des Printzens nebst einigen andern von seinen Freunden gebrauchen lassen, Gelegenheit gab, daß er bey [1772] dem Könige, wegen seiner hierbey erwiesenen guten Dienste zum Hand-Kuß und zugleich wieder zur vorigen Gnade gelangte. Er ward hierauf nicht nur Geheimder Raths-Präsident, sondern auch in Abwesenheit des Königs, der in diesem Jahre wieder eine Reise nach Deuschland that, einer von denjenigen Lords, die indessen die Regierung führen solten. Im Jahr 1721 ward er an des verstorbenen Grafens von Stanhope Stelle Staats-Secretair, und weil auch in diesem Jahre sein Schwager, der Ritter Robert Walpole zu einem gantz besondern Ansehen bey Hofe gelangte, auch der Lord Carterer, sein vertrauter Freund nebst ihm Staats-Secretair ward, so kan man leicht erachten, wie viel er zur selbigen Zeit, an dem Königlichen Hofe gegolten. Sein Ansehen vermehrte sich im folgenden Jahre noch mehr, da er eine geheime Zusammen-Verschwöhrung gegen den König entdeckte. Ob er nun wohl die Anzahl seiner Feinde dadurch gar sehr vermehrte, so erwieß er sich nichts destoweniger sehr eyfrig, dieselbe zu untersuchen, und allen Mitschuldigen den Proceß zu machen. Es wurden hierbey viele vornehme Lords verdächtig gemacht, welches im Parlamente zu vielen hitzigen Reden Anlaß gab, wobey unser Townshend seine Stimme im Oberhause eben so nachdrücklich brauchte, als es der Ritter Walpole im Unterhause that. Sonderlich halff er die Aufhebung der Acte Habeas Corpus, die Verurtheilung des Bischoffs von Rochester, und des Advocatens Lear, desgleichen die Vermehrung der Königlichen Truppen zu Stande bringen, gab sich auch 1723 und 1724 viel Mühe, die Ost-Indische Handels-Compagnie in ihrer Geburt zu ersticken. Als auch 1724 der Lord Cadogan wider die Erhebung seines ältesten Sohns zu der Charge eines Königl. General-Adjutantens einige Vorstellungen that, so muste derselbe erfahren, daß er hierdurch einen Minister beleidiget, dem es ein leichtes sey, ihn um alle seine Chargen zu bringen. Im Monat Julius dieses Jahrs empfieng er nebst dem Grafen von Scarborough den Ritter-Orden des blauen Hosenbandes. Im Jahr 1725 solte er zwar nebst verschiedenen andern vornehmen Lords in Abwesenheit des Königs einen Regenten des Reichs abgeben, er muste aber dem Könige nach Deutschland folgen, allwo er im September die weltbekannte Hannöverische Alliantz geschlossen. Der Frantzösische Hof hatte über diesen Tractat ein solches Vergnügen, daß er ihm vor seine hierbey erwiesene Dienste ein Silber-Servies schenckte, welches auf 75000 Livres geschätzet worden. Nachdem er mit dem Könige wieder nach Engelland zurück gekommen, muste er so wohl mit dem Kayserl. als Spanischen Hofe viele verdrüßliche Handlungen pflegen, auch dem Kayserl. Minister Herrn von Palm, wegen seines eingegebenen sehr empfindlichen Memorials das Reich verbiethen, mit dem Hessen-Casselischen Hofe aber wegen Ueberlassung 12000 Mann einen Tractat schliessen. Im Jahr 1727 begleitete er den König abermahl nach Deutschland; es starb aber derselbe, ehe er noch die Hannöverischen Lande erreichte. Darauf hatte Townshend die Ehre der erste zu seyn, welcher dem Printzen von Wallis durch einen Staats-Bothen [1773] die Nachricht von des Königs Tode hinterbrachte, und ihm zu Besteigung des Throns Glück wünschte. Der neue König bestätigte ihn hierauf in der Bedienung eines Staats-Secretairs, wovon er auch nach seiner Rückkunft den 16 Julius den Eyd ablegte. Er blieb demnach bey der neuen Regierung eben das, was er bey der vorigen gewesen, hatte auch den 29 Dec. 1729 die Ehre den Printzen von Wallis zum ersten mahle ins geheime Raths-Collegium einzuführen. Im Jahr 1728 und 1729 betraffen die Staats-Handlungen meistens den Friedens-Congreß zu Svissons und den Sevilischen Tractat, welcher letztere aber bey der Parlaments-Seßion 1730 zu sehr hefftigen Reden, die zwischen der Hof- und Gegen-Parthey gewechselt wurden, Anlaß gab, wobey sich vor andern Townshend zum Vortheil des Hofs nachdrücklich hören ließ. Nicht lange hernach zerfiel er mit seinem Schwager, dem Ritter Walpole, worüber er so mißvergnügt wurde, daß er den 26 May alle seine Bedienungen freywillig niederlegte, ohne eine Pension von dem Könige anzunehmen. Das Gouvernement von Nortfolck, das er schon seit vielen Jahren besessen, bekam sein ältester Sohn der Lord Lynn, das Staats-Secretariat aber der Lord Harrington. Er hat hierauf seine Lebens-Zeit vollends in der Stille auf seinen Gütern zugebracht, und sein Leben im Monat Julius 1738 als eine Privat-Person auf einem seiner Güter ohnweit Londen in einem ziemlichen Alter beschlossen. Es wollte zwar 1733 verlauten, als ob er dem verstorbenen Grafen von Yarmouth in seinen Titeln gefolgt wäre, man hat aber seit dem keine weitere Nachricht davon erhalten. Von seinen Gemahlinnen und Kindern siehe den Geschlechts-Artickel.