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Zedler:Wintzer, Wintzler, Weinzierl

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wintzer, oder Winzer

Band: 57 (1748), Spalte: 1027–1030. (Scan)

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Wintzer, Wintzler, Weinzierl, Lat. Vinitar, Vinearum Cultor, Frantzösisch Vigneron. Heisset derjenige, so einen Weinberg mit denen gehörigen Arbeiten wohl zu bestellen, und zu warten weiß. Bey Anlegung eines neuen Weinbergs, [1028] muß er den Platz von dem darauf stehenden Gestrüppe, Hecken und Qvecken wohl roden und reinigen, gute und dienliche Sorten von Weinholtze, so wohl an Knotholtze, als Fächsern einlegen, die Vermachung der Weinberge besorgen, nach der Weinlese das Ziehen der Pfähle vornehmen, und zwar also, daß die Spitzen nicht zerbrochen werden, das Decken in niedrigen Gebürgen noch vor dem Froste beschleunigen, das Düngen zu rechter Zeit bey feuchten, und nassen Wetter verrichten, mit dem Schneiden, nach dem Unterscheid der gedeckten oder ungedeckten Berge gebührend verfahren, und den Schnitt zur Böge als auch zum Knöten und Schenckeln, ingleichen zur Sencke mit guter Vorsichtigkeit verrichten, nach dem Schnitte die Reben lesen, die Böge bey regnigten Wetter vornehmen, die Sencke hingegen bey trocknem, daß der Senckstock, fein trocken eingeleget werde, die erste Hocke nach dem Ausschlagen oder Treiben des Holtzes anstellen, und solche nicht obenhin, sondern durch den Karst, so tief man in den Boden einschlagen kan, den untersten Boden hervor suchen, hingegen die oberste Thauerde fein hinunter bringen, und das Erdreich wohl lockern; nach der Breche die erste Hefte vornehmen, in derselben, so viel möglich den Stock zurücke brechen, und demselben an der Erde zum wenigsten ein Ende lassen, damit er erhalten werde, die Kraute vierzehen oder längstens acht Tage vor Johannis verrichten, und die Berge völlig von dem Unkraun reinigen, die andere Hacke flugs nach dem Krauten fortsetzen, und solche nicht wegen des etwan dadurch suchenden Kühvortheils verspäten, noch derselben mit der andern Heffte nach den Jahren fortfahren, und genau in acht nehmen, damit die gewachsenen Enden am Pfahle höher angehefftet werden; die Beerkraute um die Zeit, wenn daß Holtz allmählig zu reiffen beginnet, vornehmen, das Kräutig gäntzlich wegbringen, solches bescheidentlich und nicht Bürden-weise aus den Bergen tragen, und dadurch die Pfähle wegbrechen oder die Trauben dabey abstreiffen; die Beerhacke und das Verhauen, wenn das Holtz fein reiff und unten an der Erde braun und zähe worden, anfangen, die Wache im Weinberge mit verrichten, bis die Zeit der Weinlese herbey kömmt, bey dem Lesen auf die Leser genaue Achtung haben, die Weinbeere fleißig treten und stampffen und die Kuchen rein auspressen, doch auch mit den Schrauben der Presse und andern Geräthe behutsam umgehen, zu denen Weinbersarbeitern keine Kinder oder andere Personen, die solche nicht verstehen, noch sonst verrichtet haben, gebrauchen, zu solcher Zeit nicht in andern Bergen um Lohn arbeiten, mit dem in seinen Bergen befindlichen Obste und dessen Abnehmung getreulich umgehen, die Bäume fleißig ausputzen, den Winter über auf die Weinpfähle gute Achtung haben und in Summa, wie einem getreuen Wintzer oder Weingärtner eignet und gebühret, in allen seines Herrn Nutzen suchen und fördern, und allen Schaden, so viel menschlich und möglich verhüten. Die Wintzer pflegt man insgemein nach der Weinlese anzunehmen: Denn alsdenn kan ein [1029] Herr sonderlich sehen, ob ein Wintzer rechten Bescheid um die Gebürge und recht zu decken und zu düngen wiise? Ob er auch verstehe, was Gedecktes oder Ungedecktes ist, und wir weit ein jedes gehe? So kan auch ein Wintzer sehen, wo noch ein gesenckter Stock oder ungedüngte Grube ist, daß man selbige im Decken besser in acht nehme, und die Grube desto besser zur Dünge antreffe, als nach der andern Zeit, wenn gedecket wird: Denn da kan ein mißgünstiger Wintzer, zumahl wenn ers erfähret, oder weiß, daß er seinen Abschied bekommen soll, in der Decke seinem Herrn oder dem nachkommenden Wintzer einen Schaden oder Possen hinter sich lassen, so, daß mancher nicht weiß, was eine heurige oder jährig gesenckte Grube, oder ob sie auch im Herbste gedünget sey, es wäre denn, daß er sie zuvor ausschöpffte oder aufhübe; oder da sie im Sommer zugelauffen, kan er sie im Decken wohl gar überzieben, und manchmahl das junge Holtz, sowohl auch die andern Stöcke, entweder zu tieff, oder gar zu feuchte decken, und also seine Untreue auch hierinnen erweisen. Es pflegen nicht selten die Wintzer, zu ihrer Bequemlichkeit, in die Weinberge, sonderlich an die verborgene Orte, wo sie wissen, daß die Herrschaften oder diejenigen, denen die Aufsicht über die Weinberge anvertrauet, nicht leichtlich hinzukommen, pflegen, Kürbse und Gurcken zu stecken, und andere Küchengewächse vorzulegen; weil aber dadurch die Weinstöcke um ihren Dünger der ihnen sonst zu statten käme, gebracht werden, so muß ein Haußwirth seinen Wintzer solches keinesweges gestatten, und daher fleißig in den Bergen überall visitiren, und, wo er dergleichen wahrnimmt, ihnen solches bey Drohung der Abschaffung ernstlich untersagen.

In den Chur-Sächsischen Landen, sollen die Wintzer unter die Weinstöcke keine Garten-Gewächse und Früchte säen. Landes-Ordn. von 1651 tit. 6. §. 3. Wie selbige ihre Arbeit verrichten sollen, siehe in den Artickeln: Weinbau, im LIV Bande, p. 647 u. ff. Weinberg, ebend. p. 654 u. ff. und Weingebürgs-Ordnung, ebend. p. 748 u. ff.

In der Heiligen Schrifft werden der Wintzer oder Weingärtner gedacht Neh. III, 14. Joel I, 11. 12. 1 Chron. XXVIII, 27. 2 Chron. XXVI, 10. Luc. XIII, 7. Matth. XXI, 33 u. 34. Sie waren nur geringen Standes, 2 Könige XXV, 12. Jer. LII, l6. doch frey von Kriegs-Diensten, 5 Mose XX, 6. Damit vergleicht sich GOtt selbst, Joh. XV, 1. 2. So sind auch die Weingärtner ein Bild der Lehrer und Prediger, 1 Cor. IX, 7. Esa. LXV, 1. Böse Weingärtner heissen die Priester und Eltesten der Jüden, Matth. XXI, 33. Luc. XX, 16. Fremde Ackerleute und und Wein-Gärtner sind, die sich aus den Heyden bekehren, und der Kirche Gottes dienen, Esa. LXI, 5. Schmids Biblisch. Physicus, p. 367. In dem oben angezogenen Spruche, Joel I, 11. stehen die Worte: Die Weingärtner heulen um den Weitzen. Hier sind Weingärtner nach dem Grund-Wort diejenigen, die die Weinberge pflantzen, mit denen Rebenwerck umgehen, es beblatten, anbinden, und gute Achtung darauf [1030] geben, daß es keinen Schaden leide; wie solcher gedacht wird Esa. LXI, 5. und auch Noah einer war, 1 Mose IX, 20. die im Gesetze des Herrn gewisse Regeln hatten, 3 Mose XXV, 4. Diese heulen, welches nach dem Ebräischen ein solch kläglich Jammer-Geschrey bedeutet, das man weit und breit höret; und die solches führen, hiermit ihr gäntzlich Verderben wollen andeuten; Wie es denn gelesen wird von den Verdammten, die keine Hoffnung ihrer Erlösung haben, daß sie werden für Hertzeleid schreyen, und für Jammer heulen, Esa. LXV, 14. Es kommt überein mit dem Griech. ϲλολύζεςν, das die 70 Dolmetscher gar vielmahl für ein Hebr. Wort gebraucht haben, welches bey dem Homero und Demosthene, so viel heisset, als erschrecklich schreyen, und mit einem gewaltigen Geheul seine Stimme erschallen lassen. Will demnach Joel sagen, die Weingärtner wenn sie werden sehen, daß aus der Weinlese nichts worden, daß zehen Acker Weinbergs kaum einen Eymer geben, Esa. V, 10. daß man solches Jahr nicht werde keltern, noch der Weintreter sein Lied singen, Jer. XLVIII, 33. weil GOtt alle Weinstöcke und Feigenbäume geschlagen, Ps. CV, 33. so sehr sie sonst von dem guten Most angefüllet, zur Zeit der Weinlese jauchzeten, und schryen, so sehr werden sie zu solcher Zeit heulen, die Hände über den Kopff zusammenschlagen und erbärmlich schreyen, als ob ihr gäntzlicher Untergang daran lege. Sie heulen um den Weitzen und um die Gersten, welches die Ursache ist: ihre Hoffnung, die sie von einer guten und reichen Erndte geschöpffet, ist zu Wasser worden, und dergestalt verloschen, daß sie sich die geringsten Gedancken nicht mehr davon machen können, daß etwas aus derselbigen mehr werden könne, wie das Hebr. Wort zu erkennen giebt, daß sie weder Weitzen noch Gersten werden zu schneiden noch einzuerndten haben. Weihenm. Fest-Pos. P. II, p. 748 u. f.