Zerlegbare Holzhäuser in Deutschland
[643] Zerlegbare Holzhäuser in Deutschland. Amerika mit seiner leicht beweglichen, wenig seßhaften Bevölkerung hat zuerst das fertige Wohnhaus als Handelsware auf den Markt gebracht, und heute noch wird auf den Eisenbahnen in Dakota ein kleines zerlegbares Wohnhaus ebenso wie Vieh, Ackergeräthe, Sämereien u. dergl. zu den nothwendigsten Ausstattungsgegenständen eines Ansiedlers gerechnet, für welche derselbe besondere Frachtermäßigung genießt. Auch in Schweden hat sich diese Industrie eingebürgert.
In Deutschland erschienen zerlegbare Häuser zuerst zu militärischen Zwecken, namentlich als Kranken- und Mannschaftsbaracken. Für die beste zerlegbare Krankenbaracke wurde 1885 von der verstorbenen Kaiserin Augusta ein Preis ausgesetzt. Die Herstellung fertiger Holzhäuser für den bürgerlichen Gebrauch erfolgte bisher meist nur zur Ausfuhr nach den Kolonien oder nach anderen kulturarmen Gegenden. So fertigte eine Fabrik in Wolgast 14 Gebäude für einen argentinischen Badeort unweit Buenos Ayres, darunter ein stattliches Konzerthaus, 7 Villen, ein Maschinenhaus und mehrere Wirthschaftsgebäude im Einzelwerthe von 8- bis 40 000 Mark. Die Gebäude wurden aus amerikanischem Pitch-Pine-Holz, sowie aus Cypressen- und deutschem Kiefernholz in Wolgast abnahmefertig hergestellt, dann zerlegt, verpackt und mit der Bahn nach Hamburg zum Weiterversandt mittels Seeschiffes geschickt. Zum Schutze gegen die Einflüsse der Witterung und gegen Feuersgefahr wurden die Häuser zuvor mit einem besonderen Anstrich versehen. Neuerdings finden derartige Häuser bei uns auch Verwendung als Villen, Kurhäuser, Land- und Gartenhäuser. Die Wolgaster Fabrik baute seit Herbst 1890 4 Villen für das Seebad Heringsdorf auf Usedom, 2 Villen für das Seebad Binz, andere endlich, welche in der Umgebung Berlins, in Königswusterhausen, am Wannsee, am Griebnitzsee Aufstellung fanden. Ohne Zweifel läßt sich bei größerer Ausgestaltung dieses Industriezweiges auch für weitere Kreise Nützliches schaffen.