Zimmerische Chronik/Band 2/Kapitel 13

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Dis capitel sagt, wie herr Johanns Wernher ain spann mit den jungen Schillingen von Wildegk gehapt und wie der vertragen, auch von ainer erschröcklichen geschicht, so ainem burger zu Mösskirch derzeit begegnet.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 2. S. 103–106
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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Dis capitel sagt, wie herr Johanns Wernher ain spann mit den jungen Schillingen von Wildegk gehapt und wie der vertragen, auch von ainer erschröcklichen geschicht, so ainem burger zu Mösskirch derzeit begegnet.
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Als herr Johanns Wernher Mösskirch eingenomen, haben die Schilling von Wildegk [368] noch ain haus und etliche güetere zu Mösskirch gehabt, ist inen vom alten herren sellig, herr Wernhern freiherren von Zimbern, vermacht und eingeben worden. Solliche güeter, als die von denen von
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Werdenberg, wie vorgehört, eingenomen, hat die Hanns Schilling der alt letzstlich mit recht sampt costen und schäden erhalten, darauf die künigclich Majestat grafe Eitelfriderichen von Zollern bevelch geben, den Schillingen zu setzen, welcher hernach dieselben sein lebenlang ruwig ingehabt und
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genossen. Nachdem aber der alt Hanns Schilling mit todt abgangen, hat herr Johanns Wernher aus ungnaden und widerwillen (ohn wissendt, warumb oder aus was ursach) dieselbigen güeter eingezogen, derhalben die jungen Schilling mehrmals bei im schriftlich und mündtlich [umb][1] restitution
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und einsetzung angehalten, aber schlechten beschaidt erlangt. Hierumb anno 1509, circa Andree, Jörg Schilling an marggraf Christoffen von Baden desshalben supliciert, darauf bemelter marggraf an herrn Johannsen Wernher von Bozen auß durch ain schreiben begert, solch ungnad und unwillen gegen den
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Schillingen fallen zu lassen und sie widerumb einzusetzen etc. Darneben, als herzog Ulrich von Würtemberg uf beger des römischen künigs Maximiliani an die Venediger zogen und bemelter herzog uf dem schloß Tirol dozumal gewest (actum anno [1512][2]), hat bemelter Jörg Schilling herr
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Gottfriden Wernher, vilbenannts herr Johannsen Wernhers brueder, der dozumal bei herzog Ulrichen zu hoff gewest, durch Conradt Thoman von Newburg, hofmarschalk, Diepolt Späten und ander vom adel in beisein herzog Ulrichs ansprechen lassen, umb restitution pitende. Hat herr Gottfrid Wernher
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dozumal die antwurt geben, sovil meglich, welle er inen, den Schillingen, umb das ir verhelfen, welches er auch hernach getrewlich gethon; dann nachdem er widerumb zu landt komen, hat er bei seinem brueder, herr Johannsen Wernhern, sovil erhalten, das derselb sich in güetliche under-

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[104] handlung eingelassen, dardurch baide thail umb all spenn und irrung vermeg ufgerichter vertreg, so noch vorhanden, durch Sixsten von Hausen und Ortolphen von Hewdorf verglichen worden; actum montag nach Misericordia domini
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anno 1506. Bemelte Schilling, demnach inen ire güeter wider zugestellt, haben sie die hernach in kürze irs gefallens verendert und in andere hendt kommen lassen. In kurzer zeit, als die statt und herrschaft Mösskirch wider eingenomen, hat sich ain abenteurliche und
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erschrockenliche handlung daselbst zu Mösskirch begeben, die der gedechtnus würdig, manichen zu gotzforcht zu bewegen und von fluchen und schweren zu ziehen. Es ist ain burger zu Mösskirch gewest, ain beck, genannt Hartman, ain wolhebiger und holtseliger mann, der von seiner herrschaft und
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menigclichem, insonderhait aber von dem alten herrn Gottfriden von Zimbern, seitmals er ain gueter Zimbrischer gewest, lieb und werd ist gehalten worden. Bemelter herr Gottfridt hat in vilmals berueft und in gar wol umb sich leiden megen, allain umb sein vil schweren hat er in
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mermals gestrafft, mit anzaig, im werde oder künde hievon nichts guets, sonder vil unfaals und das im noch mit der zeit laid werde sein, erwachsen, darumb er bei gueter zeit von seiner bösen gewonhait absteen und sich bössern sollte, mit andern vil gueten lehren und underweisungen, darab er
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sich doch nichts sonders bösserte. Er, Hartman, het den gebrauch, so er [369] ain kirchweihe oder paurnhochzeit in den umbligenden dörfern erfarn mechte, fürt er brott daselbst hin, welches er gemainclich vor andern becken, dann er ganz wol bachen kunt, verkaufte. Nun hat sich uf ain
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zeit begeben, das er seinem alten geprauch nach uf die kirchweihe geen Buchen mit aim karren protts gefarn, daselbst er sollich brott bei gueter zeit verkauft und nach gelegenhait der leuf wol darauß gelöst. Als er nun ganz frölich gewest und gar nahe den ganzen tag bei seinen
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gesellen in der zech gesessen, hat er gegen abents wider haim geen Mösskirch faren wellen. Demnach er aber von seinem überflüssigen zechen ain gueten drunk überkommen und ganz abenteurlich geperdet, haben im seine gesellen, die noch im würtshaus in der obern stuben gesessen, gerueft
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und gebetten, wider zu inen zu komen und noch ain trunk mit inen ze thuon. Denen hat er gevolgt, ist uf sein ross gesessen und zu inen die stiegen hinauf in die stuben ge-

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[105] ritten, darab sich menigclich so hoch verwundert, das ains thails sich hören lassen, vermainende, der bös gaist het in hinauf getragen. Und als er ain guete weil bei inen verharrt und er das ross die stiegen wider hinab hat wellen
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füeren, hat er das kains wegs hinab bringen künden, und wiewol seine gesellen vil desshalben versucht, hat es doch auß ursach, das das pferdt gar erscheucht und erschrocken (wol zu achten, was es gesehen), nit sein megen; in somma, es hat so heftig hünder sich zogen und dermaßen gedopt,
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das sie sich verwegen gehabt, sie wurdens mit kaim lieb hinab bringen. Letstlich, als all ir arbaiten und versuchen vergebens und umb sonst gewest, haben sie dem ross alle viere zusamen gebunden, ain wandt außgeprochen und das ross also an sailern hinab gelassen, dardurch bemelter
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Hartman, als ain voller, unbesinnter mentsch, zu zorn bewegt, das er angefangen zu schweren und zu fluchen und mehrmals gesagt: «Wol abher (hat damit sein ross gemaint) in hundert tausendt teufel namen!» Nachdem nun das ross also hinab wider uf den boden komen, hat sollichs der Hartman
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gleich in karren eingesetzt, ist damit ganz zornig und ungedultig uf den aubendt wider haim geen Mösskirch gefaren. Nach dem nachtessen, als er frölich mit weib und künden gewest, auch desselbigen tags vergangen handlungen nicht mehr nachgedacht, ist er in stall gangen, des willens, sein
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ross, wie er dann vormals phlegt hat zu thuon, zu versehen. Als er nun das fuetter in aim messle und zu dem ross, das er zu Buchen gehabt, kommen, im sollichs in barn zu schitten, hat er an der andern seiten im selbigen stand gegen im hinüber ain gestalt ains mans, den er doch nit
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gekennt, steen sehen. Derselbig hat auch ain mössle, zugleich wie er, in henden gehabt und dergleichen gethon, als ob er dem ross auch fuetter well fürschütten. Derhalben Hartman zu ungedult bewegt, wiewol er ain hell liecht im stall gehabt, aber doch die gestalt nit erkennen künden, hat er
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gefragt, wer er sei. Als im derselbig kain antwurt geben, hat Hartman gesprochen, er soll sich packen, er künd sein ross wol versehen. Und als derselb aber nit weichen, auch nochmals kain antwurt geben, sonder in bedauchte, er wellte fort fahren, dem ross fuetter zu geben, ist Hartman erzürnt
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worden [370] (dann er sich ihe kains gespensts oder trugnus des bösen feinds versehen), das er sein messlin mit fuetter, so er noch in der handt, dem, so gegen ihm hinüber seins

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[106] bedunkens gestanden, an kopf zu schlagen vermaint. Er hat aber hiemit niemands getroffen, sonder nur in luft geschlagen. Damit ist auch dieselbig gestalt verschwunden, also das Hartman nichts mehr gesehen, auch nit gewisst,
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wohin die komen. Wiewol nun Hartman ain beherzter, verwegner mentsch gewest, wie er dann sollichs seine tag vilmals bewisen, ist in doch ain solche gehe, unversehne vorcht und grausen angestoßen, das im gar nahe all kraft seiner glider entgangen und beschwerlich auß dem stal wider in
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die stuben kommen megen. Als in das weib gefragt, hat er ir mit müeh sagen künden, was im begegnet, und ist über allen leib, auch in allen klaidern so naß gewest, als ob er durch ain wasser wer gezogen worden. Gleich hat er sich in ain bet gelegt und noch dieselbig nacht so krank
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worden, das er sich, wie aim christenmentschen gepürt, versehen lassen, und ist des morgens vor tags schier in unbesinnter weis gestorben. An seinem absterben ist menigclichem zu Mösskirch, insonderhait aber herrn Gottfriden freiherren von Zimbern laid beschehen; den hat er als ain
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gueten und getrewen Zimbrischen lange zeit hernach geclagt.



  1. umb] fehlt in der hs.
  2. 1512] ergänzt, die hs. hat eine lücke.