Zimmerische Chronik/Band 2/Kapitel 8

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Wie herr Johanns Wörnher freiherr zue Zimbern zu ross und zu fuß sich beworben und Messkirch die statt und herschaft unversehenlichen überfallen und die in vollem zug glicklichen eingenomen.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 2. S. 51–69
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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[51]
[A275b] Wie herr Johanns Wörnher freiherr zue Zimbern zu ross und zu fuß sich beworben und Messkirch die statt und herschaft unversehenlichen überfallen und die
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in vollem zug glicklichen eingenomen.
Als nu[1] herr Johanns Wörnher durch kain mittel zu seinem vetterlichen erb komen, welches dann die grafen von Zollern und Fürstenberg nu mer bis in das sechst jar, nemlich ab anno domini vierzehenhundert siben und neunzige
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an zu rechnen, als sequestres ingehabt, hat er bedacht sein, auch siner geschwistergit armut, das sie iezundt in dem fünfzehenden jar von iren übergebnen und anererpten herrschaften und güetern wider pillickait vertriben und verjagt, auch von chur- und fürsten umb Gottes willen auferzogen,
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dessgleichen das die handlung in ain verzug gespilt. Hierumb in bedenkung der antwurt, so die künigclich Majestat pfalzgraven Philipsen von Darmstat aus zugeschriben, darin sich Ir Majestat der herrschaft Messkirch entschlegt und gnedigist anzeicht, Ir Majestat hab denen von Zimbern alles
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das, so Ir Majestat daran zugestanden, aus gnaden nachgelassen, berüere auch Ir Majestat nit weiter, sonder allain die von Werdenberg, vermög der missiva also lutende: »Hochgeborner, lieber ohaim und churfürst! Wir haben deiner Lieb fürgeschrift, [A276a] so du uns von wegen der edlen
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unser und des richs lieben getrewen Johannsen Wörnhers, Gotfriden und Wilhelmen, geprüeder, freiherrn zu Zimbern, gethon hast, verstanden, sie bei dem vertrag, so zwischen den wolgebornnen unsern und des reichs lieben getrewen N. den graven von Werdenberg an ainem und inen am
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andern thail gemacht, sie zu handthaben. Darauf füegen wir deiner Liebe zu vernemen, das die sach uns nit antrifft,

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[52] sonder die graven von Werdenberg berüert, dann wir inen alles das, so uns zugestanden ist, aus gnaden nachgelassen haben; und auch, dieweil die graven von Werdenberg solchen vertrag nit für kreftig erkennen wellen, auch wir darvon
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bishero kainen glaublichen schein, darinnen sich die graven von Werdenberg gnugsam verwiligt haben, gesehen, dardurch wir die von Zimbern bei solchem [340] vertrag nit handthaben mögen; aber wo die von Zimbern bemelten vertrag vor unserm regiment mit dem rechten zu kreften
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bringen, alsdann wellen wir sie bei demselben vertrag gnedigclich handthaben, alsdann wir ze thun genaigt sein, wolten wir deiner Liebe nit verhalten. Geben zu Darmstat am sibenundzwainzigisten Decembris anno fünfzehenhundert und zwai, unserer reiche im sibenzehenden.«, hierauf hat herr
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Johanns Wörnher bei seinen gnedigisten und gnedigen chur- und fürsten, denen pfalzgraven bei Rhein und herzogen von Bayern, auch seinen herrn und guten freunden, wie er hinfüro in solchem handlen solte, underthenig freundtlichen und vertrawlichen rat gehabt. Bei denen er an rat erfunden,
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seitmals er zu [A276b] seinem vätterlichen erb nit kommen, sonder steetigs aufzogen und umbtriben werde, dieweil dann er und seine geschwistergit von armuot wegen sich außerthalben ires vätterlichen erbs sonst nicht erhalten, sei im nit zu verargen, so er in ansehung obgehörter ursachen
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demselbigen sich genehere und das wider zu handen bringe, mit erpieten, wer in desshalben ansprach und vorderung nit erlassen, dem oder denselbigen gepürlichs rechtens nach laut des reichs ordnung vor ordenlichem richter kains wegs vorzusein etc. Derhalben anno domini fünfzehenhundert
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und drei der anschlag, die stat und herrschaft Messkirch wider einzunemen, zu Haidelberg gemacht worden. Darbei gewest mit namen herr Johanns Wörnher freiherr zu Zimbern, Philips von Cronburg, churfürstlicher marschalk, Philips marschalk von Bappenhaim und Renhart von Neunegk, der
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zeit noch nit ritter. Dozumal ist bemeltem Rennharten von Neunegk auferlegt worden, das er bei herzog Georgen von Bayern umb reüter, insonderhait aber umb herr Jergen Wisbecken[2], ritter, so der zeit für ain treffenlichen, erfarnen kriegsman geachtet, sich bewerben solte; und haben der

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[53] obgenannt churfürstlich hofmarschalk und Philips, marschalk, hiezwischen, sovil inen möglich, reüter aufzubringen sich erpotten, doch sich dermaßen veraint, hierinnen weiters nichts, ehe und zuvor dann Renhart widerkum und anzaig,
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was er bei herzog Georgen ausgericht, fürzunemen. Uf solichs ist Rennhart von Neunegk zu herzog Georgen (demnach er auch hofgesind gewest) geritten, bei dem er allen gnedigen und guten willen desshalben [A277a] gefunden; dann dozumal der herzog gleich in Rennharts beiwesen
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nach herr Jergen Weisbecken geschickt, demselben die handlung anzaigt, mit bevelch, wann er, herr Jerg, von den freiherren von Zimbern zu eroberung ires altvätterlichen erbs beschriben, das er alsdann alles das, so denen von Zimbern zu eheren und gutem raichen möge, zu handlen
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solle verhelfen; darneben inen baiden erlopt, das sie nicht allain an seinem hof, sonder auch in seinem ganzen fürstenthumb und lendern reüter mögen aufbringen. Uf solchs, als herr Jerg Weisbeck, dessgleichen Renhart von Neunegk von ainandern abgeschaiden, uf mainung, daz
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ir ieder, so hoch er möge, sich bewerben, hat sich hernach zutragen, das herzog Georg von Bayern zu hinlegung der spenn und irthumb zwischen der churfürstlichen Pfalz und landtgraven Wilhelmen von Hessen geen Wormbs auf ain tag geritten. Domals ist bemelter herzog Jörg [341] am
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fürreiten auch geen Haidelberg kommen und under anderm hovegesind hat er herr Jergen Weisbecken mit im gepracht. Do haben sich herr Johanns Wörnher, der churfürstlich marschalk, Philips von Cronburg, herr Jörg Weisbeck, Philips, marschalk, und vilgenannter Rennhart von Neunegk
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zusamen gethon, von der ganzen handlung geratschlagt und in ansehung der macht, so die graven von Werdenberg ußer zulassen des römischen künigs, ist der ratschlag auf ain großen und ansehenlichen gewerb zu ross und zu fueß gestanden. Sie haben aber in kurzer zeit hernach durch
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aigne darzu ausgesandten kuntschaften erfarn, das die stat und herrschaft [A277b] Messkirch nit besetzt, auch, wo sie etwas versuchen, ob gleichwol kain große macht verhanden, das sie die leichtlichen zu irm gwalt bringen mögten; derhalben die handlung domaln ain kurze zeit bis auf margrave
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Philipsen von Baden haimfüerung, so zu Baden gehalten worden, ansteen beliben. Daselbst haben die obgenannten ritter und vom adel sampt Philipsen Stumpfen dem eltern,

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[54] der dann dasselbig mal erst in disen rat gezogen worden, sich endtlichen entschlossen, wann sie ir zeit und gelegenhait ersehen, das sie in der eile und stille reuter und fuosfolk aufbringen und Messkirch in aim hui überzucken wellen.
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Hierauf als der herpst sich genehert und herr Johans Wörnher in erfarung kommen, das die künigclich Majestat zu Insprugg, dergleichen die graven von Zollern und Fürstenberg, sequestres, nit bei landt, sonder bei Irer Majestat zu hove, hat er sampt den benannten rittern und vom adel
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in stille sich beworben. Im hat Wilhelm von Rechberg, der lang, vierzig und drew pferdt aufpracht, sodann Rennhart von Neunegk dreißig und sechse; so sein der pfalzgrävischen und anderer, die im zuzogen, sampt seinen aignen pferdten auch ungevärlich auf ein hundert und dreißig.
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Under denen allen gewest dise herrn und vom adl: Leonhart freiherr zue Schwarzenberg, Wilhelm von Rechberg zum Schramberg, der lang, Ber von Rechberg zu Staufnegk, Veit von Rechberg zu Falkenstain, Dietrich Spet von Zwifalten, Endres von Hohenegk, Jacob von Neunegk, Rennhart von
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Neunegk, Philips vom Hirßhorn, Hanns von Brandeck, Wilhelm von Weitingen, einer von Bawstetten, mer her Albrecht von Klingenberg, ritter, Philips, Friderich und Maximilian die Stumpfen, gebrüeder, von Schwainsberg, Quirin vom Horn, Wilhalm von Welwart, Jörg und Hans Speeten von
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Pflumern, Jacob vom Stain, Wolf Sigmundt von Stain, Wolf und Jörg von Stainbach, Wilhalm Brackenlorer, Lorenz Münzer von Sünchingen, Renhart Spet, Caspar von Freiberg, Eberhart von Reischach, Hans von Stadt, Wilhalm Roder von Rodeck, Wildhans von Neunegk, der Sevinger
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von Zürch, Hainrich Zimberer, Leonhart Kochle und Hanne bei Wilhelmen von Weitingen, sein insonderhait zwen verüempte und erfarne raisige knecht gewesen. Dise mit iren dienern und knechten sein uf den sechzehenden [A278a] des monats Septembris zu Nusplingen im Berenthal gegen aubendts
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zusamen kommen, daselbst dann Wilhelm Herter von Hertneck und Ludwig von Stetten mit fünfhundert wolgerüsten knechten, die sie vor Wald, auch im fürstenthumb Würtenberg aufbracht, zu inen gestoßen. Sein also mit ainandern in der stille dieselbig nacht über die Tanaw noch geen
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[342] Lübertingen gezogen. Desselbigen tags hat Renhart von Neuneck ain wagen mit büchsen, blei und bulfer zu Calenberg, dahin solchs von graf Endressen von Sonnen-

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[55] berg geordnet worden, gefunden und zum haufen gebracht. Nu ist zu wissen, das denen von Werdenberg etliche warnungen, wiewol etwas zue spaat, zukommen, also das sie wol bericht deren werbung, so verhanden. Sie haben aber
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nit vermaint oder besorgt, das herr Johanns Wörnher sich aigens gwalts der sequestrierten herschaft leichtlichen werde dörfen understeen, zu dem inen auch nit wol gepüren wellen, etwas one der künigclichen Majestat sondern bevelch hierinnen thätlichen fürzenemen. Nichts desterweniger aber,
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wiewol sie sollichs sich nit versehen gehabt, derhalben auch nit verfasst, haben sie doch die von Messkirch vertröst, fürderliche und eilende rettung von der kinigclichen Majestat aufzubringen, darneben in il sovil praticiert, das etlich der fürnembsten burger in Messkirch, so dann lieber
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werdenbergisch, dann under dem zimberischen regiment weren gewest, den mererthail der baurschaft aus denen dörfern, zue nechst gelegen, in die stat gemannt, deren dann auf obbemelten tag, den sechzehenden Septembris, etlich hundert in die stat kommen. Die haben thor zugeschlagen, die
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brugken abgeworfen und [A278b] die stat mit wachten und anderm nach notturft, sovil sie des zu genießen verhofft, versehen, und ist domals zu allem glick der oberamptman, Conradt von Regkenbach, nit zu Messkirch oder in der herrschaft gewest, sonder, als er ain schlößle am Randen
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gehabt, Owelfingen genannt, ist er, demnach er sich sollichs geschwinden überfals wenig versehen, seinen gescheften nachgeriten, wiewol im Werdenberg, auch die von Messkirch eilendts nachgeschickt, mit anzaig, wie die sachen geschaffen und das er on allen verzug sich geen Messkirch verfüegen
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solte. Als dise handlungen zu Messkirch verloffen und der zimberisch hauf zu ganz früeer tagszeit zu Lübertingen ankommen, daselbst sie dann in il sich gespeist, ist Renhart von Neunegk geen Wildenstain geriten und herrn Johannsen Wörnhern alle handlung bericht, namlich das die reuter,
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auch fusfolk zu Lübertingen, derhalben große zeit, aufzusein und den nechsten der stat zuzeziehen. Also ist herr Johans Wörnher sampt dem alten Philipsen Stumpfen von Schwainsberg[3] und seinen dreien sönen, Philipsen, Maxen und Friderrichen, die er etlich zeit bei im zu Wildenstain enthalten,
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zum haufen geriten, daselbst sie gleich anzogen, in maßen

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[56] das sie umb sechs ur vor mittag der stat sich geneheret. Als sie nu mit guter ordnung zur stat gezogen, haben Wilhelm von Rechberg, der lang, und Rennhart von Neunegk sampt etlichen pferdten die berennt und in namen herrn
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Johansen Wörnhers, auch seiner gebrüeder, der freihern zu Zimbern, aufgevordert. Uf sollichs etlich aus der stat verordnet, die haben [A279a] sprach zu halten begert. Als sie nu durch den haufen zu herrn Johannsen Wörnhern kommen, haben sie anfengclichs von gemainer stat wegen
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des überzugs sich beclagt, mit anzaig, das inen als glopten und geschwornen der künigclichen Majestat kainswegs ander herrschaften one Ir Majestat vorwissen und allergnedigists [343] vergünstigen anzunemen gepüren welle, derhalben gepeten, von sein selbs, auch seiner geprüeder und seins
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stammens wegen von seinem fürnemen diser zeit abzusteen, die sach mit recht vorhin zu erörtern und iren zu verschonen, damit er nicht sich selbs, seine gebrüeder und sie in größere ungnad und unwiderbringlichs, irenthalb unverschuldt verderben setze; soverr inen aber ainicher schain von der
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künigclichen Majestat, das dieselb solchs zulasse, fürbracht, wellen sie die freiherrschaft Zimbern als ir natturlich, angeborn oberkait vor menigclichem mit willen und höchsten freuden und begirden annemen und haben, darumb sie dann den allmechtigen von der zeit an ires vertreibens mermals
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mit höchstem ernst angerueft, der ungezweifelten zuversicht, sollich ir villfältigs pitten nit unfruchtbarlich angelegt haben, sonder das zu gepürlicher zeit mit glick und gnaden von Got zu erlangen etc. Hierauf herr Johanns Wörnher mit kürze geantwurt, seine geschwistergit und er seien izund bei
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fünfzehen jaren irer mit recht übergebnen und anererpten herrschaften und güetere wider alle recht und pillichhait, gwaltiger weis, entsetzt und beraubt gewesen; dweil im dann auf sein [A279b] vilfältigs pitten und anhalten bei der künigclichen Majestat kain unverzogen recht ergeen, oder bi dem
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vertrag, von grave Wolfen von Fürstenberg und grave Eitlfriderrichen von Zollern abgeredt, nit welle gehandthabt werden, sei er des willens, hab sich auch dessen entschlossen, das sein zu handen zu bringen und sich darbei nach pestem vermögen zu handthaben; ob aber ihemandts ine
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oder seine geschwistergit forderung derhalben nit erlassen, welle er dem oder denselben gepürlichs rechtens und aller pillichait nit vorsein, mit bevelch, sie sollen denen von

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[57] Messkirch sagen, das sie im die stat öffnen und huldigung thuen, auch lenger nit verziehen, dann wo das nit beschehe, wurde er den ernst, in maßen sie das hernach gerewen möchte, brauchen müßen. Hiemit hat er die gesandten
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wider von im abschaiden lassen; die haben sich den nechsten wider in die stat verfüegt. Mitler weil ist Conradt von Regkenbach, der oberamptman, wie die sachen zu Messkirch beschaffen, bericht worden. Der ist nu bei nacht aufgewest und den nechsten der
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stat zugeilt, der hoffnung, ehe und zuvor dann der hauf darfür rucke, in das schlos zu komen. Es hat im aber gefelt, dann er wol zwo stund zue spaat kommen; auch haben in etlich zimberisch straifent raisigen ersehen, als der bei der Tannen, also genant, dem schlos sich zuneheren wellen;
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die haben mit im drein gehawen. Als er dieselben sampt dem ganzen haufen zu ross und zu fuoß am Herdlin und auf dem Westerberg ersehen, hat er die flucht dem Madach zu angenomen. Im ist aber die straifent rot so nahe gewest, das sie in im dorf Krumbach erilt. [A280a] Daselbst
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ist er von aim raisigen knecht, genannt Leonhart Kochlin, übel geschlagen worden, damit im zugelassen, sich an sein gewarsame ze thun. Hiezwischen haben sich bei dreißig oder vierzig pferdten ungevärlich auf dem Münchsgreuter bühel aus dem holz herfür gethon und sich sehen lassen,
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die sein werdenbergisch gewest [344] und von grave Hugon verordnet worden, den Zimberischen ain lerman zu machen. Aber nachdem sie den zimberischen haufen nit gar, in ansehung der theler, so zwischen der statt und dem Härdlin, übersehen mögen, haben sie auch denselben vil sterker, dann der an im selbs gewest, geschetzt und überschlagen,
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derhalben, unangesehen das sie kain angriff gethon, sein sie doch ungeschafft wider auf Waldt zugeflohen. Nu hat sich die handlung bis umb ain ur ungevärlich nach mittag verlengert; dann nachdem die gesandten, wie obgehört, wider in die stat kommen und herrn Johannsen Wörnhers
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fürnemen und bevelch aim rat und der ganzen gemaind fürhielten, ist mancherlai von inen (wie dann phligt zu geschehen, wo die vile raten sol) beratschlagt worden; doch letstlichen haben die werdenbergische parthen fürtroffen, welche die stat ufhalten und zur gegenwer greifen wellen.
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Als das herr Johanns Wörnher bericht, ist er mit dem haufen ainstails wider zu ruck zogen und den verzug, das der vil-

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[58] licht im großen nachtail und verhinderung bringen möge, besorgt. Dieweil er aber wol gewist, das der mererthail paurn aus den dörfern Rordorf, Hewdorf und andern, nemlich aber am wasser, in die stat erfordert, hat er im
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fürgenomen, dieselbigen dörfere zue blündern [A280b] und volgendts zu verbrennen. Sollichs hat er in die statt empotten, auch offenlich alda verkünden lassen. Demnach dann dieselben bauren ire früchten und anders dahaim gelassen, welches sie in solcher eil in die stat nit bringen
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heten mügen, dann sie allain mit iren leiben und geweren waren erfordert worden, fiengen sie an, wie beschicht, zu schwanken. Zu dem waren etlich burger, nämlich der alt Hanns Kolb, der alt Kisling, Peter Büchsenmaister, Ludwig Sattler und andere der zimberischen parthen, von denen auch
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hieob meldung beschehen. Dieselben praticierten mit den paurn dermaßen, das sie sich den Werdenbergischen offenlich widersatzten, auch sich merken ließen, das sie anders nichts, dann ire angebornne, naturliche, alte herschaft wider begerten; woverr sie aber sollichs nit erhalten, ehe sie dann
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ire heuser plündern und irer weib und kinder verderben vor augen sehen und leiden, ee wellten sie aus der stat und sich selbs und die iren vor verderben und schaden, sovil inen möglich und erheblich, verhüeten. Mitlerweil als dise zwaiung in der stat sich zutruege, schickt herr Johanns
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Wörnher den langen Wilhelmen von Rechberg und Rennharten von Neunegk mit wenig pferdten abermals zue der stat; die solten obermelten fürschlag, woverr sie die stat ihe nit aufgeben, nochmaln fürhalten und darzwischen[4] handlen. So baldt das beschach, wolten die paurn kains wegs
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mer beleiben. Do besorgten die werdenbergischen parthen, so die pauren von inen fallen, sie wurden allain die statt [A281a] in die harr nit erhalten, sonder zu noch mer nachtail ursach geben. Derhalben ward beschlossen, soverr die handlung möchte zu aim friden, darin niemandts
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ausgenomen oder vorbehalten, geraten, das sie den gemainlich annemen und die stat aufgeben wölten. Hierauf warden etlich zu obbenannten vom adl verordnet, mit angehengktem [345] bevelch, woverr herr Johanns Wörnher für sich und den haufen bei waren trewen und glauben zusagen, das er
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sie vor plünderung oder verderplichem verbrennen verhüeten,

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[59] sie auch beschützen und beschirmen, so welten sie die stat aufthun und im die übergeben. Solche potschaft namen die baid vom adl an, under denen der ain, namlich Wilhelm von Rechberg, hinder sich ruckt, zaigt dise mainung herrn
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Johannsen Wörnhern an. Hiezwischen aber belib Rennhart von Neuneck bei deren von Messkirch gesandten und handlet mit denen sovil, das sie wider in die stat giengen und bei ainer gemaind erhielten, das der stattaman Jacob Weiglin und sonst ainer des gerichts heraus komen, die schlüssel
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mitprachten und die statt aufgabent. Indes zog herr Johanns Wörnher mit den reutern und dem fußvolk in ainer ordnung von der höhe herab bis an die stattpruck. Do waren der stattaman und ainer des gerichts vor der porten; die heten die schlüssel, ergaben sich. Auf sollichs wurden die
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porten geöffnet; die warden gleich aus bevelch herr Johannsen Wörnhers besetzt und nach gepüre verhütet. Damit zog herr Johanns Wörnher mit dem raisigen zeug in die stat bis auf den blatz. Glich ward auf dem vischbank ain gerüst gemachet. Da stondt herr Johanns Wörnher ab
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dem pferdt [A281b], und ward im hinauf geholfen. Daselbst schwuren im die burger sampt dem mererthail der landtschaft, was da war; geschach auf sant Lamprechts tag den sibenzehenten Septembris. Das werdenbergisch wappen wardt ab dem bronnen geworfen und zertretten; auch war
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alda ein waidlicher kriegsman, genant Hans Manz, von Biberach, der sprang vor frewden mermals über den bach, schreiende mit lauter stim: «Hie zimbrisch grund und boden!» und dergleichen geschach vil. Mitlerweil hielten die raisigen auf iren pferdten auf dem platz und in gassen; so stunde
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das fusfolk in der ordnung vor der stat. Nachdem nu die erbhuldigung geschehen, ward er bis hinauf ins schlos belaitet, und ließ man die burger, auch die pauren ab der landtschaft widerumb haim an ir gewarsame ziehen, inmas das niemandts kain schaden beschach. Gleich warden die
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pferdt allenthalben in der stat furriert und undergebracht; so ward das fusfolk in etliche nechstgelegene dörfer; als Schnerkingen und Hewdorf, gelegt. Nach ausgang dreier tag ließ man die reuter und das fusfolk wider abziehen, und ward aim ieden knecht für den abzug ain guldin geben.
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Ich findt, als herr Johanns Wörnher im schloß sich gehalten, das ain kriegsman, genannt Ludwig Jung, sein gelegenhait ersehen und in dem gmach ab dem thor, das weilundt herr

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[60] Johanns Wörnher freiher zu Zimbern der elter gebawen und darin sich der oberamptman Conradt von Reckenbach in zeit seiner verwaltung enthalten, über ain tisch, darin derselb obervogt etlich gelt, auch etlich register seins innemens[5]
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und ausgebens gehapt, gebrochen, sollich gelt erhept; seien der register ainstails auch verloren worden. Daher, als hernach ermelter von Reckenbach herrn Johannsen Wörnhern und seinen geprüedern seiner amptsverwaltung halb raitung, vermög [A282a] ainer abrede, so desshalb über etliche zeit
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zu Augspurg zwischen Zollern, Fürstenberg und Zimbern beschehen, thon sollen, hat er sich entschuldigt mit anzaig, er künde nit rechnen, seitmals im über sein behaltnus gebrochen, gelt und deren register ainstails darus seien entwert worden. Und fürwar, so were es ain seltzame
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rech[346]nung worden; dann sich bemelter amptman wol mitlerweil seiner amptsverwaltung beholfen. So haben sich auch der herrschaft nutzungen baide sequestres, Fürstenberg und Zoller, iren selbs auch nit vergessen, insonderhait, als sie auf dem reichstag zu Costanz anno domini . . . .[6] gewest,
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haben sie allen win, haber, früchten und anders von Messkirch geen Costanz füeren lassen und wie das ir gebraucht. Dermaßen ist die stat Messkirch sampt der ganzen herrschaft widerumb zu den zimbrischen handen gebracht worden, als sie ab anno vierzehenhundert neunundachtzige
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bis ad annum fünfzehenhundert drew under dem werdenbergischen, auch deren sequestern regiment fünfzehen jar gewest. In solchem innemen der stat und herrschaft Meskirch hat sich kain nachpur ainichs unwillens oder feindtschaft nie angenommen, das er herrn Johannsen Wörnhern
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an seinem fürnemen zu verhindern begert, sonder hat menigclicher durch die finger gesehen. In wenig tagen nach diser eroberung hat herr Johanns Wörnher nach herr Gotfriden freiherren zu Zimbern, dem alten hern, so der zeit zu Sehdorf gewest, geschickt. Der ist gleich hinauf geen
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Messkirch kommen, daselbst er sich ain gute [A282b] zeit im underhof enthalten; welchem die vom adl grose eher bewisen und in gern gesehen, Er ist ganz kurzweilig mit

inen gewesen, ist mermals mit inen in das bad gangen, auch 1

[61] von bulschaften mit inen gespracht. Als sie aber sich dessen an ine von wegen seins alters verwundert, hat er gesprochen, so er in nit künde hinein bringen, so henke er ine doch darfür. Das ist inen allen lecherlich gewesen, und haben in
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treffenlich gern umb sich gehapt. Es ist auch zu wissen, als herr Johanns Wörnher dise handlung angefangen, das under anderm beratschlagt worden, das er allain, one hilf oder bistandt seiner gebrüeder, sich diser sach understeen solle; dann ob er etwas dardurch verwirken, möge das
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gegen der künigclichen Majestat minder nachtails bringen, dann so sie alle drei der sach verwandt. Dozumal sein herr Johannsen Wörnhers zwen brüeder, nämlich herr Gotfrid Wörnher zu Baden bei marggraf Christoffen zu hof, und herr Wilhelm Wörnher auf dem studio zu Freiburg im Breisgew
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gewest. Die haben herrn Johansen Wörnhern, iren bruder, als den eltesten handlen lassen und sie für ire personen der sach sich nichts beladen oder angenommen. * [1258] Es ist zu wissen, demnach herr Johanns Wernher freiherr zu Zimbern der jünger nach absterben seins
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brueders, herr Wernhers, sich lang und vil bemüehete, sein und seiner gebrüeder vätterliche erbschaften und güetere widerumb zu erlangen, und aber damit für und für ufgezogen wardt, wie das in der historia hievor vermeldet, so ist zu wissen, das herr Johanns Wernher nit allain am
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kaiserlichen hoff, auch bei etlichen chur- und fürsten, die im merthails mit allen gnaden genaigt, gepracticiert hat, sonder auch er hat sich umb hilf und rath bei denen vom adel, bevorab aber im landt zu Schwaben und denen im viertel des Neckers und Schwarzwaldt beworben. Damit aber
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sollichs dester mit minderm argwon zugienge, do ließ er anno 1502 ein freien markt geen Oberndorf außriefen. Dahin kam ein grose anzall vom adel außer der ganzen landtsart, auch sonst vil erlicher leut. Da ward im von den mererthail und fürnembsten vom adel hilf und befürderung erkent und
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zugesagt, wie sie dann auch hernach das getrewlichen volstreckt und gelaist haben. Was nun die gebreuch uf dem freien markt gewesen, das ist noch wol zu erfaren. Aber zu wissen, als die alt fraw, die grevin von Öttingen, von irem son, herr Johannsen Wernher, der abenteur zuzusehen, auch uf das
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rathhaus zu Oberndorf gefiert worden, hat der Vetter vom Stain erfaren, das sie alt, zerbrochen stiffel angehapt, ist er ir zu boshait und zu aim schimpfbossen uf die stiffel gefaren

1

[62] also hat es ain prauch am freien markt), und dieweil sie zuvor sich von den richtern[7] nit, wie gepreuchlichen, gelediget, hat sie die stiffel in ainer nebenstuben abziehen müesen und erst darnach wider lesen megen. Dergleichen abenteurn
5
und schimpf sein dozumal vil alda fürgangen. * * [1259] Erstlichen wurt der frei markt durch den stattknecht offenlichen in der kirchen verrueft, das von ainer herrschaft daselbs solcher freier markt uf dem rathhaus sechs wochen und drei tag gehalten werd, und der solle
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menegclichem zu geprauchen erlaupt sein . . . . . .[8] Hernach ghat man nach mittag uf das rathhaus. Daselbs last die herrschaft ein besondern schulthaisen und zwelf richtere uß der gemaindt und kainen auß dem rath, auch ainen sondern gerichtsknecht setzen und ordnen, und täglichen, wann man
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auf das rathhaus kompt und die gewonlich zech auß und fürüber, pflegt man gericht zu halten, und ist der gerichtsknecht zu verruefen, der herrschaft freier markt sei offen. Zu dem wurt auch ain baderhüetle davornen über den ehrtisch an drei fäden, gleicher gestalt wie ain wagschüssel,
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in der stuben ufgehenkt, und welcher zu der stubenthür hinein geet, der mueß sein hüetlin zuvoran abziehen, mit unbedecktem haupt hinein geen und ain häller zwischen den zwaien mittlen fingern, das ist inter medium et annularem, haben und ine vor ime inhin pieten, darzu sprechen:
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»Erschrecken nit!« auch sich gegem baderhüetle naigen und verner sagen: »Da freie ich mit gegen meinem gnedigen herrn, dem künig (dann das ufgehenkt baderhüetle wurt »mein gnediger herr, der künig« genannt) mit ainem mark silbers, den haller hiemit ins hüetle legend; darbei vleisig
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acht nemen, das er das hüetle oder den faden, daran es hangkt, niendert berüere. Und welcher sich also dermaßen, wie gehört, befreiet, der ist, so lang er in der stuben bleibt, frei; als oft aber ainer herauß geet und wider hinein will, der mueß sich allewegen obberichter maßen widerumb
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befreien. Wann aber ainer in berüerte stuben geet und ains oder mer oberzellter ceremoni, als mit reverenz des künigs oder in ander weg, überschreit und nit erstatt, so hat alsdann der nechst, welchen lust, macht [1260] ze fragen, ob der herrschaft freier markt offen seie. Antwurt der schult-

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[63] haiß ja. Darauf nimpt der, so clagen will, ain fürsprechen und rathgeben, clagt zu dem, so die unzucht begangen, wie das er sein gnedigen herren, den künig, entunert etc., mit böster form, als man mag. Dernhalben fart er ime mit
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seinem gueten guet und nimpt etwas an seinem leib, es seie huet, rock, wamas, hosen, girtel, gewehr etc., oder ain ligends stuck, ain acker, wis, garten, haus oder hof, und nennt dasselbig uf sein guet; auch nennt er das, darauf er ainem faren will, ain guet, als exempli gratia: Ich
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Lorenz clagte zu Steffan und sagte darbei: »Ich fare mit meinem gueten guet, namlichen mit meinem rock (und züge denselbigen ab), dem gemelten Steffan uf sein guet, namlichen hosen und wamas«; so muest der gedacht Steffan hosen und wamas abziehen und wan er schon hosen und
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hemedt (salva reverentia) behedelt hette; dann man hat macht, alles, so ainer am leib, darauf zu faren, allain das underhemet außgenomen). Nach solchem stat der gerichtsknecht davornen uf dem bank und rueft, obs iemands welle bössern, zum ersten, andern und dritten mal. Wills dann
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der cläger, oder antwurter bössern, spricht er: »Ich wills bössern mit ainem, zwaien, dreien oder mehr marken silbers, oder mit farender haab, oder ligenden güetern. Wellen sie es aber nit mer bössern, sagt ir ieder, er hab ain guet guet. Uf sollichs gat das gericht hinauß und schetzt die
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güeter, darauf sie ainandern seind gefaren, welches guet bösser seie, dann das ander, ob des clegers, darmit er dem antwurter ufgefaren, oder ob des antwurters bösser, dann des clegers seie, welcher dem andern thail nachgeben soll. Und komen alsdann die richtere wider in die stuben.
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Darauf fragt des clegers fürsprech den cleger heimlich, ob er das guet, uf welches er gefaren, behalten oder lassen wölle. Dargegen fragt des beclagten fürsprech den antwurter offenlich, ob er auch behalten oder lassen woll. Wann er dann behalten oder lassen will, offnet des clegers
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fürsprech auch, ob er behalten oder gelassen hab. So haben sie dann baid behalten, so schetzt der richter, welcher dem andern soll hinauß geben. Derselbig mueß dann dem gegenthail, was geschetzt wurt, biß zum zwainzigisten tag (das ist uf Hilari, so das gericht ain ort hat)
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erlegen und bezallen, und ime der ander sein guet lassen, es gefalle ime oder nit. Wurde es aber zu theur geschetzt, das gewohnlichen beschicht, so mueß der, der behalten hat,

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[64] das guet haben, es gefalle ime gleich, oder nit, es were dann sach, das er sich mit dem gegenthail güetlichen vertragen megte. Vertregt er sich dann, wurt er gegen dem richter penfellig. Exempli gratia: So soll ain burger,
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Vischerhanns, zu Oberndorf gewesen sein, der herrschaft da]1261]selbsten uf den weier zu Waldtmessingen gefaren sein, und haben baidt partheien behalten. Obgehörter maßen ist dem Vischerhannsen der weier mit urtheil zuthailt worden, und hat die herrschaft solchen weier wider haben wellen, hat
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sie sich mit ime seins gefallens müeßen vertragen und ime, Vischerhannsen, etliche fuder weins, mit zwaien raifen gebunden, das ist etlich maß, zu straff geben. Wann aber baid thail lassen, komen sie baiderseits zu schaden umb ain fueder, das ist umb ain maß, zwo, drei oder mehr, nach
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gestalt der sachen. Behelt aber der ain und last der ander, so kompt der, der behalten hat, nit zu schaden, aber der, so gelassen hat. Und was der zeit, weil der freimarkt weret, für straffen gefallen, das wurt durch ain schreiber von persona zu person ufgeschriben, und mueß ieder solchs biß
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zum zwainzigesten tag bar erlegen. Nach solchem werden alsdann mann und weiber zusamen beruefen, die verzechen[9] die gefallnen straffen und seind frölich, gueter ding mit danzen und springen. * * [1206] In etlichen jaren darnach haben die von
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Waldsee sich ganz ungehorsam gegen denen truchseßen von Waldtpurg, irem pfandtherren, erwisen und dermasen, das herr Jörg, truchseß, der alt, die schuldigen zu gepürlicher straf halten wellen. Aber sie machten [1207] ain ufrur, waren uf, so stark sie waren, zogen dem truchseßen für
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das schloß zu Waldsee, forderten das uf, brachen im die stell ab, und dergleichen gaugelwerk und muetwillen triben sie vil. Herr Jörg gieng under ainen laden, ermanet sie, von irer dorheit abzusteen. Do schoß ainer ain pfeil noch im, verfalt aber sein, schoß ins dach, das der pfeil stecken blib.
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Nach langer furia muesten die stolz, unrüebigen pauren abziehen, und het ir kriegen ain ort. Aber herr Jörg wolt die sachen nit lasen gericht sein, bewarb sich bei mertails grafen und herren des lands zu Schwaben, auch bei denen

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[65] vom adel, und hielt sie dahin, das sie im ain abtrag thuen und ain harte verschreibung, die noch vorhanden, über sich geben musten. Und ist der dorheit noch kein ende. Sie widersetzen sich ir herrschaft, die sie doch biß anhero ganz
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gnedigclichen gemainet, auch vor andern orten ir haimwesen zu inen gesucht, ohne alle erhebliche oder billiche ursach; lassen sich auch, zum theil ungetrewe und ainsteils unverstendige, ganz schimpflich über alles gnedigs und vilfeltigs ersuchen verfüeren. Dess haben sie bei wenig jaren ain
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faiste saw haimtragen, fürnemlich als sie mit irer herren und obrigkait, der truchseßen, underthonen uf dem landt über alle verträg der gaisen halb in ain span kommen. Seitmals sie die landtleut mit dem trib ires viches unbelestiget solten[10] lasen, do gaben sie für, die gaisen weren kein vich; also
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wardt inen replicirt, so die gaisen kain viche, so müest der span uf die schneider verstanden werden. Sie haben auch endtlichen zu letzsten ir anforderung und sach vor der regierung zu Inspruck verloren[11]. Wilhalm von Reischach, der ainest seiner gueten sprüch
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halb ganz abenteurlich, auch den truchseßen und menigclich ganz angenem war, der gab denen von Waldsee und den andern vier zugehörigen österreichischen stetten, der truchseßen inhaben, nachvolgende epitheta: Er nampt die von Munderkingen rossdeuscher, die ledergerber von Riedlingen,
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die weber von Sulgow, die pauren von Mengen, sodann die von Waldsee nampt er die herren von Waldsee. Het er diese dorheiten von inen erlept, er wurd inen ain andern titel geben haben. Dieser Wilhalm von Reischach het ain rechtfertigung am cammergericht zu Speir vil jar hangen, wie dann vil alter
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sachen alda langsam ußgesprochen werden, daran doch die parthein zum theil selbs schuldig. Nun kam er uf ain zeit geen Speir zu grave Adamen von Beuchlingen, dem cammerrichter. Der und andere assessores mechten in trefenlich wol leiden. Er sprach under anderm zu inen: »Gewin ich
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mein sach bei euch, so sein ir from leut, aber verliere ichs, botz herziger herz! so sein ir all lecker und bueben.« Er thette sein fürtrag selbs vorm cammergericht mit ainem sollichen beschluß (namlich behielt er beim aidt, das er ain gerechte sach het und die nit verlieren könte), das sein

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[66] menigclichen lachen must. Grave Friderrich von Fürstenberg vermocht sich sein wol und thette im bosheiten, wa er konnte. Es war uf ain zeit ain großer tag zu Stutgarten. Wilhalm von Reischach kam auch dahin und pracht ain
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leibdingsbrief[12] mit sich, war gar nahe seiner besten gülten aine. Grave Friderrich wardt dessen gewar, bekamme ain alten permentin brief, der ungefärlich in der größe war, wie der leibdingsbrief, geth zum Wilhalm, nimpt ime den leibdingsbrief und zeucht den andern herfür, sticht aber darvor
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[1208] ain groß loch darein. Dess gehub sich der Wilhalm ganz übel, wolt grave Friderrichen nur vor der künigclichen regierung verclagen. Also do man in lang ließ uf dem kropf sitzen, do ward ime zu letzst der brief wider geben. Es hett der alt herr Wilhalm, truchseß, ain pfrundner,
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hieß Victor, war ain seltzamer, wunderbarlicher abenteurer, von dessen hendln ein sonders lustigs capitel were zu machen. Derselbig und dieser Wilhalm von Reischach konten sich selten mit ainandern vergleichen. Ainsmals het Wilhalm von Reischach ein alts, kleins dölchle an der girtel. Des
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gefiel dem Victor und wolts ie haben. Der von Reischach sprach: »Ich gib dirs nit, dann es meins lieben vatters und änis gewesen.« So sprücht Victor: Ir gohn mit narrenwerk umb, was machen ir mit dem dölchle? heten ir Hornstain[13] und Hewdorf darfür behalten, weren euch warlich nutzer,
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dann das dölchle.« Damit het er Wilhalmen also ußer der wiegen geworfen, das er ganz zornig von ime gieng, sprechendt: »Das dich botz herziger herz schendt! du bist ain schandtlicher narr.« Er kam darnach zu dem elter herr Jörgen truchseßen von Waldtpurg, dessen hofmaister er
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ware zu den zeiten, als herr Jörg statthalter war in der königclichen regierung zu Stuttgarten. Dem macht er vil kurzweil, und ließ sich uf dem pretspill leuchtlichen erzürnen, und sprach gemainlich, es solte keiner sein weib zu vil lasen im pret spilen, dann wann es lang umbher gienge, so gebe
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man zu letzst die böst gab beim ars. Herr Jörg, truchseß, het dozumal ain großen stat zu Stutgarten. Er hielt etliche edle knaben; deren fürgesetzter war Wilhalm von Reischach

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[67] und solt sie in der zucht halten. Nun war under denselbigen ainer, hieß Hanns von Almanshofen; den sandt er uf ain zeit unbedeckt schlafen, und raget ime der zagel über sich. Darab erschrack der von Reischach inmaßen, das er
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ußer der cammer ganz ernstlich flohe; kam eilends zu herr Jörgen, seinem herren, und sagt: »Botz herziger herz! gnediger herr, es haben die klainen buben dieser zeit größer schwenz, dann bei herzog Eberharts zeiten die gewachsnen edlleut«; clagt im auch ganz ernstlich, was er von dem
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Almanshofer gesehen, und er hab sich selbs, wie er das gesehen, erbarmet und seie geflohen, dann er sonst fürchten[14] müeßen, er wurde im sein schwanz gefressen haben. Wie er uf sein alter kommen, do hat er sein magt, zu achten von der kinder wegen, im todbet geehelichet. Als im das
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von seinen verwandten verwisen, von wegen das sie nit vom adel oder ime gemeß were, do hat er gesagt, man male kein weiblich glidt uf ain helm. Sollichs hat Wolf von Honburg zu Wiechs auch oft [1209] gesagt. Wilhalm von Reischach ist in wenig tagen darnach gestorben. Es ist
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kurz darvor Mathis von Burgow, der im ganz wol bekannt, dann sie aim herren etliche jar haben gedient, zu im geen Mengen kommen, alda er krank gelegen, und hat im, wie man zu thuon pfligt, seins lebens halb ain trost geben. Aber der Wilhalm markt wol, das es uß umb in war. Noch kont
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er seine bossen nit lassen, sonder sprach, er könte kain trost seins lebens haben, dann er were weit über den mittentag und seße iezmals der gais so nahe ufm schwanz, das er schier herab fiel. Also ist er baldt darnach zum alten haufen gefaren. Got helf ime und allen christgleubigen
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mentschen! etc. * * [1281] Anno 15 . . hat grave Endres von Sonnenberg die kirchen zur Scher weihen lassen. Uf sollich fest hat er den alten herren Gottfriden freiherren zu Zimbern, auch desselbigen junge vettern, herr Gottfridt Wernher und herr
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Wilhelmen Wernhern, geprüeder, auch zu der Scheer geladen, und dieweil aber herr Wilhelm Wernher, als der jüngst under denen geprüedern, von der freundtschaft darzu geordnet war, gaistlich zu werden, do ließ im graf Endres dozumal die ersten weihe, genannt prima tonsura, geben.
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Der grave scharr im die blaten selbs, und dieweil er aber

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[68] das handtwerk nit vil sein tag getriben, hat er herr Wilhalmen im scheren geschnitten, das im das bluet über das haupt herab geflossen, daz hierauß ain groß geschrai und gelehter von den alten herrn ervolgt. Uf die nechst
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fassnacht hernach hat sie grave Endres abermals zur Scheer geladen. Also uf die estrichen mittwochen, wie der prauch einest zur Scheer, das die medlin und megt, auch die jungen gesellen die eggen durch die Tonaw ziehen, do [hat][15] grave Endres angericht, das dieselbigen den jungen herren, herr
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Wilhelmen Wernhern, ufgefangen haben, der hat inen müeßen die eggen helfen durch die Tonaw ziehen. In der fassnacht und bei dem danz schluegen die jungen herren an und wolten die nechst nacht nach dem danz und grave Endres und die andern alten herren schlaffen gangen, ain
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schlafftrunk im frawenzimer thuon. Das beschach nun. Es hett sich aber herr Gottfridt Wernher verhündert, das er nit mit andern in das frawenzimmer gangen. Der schlich im haus darafter und kont die recht stuben [1282] nit finden. Hiezwischen aber hetten sich herr Wilhalm Wernher und die
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andern zu disch gesetzt und waren frölich. Under andern aber war ain edle fraw darbei, . . ., die befalch herr Wilhelm Wernhern, ob sach, das graf Endres villeucht komen wurde, so wellten sie alle under den disch sich verbergen, wiewol das ain unweiser rath was und der vil
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argwons und unraths het bringen megen. Disem rath verainigten sie sich alle, dem nachzukommen. Indes kompt herr Gottfridt Wernher und hett die stuben lang gesucht, aber nie finden künden. Wie er die aufthuet und hinein geet, wenen sie alle, es seie grave Endres, derhalben sie alle under
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den disch, wie die gehaißen, sich verbargen. Allain herr Wilhelm Wernher, der sich auch under den disch, wie die andern, sollte haben verborgen, der erschrack dermaßen (dann er wonete nit anders, dann es were grafe Endres), das er aller abrede vergaß, und stande hünder dem disch
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uf. Dess mögten sie darnach alle wol lachen. Es hat auch grave Endres an der letzsten fassnacht den geprauch gehalten, so nachts der tanz, auch der schlaftrunk allerdings ain ort gehabt, so hat man ain gölten mit angerüertem hundaß in das gemach getragen, damit haben die herren,
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auch das frawenzimmer ainandern geworfen und damit der

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[69] fassnacht abgeletzet. Diser gebrauch ist zu unsern zeiten alda abgestellt worden, dann die claider und gemächer damit verwüestet werden, und bringt auch zu zeiten allerhandt unwillens. Ich lob den sitten, der bei graf Endressen zeiten
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auch gewesen, so frembde gest in der fasten zur Scheer kommen, so bringt der kuchenbueb dem gast ainen newen löffel. Das ist ain gab, die sich ins Schwabenlandt füegt und auch ain Schwaben sowol, als ain schöne straußfedern, zieret. Das wurt noch also gehalten. Darfür schenken
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dann die gest dem kuchenbueben was für die löffel. Das ist, wie ich bericht, die böst besoldung, die sie haben. *



  1. Als nu] bis gebraucht [60, 21] auszugsweise abgedruckt bei Riezler, Fürstenb. Urkundenbuch IV, 329—330.
  2. Jerg Wisbecken] s. Fugger, Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich S. 1150 ff.
  3. Schwainsberg] hs. Schwanberg; s. oben s. 54, 23.
  4. darzwischen] hs. darzwisen.
  5. innemens] hs. innemen.
  6. . . . . nach Riezler, Fürstenb. Urkundenbuch IV, 330 anm. a, kann nicht der reichstag von 1492, wie die erste augabe der chronik annahm, gemeint sein, aber nicht der reichstag von 1507, da Mösskirch schon 1503 wieder zimmerisch geworden war.
  7. richtern] hs. richten.
  8. . . . . . .] lücke in der hs. von anderthalb linien.
  9. verzechen] über die trinkgelage nach den gerichtssitzungen vgl. Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer II, 869 ff.; Birlinger, Volksthümliches aus Schwaben II, 191—195: »Horber Mahlzeiten« und »Die Gerichtsmähler in Horb.«
  10. solten] hs. solte.
  11. verloren] vgl. Waldsee und seine Vorzeit von Eggmann, s. 117 ff., wo jedoch dieses außtandes nicht gedacht wird.
  12. eibdingsbrief] hs. leibßdingsbrief; s. unten z. 8.
  13. Hornstain] über das schloß und die in dieser chronik oft erwähnten herrn von Hornstein s. Lichtschlag, Zur Geschichte der Burg Hornstein und ihrer Besitzer, in Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Hohenzollern. IV. Jahrg. 1870/71. s. 51 ff. und V. Jahrg. 1871/72. s 51 ff.
  14. fürchten] hs. fruchten.
  15. hat] fehlt in der hs.