Zimmerische Chronik/Band 3/Kapitel 10

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Diß capitel sagt von herr Johannsen Christoffen freiherren zu Zimbern, wo der in seiner jugendt erzogen und hernach zwai domherrencanonicata uf den hochen gestiften zu Straßburg und Cöllen hab erlangt.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 3. S. 127–136
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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Diß capitel sagt von herr Johannsen Christoffen freiherren zu Zimbern, wo der in seiner jugendt erzogen und hernach zwai domherrencanonicata uf den hochen gestiften zu Straßburg und Cöllen hab erlangt.
Herr Johanns Christof freiherr zu Zimbern ist der eltest
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son gewesen, so herr Johanns Wernher gehapt, nachdem der elter, herr Christof Wernher, gestorben. Diesen son hat er etliche jar, biß er user den kintlichen jaren kommen, uferzogen, gleichwol er mertails zu Mösskirch bei seinem vettern, herr Gottfridt Wernhern, auch gewesen. Man sagt,
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es hab in derselbig uf ain zeit, nachdem er dann ganz ain ernsthaftig man war, umb etliche kintliche sachen gestrafft und darbei undersagt, er solle sich also und der gestalt hinfüro halten. Nit waiß ich, wie es dem jungen herren angenem oder erschossen, er hat unversehenlich in aller
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capitelrede gesagt: »Ach herr vetter, wie sicht ein carfunkelstain?« Das ist hernach lange zeit ein sprüchwort gewesen, so eim ain lere zu dem ainen or eingangen, zum andern wider hinauß, das man gesagt: »Ich main, du begerest auch zu wissen, wie ain carfunkelstain sehe.« Der jung herr, als

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er user den kindtlichen jaren kommen, hat in sein herr vatter geen Überlingen gethon zu aim domherren von Costanz, hieß herr Johann von Botzheim[1], war ain doctor der rechten und het lange zeit in Italia studirt, war auch ain
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holtseligs, höflichs mändle, ein vorder gueter musicus. So war auch das ganz domcapitel von Costanz dozumal von wegen der ingerissnen Lutterei geen Überlingen gewichen. Bei diesem doctor Botzhaim war herr Johann Christof etliche jar sampt eim jungen vom adel, den der doctor auch bei
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sich hett, hieß Hanns Wolf von Bodman. Die baid warden in der lere und sonst wol erzogen. Und seitmals der jung herr in seiner jugendt ganz blöd und zum sterkesten, ward durch etliche der freundtschaft für [704] guet angesehen, das er zum gaistlichen standt sollte geordnet werden.
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Derhalben trachtet sein herr vatter nach ainer expectanz zu Costanz uf dem gestift, die er mit hilf graf Hannsen von Lupfen und doctor Botzanos[2] leuchtlichen zu wegen bracht. Sein brueder, herr Wilhelm Wernher, der dozumal am cammergericht zu Speir, der gab sein rath, das der jung
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herr ein canonicat uf dem hochen stift zu Straßburg erlangte, das were dem geschlecht erlich und loblich, auch wär keiner des geschlechts in dreihundert jaren domher alda gewesen. Das gefiel ainer freundtschaft. Hierauf warde die practik hinab geen Straßburg gemacht. Dieweil aber
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eben domals kein prebenda uf dem hochen stift vaciert, sonder alle mit statlichen fürsten oder grafen besetzt, do wardt mit graf Christoffen von Hennenberg einer resignation halb gehandlet. Dem war es auch gleichwol zu thuen, von wegen das er sonst zwai herrliche canonicata uf baiden
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hochen gestiften Würzburg und Bamberg[3] hett und im unmüglich, alle drei zu residiern. Zu dem macht das rösslin laufen, das graff Christof zu Straßburg ein concubin het, deren warden die hende wol gesalbet mit güldinen ringen und anderm. Als nun der weg also berait, do kunten sich
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die herren der resignation halben dester güetlicher vergleichen, und ist, wie das die domherren oder gaistlichen schetzen, für kain simonei zu achten, sonder allain soll es ain verehrung sein, die einer eim von wegen der resignation

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zu dankbarkeit und ainer erkantnus gibt, auch von wegen des erlittnen und ufgeloffnen uncostens, und wurt vil also gebraucht, gleichwol wider die alten canones; aber seitmals es die gewonhait, so soll mans nit für unrecht halten.
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Hierauf so raiste herr Johanns Wernher, nachdem die sachen mit der prebenda bei graf Christoffen fürüber, hinab geen Straßburg. Do macht er alle sachen, hierzu dienstlich, richtig, fürnemlich aber mit erlegung deren statuten und anderm. Dergleichen auch warde die beweisung des jungen
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herren uf dem stift, wie gebreuchlich, gefertiget und von bischof Hugen von Costanz, marggraf Philipsen von Baden, grave Christoffen von Werdenberg und grave Jörgen von Lupfen besiglet; beschach umb Michaelis anno 1531. Dise beweisung ward von ainem tomcapitel angenommen, dann
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es ist der gebrauch, das kainer zu ainem canonico in sollichs collegium[4] wurt zugelassen, er seie dann ain gebornner fürst, graff oder freiherr; zu dem muß er geschriftlichen und under zwaier fürsten und zwaier grafen insigln beweisen vierzehen anichen vom vatter und vierzehen von der muetter,
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die alle fürsten, grafen oder freiherren seien gewesen, und da er an ainicher ainen person, die münder stands were, felen sollt, so würde er zu der possess nit zugelassen. Das wurt noch diser zeit ganz steif von inen gehalten und ist in iren statuten nit das wenigest, darauf sie alle loben und
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ain leiblichen aide schweren müesen. Es mag für ein turnier gehalten werden, dieweil der ander sonst abgangen, darin ain ieder sein standt und herkommen erweisen müeßen. Man sagt, es sei der Erasmus Roterodamus uf ein zeit geen Straßburg kommen, hat man ime als ein fürnemen,
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berüempten man alles, so namhaft in der statt, besichtigen lassen. Under anderm aber ist er in das capitelhaus und den bruederhof gefüert worden und bericht aller gelegenhait und gebreuch der domherren und das auch nit ain ieder fürst, graf oder herr, der seins herkommens nit,
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insonderhait wie dann hioben darvon gemeldet, qualificiert, angenommen werdt, so soll er in schimpfweis gesagt haben, Christus het [in][5] das collegium, da sie nit dispensirt, nit angenomen werden megen. Diß statutum, wie ich das in

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iren monumenten gefunden, die ich auser irem vergunen alle ersehen, hat erst bei anderhalb hundert jaren angefangen, darvor sein allerhandt standts aldo uf und angenommen worden, und user der ursach, dieweil die
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capitulares von den allerfürnempsten geschlechtern in ganzem Germania, [705] so werden sie in den gemainen epithetis, damit man die tomherren uf allen oder doch der merertail hochen gestiften in deutschen landen bezaichnet, die edlesten genempt, wie dann vor jaren den merertail tomherren in
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deutschen landen ire sondere titel oder aigenschaften sein gegeben worden, welche, so man sie recht erwigt, so künden sie nit bösser oder ieder wessen deutlicher an tag geben, als namlich so werden die dombherren genennt von Chur die ungetrewesten, Costanz die nerristen, Bassel die
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ermbsten, Straßburg die edlesten, Speir die kergesten, Wormbs die eltesten, Menz die hofertigesten, Trier die würdigisten, Cöln die wolberedtesten, Würzburg die brachtlichisten, Bamberg die verspiltesten, Aistet die verhurtesten, Augspurg die raisigisten, Freisingen die gelertesten, Salzburg die
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gaistlichisten, Passow die gröbsten, Regenspurg die vollesten. Bei disen epithetis allen ist sich zu verwundern, das keinem gestift der titel »die reichesten« geben worden, seitmals doch under disen etliche überreiche capitel sein, als fürnemlich Menz, Cöln und Würzburg etc. Darbei mag unsern
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vorfarn, so uf ieden gestift fleißig gesehen, juditium und verstandt abgenommen werden, das sie keinem gestift disen titel zugeben haben, dann sie ohne zweifel wol gespürt und gesehen, was der merertail wesen und handtierung dieser domherren und das sie alle mer järlicher gülten haben, dann
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sie verdienen, darumb sie alda sein, sonder ire reichtumb nur zu erhaltung und merung aller ippigkait gebrauchen. Solchs darf aber niemands sagen, oder er wurt für ain erzketzer geachtet oder für ain abtrinnigen von der kirchen, als ob solche missbreuch gleich recht weren. Und nit allain
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das den domherren also ein gemainer spruch seie, sonder auch man pfligt von bisthumben am Rhein[6] zu sagen, das do seie das bischtum Chur das oberst, das zu Costanz das schlechtest, das zu Bassel das ermest, das zu Straßburg das lustigest, das zu Speir das hochfertigest, das zu Wormbs

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das gelertest, das zu Menz das würdigest, das zu Trier das eltest und das zu Cöln das reichest. Und wiewol das erzbischtumb Cöln das reichest wurt genamset, so acht ich doch, wie von domherren gesagt worden, sie seien alle zu reich und haben nur vil zu vil, das sei der allergröst mangel
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und gebrechen, dann den fromen fundatoribus und stiftern wurt ir letster will nit erfült, sonder gebraucht zu ergernus des nechsten und zu verkleinerung unsers alten catholischen wesens und glaubens. Der allmechtig verleihe gnad und
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was guet seie! Es hat sich mit der zimbrischen probation lange gestoßen, das herr Johanns Wernher die ainichen nit all wissen oder erfaren künden, und als schenk Eberhart von Erpach, sovil die dubia oder mengel in der erpachischen genealogia,
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befragt worden, hat er den rath geben, man soll ain andere anen, als nemlich eine von Ruepoltskirchen an die statt setzen und vermaint, es würdens die pfaffen nit merken. Aber nachdem herr Wilhelm Wernher ein fürnemer historicus und der sich in alten heiraten und geschlechtern vil
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erkundiget, hat er alle mängl supliert und, was gemanglt, nach aller notturft befunden. Do hat sich beschaint, das ain schenk von Erpach in linia ascendenti ein freiin von Bickenbach gehapt, do doch schenk Eberhart vermaint, man sollt aine von Reupoltskirchen hienein setzen, wolt also dem
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tombcapitel ain aug verklaiben. Aber es het den stich nit megen heben, sonder der jung herr were mit diser unzeitigen fallatia gehündert worden und durch den korb gefallen, wie ich dann wol waiß etlichen großen Hansen bei unsern zeiten beschehen sein, die warden mit iren fingirten genealogien
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reiciert, sampt den fürgeschriften, die sie von künigen und potentaten brachten. Das half sie aber nit, man ließ sie an die großen glocken laufen. Das were alhie, so mans übersehen, auch beschehen, zu dem die fürsten und grafen nit besiglet, woverr sie ainichen betrug oder mangel gespürt
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hetten. Es hat zu Straßburg ain richtige, unstrittige residenz, dann in ainem viertel jars mag ain ganz jar und in aim halben jar zwei jar verdient werden. Aber das ich widerumb uf mein vorige historia kom, so hat domals herr Johanns Wernher [706] alle sachen seins
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sons, herr Johanns Christofs, halb bei[7] dem tombcapitel zu

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Straßburg verricht, das man dem jungen herren, so zugegen, gleich, wie gebreuchlich und von alter herkommen, die possess ingeraumpt, unangesehen das er der jaren nach noch nit capitularis sein konte. Beschach under bischof Wilhelmen
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von Honstain[8]. Dozumal sein capitulares und tomherrn uf dem hochen stift zu Straßburg gewesen nachvolgende herren: Herzog Hainrich pfalzgraf, tombropst, grave Thomas von Rineck, tomdechant, herzog Georg von Braunschweig, scolaster, grave Otto von Solms, domsenger, grave Jacob der
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Reingraf, senior, grave Bernhart von Eberstain, cammerer, marggraf Ruedolf von Baden, grave Sigmundt von Hochenloe, grave Otto von Hennenberg, grave Ludwig von Hochenloe, herzog Jörg von Sümern, pfalzgrauf, grafe Reinhart von Hanow, grave Hanns von Hennenberg, herzog Renhart von
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Sümmern, pfalzgraf, graf Wolf von Solms, grave Friderich von Beuchlingen, schenk Albrecht von Limpurg, grave Christof von Gleichen, grave Georg von Gleuchen, grave Hanns von Beuchlingen, schenk Erasmus von Limpurg, so bischof Wilhelmen im bischtum nachgevolgt, grave Hanns von
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Eisenburg, grave Gerlach von Eisenburg. Dise obgenanten fürsten und herren sein derzeit capitulares und domherren uf dem hochen stift gewesen, waren der merertail ansehenlich und gestanden herren, eines gueten verstands und die vom bischof, auch der statt Straßburg in groser reputation
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warden gehalten. Als herr Johanns Wernher von Straßburg widerumb abschidt und nach Seedorf raiste, begab sich, als es sommers zeiten und ganz warm wetter war, das er an der Schiltacher staig hinuf der aller letst rit und sein gesündt
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alles vor im hinzoge. Und dieweil er ganz schlecht beklaidt und außgerüst, uf die manier, wie graf Christof von Werdenberg und der alt graf Michel von Werthaim, hetten ine die unbekanten ehe für ain schulthaisen in eim dorf oder sonst ein amptman gehalten, dann für ain herren, wie dann einest
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die alten sich schlecht zu sein beflissen, insonderhait nit cöstlich waren beklaidt, wann sie wandleten über Iandt, wie das herr Froben von Hutten, ritter, auch im prauch hett und darumb von kaiser Maximiliano nur für sein heckenreuter[9] wardt angesprochen; dann so die ritterlichen zaichen

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er nit gefüert, so were er ehe für ain alten raisigen knecht geschetzt worden. Also war herr Johanns Wernher auch herauß gestrichen. Begab sich aber ohne alles geferde, das er ain jungen, starken Barfüeßermünch an der staig fande,
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der hett die kutten hoch ufgeschürzt und war im haiß. Das gesünd nam sich des münchs nichs an, passirt fort. Wie nun herr Johanns Wernher zu im kompt, grüest er den münch. Der dankt im, und dieweil er in nun für ain amptman, fragt in der münch, wer der herr sei, so voranhin
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reite (mainte damit ein edelman, hieß Knebel, so uf herr Johann Wernhern wartete). Sprücht er, es sei der herr von Falkenstain. Als sie nun ain guete weil gespracht, sagt herr Johanns Wernher: »Lieber herr, ich sihe, ir sein müedt und ist die staig noch hoch, thue ich euch ein gefallens,
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ich laß euch hünder mich ufs ross sitzen.« Das nam der münch zu hochem dank an. Also wardt ain vorteil vom münch gesucht; das ward von herr Johanns Wernhern so lang verzogen, das sie an ain ort kamen, da die staig an der undern seiten genz gehe hinab war. Do sprücht herr
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Hanns Wernher: »Wolan, herlin! do haben ir den bösten vorteil; wellen ir, so megen ir am basten hünder mich sitzen. Solchs gefiel dem münch, stieg hinauf zum vorteil an der undern seiten des wegs gegen der gehe hinab; so hielt herr Johanns Wernher still. Wie nun der münch sich
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gerüst und in allem schwank war ufs ross zu sitzen, so gibt herr Johanns Wernher dem ross die sporen und reit fort. So felt der münch über den weg hinab an die halden, das er etliche mal von wegen der grosen gehe übergienge und lang nie konte ufhören zu fallen und zu übergeen. Herr
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Johanns Wernher raist sampt seim gesündle alles fort und het den münch gewitziget, das er hinfüro hünder keinem begerte zu reiten, den er nit hett gekennet. Aber [707] sein son, herr Johanns Christof, blib zu Straßburg, da residierte er uf anderhalbe jar und lag
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darneben seinen studiis ob bei graf Otten von Hennenberg. In selbigem jar, anno 1532, do übergab grave Otto von Hennenberg herr Johann Christoffen von Zimbern, seinem schwager, ein canonicat uf dem hochen stift zu Cöln[10]. Also muest er widerumb sein herkommen beweisen und seine

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anichen, doch nit so hoch, als zu Straßburg, sonder allain von acht anichen von vatter und muetter here. Dieselbig beweisung ward von grave Wilhelmen von Fürstenberg[11], grave Haugen von Montfort, grafe Jos Niclausen von Zollern
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und herr Gangolfen von Geroltzeck besiglet und dem tombcapitel zu Cöln überantwurt, darauf auch der jung herr uf den stift angenommen. Beschach under bischof Hörman, der seins herkommens ein graf von Wied war. Und ist diser stift Cöln auch deren hochen stift einer, darauf mehr
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fürsten, grafen und freien genomen werden, ußerhalb siben doctores, werden der empter halber ufgenomen, die müesen priester sein. Sonst wurd niemands uf disem stift zugelassen, und sein deren canonicaten vil mer, dann zu Straßburg. Dise prebenda zu Cöln ist herr Johann Christoffen
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nit sonders nutzlich gewest, dann er sovil nit residiern könden, sonder hat sich baider residenzen zue Straßburg und Speir beholfen, die auch gleichwol ainandern gelegen und ganz dienstlich zusamen sein. Darumb hat er das cölnisch canonicat zehen oder über zwelf jar nit behalten, sonder
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widerumb resigniert. * [1453] Das canonicat zu Cöln, das dem jungen herr Johann Cristoffen zugestanden, ist graf Otten von Hennenberg, seines schwagers, gewest, dem es gleichwol nit nutz, dann er daselbs nit künden residiren. Darum ward er von
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etlichen derhalben angesprochen, als nemlich hett graf Wolf von Castel gern seiner söne ainen uf solchen stift befürdert. Das kam auch zu ainer handlung, aber er schribs widerum ab, dann im uf den stift Cöllen zu probieren nit annemlich. Hernach handlet schenk Eberhart von Erpach der alt von
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seins sons wegen, schenk Valentins; er erpott sich, järlich vierzig gulden reservat oder pension zu geben und graff Otten darumb zu vergwisen, halber uf die pfrund zu Cöln und dann halber uf die pfarr oder pastori zu Michelstatt. Aber graf Gottfrid Wernhers gemahel, die greffin von
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Hennenberg, die lag irem bruder, graf Otten, von irres jungen vetter, herr Johann Cristofs, wegen sovil bittlich an, das er der schwester zu gefallen demselbig die pfrund zu Cöllen vor den ander allen zustellt. Das ward im auch domals von seinem herr vatter, auch baid seinen brüeder bewilliget und
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geraten. Gleichwol hernach solch canonicat dem jungen

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herr auch nit nutzlich oder gebreuchlich gewest, ist über zwai mal ad residentiam[12] nit kommen, hiezwüschen er aber die järlich pension, nemlich vierzig guldin in gold, graf Otten biß uf sein absterben raichen müeßen. Und wiewol er der
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pfrund kain nutz, ist es ime doch ain er gewest und ain fründtschaft an die graffen von Hennenberg, das sie ime sollichs vor ainem ander haben gegennet. * * [1518] Ob es aber gut und der seelen hailsamlich, das ain gaistlicher, er sei gleich, was stands er welle, mit sovil
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pfründen und gaistlichen gütern behenkt seie, das weiß ich nit, will das die meverstendigere und erfarnen lassen ussecken[13] und ergründen. Aber es ist ie einmal war, das ain einziger mentsch solche pfründen nit alle kan verdienen oder denen vor sein, vil weniger, das er darumb thon künde, was die
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stiftung vermag, dardurch dann veil guts underpleibt, auch der stifter und anderer gutherziger leut wil und mainung, die das ir derhalben daher so reichlichen gestreckt, nit gehalten wurt, insonderhait aber, da solche große Hannsen die reichen pfarren an sich ziehen, darvon die besten nutzung
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nemen; die sprewer gibt man zu zeiten aim dollen, vollen, unqualificierten müetling. Wie die armen Cristenleut von demselbigen underwisen, auch die sacramenta zu zeiten administrirt und geraicht, das waist der lieb Gott. Noch ist man aber im geprauch also: Welcher vatter ein sone
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gaistlich macht, kan er ime vil pfründen bekommen, so thut ers, es gerat gleich hernach, wie es welle. Es hat sich in sollichem fal ain gar leichtlicher schwank zu Messkürch in anno 1565 begeben. Veit von Hausen, demnach er etliche söne, hat er ainen darunder zum gaistlichen stande verordnet, ime
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auch zu seiner underhaltung mer, dann ain canonicat bekommen. Hat sich gefüegt, das bemelter Veit von Hausen und sein vetter Endres von Laubenberg[14] in obernemptem jar zu Messkürch zusamen komen, und als sich die reden, wie beschicht, mancherlai zugetragen und sie vom jungen
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tomherrn, des Veiten sone, anfahen reden, do hat doch Andreas von Laubenberg[14] gesagt: »Fürwar, vetter, dein son

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[136] ist dem teufel ain schedlicher domherr, er entpfirt ime mer, dann ain seel.« Das gefiel dem vatter, verstand aber nit, wo der Andreas hinuß wolt, begerte ie zu wissen, als wie. So spricht Andreas: »Ich will dirs sagen. Du hast deim
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son sovil pfründen und gaistliche güter angehenkt, darmit sich iren etlich [1519] sonst betragen möchten; iezo so fert er allain zum teufel; sonst, da er sich nur ainer pfründen beholfen, were es dem teufel vil nutzer gewesen, het er die ander auch mögen an sich ziehen, also gehet im an der
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zal ab.« Es war ain groß gelechter, insonderhait als Veit von Hausen ain verdruß ab diser unversehen antwort entpfieng, aber er mußt wol gedult haben. *



  1. Johann von Botzheim] näheres über ihn enthält Walchner, Johann von Botzheim, Domherr zu Constanz, und seine Freunde. 1836, 8°.
  2. Botzanos] der name Botzheim, wie es scheint, graecisiert.
  3. Bamberg] hs. Bomberg.
  4. collegium] s. hierüber Seuffert, Versuch einer Geschichte des teutschen Adels in den hohen Erz- und Domcapiteln, nebst einigen Bemerkungen über das ausschließende Recht auf Dompräbenden, 1790.
  5. in] fehlt in der hs.
  6. bisthumben am Rhein] mit meist andern praedicaten sind sie aus dem Chronicon chronicorum ecclesiastico-politicum, auctore Gualterio (1614) s. 614, aufgeführt im Kirchenschmuck. Ein Archiv etc. XXIII, 31—32.
  7. bei] hs. sei.
  8. Honstain] die hs. hat, wohl durch ein versehen des abschreibers, Harstein.
  9. heckenreuter] s. oben II, 334, 9.
  10. Cöln] über das Cölner domcapitel s. Walter, Das alte Erzstift und die alte Reichstadt Cöln I, 57 ff.
  11. Fürstenberg] hs. Furstenburg.
  12. residentiam] hs. residentien.
  13. ussecken] für ushecken.
  14. a b Laubenberg] hs. Lawenberg und Landenberg. Ein Andreas von Landenberg existierte nicht, daher der name verschrieben sein muß; ein geschlecht Lawenberg kommt auch nicht vor, daher ohne zweifel der im jahre 1579 verstorbene Andreas von Laubenberg gemeint ist, der seinen sitz auf schloß Werenwag hatte, also nachbar des Veit von Hausen war. Beider sitze waren auch in geringer entfernung von Mösskirch.