Zimmerische Chronik/Band 3/Kapitel 5

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Von der rechtfertigung, die sich nach graf Christofs von Werdenberg absterben der erbschaft halben erhaben, und wie die ersessen, auch von den schenken und herren von Limpurg.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 3. S. 50–68
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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Von der rechtfertigung, die sich nach graf Christofs von
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Werdenberg absterben der erbschaft halben erhaben, und wie die ersessen, auch von den schenken und herren von Limpurg.
[665] Nachdem nun grave Christof von Werdenberg, der letzst dises edlen geschlechts und herkommens, mit
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todt abgangen, do hat es hin und wider vil unruhe geben, und wie man sagt, corruptio unius sei generatio alterius, das war da auch. Es haben sich zwai geschlechter im landt zu Schwaben wol mit irer verlassenschaft gewermbt, als nemlich [die][1] graven von Fürstenberg[2] und die graven
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von Zollern. Grave Friderrich von Fürstenberg het grave

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[51] Christofs von Werdenbergs ainige und ein erbdochter, hieß Anna, mit deren er von recht und billichait wegen ain ainiger erb und einnemer solt gewesen sein aller landtschaften und varenden guets, so wardt im doch die grafschaft Sigmaringen entzogen. Die fiel uf graf Eitelfriderrichs
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von Zoller des jüngern künder, war alles hievor auß practiken grave Felixen von Werdenbergs und grave Joachims[3] von Zollern beschehen. Die hetten solliche bewilligung bei kaiser Carlen, auch bei dem römischen künig
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Ferdinando ußgebracht, dann sie sonst in dise erbschaft gar nit gehörten oder ainiche nahe verwandtnus do war. Zu dem allem war vor vil jaren, als Sigmaringen dem kaiser Friderrichen ward von den grafen von Werdenberg zu lehen gemacht, lauter bethädingt und auch ußgenommen, waverr
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kain graf von Werdenberg mer in leben, das dann Sigmaringen der eltesten erbdochter zusteen solt. Des alles unangesehen, so baldt der fahl beschach, do wardt graf Friderrich bei der handt, der nam den Hailigenberg, Sigmaringen, Trochtelfingen und gemainlich alle andere
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werdenbergische ligende und vahrende güeter zu seinen handen, und nachdem der dreißigest fürüber, ließ er zu Sigmaringen im schloß alle varende hab, die im zugehört, hinüber zum Hailigenberg füeren. Man sagt, er hab so nahe ußgerumpt, das er auch ain wagen mit newen besem hab lassen mit
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nemen, das vil vermaint, waver grafe Carl von Zollern, obbemelts grafe Eitelfriderichs von Zollern eltester son, dozumal bei handt (dann er bei kaiser Carln in Hispania), es wer im was eintreg darein beschehen. Also ward sonst niemands sonderlich vorhandt, der sich der handlung mit
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der witfrawen so hoch anneme. Grafe Joachim von Zollern belued sich der witfrawen von Werdenberg und irer künder, aber es wolt doch niemands grave Friderrichen so frevenlich erzürnen, also kunt graf Friderrich in vil stucken, do er merer widerstandt nit het, seins gefallens handlen und
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hinfüeren, und wiewol er die canzlei und anders den mehrer tail zu Sigmaringen hin het, so ist doch dem zimbrischen geschlecht zu großem nachteil hernach kommen, das er die brief und urkunden, die herrschaft Zimbern belangen, auch was die grafen von Werdenberg für handlungen mit
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Zimbern gehapt, alle zu Sigmaringen, zwo laden vol, gelassen.

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[52] Die sein hernach graf Carln von Zollern mit Sigmaringen worden. Der hat volgender zeiten, wie hernach in dieser historia nach lengs vermeldet wurt, dieselbigen wider Zimbern wol prauchen künden. Under disem allem ist nit
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wenig zu verwundern, das herr Gotfridt Wernher freiher zu Zimbern alhie abermals nit wenig sich gesumpt, das er bei graf Friderrichen solche zimbrische brief und handlungen, die im nichs nutz oder fürstendig haben sein kinden oder behalten, nit hat ußgebetten, seitmals er doch bei
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demselbigen in so hochem ansehen war, darvon hernach gesagt wurt. Dess er doch wol het thuen künden, auch leuchtlichen bei graf Friderichen erhalten, aber es war sovil ainigkait oder trewe domals nit under dem zimbrischen geschlecht, und het ain ieder sein aigen republicam[4]. Damit
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ward dise guete gelegenhait auch versaumpt und verschlafen. Ist gleichwol hernach über vil jar bemelten herren Gott[666]friden Wernhern nit wenig gerowen, im vil nachteils und unruhe gepracht. Aber es gett also und soll also sein, das untrew sein aigen herren trifft.
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Interim so baldt der alt grave Christof mit todt abgangen, do het man eilende potschaft in Hispanniam gethon an hof und graf Carln erfordert. Ob das von graf Joacham von Zollern beschehen, seinem formünder, oder seiner fraw muetter, der wittfrawen zu Sigmaringen, das ist ungewiss.
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Iedoch es kam graf Carle us der post herauß, gleichwol wie es schon alles fürüber und der hausrath, auch die varende hab mertails hin war. Also underfiengen sich hinfüro bemelter graf Carl und sein vormünder, graf Joacham, der sachen wider Fürstenberg, und wiewol der sucession halb
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mit Sigmaringen und Veringen baid gebrüeder von Werdenberg, grafe Christof und graf Felix, den stritt richtig gemacht hetten ires erachtens nach, so beschache grave Carln von Zollern ein solliche instanz und widerwertigkait darmit ußer practiken grave Friderichs, dem die augen nach langem
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erst fiengen ufgeen, das er die güeter mit aller marter kunte erhalten und die erst bei dem haus Österreich gar nache von newen dingen mit vil tausendt guldin erkaufen, wolt er anders, das im gelihen würde. Wie nun bemelter graf Carl und grave Friderrich irer sprach und vorderungen mit
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ainandern seien verglichen worden (darmit man doch vil zu

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[53] thuen gehapt), das erforderte ein besondern tractat, ist auch hieher nit dienstlich, allain zu wissen, demnach grafe Christof von Werdenberg der jungen grafen von Zollern, seiner stiefsöne, vormünder etlich jar gewesen, das er etlich
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tausendt guldin von derselbigen wegen ingenomen, darum ime grafe Friderrich etliche aigenthümbliche güetere, in der herrschaft Sigmaringen gelegen, zu kaufen geben. Domals hat auch bemelter grafe Friderrich von Fürstenberg das dorf Vilslingen sampt Dietfurt herr Gottfriden Wernhern von
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Zimbern umb ain landtleufigen kaufschilling zu geben angebotten, aber er gieng so liederlich und langsam damit umb, das sich graf Friderrich wider erholet und ußer den schulden kam, und do herr Gotfridt Wernher mit dem kauf gern fürgefaren, do warden im die feigen gebotten. Hat hernach
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stammen und nammen Zimbern, wie an seinem ort gesagt wurt, zu grosem nachteil und spott geraicht. Aber so ain geschlecht gestraft und geblagt soll werden, mues es seine mitel haben und durch einfüere, neidige oder unnutze, verthone leut beschehen, wie wir das nit allain in disem
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zimbrischem geschlecht augenscheinlichen brüfen künden, sonder auch bei andern alten geschlechten vilfeltigclichen ist beschehen und zu sehen. Wie sich nun anfangs diser strit zwischen Fürstenberg und Zollern der werdenbergischen erbschaft halben erhueben, do kam auch der dritt man ins
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spill, das waren die zwo alten grefinen von Werdenberg, namlich fraw Elsbeth, die zuvor schenk Erassmussen von Erbach gehapt und hernach Philipsen Echtern dem eltern vermehlt, und dann schenk Christofen von Limpurg nachgelassne witib, baide graf Christofs selligen schwestern. Die
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begerten an graf Friderrichen, demnach sie baide nur uf ain ledigen anfahl zu zeiten irer verheiratung, iren stammen und namen zu aufnung und guetem, sich verzigen und aber ir brueder, graf Christof sellig, alle anerstorbne herrschaften und güeter unvertailt zu seinen handen genommen von
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weilunt seinen baiden gebrüedern, graf Hansen und graf Felixen, so hetten sie doch solche anfelle mertails vor jar und tagen an iren [667] brueder, grave Christoffen selligen, erfordert, weren aber biß daher für und für uf sein absterben von ime ufgehalten worden, darauß dann ervolgt,
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das graf Friderrich in namen seines gemahls sich aller erbschaft het underzogen; begerten sie derhalben, das er als der erb die zuvor eingezognen erbfell inen zu irem teil

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[54] herauß geben und zustellen welte. Hieüber wardt vil gerathschlagt bei den gelerten. Die gaben zu baiden teilen gueten trost, wie man dann gewonlichen pfligt. Philips Echter der elter, dem die sach gar nahe angelegen und
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der es am allermaisten ußer getrewem gemüet tribe, der ließ biß in Frankreich uf den hochen schuelen dise rechtvertigung berathschlagen und schickt den casum in terminis den jungen freiherrn von Zimbern, herr Johan Christofen und herr Froben Christofen, gen Burges in Berrü, daselbs
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sie domals mit eim preceptore uf der hochen schuel waren. Die übergaben solchen casum dreien den fürnembsten professorn der kaiserlichen rechten, namlich dem her Johanni Ansovino, herr Marco Antonio Caimo, baiden Italianern, und dann herr Johanni Hannitonio, einem Niderlender[5], eim
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Flemming. Dise drei machten ein herrlichen anschlag hüerüber; der wardt herauß ins Deutschlandt geschickt. Was sollten aber die gueten jureconsulte handlen oder rathschlagen, seitmals der hauptpunct inen, noch niemands der parthei, domals noch bewist war? Die doctores in deutschen
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landen die rathschlagten, demnach dise anforderungen der grefinen baiden etwas dunkel und unlauter were, seitmals in specie und benanntlichen nit megte stucksweis dargethon werden, was sie vermainten inen erbsweis zugefallen sein, riethen derhalben, man sollte sich zum vordersten in ein
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güetliche handlung und gesprech mit graf Friderrichen einlassen und von ime vernemen, was die stuck und güeter weren, die graf Christof von Werdenberg von seinen gebrüedern und seinem vetter, grafe Haugen, ererbt hett. Das war der Deutschen mainung und insonderhait doctor Jacob
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Jonas, war dozumal bischof Hansen von Costanz canzler, kam baldt hernach zum churfürsten von Menz und volgends zum römischen künig Ferdinando. In somma, sie gaben alle ain gueten trost, seitmals baid grefinen ires vettern, grave Haugen, und dann irer baider gebrüeder, grave
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Hannsen und grafe Fellixen, todt erlebt[6] und kain graf von Werdenberg mehr in leben, so sollten die selbigen erbfelle uf dise zwo grefinen von recht und der pillichait wegen zu irem thail fallen, daran auch inen grave Friderrichs von Fürstenberg gemahl kain eintrag thon sollte, dieweil
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dieselbig nit mer erben künt, dann sovil irem herren vatter,

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[55] grafe Christofen, het zugestanden. Es gaben baid schwestern solcher forderung halb volkommnen gewalt, von iren wegen zu handlen, namlich grave Jörgen von Lupfen, schenk Wilhelmen von Limpurg und herr Johannsen Wernhern
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freiherren zu Zimbern, iren sönen und dechtermannen, und warden desshalben etlich täg von inen angesetzt und besucht, und nach aller berathschlagung do thetten die gewalthaber neben iren principaln darauf die anforderung, wie oblaut, in irer schwiger und fraw muetter nammen,
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geschriftlichen und mündtlichen. Es kammen die brief grave Friderrichen, alldieweil er zu Sigmaringen war bei seiner stief fraw muetter, grafe Christofs selligen nachgelassne witib, als er ohne alle geferdt domals zu disch saß. Es war auch darbei die alt fraw von Limpurg, schenk Wilhelms fraw
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muetter, als ain parthei. Grave Friderrich lass den brief, das die umbstender das alles hören mögten, ward darob also erzürnt und bewegt, das er sich offenlich vernemen ließ, er welt inen, den grefinen von Werdenberg, ein dreck geben, dann er were inen nichs schuldig und hette ire
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verzigsbrief bei handen; zu dem wist er wol, das niemands an dem allem schuldig were, dann das widerhaar, graf Jocham von Zollern, der were uf dem tag bei iren, den geschwistergiten, [668] gewalthabern, wie die oben genannt worden, zu Riedlingen gewest und hett den anschlag wider
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ine helfen machen. Es ward auch graf Friderrich durch grave Jörgen von Lupfen in namen sein selbs und der andern zweien seinen mitgeordneten, schenk Wilhelmen und herr Johannsen Wernhern, desshalben mündtlichen angesprochen. Do gab grave Friderrich die antwurt und erpot
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sich, uf den nechsten graven- und herrentag, so zu Pfullendorf oder Überlingen solt gehalten werden, was er gerechtigkait und fueg zu seiner erbschaft, vor dreien der freundtschaft anhören zu lassen, auch, so er das bei seinen verwandten an rath erfünde, wellte er inen alsdann abgeschriften
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umb alles zustellen. Es handleten hierinen güetlich bischof Hanns von Costanz und herr Schweikart von Gundelfingen, aber do fiel uncostens ufliefe und vil gueter leut darunder bemüehet wurden, do legt graf Friderrich von Fürstenberg etliche alte erbordnungen der graven von Werdenberg für
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in originali, des inhalts, das die graven von Werdenberg, auch die drei gebrüeder von Werdenberg, graf Hanns, graf Christof und graf Felix, ire basen, döchtern und schwestern

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[56] hetten enterbt und alle erb und verlassenschaft uf ain ainige erbdochter hetten gericht. Solliche erbordnungen waren von beiden römischen kaisern, Friderico und Maximiliano, bestettiget worden. Wie nun dise brief also, wider
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menigclichs verhoffen, einmals und darvon hievor niemands gewist oder gehört, herfürkammen, do gewann die rechtvertigung ain loch, dann wer wolt der sein gewest, der den römischen kaisern in ire sigl wolt geredt oder ain zweifel darein gemacht haben? Es muesten sich die zwo grefinen
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mit disen briefen settigen und benüegen lassen und von aller rechtvertigung absten. Also hat grave Friderrich sein erbschaft erhalten. Es ist zu seinen briefen vil geredt worden; dann demnach die graven von Werdenberg mer, dann von hundert jaren here, irer altvordern sigl behalten und
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zu graf Friderrichs handen mit der andern erbschaft kommen, do sein gewest, die unverholen gesagt, solche erbordnungen seien nach graf Christofs seligen zeiten erst ufgericht und durch seltzame pratiken zu hof verfertigt worden. Got waist den rechten grundt, wie es zugangen, und so ain
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falsch darin fürgeloffen, so wells der vatter aller gnaden und barmherzig die nachkommen nit lassen entgelten. Das ist gleichwol gewiss, dass hinnach grafe Friderrichen scheinbarlichen nit vil glücks angangen; dann was verlust und unfahl ime mit seinen kindern, sönen und döchtern, begegnet,
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das ist menigclichem bewist und unverborgen. Es hat auch sollicher unfahl gar nahe von der zeit an biß zu seinem absterben geweret und bei seinen kündern ainsteils beharrlichen, auch nach seinem todt, biß uf gegenwürtigen tag, bliben, darvon an ainem andern ort weiter gesagt. Und
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wiewol graf Friderrich, ehe und zuvor ime dise erbschaft zugestanden, in grosen schulden gesteckt und ime desshalben vil schmachs und schimpfs begegnet, also auch das ime schulden halb vilmals uf dem hofgericht gerüeft worden, mit großem gespöt, so hat er sich doch mit den
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werdenbergischen güetern wol widerum erholt, dann es haben die goldtschmidt zu Ulm allain das werdenbergisch silbergeschier und klainottern uf zwainzig tausendt guldin geschetzt, sich auch solchs darumb, so es fail wer, zu geben erbotten. Sollichs sampt denen aigenthümblichen und ligenden güetern,
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als nemlich die herrschaft Trochtelfingen, Jungnow, mit deren iedes zugehörden, und andere erkaufte güeter hetten die miterben, als die schenken von Limpurg, Lupfen und Zimbern,

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[57] zu irem tail wol bekommen, aber was eim nit werden soll, das streift ain rais ab, wie man sagt. Es hat dise calumnia[7] oder wie es dann soll oder mag citra injuriam genennt werden, den baiden grefinen wehe gethon, dann
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menigclichem wol bewist, wie die sachen beschaffen gewest. [669] Wer hat aber dörfen offenlich, was im zu sinn und muet, reden, oder wer wolt sein mundt in himel legen und sich des orts ainer beweisung understeen? Sie haben wenig jar hernach gelept. Von der eltern schwester, fraw Elsbethen,
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so hievor schenk Erasmo von Erbach und hernach dem eltern Philips Echtern zu Mespelbron verheirat, wie die gestorben, ist vor lengst in gegenwürtiger historia vermeldet worden. Die jünger schwester, fraw Agnes, schenk Christofs von Limpurgs nachgelassne witib, ist hernach in
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gerüwigem alter zu Gailndorf gestorben, und so man den grundt ansehen will, so befindt sich, das nach absterben dieses schenk Christofs wenig glück oder fahls mer bei disem geschlecht Limpurg gewest. Er ist auch seinen kündern ußer ainer ungewönlichen ursach im bösten alter
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entpfallen; dann man sagt für gewiss, das er an seinem weib, dieser grefin von Werdenberg, sich abgeritten und der ehlichen werk so überflissig gepraucht, das er zu keinen kreften mer kommen und dessen entlichen hab sterben müeßen, wie es dann in etlichen jaren hernach, namlich marggraf
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Hannsen von Brandenburg, weilunt marggraf Friderrichs son, auch ergangen; dann derselbig marggraf reiset mit keiser Carln in Hispanniam, dessen obersten cammerer er war, und dieweil er bei bemeltem kaiser in besondern gnaden, do vermehelt er ime ain reiche witib, war ain grefin von
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Foix und dem kaiser ganz nahe verwandt; und demnach dann Hispania ein überhitzigs landt und er das landt der liebe[8] zu gar vil und unzeitig iebte, do überricht er sich in maßen, das er sein sterben muest, kunt ime niemands helfen; beschach anno 1525. Er soll ain ansehenlicher, gar schöner,
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junger fürst gewesen sein, darumb hat in auch die vettel so überschwengclichen gebraucht, nach der haut, wie man sagt, das er das leben darumb hat letstlichen müesen geben.

* [1287] Grave Hanns von Werdenberg, graf Georgen und der marggrefin von Baden sone, ist ain wunderbarlicher 1

[58] man sein tag gewest, der auch, so wenig er seiner geprüeder, graf Christofs und graf Felixen, gemüet und art an ime gehabt, so wenig hat er inen auch gleich gesehen. Ime ist Jungnow zu seinem tail worden, da ist er bliben biß
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unlangs vor sein todt. Er name in seim alter ain freiin von Gundelfingen, war des letzsten herr Schweikarts schwester, het vorhin ain freihern von Brandis gehapt, und das beschach in ainer hirßfaiste zu Sigmaringen, als das frawenzimmer auch uf den hirßplan gefaren, wie sich dann
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gemainlich guet hendel uf und bei den hirßplönen begeben, das ain wunder sollte nemen, das die herrn so dorecht, sich selbs und irer verwandten und geliebten ehrn nit bösser bedenken, auch in jungen, angenden leuten manicherlai nachgedenken pringt. Also uf eim sollichen hirßgeschrai macht
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sich diser alt Chremes zu der jungen witfrawen; die warden des kaufs ains, dessen sie baide hernach sampt der freundtschaft gerow, aber es war beschehen. Er überkam kain kindt bei ir und starb zu Jungnow anno 15[22][9], ligt zu Trochtelfingen begraben. Man sagt von ime, er sei
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ainsmals geen Überlingen uf ain grafen- und herrentag geritten; nun haben aber die von Überlingen under den thoren domals guet wacht lassen halten und menigclichen, der auß oder ein passiert, gerechtfertiget. Also da graf Hanns mit seinen dienern under die thor komen und hinein wellen
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reiten, ist der, so darzu beschaiden, herfür gedretten und gesagt: »Herr, wer sein ir? meine herrn vom rath wellens wissen.« Graf Hanns hat im darauf kain antwurt geben wellen oder sagen, wer er seie, sonder gesprochen: [1288] »Dess einher, mein lieber man! dess einher! du sichsts
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wol,« daran der ander nit ersettigt und wider gefragt. So hat im dann graf Hanns vorige antwurt wider geben und ist nichs desterweniger imerdar fort geritten. Also haben die andern thorhüeter disen quidam dem grafen lassen nachschreien und sich der sach nichs angenomen, dann sie wol
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gesehen, das es ain ansehenlicher herr gewesen. So er befragt, wo im das oder jenes herkeme, pflag er zu sagen: »Mein deschlin gipt mir das« und schlueg damit uf sein deschlin. Gleichwol er das nit ußer dorheit thette, wie einest ein graf von Castell, der vor seinen freunden ime

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[59] ain klains stüblin voller reinischer guldin wünschte, und als er befragt, was er damit thuon welte, sprach er, er welte sein deschle, das er ganz lieb hett, so voll darmit füllen, das nichs mer darein megte. Also wardt er weiter befragt,
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seitmals noch vil guldin überig sein würden, was er denn mit denselbigen thuon wellte, do gab er die antwurt, er wellte sein herrn vattern darfür lassen sorgen, wo sie hin kemen, sonder sich benüegen an dem, das er sein deschlin damit hette außgefült. Also sein ainest die alten seltzam
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gewesen. Diser graf Hanns ist von jugent uf ain hoffman gewesen und bei kaiser Maximiliano erzogen worden. Im alter hat er sich ganz ainig, wie oblaut, gehalten und vom podagra biß in sein todt vilmals geplagt worden. Er aß die hessel gern ußer der Ablach, und dieweil er dann guet
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forhenen ußer der Lochart haben megt, der er nit sonders achtet, do draff er ain dausch mit herr Gottfridt Wernhern freiherren von Zimbern, so domals die herrschaft Mösskirch inhett, und schickt im mehrmals derselbigen gueten Lochartforhenen gegen übersendung der hesel ußer der Ablach.
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Er hett die aigenschaft an im, das er gern alte sachen und die der gedechtnus würdig waren, uf die pan brachte, fieng darvon an zu sagen; wann es dann ufs böst kam, ließ ers stecken und schwig. So er dann darum befragt, wie es weiter ergangen, »das behalt ich mir selber«, daher das
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sprüchwort: »Ich behalt mir das selbs, sprach graf Hanns von Werdenberg.« * * [1322] Grave Hanns von Werdenberg war vil an kaiser Maximiliani hoff. Er bracht uf ain zeit mit sich von Insprug ein schöne frawen, man hieß sie nur doctor Schlitzin.
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Sie het vorhin ain doctor gehapt und war sie selbs in der arznei so erfaren und in der glücklichen pratik[10], das es ain wunder. Sie het den grafen, der dann heftig mit dem stain beladen und sonst auch ain bleder herr war, mermals beim leben erhalten, daher sie auch in ain solchs ansehen bei
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im kam, das man sagt, er het ir die ehe versprochen. Wie die guet fraw herauß, kam sie bei seinen brüedern, graf Christoffen und graf Felixen, in großen unwert, sie wolten sie im nit lassen; auch ward ir allerlai widerdrieß begegnen, derhalben sie zu Jungnow sich hinweg thette und graf

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[60] Hannsen als den, so ir vil versprochen sollt haben, mit hofgericht geen Rotweil fürnam. Do ließ man die graven wol ufgeen, aber grave Hannsen baide gebrüeder, obgenannt, waren so geschwindt, und damit kein solche schandt
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über sie und iren brueder weiter gieng, do vertruegen sie sich mit ir uf ir benüegen, und ward sie mit großen listen geen Niderbaden zu marggraf Christoffen verschifftet. Da ist sie bliben. Bald hernach gerow es graf Hannsen, das er dise gueten frawen von Insprugk herauß het gelückert
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und ir ain solchen abschiedt gegeben, ußer anstiften seiner brüeder, deren inen zu drutz und zu laid er die von Gundelfingen[11], so vorhin den herren von Brandis gehapt, und het mit ir zu Jungnow sein residenz. Sie waren wenig jar bei ainandern, do warden sie auch uneins, das sie von ainandern
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zogen. Dieweil er aber vor seinen baiden brüedern nit wo sicher und besorgt, es megt im auch ergeen, wie ainest seinem vettern, graf Ulrichen von Werdenberg, do bestandt er ain behausung zu Mengen, in der er sich etlich zeit enthielt. Aber es namen seine anligen leibs dermaßen zu, das
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er nit lang alda lept, starb, als man zallt 15[22][12]. * * [1212] Wir suchen manichmal ain grose, gefieterte narrenkappen und lassen dann nit nach, biß wir sie finden und uns wol zu thail wurt, als ainest der theur kriegsman, herr Jörg von Fronsperg zu graf Hainrichen von Nassow
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sprach, do derselbig ein dorlichen ußfahl thon wolt zu Valesin und den könig Franciscum von Frankreich angreifen, auch mit der ainigen redt den usfall abstallt und damit kaiser Carln das ganz Niderlandt erhielte. Also sprüch ich, es ist ain große dorheit, das man das frawenzimmer uf die
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hirßplan hinauß fürt; dann was[13] guts kan man do sehen oder lernen? So die junkfrawen, auch ander jung gesündt das wiltpret sicht steigen, gibt es inen ain seltzams nachgedenken, das darnach zu manichem mal durch solche imaginationes ein casus hernach volgt. Als dann will man
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himel und erdterich vermischen, so wir doch selbs daran schuldig. »Man darf keine leus in ein belz setzen«, wie die alten gesagt, »dann sie wachsen für sich selbs.« Uf ain zeit hat man das frawenzimmer zu Sigmaringen auch hinauß

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[61] uf den hirßplan gefüert. Wie nun die hirß geschrien, das wiltpret getriben und gestigen, do fragt aine underm haufen, was doch die hirß thetten. Antwurt ainer under denen dienern, sie wellten aichlen gewinnen. In somma, es macht
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bei den weibern seltzame [1213] fantaseien, sonderlich so ire menner nit sonders mit[14] der pruch gefast oder sonst nit ain starken zinken haben, alsdann gibt es ain verachtung und geet hernach, wie wir dann bei unsern zeiten von grosen frawen gehört, so sprechen sie: »Die menner haben
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nichs«, id est, in simias esse conversos ac insigne illud, quod sumopere diligunt, non servare; dann so sie gewahr und weis werden, das ainer baß gefast, auch fester kan im karch ziehen, dann der ander, so thuet es nit mehr guet und wurt kein gueter belz alda, dann haut und haar kein
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nutz. Es ist nit allain ain dorheit, die weiber uf den hirßplan zu nemen, sonder sie auch uf die jagen gewenen und hin und wider zu rollen, dann die gelegenhait thuet vil, die bringt mancherlai umbstende. Ich hab ain grosen Hansen kennet, dessen weib bei seim leben gewon was, uf die jagen
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und beisen zu reiten. Die hat sich zum oftermaln mit aim knecht ganz argwönig im holz verrennet. Was soll ich sagen? Der guet Joseph überkam alle jar ain kindt, und so es lauter gens weren gewest, er het nit ain feder daran gehapt. Das aber die sach also beschaffen, das haben die
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nachvolgenden sachen nach seinem absterben zu erkennen geben. Hüet sich menigclich, solche maisterloskeiten seinem weib nachzugeben, dann wenig guets darauß kompt, gleich als mit den gartenheuslin, sprach ainest Jörg Heuss, darvor sich alle fromme eheleut sollten hüeten. *
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Aber das ich widerumb uf schenk Christofs von Limpurg sachen kom, wie er gestorben, hat er vier lebendiger sön und vier döchtern verlassen. Schenk Albrecht und schenk Erasmus sein zu dem gaistlichen standt zeitlichen geordnet worden; ire canonicata und pfründen haben sie
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zu Straßburg, Würzburg und Bamberg gehabt, und ist schenk Albrecht ein gar frölicher, holselliger herr gewest, ist auch in seinem bösten alter gestorben. Sein anderer brueder, schenk Erassmus, war ein stiller, eingeborgner herr und ein gueter waidman, welches den schenken von
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Limpurg gemainlichen angeporn. Er ist nach absterben bischof

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[62] Wilhalms von Straßburg zu aim bischof daselbst erwellt worden. Noch hat schenk Christof zwen sön verlassen, die sein im weltlichem standt bliben, als namlich schenk Wilhalm und schenk Hanns, under denen baiden schenk Hanns
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ain zwilling war mit schenk Erassmo. Schenk Wilhalm der war ein zeit lang bei herzog Wilhelmen von Bayrn zu hof. Bei dem schlueg er ein frölin von Bern für, war im frawenzimmer bei der herzogin, die ime hernach vil kinder geboren, sön und dechtern, deren noch den merertail in leben sein.
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Es wardt vil zu disem heirat gesagt, aber was Got zusamen füegt, soll der mentsch nit schaiden. Gleichwol auch der wein und dann die groß dorheit manches par auch zusamen füegt und verainiget. Under denen döchtern, deren vier gewest, ist nur ain ainige, namlich fröle Barbare, grave
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Jörgen von Werthaim vermehelt worden, die, in bedacht das bemelter ir herr bald von ir abgestorben, nit mehr dann ein ainigen son geborn, den jüngern grave Micheln, der ohne leibs erben hernach abgestorben und der letst seins stammens und namens gewest ist. Die andern drei döchtern
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sein unverheirat bliben, under denen die ain, fröle Dorothe, im freien stift gen Buchen an Federsee kommen, alda sie etliche jar gewest und letstlichen an der schwarzen gelbsucht gestorben. Die ander, fröle Elsbeth[15], ist in das beschlossen closter zu Stetten under Zollern kommen und biß an ir
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ende darin verharret. Die drit, fröle Agnes[16], ist im closter zu . . . die tag ires lebens bliben. Iren aller fraw muetter, fraw Agnes, die witib, die ist zu [670] iren letzsten zeiten von Gailndorf hinweg gewichen, gleichwol sie über etliche jar wider dahin komen, auch aldo gestorben. Die ursach
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aber, darumb sie lenger uf irem widdemsitz nit bleiben wellen, hat die ursach gehapt. Wie ir son, schenk Wilhelm, one ir oder seiner vertrawten rath oder vorwissen die von Bern am hof zu München genommen, hat sie nit wenig misfallen darab gehapt, wie sich dann wol hernach beschaint;
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dann als sie zu Gailndorf zusammen kommen, do konten sie niergends sich mit ainandern vergleichen, dann wie baldt die von Bern anfieng zu künden und schenk Christoffen gebare, do nampt in die alt fraw nur das bayrisch antzlüt,

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[63] so feind war sie im. Gleichwol hernach ein verstendiger, holtselliger und ufrechter herr ußer ime worden. So kont auch die jung fraw wol beschulden zu zeiten, das man übel an ir ware, dann sie mocht niemands irs herr, schenk
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Wilhalms, verwanten bei ir oder umb sich gedulden, das sich an dem sonderlichen erwiesen, so schenk Albrecht oder schenk Erasmus derzeit zu irem brueder, schenk Wilhelm, gen Gailndorf kommen, so hat sie so schlecht et a tant maigr chere sich gegen inen erwisen, das sie wol vermerkt
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haben, sie des orts nit vast wilkom seien, darumb auch dester fürderlicher wider abgeschaiden. Dessen hat schenk Erassmus hernach, wie er zu Straßburg bischof worden, nie vergessen, sonder es habens die jungen herren und frölin zum höchsten entgelten müeßen, deren er sich nichs
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angenommen, oder doch nit mehr, dann er ehren oder schanden halb thon müeßen. Das ist in eim ieden geschlecht wol zu bedenken und das ain ieder regierender herr in solchen fellen sein weib nit soll maister sein lassen. Ußer solchen und andern fürfallenden sachen begab sich, das die weiber
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nit konten bei ainandern bleiben oder sich vergleichen, derhalben do drachtet die alt fraw immerdar, wie sie mit fuegen von irem son, schenk Wilhalm, und seinem weib schaiden megte. Nun het ir ander weltlicher son, schenk Hanns, auch ain teil von der herrschaft, der zoch die guet alt
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muetter mit gueten worten zu sich, gab ir für, er welt ir ain schöne behausung ins stetlin Gailndorf bawen, darin sie ungeirrt wonnen megte. Das war ir ain große frewdt, also auch, das sie den andern son damit anfieng bochen und zu drutzen und gar nahe kain guet wort zu geben. Es het
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aber ir son, schenk Hanns, ein dirnen an ime hangen, derselbigen zu lieb und zu gefallen het er disen baw ins werk gericht. Das wust aber sein fraw muetter nit, darumb, wie der baw vollendet, do satzt er dieselbig cortisana ins haus und vergaß seiner muetter über allen gethonnen won, dessen
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dann schenk Wilhelm und sein weib auch nit sonders laidig waren. Dieweil sie aber nun mit baiden iren sönen nit wol zu pass, do wolt sie auch lenger bei inen zu Gailndorf nit bleiben, sonder fuer herauf zu irem brueder, graf Christofen, geen Sigmaringen, der dozumal noch lepte. Bei dem wardt
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sie ain kurze zeit, das sie auch sich nit bei ainandern kunten vergleichen, dann ir mainung war, die überig zeit ires lebens im landt zu Schwaben zu verschließen. Damit sie aber

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[64] sollichs dester füegclicher also erhalten und irem brueder oder den seinen kein überlast were, do begert sie an graf Christoffen, er welte ir ain gemechle geen Hedingen ins clösterle, unfer under Sigmaringen, bawen, daselbst wolt sie
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hinfüro wonnen. Diß begern ward ir der brueder nit abschlagen, und ward alles nach irem bitt volstreckt. Was sie daselbs zu Hedingen für ain seltzame und wunderbarliche haushaltung gehapt, darvon were ain besonders buch zu schreiben. Man sagt glaublichen von ir, das sie oftermals
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ain großen durst gehapt, auch vil gedrunken; da sie dann von irem brueder, grave Christoffen, oder andern die ursach ires dursts und vil drinkens befragt, hat sie gesprochen: »Potz musiga muß (also pflag sie zu schweren)! ich bin im badt gewest.« So dann der tag, das sie gebadet het,
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erkundiget ward, befand sich, das [671] es etwan vierzehen tag, etwan drei wochen war gewesen. Sie hat auch, wann sie zu Gailndorf merertails, das sie baden wellen, nach ainer edlen frawen hüniber gen Schmidelfelden geschickt, war ain Hessin, die muest man ir uf ainem ross hinüber bringen,
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allain der ursach, das sie ir die negel an den henden und fueßen were beschneiden. Aber die zeit sie zu Hedingen war, kam sie gleichwol zum oftermal zu irem brueder, graf Christoffen. Sie hett ir haushaltung mertails uf ein britt lassen malen, daran stande wein, brot, salz, schmalz, air,
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fleisch, visch, obs und anders, nach der ordnung gemalet. Was sie dann teglichs oder wochenlichs verprauchte in die haushaltung, das verzaichnet sie an iedes gehörigs ort mit ainer kreiden, darauf sie vil fleis legt und groß achtung darauf gab. Es trueg sich auch vilmals zu, das sie ir brueder,
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grafe Christof, heimsuchet, dergleichen ire baide söne, schenk Wilhelm und schenk Hanns, die namen sich keines unwillens gegen ir an. Es kamen auch sonst ander graven und herren, denen sie bekannt, zu ir, die sie ansprachen. Begab sich zu manchem mal, wann dieselbigen die gemalt dafel hünder
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dem offen fanden und erfragt, was die bedeuten were, das sie dann in irem abwesen solchs abwütschten oder aber vil mehr hinzu verzaichneten, derhalben sie manichmal, wann sie es markt, übel zufriden war. Aber es wolts weder der brueder, noch die sön oder auch andere haben gethon oder
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daran schuldig sein. Sie ist gar nahe bei zweien jaren, oder etwas darüber, also beim brueder zu Sigmaringen und zu Hedingen gewest. Nachdem aber gedachter ir brueder,

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[65] graf Christof, mit todt abgangen, do het sie niemands mehr zu Sigmaringen, der sich iren anname; zu dem sie bei grave Friderrichen von Fürstenberg von wegen der ansprach kein platz het, so belude sich grave Carl von Zollern und sein
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fraw muetter ir auch nichs. Derhalben, dieweil sie niemands mehr het, der handt ob ir hielt, und dann die nonnen zu Hedingen von wegen ir wunderbarlichen und seltzamen weis ir ganz urdrutz und gern abgewest weren, do fure sie widerumb hinab geen Gailndorf zu irem son, schenk Wilhelmen.
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Sie hat noch etliche jar daselbs gelebt, in der weil ir geliebter son, schenk Hanns, auch mit todt also verschaiden, unverheirat. Mitler weil und sie zu Gailndorf gewesen, do ist sie vilmals zu irer dochter, der grefin von Werthaim, der witfrawen, geen Werthaim oder Breuberg kommen, auch
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zu zeiten lang bei ir bliben. So ist dann alles gesündt ab irer zukunft erschrocken, dann sie ließ nichs unberedt fürgeen. Insonderhait da sie sahe, das etwan das gesündt oder die megdt waidlich aßen oder dranken, so hett sie, gleichwol es in aim frembden haus war, ein groß betauren
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darin, das sie mehrmals zu irer dochter sprach: »Botz musiga muß! dochter, wie fressen deine megt und suffen so feindlich!« damit sie bei dem gesündle nit wol verdient, auch wenig gunsts hett. Man sagt glaublich, das ir leibliche dochter, fröle Agnes[17], war im closter zu ..., einsmals zu
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ir geen Gailndorf kommen. Der hab anfangs ain wein insonderhait wol geschmackt, hab ir die fraw muetter befolchen, sie soll darnach schicken, wann ir geliebe; seie aber unlangs der alten ain anders zu sinn kommen und ein betauren darin gehapt, derhalben einsmals zu der dochter
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gesagt: »Botz musiga muß! mein Agnes, wie suffestu dises weins so teufenlich!« Das guet frölin, das gleichwol in langer zeit bei ir nit gewesen, ist darob erstutzet, hat das überig wol verstanden, ist baldt darnach mit fuegen von ir abgeschaiden und wider in das closter zogen. Sie hat ainsmals
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ir dochter, die witfraw zu Werthaim, angesprochen, ir ain guete magdt zu dingen und die geen Gailndorf zu schicken. Das hat sie gethon und ir aine gedingt, hieß das Engelge, aber sie kont sich mit derselben magdt auch nit vergleichen, dann sie auch zen hett [672] und umb sich hiebe, darumb
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gab sie ir bald widerumb urlaub, schickt[18] sie der dochter

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[66] wider und schrib ir darbei: »Herzliebe dochter! Du hast mir ain magdt geschickt, haist Engelge, die schick ich dir wider, dann sie ist kein engelge, sonder ain rechts deufelge.« Nach irem absterben ist es zu Gailndorf noch vil ain
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liederlicher ding und regiment worden, darvon ain aigens capitel were zu schreiben, aber hieran soll der nachkomen verschonet werden, dann schenk Wilhalm von wegen seines überflissigen, unmeßigen drinkens gar zu aim künd worden, darumb dann nit vergebenlichen sein schwester, die wittfraw
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von Werthaim, anno 1523 ein wunderbarlichs gesicht zu Gailndorf gesehen. Die ist ains aubents im schloß zu Gailndorf under ainem fenster gelegen, da hat sie sichtbarlichen gesehen ein wolangethonnen reisigen man durch den Kochen reiten, der hat kein haupt gehapt, ist auch bald darnach
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sampt dem ross verschwunden, welches ohne zweifel die bedeutnus gewest, das die herrschaft und das geschlecht bald hernach ohne ein haupt sein soll und ohne ainig regiment, wie sich das etliche jar hernach mit der thatt wol beschaint hat, dann schenk Wilhelm ganz kündisch gewest.
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Und demnach sein schwager, grafe Jörg von Werthaim, zeitlich mit todt vergangen und nur ain ainzigen son, den letsten grave Micheln, verlassen, ist er sampt grave Wilhelmen von Eberstain von gemeiner freundtschaft zu fürmünder verordnet worden. Die haben nun ires pflegsons sachen
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mit allen trewen under handt genomen und zu mehrmaln geen Werthaim kommen, rechnungen und was sonst der fürnempsten handlungen gewesen, angehört. Einsmals, als sie dahin geraist und baide formünder in einer cammer gelegen, hat schenk Wilhalm gar nahe die ganze nacht kein
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ruw gehapt von durst und hunger; hat er dann seim cemmerling geschrien: »Veit, gang zum koch! laß mir ain suppen machen und verloren air darauf, doch das sie so gar nit verloren seien, das man sie noch finden künde!« Wie baldt man ime dann die suppen ins bet gebracht, hat er ain wenig
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darvon gessen und dann ain becher mit wein darauf herauß getrunken. Nit gar über ain stunde so hat er sein Veiten abermals in die kuchin geschickt nach ainer suppen mit den verlornen airn, die man doch finden künden, und als er die versucht, hat er dann wider, wie vormals, ein becher
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wein getrunken.. Sollicher suppen mit ufgeschlagnen airn hat er im dieselbig nacht sechs machen lassen und uf iede ain becher des sterkesten, bösten weins gedrunken, das

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[67] letstlich der koch nit glauben wellen, das es recht zugang, und vermaint, die cemmerling und bueben treiben also ir gefert. Darumb ist er mit der letsten suppen selbs hinauf in die cammer gangen und hat doch den herren sehen
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wellen, dem er dieselbig nacht so vil suppen und air hab kochet, wie dann beschehen. Gemanet mich vast an ain edelman ußer Hessen, hieß der Keidel, war ain student und hoffman in Frankreich. Derselbig kam uf ain zeit von Paris geen Orlienz zu doctor Ludwigen Grempen und doctor
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Hanns Krausen; die liesen ine uf den boden nie kommen, wie man sprücht, dann er ward in vierzehen ganzer tagen und nächten nie nüchtern, dieweil er do war. Sie dranken ine zu der morgensuppen, das er wider schlaffen gieng. Zum morgenessen dorft es seinethalben nit vil drinkens, er
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het vorhin den straich. Nach dem imbis legt er sich wider schlaffen. »Au gutte! rüeft er, »wein her!« so kamen dann gie gueten kerle ußer den studiolen und bracht im ieder ain glass mit dem starken Orlienzer wein, damit wardt er wider bestoben, das er sich gleich wider schlafen legt. Zum
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nachtessen mocht er nit wol ufsten, so schar man im dann aber. Zum schlaftrunk schrie er dann aber: »Wein her!« Gleich baldt wardt er wider abgefertiget; und solchs alles beschach ohne ainichen abgang des studiums, und war bemelter Keidell in sollicher völlerei so lang [673] erhalten
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an ainandern, da er nit darvon gezogen, were er dessen gewisslichen gestorben oder doch zum wenigisten in ain tödliche krankhait gerathen. Also ist es dem schenk Wilhalmen auch ergangen, der ist letstlichen dermaßen von der vernunft kommen, wie er uf seins jungen vettern, graf Michels
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von Werthaim, hochzeit geraist, das er mertails im bett bliben. Es haben ine des breutigams schwiger und dann ir geschwei, die grefin von Westerburg, in seiner herbirg haimsuchen wellen. Wie er das vermerkt und gehört, ist er gehling erzürnt worden und in abwesen seiner
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hausfrawen, deren von Bern, nackendt user dem bett gesprungen und sie übel gescholten und die thür zugeschlagen. Die zwo frawen haben sich übel geschempt, sein widerumb darvon zogen und nit vil sich diser abentür, damit sie nit erst darzu gespait würden, berüempt. Er ist letstlich gar ain
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pettriss worden, dergestalt auch gestorben, das er ain rechts, lauters kündt gewest. Man sagt vil von seiner einfalt. Under anderm soll er uf ain zeit bei seiner schwiger sein gewest,

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[68] ist ain edle von Lainingen gewesen; mit der hat er gespracht und under andern reden zu ir gesagt von den edelleuten hin und wider, die sich under die grafen und herren mit den heiraten vermischen; und nachdem er solche redt
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ganz odios mermals wider herfür gebracht, hat er iedoch allweg darzu gesagt: »Aber doch frow, so main ich euch nit,« und ich glaub genzlichen, er hab seiner einfalt genossen, das man ime dester weniger zu unguet hab ufgenommen. Also hab ich auch von den alten gehört, das
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herr Hanns truchseß von Walpurg der elter, so zu Waldsee gewonet, mermals beiwesendt vil erlicher leut gesagt haben soll, er und seine voreltern haben sich under die graven und herren gemischt, wie der meusdreck under den pfeffer. Aber sovil die schenken von Limpurg belangt, deren
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geschlecht ist alt und fürnem, sie haben iren anfang und ursprung von den alten herren vom Kolben, wie sie dann sollichs wappen noch füeren. Den namen Limpurg haben sie von dem schloß und der herrschaft Limpurg, ob Schwebischen-Hall gelegen, angenomen und sich darvon genennt
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und geschriben. Ist ein lange zeit. Etlich fabulieren, sie seien von den herzogen von Franken kommen und nemen iren behelf daher, das sie des herzogtumbs wappen füeren neben den kolben quartiert. Dieweil aber bischof Gotfridt von Würzburg, der umb die jar Christi ...[19] gelept, das
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fränkische wappen anfahen füeren und sich ain herzogen von Franken geschriben, do hat er das seinem geschlecht auch erlangt. Waher aber die herren vom Kolben anfengclichs herkommen, ist unbewist, iedoch vermutlich, es sei ir geschlecht von den zeiten des königs Arturi von Britannia
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und der tafelrundt bekannt und in ainem ansehen gewesen. Vor vil jaren hat sich das geschlecht getailt in zwen underschidlich stammen, deren der ain tail die herrschaft Gailndorf inhat, die andern aber besitzen Speckfeldt mit den zugehörigen güetern, so inen von den grafen von Castell durch
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ain heirat erbsweis soll zugestanden sein.



  1. die] fehlt in der hs.
  2. Fürstenberg] hs. Fürstenburg.
  3. Joachims] hs, Joachaims.
  4. republicam] hs. repulicam.
  5. Niderlender] hs. Niderleder.
  6. erlebt] hs. erlegt.
  7. calumnia] hs. columnia.
  8. das landt der liebe] landt ist wohl ein schreibversehen, veranlaßt durch das unmittelbar vorausgegangene landt.
  9. 15[22] die minderzahl ergänzt. Er starb nach dem epitaphium zu Trochtelfingen den 9 Juli 1522; s. auch Vanotti a. a. o. genealogische tab. IV.
  10. in der glücklichen pratik] vielleicht verschrieben statt glücklich in der pratik.
  11. deren inen etc.] verdorbene stelle: es sollte heißen: denen zu drutz und zu laid er die von Gundelfingen nam, so etc.
  12. 15[22] die minderzahl ergänzt, s. oben s. 58, anmerk.
  13. dann was] hs. das was.
  14. mit] hs. nit.
  15. Elsbeth] Prescher, Geschichte und Beschreibung der Reichsgrafschaft Limpurg, führt diese in der geschlechtstafel II nicht auf.
  16. Agnes] Prescher a. a. o. nennt statt ihrer Catharina, klosterfrau zu Gotteszell.
  17. Agnes] s. die anmerkung zu 25 auf s. 62.
  18. schickt] hs. schick.
  19. ...] bischof Gotfridt (IV) von Würzburg, geb. herr von Limpurg, regierte von 1443—1455.