Zu den Pressburger Verhandlungen im April 1429

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Autor: Anton Chroust
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Titel: Zu den Pressburger Verhandlungen im April 1429
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aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 5 (1891), S. 367–371.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br
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[367] Zu den Pressburger Verhandlungen im April 1429. In dem cod. lat. chart. s. XV. 8°, Nr. 4971 der Wiener Hofbibliothek, der eine Sammlung der verschiedensten Actenstücke zur Geschichte der Concile des 15. Jahrhunderts enthält, findet sich auf fol. 128 ein Schreiben der Hussitenführer an König Sigismund, das geeignet scheint auf die Friedensverhandlungen, die kurz nach Ostern 1429 zu Pressburg zwischen dem König und den Hussiten aller Parteien geführt wurden, neues Licht zu werfen.

Wir haben eigentlich nur spärliche und ausserdem einseitige Berichte über diese ersten Verhandlungen grösseren Stils zwischen den genannten Gegnern, die dem nunmehr zehnjährigen Kampfe, der auch die Kraft der Hussiten allgemach zu erschöpfen begann, ein Ende bereiten sollten. Unsere Kenntniss davon stammt abgesehen von dem Wenigen, was die Chronik des Bartoschek bietet, im wesentlichen aus dem Bruchstück der supplementa des Andreas von Regensburg, [368] das Palacky mitgetheilt (Urkundliche Beiträge zur Geschichte des Hussitenkrieges, II, S. 22 ff.) und aus dem dialogus desselben Verfassers, den Höfler herausgegeben hat (Fontes rer. Austr. SS. II, S. 565 ff.)[1]; ferner liegen in einer Anzahl Ausschreiben Sigismund’s an verschiedene Reichsstände Aeusserungen über jene fruchtlos gebliebenen Verhandlungen vor (zum Theil gedruckt in Palacky’s urkundlichen Beiträgen etc. II, S. 27 ff., hauptsächlich aber im 9. Band der Deutschen Reichstagsacten S. 290 ff. und S. 306), die aber ganz allgemein gehalten, von dem Verlauf jener Verhandlungen wenig erkennen lassen; dasselbe gilt von dem Bericht der Breslauer Stadtboten (RTA IX, S. 294) und dem Schreiben des Kaspar Schlick an den Kurfürsten Friedrich von Brandenburg (a. a. O. S. 303).

In der Hauptsache erfahren wir nur, dass der König den Hussiten nahe legte, sich der Entscheidung des künftigen Concils zu unterwerfen, bis dahin Frieden zu halten und der Krone wie der Kirche die entrissenen Güter zurückzustellen. Die beiden letzteren Ansinnen wiesen die Hussiten kurzer Hand von sich, bezüglich des ersteren Vorschlages verschoben sie eine endgültige Entscheidung bis zum Prager Landtag im Mai 1429, da die unter Prokop vor Pressburg Lagernden, obgleich unter ihnen alle Parteirichtungen vertreten waren, sich nicht für berechtigt hielten, ohne Zustimmung der zu Hause Gebliebenen Verträge zu schliessen oder Verbindlichkeiten einzugehen. Nur dann dürften sie es wagen, Sigismund ihre Unterwerfung und dessen Anerkennung in Böhmen zuzusichern, wenn er die Lehrmeinung der Hussiten annehme. Darüber zerschlugen sich natürlich die Verhandlungen, und der König entschloss sich, trotzdem er den Prager Landtag zu beschicken versprach, gegen den Johannistag einen neuen Feldzug gegen die Hussiten zu unternehmen.

Dieser Sachverhalt, wie ich ihn in den wesentlichsten Zügen darlegte, findet in den von mir aufgefundenen Schreiben der Hussitenführer an Sigismund seine Bestätigung (was für die Glaubwürdigkeit unserer Hauptquelle, des Andreas von Regensburg, von Belang ist), in einzelnen, nicht unwichtigen Punkten aber auch eine Ergänzung.

Wir erfahren aus jenem Schreiben vom 6. April 1429, dass nicht lange vor dem Pressburger Tag der König mit den Hussiten anzuknüpfen gesucht und versprochen hatte, eine Versammlung der Hussiten zu Krumau, von der wir sonst nichts wissen, zu beschicken, was er aber dann unterliess. In Krumau wurden dann Vertreter der Hussitischen Parteien zu weiteren Verhandlungen mit dem König [369] bevollmächtigt, aber nur so weit, dass sie von ihm verlangen sollten, dass er und seine Unterthanen sich zu den vier Artikeln bekehrten; wenigstens aber sollten sie als Preis eines Waffenstillstandes die Uebergabe aller jener Schlösser verlangen, die Sigismund und sein Schwiegersohn Albrecht in Böhmen und Mähren inne hätten. Ueber alle anderen Angelegenheiten, namentlich über die Beschickung eines Concils, sollten sie sich in keine bindenden Abmachungen einlassen. – Ganz abgewiesen wird aber die Theilnahme an einer allgemeinen Kirchenversammlung schon jetzt nicht, hauptsächlich anstössig ist ihnen die Uebergewalt des Papstes und des Klerus auf demselben gegenüber den Weltlichen.

Ueberhaupt hat der Brief wenig oder nichts von jener ablehnenden Schroffheit an sich, die die Hussiten nach der sonst sehr zuverlässigen Darstellung des Andreas von Regensburg zur Schau tragen. Man fühlt, dass es auch den Hussiten daran gelegen war, den Faden der Unterhandlungen nicht abbrechen zu lassen, darum schliesst das Schreiben auch mit dem Hinweis auf weitere künftige Verhandlungen, über deren Zeit und Ort am 6. April noch nichts bestimmt war; die Bemerkung kann offenbar nur auf den Prager Landtag bezogen werden. – Aus der Nachschrift geht hervor, dass in Pressburg auch eine theologische Disputation, wahrscheinlich zwischen den mehrfach erwähnten Pariser Doctoren und dem Engländer Payne, stattgefunden hat.

Eines auffallenden Mangels möge hier noch Erwähnung geschehen; das Schreiben trägt die Unterschrift dreier Hussitenhauptleute, die zwar eine hervorragende Rolle spielten, keineswegs aber mit ihrem Einfluss an Prokop oder Meinhard von Neuhaus heranreichten, welche beide mit nach Pressburg gekommen waren; wesshalb die beiden den Brief nicht mit unterzeichneten, ist mir verborgen geblieben.

Drei genannte Hussitenführer und deren Genossen schreiben an König Sigismund über die Ausgleichsverhandlungen in Krumau und Pressburg und wünschen insbesondere Erklärungen wegen des Waffenstillstandes und des Concils. 1429 April 6 in campis Austrie[2].

Aus der Wiener Hofbibl. cod. lat. 4971, fol. 128–128’ mit der fol. 127’ vorausgehenden Ueberschrift: Responsio Hussitarum ad regem Romanorum, cum esset in Businio anno domini 29o, die quo infra.

Serenissime princeps. vestre gratie affectum omnis boni. nuntiamus quemadmodum nuntios nostros ad vota vestra miseramus ex parte nostra et aliarum communitatum, que iam in conventione in [370] Chrunnaw[TK 1] cum plena potestate fuerunt in illa dieta dignitatem vestram expectantium, ita vestra gratia prefigendo illam dietam neglexit eam. attamen priusquam disgregati fuerunt nobiscum in illo residerunt. quod si vestra gratia utique affectaret illud, quod extunc nuntios nostros ad eandem vestram gratiam mitteremus, et quando vestra gratia illud desideraverit, illud fecimus, qui a nobis et illis, qui sunt in Bohemia, habuerunt potestatem in commissis, quod a vestra gratia desiderarent, quod eadem vestra gratia ad veritates dei et signanter ad quatuor articulos, pro quibus omnibus ex dono dei nos opposuimus, vellet accedere unacum subditis vestris, et si illud gratie vestre grave videretur ex certis causis, quod tamen gratia vestra unacum filio vestro duce Austrie disponeret, quod castra, que in Bohemia et Moravia tenetis, se nobiscum unirent et ad veritates dei accederent et quod super illo vellemus nos cum gratia vestra et filio vestro pacificare ad certum tempus et in illo videre, an cum adiutorio dei nos finaliter pacificare possemus. quod totum vestre gratie non videbatur acceptandum, quem admodum nuntii nostri nos de illo informarunt, sed illud vestra gratia a nobis per nostros et vestros nuntios affectat, quod cum eadem vestra gratia pacem et treugas iniremus. 2o. affectat vestra gratia, quod ad illam conventionem, que celebrari debebit pro reformatione totius Christianitatis in illis, qui de illa indigent, nuntios nostros mitteremus. super quo vestre gratie tale damus responsum, quod vobiscum de illo sine consilio communitatum Bohemie et Moravie ad veritates dei affectantium finaliter loqui nescimus. nam in Chrunnaw et aliis congregationibus nobis invicem commisimus, quod illas res, que omnes communitates tangunt, unus sine alio non debet peragere; sed illud vestre gratie scribimus a nobis ipsis in causa, quod vestra gratia desideraret treugas cum omnibus illis, qui sunt contra vos[TK 2] in hiis causis, ut, vestra gratia, non videtur nobis, quod communitates, que nobiscum erunt, in tali conventione ad huiusmodi treugas consentient. 3o[TK 3]. si illa congregatio transire debebit solum sub potestate pape et aliorum sacerdotum, et quod vestra gratia et alii reges et principes non debebunt habere potestatem ad illud, quod certificatum et approbatum fuerit ex sacra scriptura et scripturis sanctorum doctorum, qui veraciter et invincibiliter se fundant in scripturis legis[TK 4] dei, et quod vestra gratia non deberet adiuvare contra quemcumque, qui illud approbatum in illa generali congregatione acceptare rennuerit, extunc formidamus, [371] quod communitates difficulter nuntios suos ad illam congregationem transmittent. idcirco vestra gratia super illo bene deliberet et nobis significet litteris suis sigillo suo sigillatis. si autem vestre gratie non videtur nobis ad statim litteris suis fore respondendum, attamen nuntiis vestris, quos ad nos super illa dieta destinabit, committat, quod nos et communitates diserte informent, cum quo treuge esse debeant, et quibus modis et conditionibus ista congregatio transire et quali ordine illa reformatio disponi debebit. quando autem nostra[TK 5] conventio esse debebit et quo die, illud notificabimus ad Korlstain domino[TK 6] Sedesioro[3] servitori vestro. datum feria quarta post conductum[4] pasche in campis Austrie.

Subscriptio: Jacobus de Komessin[5], Volek de Brezenice[6], Franciscus de Kotbicz[7], capitanei barones milites et clientes in campis Austrie pro liberatione legis dei iacentes.

Subscriptio[TK 7]: Serenissimo principi ac domino[8] domino Sigismundo Romanorum regi semper augusto Ungarie Croatie Dalmatie regi.

[Nachschrift:] Et scripta, que nostri nuntii dixerunt vestre gratie velle transmittere, ut illa daret doctoribus, cum quibus ante vestram gratiam locuti sunt, ecce illa mittunt nuntium per presentem, prout ad presens recolligere potuerunt non habentes apud se commoditatem librorum; ut confidimus de gratia vestra, prout nuntiis nostris dixit, quod similiter scripta illorum doctorum per eundem nuntium nostrum transmittet nobis vice versa.

A. Chroust.     

Textkritische Anmerkungen

  1. Voraus geht in der Handschrift noch das Wort: Chawnaw; der Ortsnamen scheint dem Abschreiber nicht geläufig gewesen zu sein.
  2. cod.: nos.
  3. cod.: 2o.
  4. cod.: leges.
  5. cod.: fol. 128’.
  6. cod.: dominus.
  7. So die Handschrift und zwar als Ueberschrift inmitten der Zeile.

Anmerkungen

  1. Die auf die Pressburger Verhandlung sich beziehende Stelle beginnt auf S. 580.
  2. D. i. in der Ebene von Pressburg.
  3. Gemeint ist Herr Zdeslav Tluksa von Buřenic, der tapfere Vertheidiger des Karlstein.
  4. Vgl. den Artikel bei Du Cange II¹, 525 wornach das Wort gleichbedeutend ist mit clausum pasche, dem letzten Tag der Osteroctave.
  5. Jakob Kromesin von Brezovic, vgl. v. Bezold, Reichskriege II, 164. III, 175; Palacky, Gesch. Böhmens III, 2, 409; 449.
  6. Bolek Kaudelnik von Březnic; vgl. Palacky III, 2, S. 449.
  7. Franz von Kotwicz, vgl. Palacky a. a. O.
  8. Vgl. den dialogus des Andreas v. Regensburg a. a. O. S. 582 „ipsi Hussite non nominarunt eum regem sed dominum principem“.