Zur Pariser Weltausstellung
(1889.)
Als zu des schönen Friedensfestes Feier
Die Reiche alle la belle France entbot,
Da barg ein jedes hinter dichtem Schleier
Der Wange züchtiges, verschämtes Roth.
Sie lehnten alle ab, sie kamen nicht;
Im Grunde schien es eine Ehrenpflicht,
Dem Unterfangen klüglich fern zu bleiben.
Für la belle France war es ein bittrer Bissen –
Doch ist’s am besten immerdar zu wissen,
Man sei verdächtig und man sei verpönt;
Man kann dann ruhig seine eignen Wege
Zum schönen Ziele selbstvertrauend gehn,
Und fremde Mißgunst hält den Eifer rege.
Und eigne Wege ist Paris gegangen
Und hat geschafft und jedes Glied gerührt
Und sein „vermeßnes,“ „keckes“ Unterfangen
In Schatten stellt es seiner Freunde Hoffen
Und setzte sich ein stolzes Monument,
Und auch der Neid, die Nörgelsucht bekennt,
Daß es sich selber glänzend übertroffen.
Und Ueberfluthen eines Menschenstroms,
Als noch die Adler seines Kaisers flogen,
Des schlauen Neffen eines großen Ohms.
Doch alle Zauber jener Zeit verbleichen
Und vor der stolzen, freien Gegenwart
Muß aller Prunk der früh’ren Tage weichen.
Ihr mögt die Wahrheit noch so tief verschleiern –
Sie tritt als Stern hervor aus dunklem Zelt;
Für ganz Europa, für die ganze Welt,
Und wer die Hand verächtlich ausgeschlagen,
Die in Versöhnlichkeit sich dargestreckt,
Der sieht sich nun aus eitlem Wahn geweckt
Es hat vielleicht so Manchen schon verdrossen,
Der nun verspätet heimlich in sich geht,
Daß er sich selbst in Dünkel ausgeschlossen
Vom Völkerfeste und nun draußen steht.
Durchmißt die Hallen man im Pilgergang,
Und aus lebendigem Zusammenhang
Hat er in Trotz sich selbst herausgerissen.
Auch du, mein Deutschland – nur vereinzelt lesen
Und du gerade wärst am Platz gewesen
Im Schmuck der Arbeit an der Seine Strand.
Uns groß zu zeigen, haben wir verscherzt –
War’s die Gelegenheit, euch zu versöhnen.
Und die Versöhnung – einmal muß sie kommen,
Ob jetzt, ob später, willig oder nicht;
Habt ihr die ferne Brandung nicht vernommen,
Und ob sich beide ew’gen Haß geschworen
Und finster grollend sich genüberstehn,
Es kommt der Tag, da Seit’ an Seite wehn
Deutschlands und Frankreichs stolze Trikoloren.
Und Frieden will und Frieden braucht das Reich;
Drum thut mir’s weh, dass wir Paris gemieden –
Ich fürchte sehr, es war ein Schwabenstreich.
Dergleichen Streiche hatte stets zu büßen
Wir aber senden nach der Seine Strand
Ein brüderliches, achtungsvolles Grüßen!
Anmerkungen (Wikisource)
Ebenfalls abgedruckt in:
- Der Wahre Jacob 1889 Nr. 79 (Seite 625)
Zur Pariser Weltausstellung 1889: Digitalisate der UB Heidelberg.