Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Andreas Hofer

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Andreas Hofer
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 183–184
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Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Andreas Hofer.
Geb. d. 22. Nov. 1767, gest. d. 20. Febr. 1810.


Der gefeierte Patriot und Held Tirols, den sein Opfertod für das Vaterland mit der Märtyrerkrone schmückte, und der deshalb im Andenken der Nation unsterblich fortebt. Hofer wurde bei St. Leonhard im Passeyr-Thale geboren, und erhielt die Erziehung eines der wohlhabenderen Bauernsöhne. Der Vater, Joseph Hofer, war »der Wirth am Sand«, und zog den kräftigen Sohn zu seinem Geschäft heran, das aus Gast- und Schänkwirthschaft, Pferde- und Weinhandel bestand, und sich lebhaften Betriebes erfreute, da der Verkehr durch den Gebirgspaß ein stets reger war. Daher mußte Andreas nothdürftig lesen und schreiben und auch etwas italienisch radebrechen lernen, außerdem aber folgte er mit Vorliebe dem Zuge der Gebirgsbewohner, sich durch körperliche Uebungen, durch Jagd und Ringkämpfe zu kräftigen, und wurde einer der geübtesten Schützen. Später wurde er selbst »Sandwirth« und galt als einer der angesehensten unter den Landleuten, daher er auch 1790 in den Tiroler Landtag gewählt wurde. Im Jahre 1796 trat Andreas Hofer an die Spitze einer Compagnie Gebirgsschützen, die er herab zum Gardasee gegen die Franzosen führte, ohne jedoch Gelegenheit zu finden, sich auf diesem Zuge besonders hervorzuthun. Er kehrte zu seinem Sandwirthshaus zurück, und führte als wackrer Familienvater und redlicher Wirth das Leben eines geachteten Mannes, der seinen Geschäften und seinem Haushalt treulich vorsteht; das Schicksal vergönnte ihm aber nicht die friedliche Ruhe des Privatmannes, sondern hatte ihn erkoren, als politischer Held eine Rolle zu spielen. Bei der dauernden Gefahr, die das Land Tirol bedrohte, widmete auch Hofer, von der treuesten Vaterlandsliebe erfüllt, dem Lande seinen Antheil und seine kräftige Wirksamkeit; er half im Jahre 1803 die Landmiliz ordnen und einrichten, ging 1805 mit einer Deputation zum Erzherzog Johann, um diesem im Namen des Landes ein schmerzliches Lebewohl zu sagen, und gesellte sich zu Anfang des Jahres 1809 jenen geheimen Abgeordneten zu, die von mehreren tiroler Landgemeinden nach Wien entsandt wurden, um dort die Stimmung des Kaiserhofes zu erforschen, dem Kaiser vorzutragen, was das Tiroler-Land leide, was es hoffe, [Ξ] und wie es bereit sei, alles einzusetzen, und mit Gut und Blut die alte Treue an das angestammte Kaiserhaus zu besiegeln. Diese heimlichen Werbungen blieben nicht ohne Gehör und Erfolg; durch den Erzherzog Johann ging dem Freiherrn von Hormayr, einem Eingeborenen des Landes, der Befehl zu, einen Aufstand des gesammten Tirols gegen den Feind einzuleiten, und heimlich ganz Tirol und Vorarlberg unter die Waffen zu rufen, während der Erzherzog als Oberfeldherr der nach Tirol und Oberitalien bestimmten Armee jede Unterstützung zusagte. Freiherr von Hormayr, bestimmt, an der Spitze der Bewegung, der außerordentlichen Landesbewaffnung und Landesverwaltung zu stehen, entwarf den Plan, und bediente sich Andreas Hofer’s zu dessen Ausführung, die einen so glücklichen Erfolg hatte, daß binnen 48 Stunden das Land von Franzosen gesäubert, und 8000 Feinde vernichtet, entwaffnet oder gefangen waren. Ebenso hob Hofer bei Sterzing das bayrische Bataillon Bärenklau auf. Gleich nach der Befreiung Nordtirols drang Hofer in Südtirol ein, und vertrieb daraus den französischen General Baraguay d’Hilliers. Da wurde Andreas Hofer schnell der berühmte Mann des Volkes, der Name des Sandwirths im Passayr schwebte aus allen Lippen. Bald aber wälzte Frankreich sein Heer gegen die Kaiserstadt, Bayern das seine ins Tirol, und es entbrannten die wüthendsten Kämpfe. Wien wurde übergeben, Tirol wurde behauptet, und abermals befreit. Hofer konnte an der Spitze seiner Passeyrer Scharfschützen siegreichen Einzug in Innspruck halten. Freiherr von Hormayr stellte nun Hofer an die Spitze der gesammten Streitmacht Tirols, welche 5000 Mann zählte, Klagenfurt sollte genommen werden, das neunte Armeekorps Zuzug und Hülfe leisten, und damit die Befreiung ganz Innerösterreichs mit einem Schlage bewirkt werden. Allein der Plan scheiterte, zum Theil mit vereitelt durch den Waffenstillstand von Znaim (12. Juli 1809), und mit Schmerz sahen die treuen Tiroler sich mitten auf ihrer Siegesbahn gehemmt, und durch den Stillstand der Waffen sich die Hände gebunden. Das Heer zerstreute sich, und sein heldenherziger Führer mußte sich, vor Verrath nicht sicher, in einer einsamen Hütte des Gebirges verborgen halten; doch blieb er sorgsam und wach und wartete seiner Zeit. Jetzt rückte das französische Heer gegen Tirol; leider mit vielen Truppen verbündeter deutscher Staaten, und plötzlich stand Hofer wieder selbständig an der Spitze seiner Landsleute, führte sie mit Unerschrockenheit gegen den an Zahl weit überlegenen Feind, und gewann nach zwei heißen Schlachttagen (13. und 14. August) abermals den Sieg, warf die Feinde, zog abermals, vom Volke umzingelt, als Sieger in Innspruck ein. Unter dem angenommenen Titel eines Oberkommandanten von Tirol nahm Hofer jetzt seinen Wohnsitz in der kaiserlichen Burg, und übte eine Art Regentschaft aus. Die bürgerliche, wie die militärische Verwaltung leitete er jetzt ausschließlich und allein; er stellte an und setzte ab, saß zu Gericht und entschied Processe, ja er ging noch einen Schritt weiter, er übte ein ausschließliches Vorrecht der höchsten Gewalt aus, er ließ Landesmünzen prägen, nicht mit dem kaiserlichen Doppelaar, sondern mit dem einköpfigen Adler Tirols, um die Krone des Adlers einen Lorbeerkranz – Gulden, Zwanziger, Zehner, Fünfer in Silber, Kreuzer und halbe Kreuzer in Kupfer. Es war ein kurzer Traum von Glück, Größe und Macht, obschon Hofer’s redlicher Sinn sich der letzteren nie überhob. Der Wiener Friedensschluß vom 14. Oktober zerstörte alle Hoffnungen und alles Glück Tirols, auch Hofer’s Stern erblich. Noch einmal zum Aufstand gereizt, und zwar jetzt zum unrechtmäßigen, gegen den Willen seines Herrn und Kaisers, sammelte Hofer sich neue Truppen im Oberinnthal und im Vintschgau, um sie gegen die Franzosen zu führen, die das Land zu besetzen kamen – und diesesmal siegte er nicht wieder. Ein geächteter Flüchtling mußte er sich in die Klüfte eisbedeckter Alpen bergen, und keine Macht vermochte ihn zu beschützen. Der schändlichste Verrath beschlich ihn, der 20. Januar 1810 gab ihn in die Hände seiner Feinde, und mit Frau und Sohn und Töchtern, mit seinem Adjutanten und Schreiber wurde er über Meran und Botzek nach Mantua geschleppt, nachdem in Botzen, wo er mehrere Tage in Haft gehalten wurde, die Seinen freigegeben worden waren. Am 10. Februar wurde Hofer zum Tode verurtheilt, am 20. desselben Monats wurde das Urtheil vollstreckt. Er wurde erschossen und sein Vermögen eingezogen. Später wurde die Familie des hingerichteten Patrioten entschädigt, wenn Geld und Rang eine Entschädigung heißen kann für einen gemordeten treuen Gatten und Vater. Die Wittwe behielt ihr Haus am Passeyrer Sand, später wurde Hofer’s Geburtshaus in ein Hospital für 16 alte Tiroler verwandelt, die Kinder des Mannes, der einst vogelfrei gewesen, durften sich fortan Hofer, Edle von Passeyr nennen, und es ward reichlich gesorgt für ihre Zukunft.