Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/August Wilhelm Iffland

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: August Wilhelm Iffland
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 191–192
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Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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August Wilhelm Iffland.
Geb. d. 19. April 1759, gest. d. 22. Sept. 1814.


Neben Eckhof und Schröder einer der glänzendsten Namen unter den Schauspielern, welche zuerst mit Ernst und Eifer der deutschen Bühne würdige Gestaltung verleihen halfen, und durch die gewaltige Kunst der Darstellung auf ihre Zeitgenossen, wie durch gelungene Werke nachhaltig auf die Nachkommen wirkten. Kein Bühnen-Künstler wird Iffland’s Namen ohne Ehrfurcht aussprechen.

Iffland wurde zu Hannover geboren, des Bürgermeisters Sohn, der nicht ahnen konnte, welchen Weg der Sohn durch das Leben wandeln werde. Für den Staatsdienst bestimmt und den besten Vorbereitungsunterricht empfangend, wollte der Knabe nicht nach Wunsch einschlagen und lieber als die Bücher war ihm die Bühne, auf welcher die Ackermann’sche und Seiler’sche Gesellschaft Vorstellungen gaben, und deren Eindrücke so mächtig auf den jungen Iffland einwirkten, daß sie alles andere lernen verdrängten, und je mehr seiner überraschend hervortretenden Vorliebe für das Theater entgegengetreten wurde, um so mehr brach diese lebendig hervor. Romanlektüre trat anregend hinzu, die Lockung zur Bühne war allzumächtig; in Gotha strahlte Eckhofs Stern, und der achtzehnjährige Jüngling folgte diesem Sterne.

Dort betrat er zum erstenmale die Bühne, auch Beck begann mit ihm zugleich die dramatische Laufbahn, welche beide mit so großen Ehren wandelten. Eckhof wurde ihnen Lehrer und Freund, nicht minder der geschmackvolle Dichter und Bühnenfreund Friedrich Wilhelm Götter, ein geborener Gothaner, und Iffland verlebte zwei genußreiche Jahre in der freundlichen Stadt, in welcher Herrscher und Volk vereint zur Höhe der Bildung hinanstrebten. Da erfolgte 1778 Eckhofs Tod, und der Herzog fand sich bewogen, seine Bühne zu schließen. Den besten Mitgliedern winkte jedoch Anstellung in Mannheim, wo des Freiherrn Wolfg. Heribert von Dalberg’s Bühnenscepter waltete. Iffland kam nach Mannheim, bald auch kam Schiller; die schönsten gegenseitigen Anregungen wurden geboten; der Künstlerkreis strebte nach harmonischer Vollendung, das Publikum lohnte durch Antheil und Wärme dem wackern Bestreben, und Iffland fühlte sich versucht nun [Ξ] auch als dramatischer Dichter sein Bühnenwirken zu erhöhen. Er wählte den Kreis des bürgerlichen Lebens seiner Zeit; dieß ist bei jedem Urtheil über Iffland’s Familiengemälde nie aus dem Auge zu lassen. Selbst Schiller versuchte sich in seinem »Kabale und Liebe« auf diesem Gebiete. Kunstreisen bildeten Iffland eben so sehr weiter aus, wie sie seinen Ruhm vermehrten, bald klang sein Name als der des größten deutschen Schauspielers neben Schröder, dem er sich auch befreundete, durch Deutschland. Er verheirathete sich in Mannheim und bildete dort einen angesehenen Kreis, machte ein Haus und sah nicht ohne Wehmuth theils durch eine Spannung mit der Bühnen-Intendanz, theils durch die kriegerischen Unruhen sich veranlaßt, das geliebte schöne Mannheim, wo er den Hafen seines Glücks gefunden, zu verlassen. Er nahm den 1796 von Berlin aus an ihn ergehenden Ruf zum Direktor des königlichen Nationaltheaters an. Zwar ließ ihn anfangs die nüchterne und frostige Berliner Kritik die gewohnte Wärme der rheinischen Stadt schmerzlich vermissen, indessen lernte er bald einsehen, daß von jeder Kritik, sofern sie nur eine verständige, wenn auch keine wohlwollende ist, zu lernen sei; aber freilich war Iffland in sich fertig, war kein werdender mehr.

Iffland’s Leistungen als darstellender Künstler erreichten vielleicht nicht jene Eckhof’s, ihre Sphäre war beschränkter, er konnte, auch körperlich nicht ganz besonders bevorzugt, nicht in jeder Rolle glänzen, zeichnete sich aber in hochkomischen, in bürgerlichernsten wie in gutmüthigpolternden, auch in intriguanten Rollen aus.

Seine gediegene Sprache, die zu höchster Ausbildung gehobene Deklamation, eine unübertreffliche Charakterauffassung und Darstellung mit den Mitteln plastischer Mimik ließen ihn stets bewundert erscheinen. Von seinen zahlreichen Stücken, die sich bisweilen zu sehr in rhetorischer Breite ergehen, giebt und sieht man immer noch gern »die Jäger«, in denen die Rolle des Oberförsters die seine war, »den Spieler«, Scenen aus den Hagestolzen, u. a. Seine ländlich idyllischen Stücke, zu denen die Jäger und die Hagestolzen gehören, behaupten den Vorrang vor denen, deren Inhalt in Städten spielt. Das Lied aus den letztern: »Was frag’ ich viel nach Geld und Gut« – ist allverbreitetes Volkslied geworden.

Als Direktor war Iffland thätig und tüchtig wie wenige, umsichtig und treu, seine Haltung war vornehm mit sittlichem Ernst gepaart. Die Comödianterie durfte nicht an ihn herantreten. Im Jahr 1811 ernannte ihn der König zum General-Direktor aller königlichen Schauspiele, gewiß ein Zeichen des höchsten und des verdientesten Vertrauens. Mit Freude munterte Iffland würdige Talente auf und versagte der echt künstlerischen Begabung nie seine Anerkennung. Iffland war es, der Müllner anregte, »die Schuld« zu schreiben, und als in diesem Trauerspiel die Künstlerin Bethmann-Unzelmann die Elvire zum erstenmale gespielt hatte, schrieb ihr Iffland: »Worte sagen es nicht, was ich für Ihr Talent, Ihre Lieblichkeit und Hoheit fühle. Gott erhalte Sie. Amen! Iffland.« –

Diese Worte schrieb Iffland am 14. Febr. 1814 – am 22. Sept. desselben Jahres schied er aus dem Leben, nach fruchtlosem Gebrauch der schlesischen Bäder. Es ist laut ausgesprochen worden, daß mit ihm eine der glänzendsten und ehrenvollsten Perioden des Berliner Theaters zu Ende ging. Sein Wirken fiel aber auch in eine Zeit, die dem Bühnenleben hochgünstig war. Iffland’s Verdienst war es, mit Hülfe der genannten Bethmann-Unzelmann und Flecks eine Schauspieler-Schule zu begründen und zu leiten, welche Deutschland bedeutende Künstler heranzog und ausbildete; durch ihn kamen die dramatischen Dichtungen Lessing’s, Goethe’s und Schiller’s auf die Bühnen Berlins. Dankbar wirkte für ein Denkmal Iffland’s Frau Bethmann-Unzelmann beim König und bei auswärtigen Bühnen, aber schon ein Jahr nach seinem Tode folgte auch sie dem großen Meister nach. Durch Cabinetsordre vom 15. Oktober 1814 bewilligte König Friedrich Wilhelm III., daß sie sich zum Behuf der Denkmal-Errichtung für Iffland an alle deutschen Bühnen-Directionen wenden dürfe und verfügte, daß die reine Einnahme einer am 19. April (Iffland’s Geburtstag) 1815 auf dem königlichen Hoftheater zu Berlin zu gebenden Vorstellung jenem Denkmal gewidmet werden solle. Ihr Aufruf an die Bühnen geschah unterm 4. Nov. 1814. Der Erfolg dieser ehrenhaften Bemühung ist nicht in weiten Kreisen bekannt geworden.