Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Ernst, Graf von Mansfeld

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Ernst, Graf von Mansfeld
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 241–242
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Ernst, Graf von Mansfeld.
Geb. 1583, gest. d. 20. Nov. 1626.


Ernst, Graf von Mansfeld, entstammte einem Heldengeschlechte, das schon in frühen Vorzeittagen durch einzelne Glieder seinen Namen rühmlich bekannt machte, so Hoyer, der leidende Held der Schlacht am Welpesholze; so Albrecht und Gebhard, das informatorisch gesinnte Brüderpaar, die Sieger im Bauernkriege; so auch Volrath, Albrechts Sohn, der Retter deutscher Reiter im verderblichen Hugenottenkriege.

Ernst war der natürliche Sohn Peter Ernst’s, Grafen von Mansfeld, Statthalters von Luxemburg, und einer Dame aus edelm Geschlecht zu Mecheln. Erzherzog Ernst von Oesterreich, Gouverneur der Niederlande, hob dieß Kind feuriger Liebe aus der Taufe, und erzog es in der katholischen Religion und für den Kriegsdienst. Als Ernst von Mansfeld in letzterem so weit heran gereift war, daß er bereits nicht unbedeutende Dienste in verschiedenen Feldzügen leisten konnte und leistete, diente er dem Kaiser Rudolf II. in den Niederlanden wie in Ungarn, dann auch dem Könige von Spanien. Kaiser Rudolf verlieh dem jungen Helden die Rechte ehelicher Geburt, aber er verweigerte ihm dennoch die früher ihm zugesagte Einsetzung in die Güter seines 1604 verstorbenen Vaters, die er auf den Grund der ersten Verleihung beanspruchte, und nun schwur sich Graf Ernst von Mansfeld zum unversönlichen Feind des Kaiserhauses, wie zum Feind des katholischen Glaubens, und hielt seinen Schwur mit einer Festigkeit und einer so entschiedenen unerschütterlichen Hartnäckigkeit, daß, hätte er länger gelebt, wohl manches im dreißigjährigen Kriege eine andere Wendung genommen haben dürfte, und die Dauer jenes Krieges vielleicht eine kürzere geworden wäre.

Im Jahre 1610 schwur Ernst den katholischen Glauben ab, und kehrte zum Bekenntniß seiner Väter zurück, welche als glänzende Stützen der beginnenden Reformation in der Geschichte standen. Es waren hundert Jahre vergangen, seit Luther’s Lehre ihre Schwingen erhob, und nun begann mit dem Jahre 1618 der Vertilgungskampf gegen sie, der alles Blut, welches ihr geflossen, und alle Opfer, die ihren bisherigen Siegen gebracht waren, vernichten sollte; da warf Graf Ernst von Mansfeld sein Banner auf und weihte sich [Ξ] ihr zum Helfer und Retter. Ernst warb ein Heer, zog nach Böhmen, stand dem geächteten Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz bei, theilte dessen Niederlage, und erhob sich jetzt, wie später, auch geschlagen immer wieder aus der Demüthigung, mit stets verjüngtem Muthe und aller wilden Lust, dem verhaßten Feind den möglichsten Schaden zuzufügen. Als Generalfeldzeugmeister nahm er die Stadt Pilsen ein; Kaiser Rudolph II. war todt, sein Nachfolger Matthias verhing die Reichsacht über Ernst von Mansfeld, dieser achtete des Kaisers Acht so wenig, als Luther vor 100 Jahren die des Papstes geachtet, und hielt auf das hartnäckigste Pilsen, Eger und Tabor auch dann noch besetzt, als die Schlacht am weißen Berge 1620 seiner Partei eine tiefe Wunde geschlagen. Erst 1621 gelang es Tilly’s Anstrengungen, den kühnen Parteigänger, der fast ganz auf eigene Hand seinen Krieg führte, aus Böhmen zu verdrängen. Flugs ging Ernst in die Pfalz, rührte die Werbetrommeln, warb ein neues Heer von 18,000 Mann und rückte gegen Spinola, der die Pfalz besetzt hielt und Frankenthal belagerte, so energisch vor, daß Spinola sich entschließen mußte, die Belagerung von Frankenthal aufzugeben. Der nie zu bewältigende Muth und Ernst’s Ausdauer selbst nach verlorenen Gefechten verbitterte oft den Feinden selbst ihre Siege, und ihm war nicht beizukommen; mit ungewöhnlicher List und Schlauheit entging er allen Gefahren, fand stets neue Truppen, und die oft hart bedrohte und bedrängte evangelische Partei hatte an ihm einen ihrer treuesten Bundesgenossen. In einer Schlacht am 29. April 1622 schlug Ernst das Heer der bayrischen Liga bei Mingelsheim und Wieseloch, nahm dann Ladenburg weg und belagerte Elsaß-Zabern. Nachdem er sich gestärkt und gekräftigt, indem er dieselbe Taktik wie Wallenstein entwickelte, daß das Heer sich selbst ernähren und sich in sich selbst verjüngen mußte, fiel er 1625 wieder in die österreichischen Erblande ein, wurde zurückgedrängt, von Wallenstein verfolgt, und ihm bei Dessau die Annahme einer Schlacht abgenöthigt, in welcher Wallenstein zwar Sieger blieb, aber wieder, ohne des Sieges recht froh werden zu können, denn der Besiegte entging, und ehe man dessen sich versah wehten Ernst’s Banner und Fähnlein schon wieder in Schlesien und Mähren, welche Lande Ernst in Eilmärschen durchzog, um sich im Bunde mit Herzog Johann Ernst zu Sachsen nach Ungarn zu wenden, und sich dort mit dem Feind des Erzhauses, Bethlen Gabor zu vereinigen, welcher sich aufs neue erhob, um abermals Ansprüche gegen Oesterreich geltend zu machen. Bethlen Gabor konnte nicht vergessen, daß, wenn auch nur kurze Zeit, die Königskrone von Ungarn sein Haupt geschmückt, und es genügte dem unruhigen Feldherrn nicht der Fürstentitel, nicht die Herrschaft über sieben Gespanschaften, leider aber beseelte ihn dennoch kein rechter Mannesmuth, und so wurde er dem Mansfelder eben so treulos, als er es dem tapfern Herzog Johann Ernst IV. zu Sachsen wurde, der Tilly im vorigen Jahre bei Nienburg geschlagen hatte. Jetzt gab endlich Ernst von Mansfeld die Hoffnung auf, in Deutschland Lorbeern zu ärnten, überließ dem Sachsenherzog sein Heer, und beschloß, nach Venedig zu reisen, und von da sich nach England einzuschiffen. Der Verdruß über Bethlen Gabor’s offenbare Treulosigkeit mochte im Bunde mit den ertragenen Strapatzen seines Eilzuges aus Deutschland nach Ungarn ihn innerlich erschüttert haben. Ernst vorn Mansfeld erkrankte in Uracowitz bei Zara in Bosnien, und starb, voll geharnischt und gewappnet, nicht auf weichem Lager, nicht im Armsessel, sondern stehend, bewußt und unerschrocknen Muthes, wie er gelebt. Er wurde zu Spalatro begraben. Zwölf Tage nach ihm war – vielleicht von gleichem Schmerz ergriffen – auch Herzog Johann Ernst IV. zu Sachsen eine Leiche. Die Feinde konnten jubeln; nicht ihre vereinte Macht hatte zwei der tapfersten Führer ihrer Gegnerheere niederzuwerfen vermocht; der Tod gab auf fremder Erde ihnen ohne Schwertschlag leichten Sieg in die Hand.