Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae: Schweidnitz

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Topographia Germaniae
Schweidnitz (heute: Świdnica)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1650, S. 177–179.
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Schweidnitz.

Dieser in Nider-Schlesien gelegenen Stadt Name soll daher kommen / weil / vor ihrer Erbauung / an diesem Ort / ein grosser Wald / und darinn gar viel wilde Schwein gewesen; und als man diesen Wald abgeholtzet / an selbiger Stätte / diese Stadt im Jahr 1070. erbauet worden seyn solle; wie dann hernach die Stadt zum Wappen dergleichen Wild bekommen hat. Andere führen den Namen von den Suevis, oder Schwaben her. Man hat aber vor der Zeit Käiser Friederichs deß Andern nichts gewisses von den Städten in Schlesien; weiln die alte Brieff theils zerrissen / theils durchs Feuer verderbt / theils durch die Krieg / weggebracht worden: allein ist / auß Muthmassungen zu schliessen / daß diese Stadt Schweidnitz alt seyn müsse; wie hievon die Schlesische Chronik lib. 4. cap. 11. in princ. zu lesen. Boleslaus der Erste / oder der Krieger / hat sie hernach mit Gassen / Plätzen / Mauren und Gräben / abgetheilt / angeordnet und gezieret / daß sie zu einer schönen und sehr volckreichen Stadt worden ist. Sie ligt nahend dem hohen Böhmischen Gebürge / auff einem breiten / fruchtbaren [178] Boden / und ebenem Lande. Hat gesunde Lufft / schöne Gärten und Wiesen / und rinnet die Weistritz vorüber. Auff der andern Seiten / etwas abwerts von der Stadt / fleust das Reichenbachische Wasser / fallen bey der Stadt Kupfferhammer zusammen / und lauffen ferner in die Oder. Die schönste und gröste Kirch in der Stadt ist zu S. Stentzel und Wentzel / welche von Boleslao II. Anno 1238. gantz steinern / in der Form / wie sie jetzo ist / sehr hoch / weit und zierlich auffgeführet / und mit einem auß lauter Quadersteinen gebaueten / schönen / hohen und dreymal durchsichtigen Thurn / versehen ist; auff welchem ein hohe grosse Glocke hanget. Vor dem Thor ist die Kirch zu S. Niclas. Es seyn sonsten noch viel Kirchen und Clöster / und vor diesem eine feine Schul / so der Zeit die Jesuiten versehen sollen / allhie; wie auch ein Bischoffs-Hof / etliche Spitäl und arme Häuser. Unter den weltlichen Gebäuen ist die alte Fürstliche Burgk / welche Hertzog Bulco Anno 1295. erbauet / und darinn seine Fürstliche Residentz gehabt; so ums Jahr 1625. einem von Gelhorn erblich zugestanden ist. Ferner hat es allda einen feinen Marckt oder Platz / und ein vest- und zierliches Rathhauß; Item / ein wol außstaffirtes Zeughauß; vor dem jetzigen Krieg / und unter anderm / Hertzog Bulconis II. Harnisch / auch ein grosses Geschütz / darzu die Kugel 320. Pfund gewogen; deßgleichen deß Bulconis I. Sturmhut und sein Schwerdt gehabt. Es schreibet D. Jacobus Schickfusius, in der Vorrede über die Schlesische Chronik / daß der liebe GOtt / auß sonderbahrer Schickung eine jede vornehme Stadt in Schlesien / mit etwas sonderem versehen / so in einer andern Stadt ferner nicht zu finden. Also sey allhie zur Schweidnitz das gröste Geschütz / zum Brig der gröste Ochsen-Marckt / zu Schwibussen der Muhrenenfang / zu Beuthen werden die meiste Stöhren in der Oder erreicht / zu Kunitz die trefflichste Karpffen / zu Miclitzsch die schmackhafftigste Bartsch-Hechtlein / zu Breßlau sey der Schöps / zu Troppau der Mertz (so. 2. statliche Bier) zum Goldberg das Gersten-Bier / zur Strigau das Weiß-Bier / zu Neisse der Wein-Marckt / zu Crossen der Zuwachs am Wein / zu Michelau die gröste Menge an Zwiebeln; umb Oppeln die weitschweiffigste Wälder; zu Jägerndorff die höchste Löhrbäume; zu Teschen die behandsamste Röhrlein; zu Lübschütz die feisteste Aecker; zum Guhrau der beste Kornmarckt; zu Hirschberg das schönste Leinwat; zu Lemberg die schönste Wetzsteine; zu Trebnitz die außgegrabene Töpffe; zu Pitschen der Flachs-Marckt; zur Ohlau die Wasser-Nüsse; und so fort an / etc. Aber (wieder auff unsere Stadt Schweidnitz zu kommen / so gibt es allda feine Burgers-Häuser und frische Keller. So machet man auch gut Weitzen- und Gersten-Bier daselbst. Der Thorn seyn sieben. Hat veste dicke Thürne / dreyfache Mauren / Wäll / Zwinger und tieffe Gräben. Es hat auch umb die Stadt / noch vor wenig Jahren / grosse Vorstädte gehabt. Und führet Schweidnitz in einem gevierten Schilde / und zwar im ersten und letzten Theil / und schwartzen Feldern / eine güldene Crone; im andern und weissen Felde / einen rothen Greiffen auffrecht stehende; und im dritten und weissen Felde / wie oben auch angedeutet worden / ein schwartz lauffendes wildes Schwein. Es ist benebens diese Stadt das Haupt deß Fürstenthums dieses Namens / darein die Städte / Strigau / Reichenbach / Polckenhayn / Landshut / Freyberg / Friedberg / Fridland / Zobten / Waldberg und Gottsberg / gehören. Hat eigene Fürsten / biß auff Boleslaum, oder Bulconem, gehabt / der Anno 1368. gestorben: nach dessen Wittib Tode / Anno 92. diß Fürstenthum an die Cron Böheim kommen ist. Wird jetzt durch einen Königlichen Lands-Hauptmann regiret / der die Sachen entscheidet: theils auch für das Zwölffer Mann- und Land-Recht weiset. Obgedachter Hertzog Bulco I. zur Schweidnitz / hatte zu einer Burger-Lust und Kriegs-Nutz / das Armbrust-Schiessen nach dem Vogel / auff einer Stangen / in Schlesien bekandt gemacht / und zum ersten mal Anno 1286. zu Schweidnitz dasselbe angeordnet / welches hernach auch bey andern Städten angefangen worden ist. Anno 1313. 1361. 1420. 1528. 32. und 47. 1611. lidte diese Stadt durch Feuer; Anno 1501. 1560. und 1609. aber / vom Wasser / gar grossen Schaden. Hat auch durch Krieg viel außgestanden. Anno 1454. wurden die Juden [179] auß der Stadt gejagt; deren Anno 1448. und 1453. viel allhie verbrant worden seyn. Anno 1459. ergibt sich die Stadt dem König Georgio in Böheim / deme sie zuvor / wegen der Religion / zuwider war. Ihr haben auch andere Städte gefolgt / biß auff Breßlau und Nambslau. Anno 1514. entstunde allhie grosser Auffruhr / wegen der Müntz / so zehen Jahr gewähret hat. Anno 1629. nahm der Käiserliche Obrist Dona diese Stadt mit List ein. Anno 1633. entstunde allhie ein grosses Feuer; und sturben vom Herbst an / biß auff den Christmonat / über 2500. Personen. Wie es Anno 1642. mit der Beläger- und Eroberung dieser Stadt / durch den Schwedischen Feld-Marschall Leonhard Torstensohn beschehen / zugangen / davon ist umständlich in Tomo IV. Theatri Europaei, fol. 922. seq. zu lesen. Und wurden dazumal in den Pfingst-Feyer-Tagen alle Kirchen geöffnet / und Lutherisch darinnen geprediget. Was vor ein Anschlag / wider die Schwedischen allhie / im Augustmonat / des 1643. Jahrs / obhanden gewesen / das findet man in der Franckfurter Herbst-Relation dieses Jahrs / am 90. Blat. Es haben aber die Käiserlichen / unterm Obristen Cappaun / die Stadt so lang eingeschlossen gehalten / biß aller Vorrath darinnen verzehret gewesen / und die Schwedische Besatzung sich wieder hat ergeben müssen / die auch / ausser der Kriegs-Befelchhaber / untergestellet worden; so den 7. 17. May Anno 1644. wie in der Franckfurter Herbst-Relation dieses Jahrs stehet / geschehen. Siehe auch den V. Theil deß Theatri Europaei, fol. 403. allda zu lesen / daß der Verlust dieses Orts vornehmlich dem Mangel deß Saltzes / und Fleisches / beygemessen werde / und man mehr nicht / als Pferde / zu verzehren gehabt habe; und daß wenig Tage / für beschehener Ubergabe / 1500. arme Landleute außgelassen / und von dem Obersten Cappaun passirt worden seyen: da es dann / sonder Zweiffel / mit der Religion wieder eine Enderung abgeben hat. Aber Anno 1648. in dem General Frieden-Schluß zu Münster / haben Ihro Käiserl. Majestät bewilliget / daß die Evangelischen zu Schweidnitz / Jaur und Groß-Glogau / jede Gemeind / ausser ihren Stadtmauren / seine Kirche auff eignen Kosten / erbauen mögen. Anno 1644. haben die Käiserlichen das veste Schloß Fürstenstein / so anderthalb Meilen von Schweidnitz ligt / eingenommen / und 80. Schwedischer Mann sich darinn bemächtiget. Anno 1646. hat der Schwedische General Wittenberg das Schloß Birckenhan / 4. Stund von Schweidnitz angegriffen und beschossen / und das Städtlein dabey / wie man es genant und berichtet hat / in den Brand gesteckt.