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ADB:Mendelssohn Bartholdy, Felix

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Artikel „Mendelssohn-Bartholdy, Felix“ von Gustav von Loeper in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 324–345, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mendelssohn_Bartholdy,_Felix&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 01:38 Uhr UTC)
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Mendelssohn-Bartholdy: Jacob Ludwig Felix M.-B., Tonmeister, geb. in Hamburg (Große Michaelisstraße Nr. 14) Freitag den 3. Febr. 1809, † in Leipzig (Königstraße Nr. 21, früher Nr. 3) Donnerstag den 4. Novbr. 1847. Durch ihn empfing der Name seines Großvaters Moses Mendelssohn (s. o.) neuen Glanz. Sein Vater, Abraham M., der in Berlin am 11. Decbr. 1776 geborene zweite Sohn des Philosophen, hatte sich nach seiner Verheirathung mit der um einige Monate jüngeren Lea Salomon, gleichfalls aus einer Berliner jüdischen Familie, im J. 1804 in Hamburg als Bankier niedergelassen. Hier wurden ihm, außer Felix, zwei Töchter, Fanny Cäcilie, am 14. Nov. 1805, [325] und Rebecca, am 11. April 1811 geboren, denen am 30. Octbr. 1813 ein Bruder, Paul, in Berlin nachfolgte. Die Kinder wurden von der Geburt an christlich-protestantisch erzogen, während die Eltern erst später übertraten. Dorothea Schlegel, des Vaters Schwester, schreibt, Wien den 6. April 1809, in der Zeit des Feldzugs gegen Napoleon: „Noch eine kleine Familienbegebenheit: meinem Bruder Abraham ist ein Sohn geboren worden, den er hat taufen lassen“ (Dorothea Schlegel an Dr. Raich, I, 337). Ein Bruder der Mutter, der spätere preuß. Generalconsul zu Rom, eng verbunden mit den Gründern der dortigen neudeutschen Malerschule, hatte bei dem Uebertritt von dem Vorbesitzer seines Berliner Gartenhauses den Namen Bartholdy angenommen; auch die Mutter sah denselben als den ihrigen an und so ward er von der zweiten von Moses Mendelssohn abstammenden Linie mit dem Hauptnamen verbunden, zum Unterschiede von den beiden andern Linien. Der französische Druck hatte den Vater bestimmt, das Geschäft in Hamburg aufzugeben und im Sommer 1811 nach Berlin überzusiedeln. Mit seinem älteren Bruder Joseph stand er hier dem unter den beiderseitigen Enkeln noch heute blühenden großen Bankgeschäfte vor, erhielt auch die Würde eines Stadtraths. Die Familie wohnte im Hause der mütterlichen Großmutter, Neue Promenade 7; unter den davor am Spreegraben nahe der Herkulesbrücke stehenden Baumreihen verliefen Felix’ Knabenspiele, und in den Räumen dieses Hauses kamen seine Compositionen bis zum 16. Lebensjahre zu Gehör; denn erst im Herbst 1825 bezog die Familie das in der Leipzigerstraße Nr. 3 belegene, zu Anfang des Jahrhunderts von dem Minister v. d. Reck[WS 1] besessene, mit Garten und Gartenhaus reich ausgestattete, geräumige Haus, das jetzige Reichstagsgebäude.

Nach Mendelssohn’s eigener Angabe in dem im J. 1834 für die Berliner Akademie der Künste verfaßten Lebensabrisse nahm er von seinem achten Lebensjahr an Klavierunterricht bei seiner Mutter. Dies führt auf den Anfang des Jahres 1816. Seine und seiner Schwester Fanny musikalische Anlage muß aber damals schon sehr hervorgetreten sein; der Vater nahm beide Kinder mit nach Paris, wohin er sich in diesem Jahre zur Vermittelung der französischen Kriegscontribution begab, und hier erhielten sie den Unterricht der Madame Bigot de Morogues, welche wegen des Vortrags Mozart’s, namentlich seiner Clavierconcerte berühmt war. Ihrem Spiele werden „Eleganz, Leichtigkeit und Delikatesse“ nachgerühmt (s. Reichardt’s Briefe S. 245). Es ist dies bezeichnend, da M. später als einer der Letzten galt, welcher Mozart’s Claviermusik in ihrem Charakter vollendet wiederzugeben verstand. Die strenge und systematische Erziehung, welche M.-B. nach der Rückkehr in Berlin durch den sorgsamen, pflichttreuen und einsichtsvollen Vater und unter der unmittelbaren Leitung der Mutter empfing, war ganz geeignet, die Gründlichkeit, die Vielseitigkeit und das innere Gleichgewicht auszubilden, welche M.-B. auszeichnen. Die Eigenschaften der Eltern ergänzten sich dabei aufs Glücklichste. Wenn des[WS 2] Vaters schon genannte Schwester in ihm, der von sich bescheiden zu sagen pflegte: „früher war ich der Sohn meines Vaters, jetzt bin ich der Vater meines Sohnes“, mehr Freiheit, in der Mutter, der „wirklich sehr gescheuten und unterrichteten Lea“, mehr Strenge erblickte, so traf bei der Leitung des Knaben ihre im allgemeinen Sinne gethane Vorhersagung ganz ein, „daß meines Bruders Genius der Liberalität diesen ökonomischen Genius etwas mildern, sowie dieser den ersten etwas einschränken werde“ (a. a. O. I, S. 145). Musik war beider Lebenselement und wurde es in höherem und geringerem Grade das der vier Kinder. In der Wahl der Lehrer des ältesten Knaben zeigt sich die größeste Sorgfalt. Ludw. Berger (s. Allg. D. Biogr. Bd. II, S. 380), der Schüler Clementi’s und Field’s, dessen Vortrage „stilgerechte Objectivität und Betonung des rein [326] musikalisch-kunstmäßigen“ zugeschrieben wird, übernahm den Clavier-, der später noch mit M.-B. zugleich in Berlin als Capellmeister thätige Hennig, danach Eduard Rietz den Violinunterricht, das Zeichnen und Landschaftsmalen der „drollige kleine“, etwas verwachsene, aber geist- und talentvolle Rösel, Professor an der Bauakademie, eine bekannte Stadtfigur der zwanziger Jahre, und der berühmte Metriker, Lexikograph und Büchersammler Ludw. Heyse (vgl. Bd. XII, S. 380), damals ohne Amt, als Hauslehrer den Unterricht in alten Sprachen und allgemein die Vorbereitung bis zur Universität. Die Krone aber bildete der alte Zelter, der Liedercomponist, der Freund des Radziwil’schen Hauses, der Hüter der Bach’schen Handschriften, der gefürchtete Leiter der Singakademie, in deren Altclasse M.-B. 1819, im eilften Jahre, eintrat; ihm übertrug der Vater Generalbaß, Compositionslehre und besonders Contrapunkt, die Ausbildung der höchsten Gaben des Wunderkindes, welches ein wohlerhaltenes Bild aus dieser Zeit im Jäckchen Orgel spielend darstellt.

Schon 1818 im neunten Lebensjahre, gleich Mozart und Meyerbeer, war M.-B. am Clavier öffentlich aufgetreten, wie später gelegentlich (1822, 1823), aber die strenge, einsichtsvolle Zucht des Vaters schützte ebenso wie Zelter’s gediegene Leitung den Frühreifen vor den gewöhnlichen Abwegen, vor Dünkel und Verflachung. Je mehr alles zusammentraf, ihn zu einem wiedererstandenen Mozart zu stempeln, – noch in Heine’s Salon findet diese Anschauung der damaligen Berliner Kreise Ausdruck –, desto mehr verfolgte man, im Gefühl der Verantwortung, in Erziehung und Lehre das Ziel, neben dem Musiker auch den Menschen erstarken und keine Treibhausbildung aufkommen zu lassen. Keines der reichen Bildungsmittel, welche die Zeit gewährte, wurde versäumt, nicht Künste, Wissenschaften, Sprachen, Reisen, körperliche Uebungen aller Art, nicht Geselligkeit und der Umgang mit den ersten Zeitgenossen: aber man hielt fest an allen häuslichen und bürgerlichen Tugenden, an Gehorsam, an fleißiger, unablässiger Arbeit. In patriarchalischer Zucht wuchs der junge Musiker auf, alles Gemeine blieb ihm fremd oder verabscheuungswürdig. Kindliche Pietät zu den Eltern, innige Geschwisterliebe begleiteten ihn durch das ganze Leben, zugleich eine ihm im elterlichen Hause eingepflanzte Verehrung alles Höheren und Guten, Pietät in Leben und Kunst.

Als die eigentlichen Lehrjahre kann man die Zeit bis etwa 1825 ansehen. Die in der Berliner Sammlung von 44 Bänden erhaltenen, mit dem Januar 1820 beginnenden Compositionen für Clavier und Orgel, für Orchester, für Kammer- und Vocalmusik zeigen die frühe productive Anlage und zugleich eine überaus gründliche und vielseitige Schulung und Durchbildung. Schon in jenes Jahr fallen ein Singspiel und, als op. 105 gedruckt, eine Claviersonate, in das folgende fünf Symphonien, zwei kleine Opern, Motetten, Fugen; 1823 kamen die ersten gedruckten Werke, die Clavierquartette op. 1 und 2 und die Violinsonate op. 4 hinzu, dann sechs fernere Symphonien, die vierte Oper, welche am 3. Februar 1824 mit Orchester im väterlichen Hause aufgeführt wurde, die Violin- und Clavierconcerte, eine Orgelfuge, ein Kyrie. Schon diese Vorstufe zeigt M. im Besitz der gesammten musikalischen Technik, zugleich das Phänomen eines dem Menschen in seiner inneren Entwickelung weit vorauseilenden Künstlers, wenn auch Zelter meinte: „Alles kommt vom Inneren und das Aeußerliche seiner Zeit berührt ihn auch nur äußerlich.“ Welche Sterne ihm dabei leuchteten, zeigt die ihm an seinem 15. Geburtstage im Namen Mozart’s, Haydn’s und des alten Bach von Zelter ertheilte Gesellenweihe. Als heißersehntes Geschenk seiner Großmutter hatte er (1823) die Bach’sche Matthäus-Passion in einer Abschrift unter seinem Weihnachtsbaum gefunden, nachdem er im Herbst vorher von dem als Jugendschriftsteller bekannten Wilmsen confirmirt worden war. Wie [327] jene Weihe, so lassen die Programme der väterlichen Sonntagsmusiken eine Vorliebe für die alte Schule erkennen. Durch diese Uebungen konnte sich das Talent des Sohnes praktisch entwickeln, im Hause, in halber Oeffentlichkeit und ohne Berührung mit dem eigentlichen Publicum. Er dirigirte, er spielte am Clavier und im Geigenquartett und genoß den großen Vorzug, seine eigenen Arbeiten früh zu hören. Seines Vaters Haus ward so durch ihn und seine begabte Schwester Fanny, seit 1829 die Gattin des Malers Hensel (Bd. XII S. 3), zu einem musikalischen und gesellschaftlichen Mittelpunkte, wo auch Fremde Eingang fanden. Vom größten Einfluß ward die Bekanntschaft mit Weber, der in Berlin nach der Eröffnung des neuen Schauspielhauses im Juni 1821 seinen Freischütz aufführte; mit ihm trat der die damalige Zeit erfüllende Geist deutscher Romantik, des Märchens, des Waldes, in Mendelssohn-Bartholdy’s Leben, welcher sich wunderbar mit den in ihm lebendigen Geistern Gluck’s, – dessen Opern das Berliner Theater vorzugsweise pflegte –, Händel’s und Bach’s zurechtfand, und seiner Muse früh die ihr bis zuletzt eigne Physiognomie verlieh. Ebenso lernte er in jener Zeit Spohr und Hummel kennen. Einen Freund für’s Leben erwarb er zu Ende 1824 an dem schon 30jährigen Moscheles, der die damals höchste Staffel des Virtuosenthums auf dem Clavier erstiegen hatte. M. nahm noch Unterricht bei ihm, und liebte es, dessen in der Mitte zwischen Cramer und Chopin stehende Studien (op. 70) auswendig vorzutragen. Daß Moscheles in seinem Schüler schon damals die volle Reife eines Künstlers erblickte, darf nicht Wunder nehmen. Der Vater suchte jedoch die Beglaubigung des künstlerischen Berufes seines Sohnes an höherer Stelle nach, bei Cherubini, einem damals schon „ausgebrannten Vulkan“, nach des Sohnes Bezeichnung. Man reiste im März 1825 zu einem bis Ende Mai dauernden Aufenthalte nach Paris, als einem nur Wien an Bedeutung nachstehenden musikalischen Mittelpunkte. Aber die Musikwelt der Paer, Auber, Halévy, Herz, Kalkbrenner, Kreutzer, Rode, in welche der junge Meister eintrat, wie tief stand sie unter derjenigen, welche er selbst in sich trug! Das hiervon Zeugniß ablegende fünfstimmige Kyrie mit Orchesterbegleitung und Posaunen, welches er dort für Cherubini und in Cherubini’s Geiste, halb ironisch, setzte, erreichte vollständig den beabsichtigten Zweck. Schon vorher waren größere Reisen unternommen worden. Der längere Aufenthalt in der Schweiz im J. 1822 und der in Dobberan im Sommer 1824, wo die Ouvertüre op. 24 für die dortige Bademusik entstand, wurden von Einfluß durch die großen, später mit Vorliebe erneuerten Eindrücke der Alpen und des Meeres. In Wien schuf Beethoven seine letzten Werke, Schubert, in der Blüthe der Jugend, stand, wenigstens in den Jahren 1825–1828, mit M.-B. zugleich an der Spitze der ganzen musikalischen Bewegung, wie wir sie heute überschauen. Daß M. gleichwol jene großen und für ihn wichtigsten Zeitgenossen nicht sah, er nicht, gleich seinem schon auf einer der ersten Reisen erworbenen Jugendfreunde Ferd. Hiller, zu ihnen pilgerte, lag theils an Einflüssen des Vaters, dessen Geschäftsverbindungen nach dem Westen führten, theils an Zelter’s Gegenwirkung. Diesem dagegen dankte M. die frühe Verbindung mit Goethe, bei dem er ihn schon im November 1821 eingeführt hatte. Damals ermahnte der Vater den überlebendigen Knaben: „Beobachte dich selbst streng, sitze und halte dich besonders bei Tisch anständig, spreche deutlich und angemessen“ und Goethe erkannte ihm „vom Phlegma das irgend möglichste Minimum“ zu. Die in des Dichters Werken sich findenden, von Grove in seiner Biographie Mendelssohn-Bartholdy’s getadelten Verse „Wenn über die ernste Partitur quer Steckenpferdchen reiten“, aus dem Januar 1822, sollen eine, für den erst zwölfjährigen Felix bestimmte, neckende Zeichnung von Adele Schopenhauer, einer der in Weimar ihm gewonnenen Freundinnen, erläutern. Die ferner von Grove geschmähten, in englischer Uebertragung mitgetheilten Verse „Wenn [328] das Talent verständig waltet“ haben gar keine Beziehung auf M., als den Schluß einer Theaterrede auf Hans Sachs ausmachend. – Die Besuche in Weimar wurden 1822 und 1825 wiederholt. Goethe’s lebendige Nähe hat dem Knaben, nach den Worten seines Sohnes Karl, den Sinn für das Tüchtige, die Abneigung gegen alles Schwächliche und Kränkliche gekräftigt und gefördert.

Compositionen des Jahres 1825 zeigen bereits den vollendeten Meister. Ihm gehören das von Bach’schem Geiste erfüllte und doch ganz moderne, von Robert Schumann (in dem Vorwort seines op. 3) als „klassisch“ bezeichnete Fis-moll Capriccio für Clavier (op. 5), das große feurige, noch heute von der Zeit unberührte Octett für Streichinstrumente (op. 20) und die fünfte Oper, „Die Hochzeit des Camacho“, an. Schon damals treten die M.-B. eigenthümlichen Elfen-Scherzi hervor, schon in dem das Jahr vorher gesetzten Clavierquartett in H-moll (op. 3) und in jenem Octett, dessen dem Schlußsatz des Beethoven’schen Septuor nachgebildeter Schlußsatz das vorhergegangne Scherzo frei wiederholt. Für dasselbe bildete den verschwiegnen geistigen Hintergrund die Schlußstrophe des Walpurgisnachtstraums im Faust (Orchester pianissimo: Wolkenzug und Nebelflor etc.). Aehnlich gab später in Rom Goethe’s Gedicht „Lili’s Park“ die Anregung zu einem anderen Scherzo. Mit der genannten Oper jedoch traf M.-B. es nicht glücklich. Den Stoff aus des Cervantes’ Roman, schon 1722 als Vaudeville Les noces de Gamacho in Paris, und 1806 in Berlin als Ballet (Musik von Toeschi und Cannabich) behandelt, hatte Friedrich Voigts als Text einer komischen Oper bearbeitet (Goedeke’s Grundriß III, S. 1104, Nr. 1417, 2) und dann M.-B. 1824 und 1825 componirt. Er war schon ein anderer, als die Oper am 29. April 1827 in Berlin zur Ausführung gelangte, ohne Spuren zu hinterlassen. Grove hebt hervor, daß M.-B. der Rolle des Don Quixote bereits, lange vor Wagner, Leitmotive gegeben. Die lebendige und charakteristische, etwas zu lang gesponnene Ouvertüre, noch heute gelegentlich gehört, zeigt schon die Vorliebe des Componisten für einzelne Instrumente, wie Violoncell und Horn. Scheiterte also dieser zu früh und zu spät unternommene Versuch, so war doch in dem Jahre vorher schon der Grund gelegt, um von der Theaterbühne in anderer Art für immer Besitz zu nehmen. Das Jahr 1826 hatte, außer der den Weber’schen Einfluß bekundenden Claviersonate op. 6 zwei Werke gezeitigt, worin die künstlerische Ueberlegenheit Mendelssohn-Bartholdy’s vielleicht zum ersten Male ganz hervortritt: das Violinquintett in A-dur (op. 18) und die vom 6. August 1826 datirte Ouvertüre zum Sommernachtstraum. Shakespeare hatte sich des Siebzehnjährigen ganz bemächtigt, mit seinen Schwestern hatte er das Stück gelesen und den Geist desselben ganz in sich aufgenommen; die Mischung des Feenhaften und Realen, des Schwärmerischen und Burlesken in künstlerischer Einheit darzustellen, entsprach ganz seiner Eigenart und bezeichnet zugleich die Gattung Operntexte, welchen seine Musik sich allein hätte vermählen können. In einem Concerte zu Stettin im Februar des nächsten Jahres brachte er die Ouvertüre zuerst zur Aufführung, welche dann schon im Mai und Juni 1829 ihm die Herzen Alt-Englands erschloß. Moscheles schreibt: „Der Enthusiasmus, den seine Sommernachtstraum-Ouvertüre im Publikum hervorgerufen, machte ihn nicht schwindlich. Es muß alles noch besser werden, meinte er.“

Der ersten Reise nach England gingen jedoch Compositionen in Menge, Reisen in Deutschland, eine zweijährige Universitätszeit und die Wiedererweckung der Bach’schen Matthäuspassion voraus. M. verließ Heyse’s Schule mit der Herausgabe der ersten Uebertragung des Terenz’schen „Mädchen von Andros in den Versmaßen des Originals“ (bei Dümmler 1826) und hörte seit Ostern 1827 Vorlesungen bei Hegel (Aesthetik), Ritter (Geographie) u. A. Der Bekanntenkreis des [329] väterlichen Hauses hatte sich immerfort vermehrt. Dort verkehrten A. v. Humboldt (1828), Varnhagen und Rahel, H. Heine, W. Müller, der Dichter der Griechenlieder, Hegel selbst, Droysen, der spätere Historiograph Preußens, der auch poetisch thätige Gerichtsarzt Casper, Bernhard Klein etc. Der spätere hannöversche Militärarzt Stromeyer hat diesen Kreis in seinen Erinnerungen geschildert, welche mit Dorn’s „Erinnerungen an Mendelssohn-Bartholdy“ (Gartenlaube 1870, Nr. 9 und 10) zu verbinden sind. Dazu traten, meist durch Poesie oder Musik verbunden, die Lebensfreunde, der Violinspieler Eduard Rietz, der Dichter Klingemann, später Legationsrath in London, der Schauspieler und Sänger Ed. Devrient, Verfasser der Geschichte der deutschen Schauspielkunst, die Theologen Schubring und Bauer, der Maler Hensel, seit 1829 Gatte von Mendelssohn-Bartholdy’s Schwester Fanny, und A. B. Marx. Der Bund mit diesem einst geschätzten Compositionslehrer endigte jedoch disharmonisch; vor der genialen Praxis des Einen mußte die Theorie des Andern nothwendig den Kürzeren ziehen, zumal als sie selbst zur Praxis übergehen wollte. Dauernder war die Verbindung mit F. Hiller, den M.-B. im Sommer 1827 auf dem „Pfarreisen“ in Frankfurt wiedersah. Es geschah dies auf einer bis nach Baden fortgesetzten Reise, welche ihm die nähere Bekanntschaft Thibaut’s in Heidelberg, des Verfassers des Buchs von der Reinheit der Tonkunst verschaffte. Von eignen Arbeiten gehören dieser Zeit, außer verschiedener kirchlicher Vocalmusik, die ersten Violinquartette op. 13 in A-moll (27. Oct. 1827) und Es-dur op. 12 (1828), dem letzteren Jahre auch die Ouvertüre „Meeresstille und glückliche Fahrt“, malerische Wiedergabe eines schon von Beethoven und Fr. Schubert behandelten Goethe’schen Textes, dem folgenden die überaus gefälligen, seinem auf dem Violoncell excellirenden Bruder Paul gewidmeten Variationen für Clavier und Violoncell op. 17 (30. Jan. 1829) und noch dem Jahre 1827 der fugirte Schlußsatz (Es-dur) des erst spät veröffentlichten schönen Violinquartetts op. 81 an. Eine Menge Gelegenheitsmusik, zu deren Uebernahme M.-B. sich jederzeit bereit zeigte, lief nebenher, wie die Cantaten zum Dürerfest und zur Naturforscherversammlung 1828, bei welchem Anlasse M.-B. und Chopin in der Singakademie zuerst zusammentrafen, ohne jedoch Bekanntschaft zu machen, ein Chorgesang zu Zelter’s 70. Geburtstage (December 1828), eine große italienische Arie für die Sängerin Milder-Hauptmann, zwei Kindersymphonien, und, in das Jahr 1830 übergreifend, die sogenannte Reformationssymphonie op. 107.

Wichtig ward die Aufführung der bis dahin nur handschriftlich vorhandenen Bach’schen Passion am 11. und 21. März 1829, ein historisches Ereigniß, unter dessen Nachwirkungen das deutsche Musikleben sich seitdem entwickelt hat. Schon im Winter vorher hatte M.-B. das Werk im väterlichen Hause mit einem auserwählten Chor von nur 16 Stimmen eingeübt und sich dadurch nicht nur zum vollständigen Herrn des Stoffs gemacht, sondern sich zugleich von dessen Werthe tief durchdrungen. Mit Mühe hatten er und Ed. Devrient – wie M.-B. bitterscherzend sagte, ein Judenjung und ein Komödiant – von Zelter die Erlaubniß zur öffentlichen Aufführung des ersten christlichen Vocalwerks in der Singakademie erlangt. „Es ist mir, als wenn ich von ferne das Meer brausen hörte“, schrieb Goethe, als er von dem Unternehmen vernahm. Mit dieser ruhmreichen That und der Veröffentlichung mehrerer eigner Werke, darunter die ausgezeichneten, Ludw. Berger gewidmeten sieben Charakterstücke für Clavier op. 7 und die zwei Liederhefte op. 8 und 9, schloß die eigentliche Jugendperiode. Unmittelbar darauf verließ der Zwanzigjährige das väterliche Haus und die väterliche Stadt, um eine große, England, Deutschland, Italien, die Schweiz und Frankreich umfassende europäische Tour anzutreten.

[330] Die Londoner Freunde Moscheles und Klingemann entschieden für die Wahl des ersten Reiseziels. Am 21. April 1829 betrat M. den englischen Boden, wo er zuerst volle Würdigung und eine zweite Heimath finden sollte. Wie als Oratoriencomponist, ist er auch durch persönliche nahe Beziehungen zu England der Nachfolger Händel’s geworden. Noch zehn Reisen dorthin sollten auf jenen ersten bis zum Ende des Jahres 1829 dauernden Ausflug folgen. Die bezaubernde, elektrisirende Wirkung seiner Persönlichkeit brach sich hier in England zuerst allgemein und öffentlich Bahn, von der Ferd. Hiller noch am 8. November 1884 (Brief an Rudorf) schreibt: „Der Saal, in dem er sich befand, war wie von elektrischem Lichte beleuchtet, und das Licht ging von ihm aus.“ In Berlin wurde er nie populär, hier war er es mit einem Schlage und blieb es über seinen Tod hinaus. Sein edler Charakter, die Reinheit seines Wandels, die Meisterschaft in seiner Kunst und deren Richtung gewannen ihm hier alle Sympathien, man beugte sich seiner Superiorität und ehrte sich dadurch selbst, während man in Berlin fragte: Sind seine Brüder und Schwestern nicht alle bei uns? Woher kommt ihm denn das alles? Unter englischem Einflusse entstand eine Reihe seiner vorzüglichsten Instrumentalwerke. Seine „Lieder ohne Worte“, dort ohne das Oxymoron des Titels als „Original Melodies for the Pianoforte“ seit 1832 erschienen, bildeten und bilden noch neben Beethoven’s Sonaten den Hauptstock der Hausmusik. Für England ward er der nationale Lehrer. Einen großen Theil der Beethoven’schen und Schubert’schen Musik führte er zuerst ein, von ihm erst lernte der englische Organist die Bach’schen Orgelsachen im richtigen Tempo spielen und England überhaupt erst Seb. Bach’s Werke wirklich kennen. Schon 1829 ward er Ehrenmitglied der Londoner philharmonischen Gesellschaft, welcher er seine, noch der Jugendperiode angehörige, C-moll-Symphonie (op. 11) widmete. Nach Beendigung der Concertsaison jenes Jahres –, er hatte das Weber’sche Concertstück in F-moll und das über dem Kanal noch unbekannte Es-dur-Concert von Beethoven gespielt – reiste er mit Klingemann im Juli nach Schottland. Dort in Edinburgh, in den Ruinen des Schlosses Holyrood, wo Maria Stuart gekrönt worden war, entstand der Anfang der A-moll-Symphonie (op. 56) und acht Tage später (7. August) beim Besuche der Fingalshöhle auf den Hebriden das Hauptmotiv der darnach benannten Ouvertüre (in ihrer jetzigen Gestalt erst im Juni 1832 abgeschlossen); ebenso erwuchsen aus den Eindrücken dieser Reise Anfangs September in Coed-du bei Holywell, auf dem Wege nach dem jedoch nicht erreichten Irland, die drei Clavierstücke op. 16. Auch die sogenannte schottische Sonate, nämlich die Fis-moll-Phantasie op. 28, gehört hierher. obschon sie ihre jetzige Gestalt erst mehrere Jahre später (29. Januar 1833) erhielt. So berührt uns der erfrischende Hauch des Lebens selbst in dieser Musik!

Rechtzeitig fand M.-B. sich wieder in Berlin ein, um sein zur silbernen Hochzeit seiner Eltern am 26. December 1829 verfaßtes Liederspiel in einem Akt „Die Heimkehr aus der Fremde“ in alter Art im Hause zu Gehör zu bringen; es ist als op. 89 in Partitur und Stimmen erst im März 1851 veröffentlicht und auch im selben Jahre in Leipzig, London, Berlin aufgeführt, trotz des mangelhaften Textes und der engen Formen, ein schlagender Beweis für Mendelssohn-Bartholdy’s dramatische Befähigung, auch von ihm selbst für eines seiner besten Werke erklärt. Eine Mischung übermüthiger Laune und romantischer Innigkeit verleiht dem Ganzen einen eignen Reiz. Die Ouvertüre (aufgebaut auf vier knappe liedmäßige Themen, mit Wiederholung am Schlusse wie in der Sommernachtstraum-Ouvertüre), die Buffoarie Nr. 4 des Krämers Kauz, das Terzett Nr. 6, zeichnen sich aus; das Lied Nr. 12 ist jedoch von Klingemann, dem Dichter des Liederspiels, auch gesetzt, von M. nur instrumentirt.

[331] Im Mai 1830 brach der Reisende wieder auf, zunächst zu einem Besuche Goethe’s (20. Mai bis 3. Juni). In täglichen Vorträgen führte er dem Dichter die Entwickelung der Musik von Bach bis zu Beethoven, Weber und ihm selbst „historisch“ vor und erbaute, nach Goethe’s Worten, in Weimar „alles mit seiner vollendeten liebenswürdigen Kunst“. Goethe ließ ihn durch Schmeller für seine Sammlung malen. Von den Briefen, welche M.-B. in diesem und dem folgenden Jahre verabredetermaßen an den Dichter richtete, hat Karl Mendelssohn Einiges mitgetheilt; Auszüge aus einem längeren Schreiben zu Goethe’s letztem Geburtstage über eine Tell-Aufführung in Luzern ließ dieser selbst in dem weimarischen Chaos (2. Jahrg. Nr. 5, 6 und 7 „Aus dem Berner Oberlande“) erscheinen. Dagegen sind die in der englischen Zeitschrift The Choir vom 5. und 12. September 1874 herausgegebenen drei Briefe Mendelssohn-Bartholdy’s an Goethe eine Fälschung (nachgewiesen zuerst in der Wiener Deutschen Zeitung desselben Jahres Nr. 986).

Bemerkenswerth ist auch der im Sommer 1830 folgende und im October 1831 wiederholte Aufenthalt in München, sowol wegen der hier begründeten lebenslänglichen Freundschaft mit der Liedercomponistin Josephine Lang, späteren Frau Köstlin in Tübingen, welche M.-B. gleichsam entdeckte und ausbildete, als auch weil sein Erscheinen genügte, dem Musikleben der Stadt einen neuen Schwung zu geben. Bei dem zweiten Besuche trug er (Concert vom 17. October 1831) das soeben entstandene G-moll–Concert (op. 25) vor und phantasirte zum Schlusse öffentlich am Clavier, wie einst Mozart und damals noch Hummel zu thun pflegten. Es bezeichnet den Zeitgeschmack, daß die heute nicht mehr gehörte C-moll-Symphonie (op. 11) mehr gefiel als die „unverständliche“ Sommernachtstraum-Ouvertüre („indeß Phantasie, Charakter und ein musikalisch-romantischer Geist blinken überall hervor“). Der Berichterstatter der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung (Jahrg. 34, S. 57) schreibt jedoch nach M.-B.’s Besuch: „Wer kennt ihn nicht? Ein Heros in ausübender Kunst; groß, über alles Schwierige hinweg, feurig und noch verständlich“ und später (Jahrg. 36): „seit seiner Anwesenheit ist Beethoven vorzüglich zerfleischt worden.“

Nach einem kurzen Aufenthalte in Wien (August 1830), wo man „die Fertigkeit seines Clavierspiels und noch mehr die ausgezeichnete Gabe des Phantasirens bewunderte“, dann in Preßburg, in Gratz, traf M.-B. am 9. October in Venedig und am 1. November in Rom ein. Die lange, auch Neapel umfassende, mit „Goethe’s Gedichten und drei Hemden“ im Ränzel zurückgelegte, später nicht wiederholte italienische Reise endete erst im Juli 1831 in Mailand. Den ganzen Winter verblieb er in Rom, glücklich ein Bürger der ewigen Stadt zu sein, die Kunst, die Ruinen, die Landschaft bewundern und in solcher Umgebung seiner Arbeit leben zu können. Daß dieser Aufenthalt von dem höchsten Einfluß auf seine Entwicklung gewesen, bestätigte er dem Engländer Horsley in Interlaken noch kurz vor seinem Tode. Ihn beschäftigten die Hebridenouvertüre, die italienische und die schottische Symphonie (op. 90 und 56), die Walpurgisnacht und eine Menge kirchlicher Werke, Psalm 115 (op. 31), Motetten (op. 23), eine Weihnachtscantate, die Hymne „Verleih uns Frieden gnädiglich“, die drei Motetten für die Nonnen auf Trinità de’ Monti (op. 39) und kleinere Claviercomposition. Vor der modernen italienischen Musik zog er sich hier ganz in die deutsche zurück als producteur infagitable, nach Berlioz’ Worten, obschon er die berühmten Ostergesänge der päpstlichen Kapelle so genau in sich aufnahm, daß er die ganze Musik mit allen Abbellimenti für seinen alten Lehrer Zelter zu Papier bringen konnte, wie einst 1770 Mozart das dort gesungene Miserere von Allegri nach dem Gehör niederschrieb. Palestrina’s Improperien waren ihm „wirklich fast das Vollkommenste“ aller Vocalmusik. Auch seine Augen hatte er überall. [332] Italien ward epochemachend auch für sein Malen und Zeichnen und seine dortigen Bekanntschaften, Horace Vernet, Thorwaldsen, H. Berlioz, Benedict, Baini, Santini gehörten ebenso der bildenden Kunst an wie der tönenden.

Von den Erlebnissen der im August 1831 sich anschließenden Schweizer Reise heben wir hier nur das Orgelspiel im Kloster zu Engelberg hervor. Der zweite Aufenthalt in München ist schon erwähnt. Dort hatte M. den Auftrag erhalten eine Oper zu schreiben und die Textnoth bewog ihn, Immermann in Düsseldorf aufzusuchen, ein Besuch, der zwar des eigentlichen Zwecks verfehlte, aber Mendelssohn-Bartholdy’s spätere Berufung dorthin vorbereitete. Man ward über einen dem Dichter wie dem Musiker sympathischen Text einig, über eine Bearbeitung des Shakespeare’schen Sturm; das von Immermann im folgenden Jahre nach Berlin gesandte Textbuch sagte M.-B. jedoch nicht zu. Vielleicht hätte eine Oper Sturm die spätere Ausführung der Musik zum Sommernachtstraum nicht aufkommen lassen; die Stoffe waren zu verwandt; die Gegensätze Ariel und Caliban hätten den Gegensatz der Elfen und Rüpel vorweg genommen.

In dem mehrmonatlichen Pariser Leben (Mitte December 1831 bis April 1832) wiederholten sich die ungünstigen Eindrücke des Jahres 1825, obwol M.-B. diesmal Freund Hiller vorfand und neue Bekanntschaften, wie Liszt und Chopin machte. In den von Habeneck geleiteten Concerten des Conservatoriums gelangte zwar seine Sommernachtstraum-Ouvertüre zur Aufführung und er selbst spielte das den Parisern noch fremde G-dur–Concert von Beethoven, im Allgemeinen aber fand er nicht die ihm gebührende Anerkennung als Musiker von Bedeutung, geschweige als der erste Musiker der Zeit. Seine Reformationssymphonie ward, wie erklärlich, vom Conservatorium abgelehnt, dessen Pforten ihm auch in den nächsten elf Jahren verschlossen bleiben sollten. Bitter empfand er Meyerbeer’s unbestrittene Herrschaft und den Ruhm seines „Robert“, eine Antipathie, welche bekanntlich auch Robert Schumann, der zweite Hohepriester der klassisch-idealen Gemeinde, theilte; bei der Gleichheit der Herkunft ist es psychologisch erklärlich, daß M.-B. den Gegensatz gegen Meyerbeer in seinem Innern verschärfte. In Paris erfuhr er den Tod seines Freundes Eduard Rietz, dem er dort das Adagio des A-dur-Quintetts (op. 18) widmete, sowie später den Tod Goethe’s. Er meldete ihn Freund Hiller mit verweinten Augen und sagte voraus, daß Zelter nun auch folgen werde. Im November schrieb er dann die Musik zu Goethe’s „Trauerloge“. Im April schon hatte er das böse Paris, vor der Cholera fliehend, für immer verlassen. England entschädigte ihn wieder, sein theures London, die geliebte Orgel der Paulskirche, die philharmonische Gesellschaft, in deren Concerten er die Hebridenouvertüre (zuerst 14. Mai) dirigirte und sein G-moll–Concert wiederholt vortrug.

Im Juli 1832 kehrte M. zu den heimischen Penaten, mit dem Gedanken zurück, sich einen dauernden Wirkungskreis bei ihnen zu gründen. In diese Zeit fallen die Vorarbeiten zum Paulus, nachdem der Plan mit dem „Sturm“ sich zerschlagen. Die Zusammenstellung des Textes gab viel Mühe, da der Entwurf von Marx, für den M. den Text des Oratoriums Moses verfaßte, seinen auf Beibehaltung des Bibelworts und des Chorals gerichteten Absichten direct widersprach. Im Hinblick auf die bevorstehende Wiederbesetzung der durch Zelter’s Tod erledigten Stelle des Directors an der von Fasch gegründeten Singakademie hielt M. es für gut, sich seiner Vaterstadt als Componist und ausübenden Musiker in ganzer Figur vorzustellen. Seine Werke op. 19–23, darunter das erste Heft der „Lieder ohne Worte“ und das erste Heft der „Lieder für eine Singstimme“, – beide mit Erinnerungen an Venedig – waren soeben (1832) im Druck erschienen. Er veranstaltete nun im Winter drei „klassische“ Concerte, wie Berlin sie nicht gekannt hatte. Er dirigirte darin seine drei ersten Concertouvertüren, [333] die Reformationssymphonie und die Walpurgisnacht (in erster Gestalt), spielte selbst sein G-moll–Concert („mit außerordentlicher Schnellkraft, Präcision, Leichtigkeit und feinem Geschmack“), das beim letzten Besuch in London geschriebene Capriccio in H-moll (op. 22), ferner das D-moll–Concert für Clavier von Seb. Bach, das auch Berlin noch neue G-dur-Concert von Beethoven („vorzüglich sprach das originelle Adagio an“!!) und dessen Sonaten op. 53 („in überschnellem Zeitmaße, dennoch mit seltener Sicherheit und Geschmack, vollkommen schön“) und op. 27 in Cis-moll („mit vollendeter Virtuosität und tief empfundenem Ausdruck“), außerdem auch Sachen von Weber und L. Berger. Bei anderen Anlässen spielte er in demselben Winter Mozart’s Clavierconcerte in D-moll („ungemein zart, einfach und mit schönem Ton“), mit eigner Cadenz am Schlusse des ersten Theils, und in C-moll („fertig und ausdrucksvoll im Geiste der großartigen Composition“), sowie Beethoven’s Violinsonate op. 30, Nr. 2 und das Tripelconcert (op. 56 „so fertig als geschmackvoll und mit schönem Ton und Anschlag“). Die Leipziger Allgemeine Musikzeitung, welcher die eingeklammerten Stellen entnommen sind, fällte das Endurtheil, M.-B. habe sich gezeigt „als ausgezeichneten Pianofortevirtuos ersten Ranges, Instrumentalcomponisten von Genie und Fleiß und geschickten Orchesterdirigenten“. Bei der Directorwahl wurde jedoch von den 240 Mitgliedern der Singakademie Rungenhagen den anderen Bewerbern, M.-B. und Neukomm, vorgezogen; Rungenhagen erhielt am 22. Januar 1832 eine Majorität von 148 Stimmen.

Dies Ergebniß war ebenso verhängnißvoll für M.-B., aus dessen Leben fortan ein Element der Unstetigkeit nicht zu bannen war, als für die preußische Hauptstadt, welcher der alles belebende Einfluß eines heimischen Genius, unter dem sie auf den Gebieten der Architektur und Sculptur nach den Freiheitskriegen sich entwickelt hatte, auf musikalischem Gebiete entging. Die naturgemäß zusammen gehörten, die Stadt und ihr begabter Sohn, entfremdeten sich dauernd, die Ernennung Mendelssohn-Bartholdy’s zum Mitgliede der Akademie der Künste im Frühjahr 1834 kam zu spät, und die endlichen Bemühungen Friedrich Wilhelm’s IV. um Ausgleichung scheiterten zum guten Theil an der schon groß gewachsenen inneren Abneigung. Die meisten Werke Mendelssohn-Bartholdy’s fanden nur langsam Eingang in Berlin, sein Paulus z. B. erst im Januar 1842, nachdem er schon 1837 in England von zwei verschiedenen Gesellschaften aufgeführt worden war (in Exeter-Hall und in Birmingham). Erst der nach seinem Tode gegründete Stern’sche Verein hat das Versäumte nachgeholt; das Genie selbst heilt die Wunden, welche die Welt ihm geschlagen, und so ist es sehr zweifelhaft, ob Mendelssohn-Bartholdy’s Schaffen und Wirken im Großen und Ganzen durch die damaligen und späteren Berliner Widerwärtigkeiten gelitten. Jedenfalls steigerten sie die Nervosität, der M.-B. so früh erlag. Damals (April 1833) eilte er, dem gastlicheren England seine neuesten Compositionen vorzuführen, darunter die im März beendigte A-dur-Symphonie, die italienische (op. 90), vielleicht seine vorzüglichste, obwohl erst nach seinem Tode veröffentlicht. Vorher hatte ihm die Aufführung der Oper von Conradin Kreutzer „Melusine“, auf dem Königstädtischen Theater zu Berlin (21. März), nach einem Grillparzer’schen Texte, Motiv und Idee zu seiner vierten, erst im November abgeschlossenen Concert-Ouvertüre (op. 32) gegeben; ihr entlehnte wiederum Doppler in Wien 1882 Motive zu dem Ballet „Melusine“.

M.-B. hatte die Leitung des Niederrheinischen Musikfestes für dies Jahr angenommen, und gewann dadurch, da man ihm dieselbe auch in mehreren folgenden Jahren übertrug, ein Feld der Wirksamkeit für Popularisirung klassischer Musik im Großen, besonders der deutschen Oratorien. Dies ging so fort bis zu seinem Tode, in England wie in Deutschland. In dieser Thätigkeit übertraf er [334] alle übrigen deutschen Tonsetzer weit. Die Blüthe der Musikfeste fiel in jene Zeit, als die großen Bach’schen, Händel’schen und Beethoven’schen Werke zuerst ihren Triumphzug unternahmen und in den Gemüthern der Tausende Verständniß fanden, als Mendelssohn-Bartholdy’s, Schumann’s, Hiller’s, Gade’s und Anderer Schöpfungen mit dem Reiz der Neuheit zuerst ans Licht traten und die Musiker aller Länder sich unter solchen Klängen gesellig verbanden. Kam dazu ein Leiter von der Ueberlegenheit und zugleich von dem persönlichen Zauber Mendelssohn-Bartholdy’s, war es Pfingsten, war es am Rhein, so erreichte die Musik ihre höchsten, reinsten und allgemeinsten Wirkungen. Uns waren und sind diese Feste, was den Griechen die Panathenäen und die Olympischen Spiele. Das erste Musikfest nun zu Düsseldorf um Pfingsten 1833 (26. Mai), auf welchem M.-B. Händel’s Israel in Egypten dirigirte, hatte sein Engagement als Musikdirector der Stadt zur Folge, eine Stellung, welche er vom October 1833 an zwei Jahre hindurch bekleidete. Es war eine Vorschule für die sich daran anschließende Leipziger Dirigentenstellung, nur daß Mendelssohn-Bartholdy’s Wirksamkeit im ersten Winter sich außer auf Kirchen- und Concert-Musik auch auf das Theater erstreckte. Er gab sogleich in klassischen Mustervorstellungen die vorzüglichsten Mozart’schen Opern, den Wasserträger, die Beethoven’sche Egmont-Musik. Der Hof des kunstliebenden Prinzen Friedrich von Preußen, die Malerschule unter Schadow, mit Lessing, Bendemann, Schirmer – bei dem M.-B. wieder in die Schule ging –, die leider bald getrübte Freundschaft mit Immermann, dem artistischen Leiter des Theaters, die Verbindung mit Fr. v. Uechtritz und Schnaase, das durch diese Kräfte damals in Düsseldorf hervorgerufene „unvergleichliche Zusammenwirken aller Künste“, nach den Worten eines Zeugen, des Historikers von Sybel, die frohe Geselligkeit in mehreren Häusern, wie dem Woringen’schen und Sybel’schen, vor allem das Wirken in einem selbstständigen Amte und das eigene Schaffen stempeln die Düsseldorfer Zeit zu einer überaus glücklichen. In ihr kam der größte Theil des im März 1834 begonnenen Paulus zu Stande. Auch führte M.-B. in Köln, auf dem Musikfeste des Juni 1835, in Gegenwart seiner Eltern und Geschwister Händel’s Salomo mit seiner eigenen, in Italien geschriebenen Orgelbegleitung auf.

Noch glücklicher gestalteten sich die Verhältnisse, als M.-B. im October 1835 als Leiter der Gewandhaus-Concerte nach Leipzig berufen wurde, um mit geringen Unterbrechungen bis zu seinem Ende in dieser, sich immer erweiternden und auch eine Lehrthätigkeit umfassenden Stellung zu bleiben. Mit einem Schlage erhob er sie durch das Gewicht seiner Persönlichkeit zur ersten in Deutschland, Leipzig zum Mittelpunkte des europäischen Musiklebens, die Epoche seines dortigen Wirkens zu vorbildlicher Bedeutung für alle Zeiten. Nur dadurch konnte dies geschehen, daß die äußere Gunst der Stellung einem Künstler ersten Ranges zu Theil ward, in welchem alle Gaben, die höchste Bildung, große Leistungen und universale Kenntnisse, genügend um damit mehrere auszustatten, doch zurücktraten gegen die Energie eines dem Edlen hingegebenen fleckenlosen Charakters. Er leuchtete wie ein Stern in jener Epoche, und war sie nur kurz, sie umschloß doch die Ewigkeit. Ein Concertmeister wie David unterstützte ihn, Rob. Schumann, ihn hoch verehrend, vertrat zunächst litterarisch, dann auch componirend und lehrend dieselbe Sache, eine Claviervirtuosin wie Clara Wieck, spätere Frau Schumann, Sängerinnen wie Livia Frege standen ihm zur Seite, später auch als Lehrer M. Hauptmann und Moscheles; Liszt, Ernst, Clara Novello, Jenny Lind und ohne Ausnahme alle namhaften Virtuosen jener Zeit suchten eine Ehre darin, in seinen Concerten aufzutreten. Schaffend führten er selbst, für alle unerreichtes Muster, N. Gade (C-moll-Symphonie), R. Schumann (B-dur-Symphonie), F. Hiller, St. Bennett, Berlioz, die sich entwickelnde Neuzeit herauf, aber die wesentliche [335] Aufgabe bestand für ihn doch darin: die Erbschaft der großen Vergangenheit anzutreten, deren Schätze überhaupt erst zu heben. Was er in Berlin 1829 mit der Matthäus-Passion begonnen, wurde durchs ganze Leben fortgesetzt. Erst durch M.-B. ist Deutschland der Werth jener Schätze zum Bewußtsein, und deren praktische Aneignung, neben der theoretischen Vermittlung vorzüglich durch R. Schumann und A. B. Marx in Fluß gebracht worden. Seitdem erst sind Bach, Händel, Beethoven, Fr. Schubert ganz unser Eigen. Eine solche andern zugewandte, zumal so universelle Thätigkeit läßt sich keinem zweiten Componisten von Bedeutung, nicht Weber, nicht Spohr nachrühmen, nur M.-B. war groß genug, sich selbst als Epigonen zu behandeln. Es kam vor, daß er seine bereits angenommenen eigenen neuen Werke in England von der Aufführung zurückzog, weil das Orchester die Schubert’sche C-dur-Symphonie ablehnte. Nicht nur in England sind Bach’sche Orgelwerke, Präludien, Fugen, die große Passacaglia von ihm zuerst gespielt worden, auch für Leipzig, und von da aus für immer weitere concentrische Kreise, schuf er den Bach-Cultus durch Aufführung jener Passion (Palmsonntag 1841), durch seine Orgelconcerte in der Thomaskirche zum Besten des von ihm gegründeten Bachdenkmals, durch Wiederbelebung anderer Hauptwerke wie der Ciaconne für Violine (zuerst 1840 durch David), für welche er die Clavierbegleitung setzte, und dann lehrend und den Sinn für Bach auf empfängliche Schüler, wie Joachim, übertragend. Der Rhein lernte durch M.-B. erst Bach’s Vocalmusik kennen. Ebenso führte er mehrere Beethoven’sche Hauptwerk zuerst ins Leben, überwand die gerade bei Musikern damals am Tiefsten gewurzelte Abneigung gegen die Neunte Symphonie, mit der er die Winterconcerte in Leipzig zu schließen pflegte; auch sie machte er auf den Rheinischen Musikfesten populär (anfangend 1836 in Düsseldorf) und gab ihr die Bedeutung, welche ihr im Musikleben gebührt. Er zuerst löste den Bann, der auf Beethoven’s letzten Werken ruhte, als seien sie auf einem anderen Planeten geboren. Die für die heutige Geltung Schuberts so einflußreiche Aufnahme der C-dur-Symphonie in die Concertmusik ging von ihm aus (zuerst am 22. März 1839, nachdem Schumann das Werk in Wien aufgefunden). Ihm verdanken wir auch vergleichende Musik, historische Concerte (Febr. und März 1838), wie er auch im Gewandhaus die vier Leonoren-Ouvertüren hinter einander spielen ließ (Winter 1840).

Neben dieser umfassenden Thätigkeit, womit sich ein immer wachsender Briefwechsel verband, ging die eigene Production unverrückt ihren Gang, auf vocalem wie instrumentalem Gebiet. Im Vordergrunde stand das Oratorium, obschon die Verhandlungen wegen eines Operntextes nie ruhten (s. Planché: Recollections and Reflections 1872, ch. 21), er auch schon, wie bald darauf Dorn und Wagner, mit den Nibelungen (1840) deutsche mythologisch-epische Stoffe in Aussicht nahm. Zu Pfingsten 1836 in Düsseldorf trat zuerst sein Paulus ans Licht; noch kurz vor der Aufführung schrieb er dort die Tenor-Cavatine Nr. 40: „Sei getreu bis in den Tod“; überhaupt ward unter den Eindrücken der Aufführung noch manches nachträglich geändert, nach seiner Gewohnheit. Im October folgte Liverpool mit diesem Oratorium, welches im nächsten Jahre auch Leipzig und Birmingham, und dann Musikfest auf Musikfest, z. B. im Juli 1840 das zu Schwerin, unter des Componisten eigener Leitung hörten. Es war nach M. Hauptmann’s Worten bedeutsam, daß die Erneuerung unseres protestantischen Oratoriums von einem jungen, nicht von einem abgelebten Componisten ausging, daß M.-B., indem er zur Polyphonie und allen Künsten des Contrapunkts, als Ausdrucksmitteln des Erhabenen und Unendlichen in der Musik, mit voller Hingabe und Meisterschaft zurückgriff, seinen Chören und Arien einen jugendlichen Schwung und den Ausdruck der Herzenswärme und [336] innerer Ergriffenheit verlieh. Dieser Vorzug mag zur Schranke werden; jedenfalls konnte M.-B. nur so seine Lebensaufgabe als Regenerator der geistlichen Musik erfüllen. Man hat ihn in dieser Wirksamkeit mit Schleiermacher, als religiösem Erwecker, verglichen. Wenigstens hat nach ihm zugleich eine strengere, die subjectiven Elemente zurückdrängende Richtung, eine musikalische Orthodoxie (Fr. Kiel’s Christus, Messe u. Requiem) und eine freiere Richtung (Brahms’ deutsches Requiem) sich Bahn gebrochen. Den Ausgangspunkt dieser ganzen Entwicklung bezeichnet jedoch jener Pfingstfeiertag des Jahres 1836.

Inzwischen hatten Mendelssohn-Bartholdy’s persönliche Verhältnisse sich geändert. Seine jüngere Schwester Rebecca war seit dem Jahre 1832 an den Professor der Mathematik Dirichlet verheirathet und im November 1835 der Vater, der treue Mentor, gestorben, während die Mutter den Kindern noch sieben Jahre erhalten blieb (bis Dec. 1842). In Leipzig hatte M.-B. Anfangs als Junggesell gelebt; er nahm seinen Mittagstisch im Bairischen Hof, meist zusammen mit David, Sterndale Bennett, Walther Goethe, auch Rob. Schumann, der ihn als F. Meritis seinen Davidsbündlern zuzählte. Bei einem längeren Aufenthalt in Frankfurt a. M. im Sommer 1836, um den dortigen Cäcilienverein, an Stelle des ihm seit langen Jahren befreundeten, erkrankten Directors Schelble zu leiten, verlobte er sich mit Cécile, der jugendlichen und anmuthigen zweiten Tochter des bereits verstorbenen reformirten Pfarrers Jeanrenaud. Die Heirath fand im März des folgenden Jahres statt. Es ward ihm das Glück einer Häuslichkeit und einer harmonischen, mit fünf Kindern gesegneten, ihn ganz befriedigenden Ehe bis zu seinem Ende zu Theil. Frankfurt aber, die nächste Umgebung und der ganze Rheingau, den er fortan oft zur Erholung aufsuchte, erhielt für ihn den Preis unter allen deutschen Ländern. Dort entstanden eine Menge seiner Werke seit 1836, unter andern auch, unter den Anregungen der Geselligkeit am Main und Rhein und der schönen Gegend, mehrstimmige Lieder, im Freien zu singen, unübertroffene Muster dieser Gattung. Bereits aber beschäftigte ihn ein neues Oratorium. Im August 1837, in London, war der Plan zum Elias, einem bisher noch nicht zu solchem Zweck behandelten Stoffe, mit Klingemann beredet, und von den Plänen eines Petrus oder eines Christus zunächst Abstand genommen worden. Der Bibelvers 1. Könige 19,11 gab, Hiller zufolge, den Anstoß. Vorher schrieb er bei einer Gelegenheit, dem im Juni 1840 in Leipzig zu feiernden Buchdruckerfeste, in kurzer Zeit die mit Orchestersätzen verbundene Cantate Lobgesang (op. 52), welche nach Leipzig auch auf dem Musikfeste in Birmingham von ihm im Herbste 1840 zu Gehör gebracht wurde. Bei Beurtheilung des Werks ist die Erinnerung an Beethovens Chor-Symphonie, mit ihren inneren zuletzt eine Ausgleichung findenden Gegensätzen, abzuweisen. Mendelssohn-Bartholdy’s Cantate erfüllt als geistliche Musik sowol im symphonischen als vocalen Theile eine einheitliche Stimmung, beide sind gleichmäßig bemüht, religiöse Empfindung zu wecken. Es war vielleicht ein Wagniß, das vocale Hauptthema des ersten Theils zur instrumentalen Durcharbeitung zu benutzen; im Uebrigen zeigt jeder Abschnitt die Reife und Vollendung des späteren M.-B., und es kommt nur darauf an, den Einigungspunkt aller Theile zu finden, um das Werk seinen besten zuzurechnen.

Die Thronbesteigung Friedrich Wilhelm’s IV. im Jahre 1840, der schon als Kronprinz M.-B. besonders geneigt war, äußerte sogleich ihre Wirkungen. M.’s Leipziger Thätigkeit, seine Bemühungen um das Bachdenkmal und die Gründung eines Conservatoriums für Musik sollten noch vor Ablauf des Jahres von preußischen Einflüssen gekreuzt werden. Das Wesentliche für den König war, diese große künstlerische Persönlichkeit seinem Lande zurückzugewinnen. Man dachte zunächst an eine Anstellung als Director einer musikalischen Abtheilung der [337] Akademie der Künste, später als Chef der evangelischen Kirchenmusik. Der Name, unter dem man ihn erhielt, war gleichgültig, ebenso wie Titel, Gehalt, Orden, womit man nicht geizte. M.-B. aber kam es auf die geeignete praktische Wirksamkeit an, und das Feld zu einer solchen ihm zu ebnen, wollte dem Könige nicht gelingen. Gleichwol war M.-B. beschieden, hier die Keime einer neuen Kunstentwicklung in ein fruchtbares Erdreich auszustreuen. So bitter er stets die Schwierigkeiten und Hemmnisse seines berliner Wirkens empfand, es war immer ein Segen für ihn, im Dienste seines Vaterlandes die ihm verliehenen Gaben gebrauchen zu können. Mozart ward es nie so gut. Hat er selbst einer Musikschule in Berlin nicht vorgestanden, so sind des Königs und seine eigenen Ideen doch später durch den Cultusminister von Mühler unter seinem Lieblingsschüler ins Leben getreten. Bei Gründung der Hochschule für Musik ward an die früheren Verhandlungen mit M.-B. unmittelbar angeknüpft. Den Berliner Domchor hat er gleichfalls nicht geleitet; der Versuch, durch den ersten Kirchen-Componisten auch gottesdienstliche Musik, als Theil des Cultus, in die evangelische Kirche einzuführen, ist damals nicht geglückt; M.-B. empfand die Opposition vom ersten Domprediger bis zum Balgentreter. Was er aber an liturgischen Gesängen damals geschrieben, unter dem Druck des praktischen Zwecks, die Uhr in der Hand, überragt durch Kraft und Prägnanz des Ausdrucks und die Gedrungenheit der Form seine übrige Kirchenmusik, gehört dem Besten an, das seiner Feder entflossen. Es lebt in den Gesängen des Domchors noch heute, die Seelen der Menschen an geweihter Stelle fort und fort zu durchdringen. M.-B. war, nach seiner Schwester Fanny Worten, ein geborner Kapellmeister, überdies ein geübter wie wenige. Mit dieser Begabung, dieser Uebung, mit der Autorität seines Namens, an den sich in den Vorstellungen der Zeitgenossen die Ideen des Echten, Reinen, Classischen in der Tonkunst knüpften, griff M.-B. seit dem Jahre 1842, wenn auch in der bescheidenen Function als Dirigent der Symphonie-Soireen (in der Singakademie), in das Berliner Musikleben epochemachend ein. Was Habeneck in Paris, was M.-B. selbst in Leipzig lange Jahre hindurch gethan, Beethoven und die anderen großen symphonischen Meister, besonders der Wiener Schule, zum Leben zu erwecken, geschah damals in Berlin erst durch ihn. Allen Musikern war es wie eine neue Offenbarung. Die Stärkeunterschiede, wie sie bisher unbekannt waren, die Genauigkeit des Zusammenspiels, die gewählten Tempi und die freien Vortrags-Nüancen, alles rief ungeahnte orchestrale Wirkungen hervor. Diese Impulse wirken fort, obschon bei M.-B.’s desultorischer Thätigkeit ein dauerndes Verhältniß zum Publicum wie in Leipzig oder selbst London sich nicht entwickelte, er nicht wie dort auf Händen getragen, sein Werth nicht allseitig anerkannt wurde.

Vom Herbst 1843 bis zu Ende 1844 hatte M.-B. als preußischer General-Musikdirector sein Domicil wieder in Berlin, während seine Stellung in Leipzig nie ganz aufgegeben war, insbesondere nicht zu dem im April 1843 dort eröffneten Conservatorium, einer seiner glücklichsten und hoffentlich dauerndsten Schöpfungen. In des Königs von Preußen Auftrag vollendete er von 1841 bis 1844 eine Reihe von Werken, welche sämmtlich in der Richtung der romantischen Schule liegen, dem Deutschen die ersten Erzeugnisse aller fremden Litteraturen anzueignen. Die deutsche Bühne insbesondere fühlte und fühlt sich seit den Weimarer Tagen kosmopolitisch gestimmt. Schon in Düsseldorf hatte M.-B., außer zu Immermann’s Andreas Hofer, auch zu Calderon’s standhaftem Prinzen Musik geliefert. Mit Shakespeare’s Sturm war er nicht zu Stande gekommen. Jetzt sollten ihn doch Sophokles, Shakespeare und Racine auf die Bretter zurückführen. Zuerst Sophokles. Die Musik zu Antigone für Männerstimmen [338] und Orchester entstand in etwa 14 Tagen im September und October 1841 und gelangte zuerst im Neuen Palais bei Potsdam, später wiederholt im Berliner Schauspielhause zur Aufführung. Von den Versuchen, das Alterthum auf der Bühne wieder zu erwecken, ist dieser jedenfalls der vollständigste und glücklichste, wenn auch die moderne Musik sich mit den antiken Worten und Vorstellungen nicht ganz vermählen kann. M.-B. verschmähte es, seiner Musik durch lydische oder phrygische Tonart eine archaistische Färbung zu geben, oder den Stil Gluck’s nachzuahmen, schrieb vielmehr so, wie er die erhebenden Chöre musikalisch empfand. Damit erreichte er den allgemeinen Erfolg, auch in London und Paris (1844 auf dem Odeon-Theater) und erhob das gewagte Unternehmen über das Experiment hinaus. Die ethischen Voraussetzungen der Antigone sind die unsrigen; anders schon im Oedipus auf Kolonos, den M.-B. im Februar 1845 in gleicher Art bearbeitete, aber nicht mit gleichem Erfolge. Glücklicher traf er’s mit Shakespeare’s Sommernachtstraum. Im Sommer 1843 hatte er, im engen Anschluß an die Ouvertüre aus dem Jahre 1826, die Musik zu dem Stücke: Scherzo, Elfenmarsch, Elfenchöre, Allegro Appassionato, Notturno, Hochzeitsmarsch, Todtenmarsch für Pyramus und Thisbe, Rüpeltanz und sonstige Begleitungsstücke beendigt. Unter Tiecks Leitung kam diese Bearbeitung im October in Berlin zur Aufführung (zuerst am 14. October im Neuen Palais bei Potsdam). Es ist eine der höchsten Leistungen Mendelssohn-Bartholdy’s, diejenige, die nur ihm glücken konnte, ganz auf der Höhe des Gegenstandes, diesem überall gerecht und zugleich ganz des Componisten Eigenthümlichkeit wiedergebend. Hier vereinigt sich alles, was den größten Künstler macht: M. ist hier volksthümlich, ohne im Mindesten von der künstlerischen Höhe, die er stets einnimmt, herabzusteigen. Das schwierige Problem, die von dem Dichter wunderbar combinirten Elemente des Zauberspuks und der festlichen Stimmung, der Liebe und des Burkesken, mit einer Nüance romantischer Ironie, in Tönen zu verkörpern, ist vollständig gelöst, als verstände es sich nur so von selbst. In der Jugend war M.-B. die Empfindung des Stücks lebendig, dann im Laufe der Jahre immer reiner und abgeklärter zu eigen geworden; so schöpfte er bei diesem Stück aus seinem innersten Leben und Wesen. Vielleicht trifft er nirgends so unmittelbar das Herz, als in den unschuldvollen Elfenchören. Auch im Hochzeitsmarsch finden sich die Elemente der Dichtung so glücklich wieder, daß derselbe seinen Weg durch die Welt genommen hat, wie einst Mozarts Don Juan-Menuett, und noch heute in England bei keiner Trauung fehlen darf. Gleichzeitig im Sommer 1843 setzte M.-B. die Chöre zur Athalia, und auch in ihnen, im Marsch und in der im folgenden Jahre entstandenen Ouvertüre ist der etwas abstract feierliche Ton des kirchlichen Theaterstücks glücklich getroffen.

Die Lösung aller jener Aufgaben, von welchen M. nur den wieder aufs Tapet gebrachten Sturm und die Eumeniden des Aeschylus – man kann wohl sagen glücklicher Weise – schuldig blieb, zeigt eine staunenswürdige Versatilität des Talents. M.-B. hatte diejenige Meisterschaft erreicht, wo Intention und Ausführung, Wollen und Können sich ganz decken. Aus dieser Periode stammen zwei seiner vorzüglichsten Instrumentalwerke. Das erste sind die im Sommer 1841 für Klavier gesetzten D-moll–Variationen über ein eigenes Thema op. 54), Mendelssohn-Bartholdy’s Beitrag zum Besten des Bonner Beethoven-Denkmals (1842), aber auch innerlich an Beethoven’s C-moll–Variationen (Nr. 36) anknüpfend, welche wiederum auf Händel zurückweisen, ganz aus innerem Drange entstanden, ein Musterwerk strengen Stils, neben dem sich aus neuer Zeit nur R. Schumanns op. 13, in freierer, und Fr. Kiel’s op. 17, in strengerer Form, nennen lassen. Ebenso tritt das Violinconcert (op. 64), im September 1844 beendigt, [339] unmittelbar neben das Beethoven’sche, weit über die Sphäre nicht nur der Virtuosen-Concerte jener Zeit, sondern auch der Spohr’schen durch innere Gesundheit und classische Form sich erhebend, anfangs eine Lieblings-Aufgabe von Ernst (1849 in London), wie später von Joachim. David stand als Geburtshelfer dem Componisten zur Seite, der auf jenes Rath bisweilen eine leichtere Fassung der Passagen, nicht gerade zum Vortheil des Werkes, annahm.

Zwischen allen Compositionen und Aufführungen (namentlich auf deutschen Musikfesten und in London 1842 und 1844) ging die Arbeit am Elias ihren Gang, woran (seit 1844) die textliche Auswahl zu einem neuen Oratorium, Christus, sich anschloß. Es machten sich jedoch die Folgen der Ueberanstrengung geltend, und manche Instrumentalwerke begannen gegen früher ein Nachlassen in der Erfindung, eine gewisse Ermüdung, Monotonie der Wendungen und eine zu nervöse Lebhaftigkeit zu zeigen. Im October 1845 schied er ganz aus der Berliner Stellung, um die alte Thätigkeit in Leipzig wieder aufzunehmen. Wir treten damit in Mendelssohn-Bartholdy’s letzte Periode. Wieder leitete er die Gewandhaus-Concerte und übte zugleich die Directions- und Lehrthätigkeit am Leipziger Conservatorium, das durch ihn zu einer Pflanzschule der classischen Musik für die ganze Welt, für Nordamerika wie für Europa, erhoben wurde. Er unterrichtete selbst in zwei Klassen, in der Composition und im Klavierspiel, von Bach bis zu Chopin’s Etüden fortschreitend; groß war die unmittelbare Wirkung, größer noch die mittelbare, sein Einfluß ins Große und Ganze der Kunst.

Im Sommer 1846 war der Elias soweit fertig, um das Musikfest in Birmingham am 26. August zu einem ewig denkwürdigen zu erheben. Vor der Reise dorthin, im Mai und Juni, hatte M.-B. noch die Musikfeste in Aachen, in Lüttich, für welches er sein Lauda Sion (op. 73) im Februar geschrieben hatte, und das in Köln zu dirigiren. Für dieses war Schillers Lied „An die Künstler“ als Chor für Männerstimmen componirt (op. 68). Die Reise am Rhein wie in England bildete einen ununterbrochenen Triumphzug. Seine Gegenwart in Birmingham, seine Leitung des Elias waren ein öffentliches Ereigniß, dem die Times und andere politische Blätter ihre Spalten widmeten. Die Nummer des City-Blattes vom 27. August 1846 beschreibt das ganze Fest, wie bei Mendelssohn-Bartholdy’s Erscheinen am Dirigentenpult der Enthusiasmus die gewöhnlichen Schranken durchbrach, wie „ein lautes und allgemeines Willkommen die Gegenwart des größten Componisten unseres Zeitalters ehrte“, wie schon nach dem Schlusse des ersten Theils das Orchester und das ganze Auditorium sich zum Beifall erhoben und die Huldigungen am Schlusse des Ganzen sich aufs Höchste steigerten (The last note of Elijah was drowned in a long-continued and unanimous volley of plaudits, vociferous and deafening. It was as though enthusiasm, long checked, had suddenly burst its bonds and filled the air with shouts of exaltation). Der berühmte Staudigl sang den Elias. Chor auf Chor, Nummer auf Nummer hatten wiederholt werden müssen. So warmen Empfang bereitete Albion dem größten Oratorium der neuern Zeit, um es sogleich seinen nationalen Heiligthümern einzureihen und ihm die nächste Stelle nach Händel’s Messias anzuweisen. Der Componist selbst aber unterzog sein Werk, der begeisterten Aufnahme unerachtet, im nächsten Winter einer abermaligen strengen und mühsamen Durcharbeitung, verwarf Sätze und Theile von Sätzen und schrieb ganz neue (z. B. Nr. 24, Nr. 25 und den Chor Nr. 36), änderte auch mehrfach den Text, und ließ so das Werk in neuer Gestalt im Juli 1847 im Druck erscheinen, nachdem er es in derselben schon im April vorher in London, in Manchester und in Birmingham von Neuem aufgeführt hatte. In einem der philharmonischen Concerte spielte er wieder Beethoven’s [340] G-dur–Concert mit einer extemporirten Cadenz zum allgemeinen Entzücken, und er selbst gestand, sich Mühe gegeben zu haben, weil er die Königin Victoria und eine seiner liebsten Freundinnen der letzten Jahre, Jenny Lind, unter den Zuhörern gewußt. Die Königin und der Prinz Gemahl zeichneten ihn als Menschen wie als Künstler aus, er fand bei ihnen eine Würdigung, wie bei keinem seiner heimischen Fürsten. Das Leben und die Thätigkeit in England hatten seine Kräfte jedoch mehr denn je erschöpft. Er sah ein, daß es so nicht weiter gehen könne. Schon seit dem Jahre 1846 war der Plan in ihm gereift, alle amtliche Wirksamkeit, alles Dirigiren, öffentliche Spielen und das Lehren aufzugeben, sich aus dem Tumulte zurückzuziehen und, sei es in Frankfurt a. M., sei es in Berlin, nur den Seinigen und dem Berufe als Componist zu leben. Der Ausführung traten immer neue Hindernisse oder Verlockungen entgegen, in der letzten Stunde noch Einladungen zur Leitung seines Elias in Berlin und Wien. Opernentwürfe hatten ihn zu beschäftigen nicht aufgehört. In einem Briefe an Ch. Duveyrier war (1843) der Text zu einer Oper, Jungfrau von Orleans, zur Sprache gekommen; über andere Texte hatte er mit Frau Birch-Pfeiffer und mit Scribe (1846) verhandelt; endlich that ihm Geibel mit der Loreley Genüge, einem der Mendelssohn’schen Melusinen-Ouvertüre verwandten, ganz nationalen und zugleich hochpoetischen, der Märchen- und ebenso der Menschenwelt angehörigen Stoffe. Schwerlich hätte eine glücklichere Wahl getroffen werden können. Was wir von der Musik besitzen (op. 98, Finale des 1. Acts, ein Ave-Maria für Frauen- und ein Winzerchor für Männerstimmen) zeigt M.-B. in ganzer Größe; das Finale, im Winter 1847 componirt, vielfach in Concerten aufgeführt, kommt jedoch, als bewegte Handlung, nur auf der Bühne zu seinem Rechte, ein Beweis von der rein dramatischen Conception des Inhalts. Der romantische Weber-Marschner’sche Opernstil ist ganz überwunden, und nur Gluck gestattet einen Vergleich. Ebenso fallen die Fragmente zu dem Oratorium Christus (op. 97) in das letzte Lebensjahr. Sowohl nach der Natur des Gegenstandes als nach dem Entwickelungsgange, den M.-B. auf dem Gebiete der kirchlichen Musik zurückgelegt, läßt sich sicher annehmen, daß das Oratorium ebenso weit den Elias überragt haben würde, als dieser über den Paulus hinausgeht. Dem Frühling 1847 gehören auch die drei Motetten op. 69 an. So stand M.-B. mitten im Schaffen, als ihn, nach der Rückkehr aus England, in Frankfurt a. M. die Nachricht von dem am 14. Mai erfolgten Tode seiner Schwester Fanny Hensel unerwartet traf. An Seele und Leib gebrochen, suchte er in Begleitung seiner Familie Genesung zuerst in Baden-Baden, dann in der Schweiz. Den größten Theil des Sommers bis Mitte September verblieb er in Interlaken, zeichnend, malend, bald auch wieder componirend, und gelegentlich auf der Orgel des Dorfes Ringgenberg am Brienzer See sich und seine Freunde erfreuend, deren ihn viele in der Schweiz aufsuchten, wie der Historiker Grote und Chorley. In dieser Trauerzeit entstanden die hochpathetischen Violinquartette op. 80 und 81 (mit Ausnahme des schon älteren letzten Satzes), und das Lied Nr. 5 von op. 71 „Ich wandre fort“. Er richtete sich auf an neuen Plänen, an einer neuen Symphonie für die Londoner philharmonische Gesellschaft, einer Cantate für Frankfurt und den Einweihungsstücken für den Kölner Dom und die Georgshalle in Liverpool. Seinem englischen Verleger Buxton machte er, nach Leipzig zurückgekehrt, reiche Versprechungen, trug auch seinem dortigen Freunde Schleinitz ein neues Violinquartett, mit Ausnahme des langsamen Satzes, der ein Thema mit Variationen enthalten sollte, auf dem Klaviere vor. Auch entstanden noch in Leipzig die Lieder Nr. 3 und 6 von op. 71. Diese Nr. 6, das Nachtlied von Eichendorff, im engen Rahmen ein Lebensbild von ergreifender und zugleich erhebender Trauer, ist eine der schönsten Compositionen [341] Mendelssohn-Bartholdy’s und zugleich seine letzte. Nach wiederholten Schlaganfällen starb er am 4. November 1847. Die Leiche wurde am 8. in Berlin auf dem alten Dreifaltigkeitskirchhof vor dem Hallischen Thore, der Begräbnißstätte der Familie, beigesetzt. So endete M.-B. in einem Alter, in welchem Händel erst seine dauernden Werke begann, gleich Mozart, gleich Schubert.

Die vorstehende Skizze, im Wesentlichen entnommen der überaus genauen, ausgezeichneten Biographie von George Grove (s. unten Litteratur des Jahres 1880), läßt erkennen, daß die Bedeutung Mendelssohn-Bartholdy’s zugleich zu suchen ist in seinem Lehren und in seinem Schaffen, in der lebensvollen Einwirkung auf das Musikverständniß seiner Zeit und in dem dauernden Werthe seiner Compositionen. Sogleich sein Auftreten bezeichnete eine neue Epoche, indem durch ihn erst das classische Erbe sowol der Bach-Händelschen Zeit als der Wiener Schule zum Gemeingut Aller erhoben wurde, durch ihn erst die Musik im nationalen Leben den ihr gebührenden Rang als hohe Kunst erhielt, während sie bis dahin im Concert und im Hause mehr als Zeitvertreib galt. Durch ihn gewann sie auf die Nationalbildung und im beschränkten Maße auch auf den Gottesdienst denjenigen Einfluß, welcher im J. 1809 bei Aufnahme der Musik in die Akademie der Künste von den Neugründern des preußischen Staats beabsichtigt wurde (W. v. Humboldt, Werke V, S. 320). Nur einer so idealen Persönlichkeit konnte dies gelingen, in welcher die Fäden aller musikalischen Bestrebungen ihrer Zeit, wenigstens in der germanischen und skandinavischen Welt, als in ihrem geistigen Mittelpunkte zusammenliefen. Die Empfindung dieser Zeit hat M.-B. musikalisch neu gestimmt, unendlich vertieft und veredelt und hierfür in unmittelbarer Thätigkeit als Dirigent von Chor und Orchester, als Klavier- und Orgelspieler, als Lehrer Kräfte aufgewendet, wie keiner seiner großen Vorgänger. Auch dies ist ihm zu Gute zu schreiben. In seinen eignen Klaviervorträgen, welche sich vorzugsweise auf Bach, Mozart und Beethoven (einschließlich der letzten Werke, wie besonders der Sonate op. 111) beschränkten, stellte er ein seitdem unerreichtes Muster auf durch die Unterordnung ausgebildetster Virtuosität unter die rein musikalischen Forderungen; seine beseelte Reproduction erschien als unmittelbare Eingebung, und seit seinem Tode hat man freie Improvisationen eines Solospielers öffentlich nicht mehr gehört. Im Partiturspiel zumal kam ihm Niemand gleich (s. hier Bd. XVI, S. 80); soweit meine Augen reichen, pflegte er zu sagen, reichen auch meine Hände. Durch die Vereinigung der seltensten angeborenen wie erworbenen Vorzüge erklärt sich ferner seine Macht und reformatorische Wirkung als Dirigent. Die Orchester, wenigstens in Norddeutschland, lernten von ihm erst die dynamischen Stärkegrade und Schattirungen, welche jetzt in Concerten – leider nicht im Theater – fast allgemein gehört werden, namentlich ein früher unbekanntes Piano, worauf schon eine Bemerkung in den Stimmen seines Octetts hindeutet („die Piano und Forte müssen sehr genau und deutlich gesondert und schärfer hervorgehoben werden, als es sonst bei Stücken dieser Gattung geschieht“). Dasselbe gilt von den Tempi, welche M.-B. meist viel schneller, aber auch langsamer, nahm, als man bis dahin gewohnt war. Wir notiren in Parenthese nach Minuten die Zeitdauer, welche er einigen der bekanntesten Orchesterwerke gab (Ouverture zum Wasserträger von Cherubini 7 bis 8, Weber’s Oberon 8, Euryanthe 7, Zauberflöte 53/4; Haydn’sche Es-dur-Symphonie, Nr. 2, 25 Minuten, je 8, 83/4, 4 und 33/4; Beethoven’s D-dur-Symphonie 31, je 23/4, 81/2, 121/2, 31/4 und 4; dessen C-moll-Symphonie 301/2, je 61/2, 9, 5 und 10; dessen Pastoral-Symphonie 35, je 91/2, 121/2, 41/2, 21/2 und 6; Coriolan-Ouverture 51/2). Natürlich ergab jede Wiederaufführung derselben Stücke andere Nüancen des Zeitmaßes. Mendelssohn-Bartholdy’s Einflusse kamen die große Anmuth seines Wesens, welche das allgemeine Publicum durch [342] seine Reisebriefe kennen gelernt, die Bekanntschaft mit den Größen seiner Zeit auf allen Gebieten der Kunst und die große Zahl seiner Freunde unter beiden Geschlechtern zu Statten. Von seinen vielen Schülern hat sich unseres Wissens nur L. Meinardus (Ein Jugendleben, 1874) ihm feindlich geäußert, von anderen wol nur Antisemiten, wie Grau in „Ursprüngen und Zielen unserer Culturentwicklung“ (Gütersloh 1874, S. 242 ff.) und R. Wagner. Ihn hatte M.-B. 1835 in Leipzig kennen gelernt; sie musicirten zusammen und Wagner übergab dem schon berühmten Director der Gewandhausconcerte eine von ihm 1832 gesetzte Symphonie, ohne jedoch ein Urtheil darüber zu erhalten. M.-B. sah von Wagner’s Opern noch den fliegenden Holländer und den Tannhäuser, den letzteren mit Aeußerungen der Befriedigung über Einzelheiten. Näher stand ihm im Leben R. Schumann, wenn er auch weder an der journalistischen Thätigkeit noch an den frühesten Compositionen desselben Gefallen finden konnte. Aber in allen großen Fragen stimmten sie zusammen, ihre Götter waren dieselben, als Componisten pflegten sie dieselben Gattungen, Schumann bildete sich an M.-B. herauf und bekannte sich stets zu ihm. Rührend ist der Ausdruck seiner „Erinnerung“ an ihn im Jugend-Album (op. 68, Nr. 28). M.-B. andererseits spielte Schumann’s Andante mit Variationen für zwei Pianoforte öffentlich mit jenes Gattin, für die er auch 1841 sein Klavierstück op. 92 verfaßte; ein bisher nicht gedruckter Brief gibt Zeugniß von seiner Freude über Schumann’s Paradies und die Peri, wo er sich hier und da auch wiederfinden konnte. Es ist zu wünschen, daß alle noch erhaltenen Aeußerungen Mendelssohn-Bartholdy’s über seinen großen Genossen und Rivalen bekannt gemacht werden.

Den ins Allgemeine verlaufenden Einfluß auf die Zeitgenossen überwiegt aber die Wirkung, welche die Werke selbst immer neu und „herrlich wie am ersten Tag“, auf empfängliche Gemüther in immer neuen Generationen hervorzurufen bestimmt sind. In ihnen treten uns den großen Componisten kennzeichnende Eigenschaften entgegen: die eigene Physiognomie, welche von früh an der kleinste aus Mendelssohn-Bartholdy’s Feder geflossene Satz zeigt, mithin das hohe Gut eines eignen Stils, dann die große Fülle und Allseitigkeit seiner Compositionen im Verhältniß zu der ihm beschiedenen kurzen Lebensdauer, von welchen, nachdem die ursprüngliche Zahl von 72 Nummern sich durch die Herausgabe seines Nachlasses mehr als verdoppelt hat, noch immer neue auftauchen z. B. eine in Mosewius’ Nachlasse zu Breslau aufgefundene Symphonie und eine solche im Besitze von A. Cahen zu Paris, 1823 Eduard Rietz gewidmet), ungerechnet die Bearbeitungen Bach’scher und Händel’scher Werke (besonders die Herausgabe von Händel’s Israel in Aegypten 1842, neu instrumentirt und mit einer Orgelbegleitung in Händel’schem Geiste versehen, gegen welche spätere dilettantische Versuche erbleichen, und die 1845 in London herausgegebenen Bach’schen Orgelsachen). Dazu kam die große Nachfolge, welche er gefunden, die dann naturgemäß einen Rückschlag bewirkte. M.-B. hat die deutsche Musik in norddeutschem Geiste und unter den Einflüssen einer ganz bestimmten Epoche, der romantischen oder der sogenannten Epigonenzeit, um einige Werke ersten Ranges bereichert: wir nennen die Musik zum Sommernachtstraum, in der jeder Ton sich als nothwendig legitimirt, Mendelssohn-Bartholdy’s hohes Talent sich zum Genie erhebt und er mehr als irgendwo sonst zu einem rein naiven Schaffen vorgedrungen ist, die Walpurgisnacht, Paulus, Elias, die Psalmen, die a Capella zu singenden Sprüche für den Berliner Domchor, die Vocal-Quartette, die Scherzosätze der beiden Symphonien und welche Sätze man sonst nach Neigung und Verständniß hinzufügen mag. In dem Höchsten war Mendelssohn-Bartholdy’s Heimath, und Werke, worin er dieses nicht erreichte, bewegen sich wenigstens immer auf dem Wege dorthin. Nur die Höhe seiner Ziele verschuldet sein Zurückbleiben [343] in der Oper. In der Epigonenzeit zeigt er eine ursprüngliche Natur durch seine überwiegend lyrische Begabung. Diese führt ihn von Anfang an auf andere Wege als die der großen Wiener Meister, an deren Studium er sich gleichwol entwickelte. Auch M.-B. hat keine Zehnte geschrieben. Er hat, abgesehen von Jugendarbeiten, uns keine Claviersonate hinterlassen. Die Instrumentalgattung also, worin gerade Beethoven’s Größe liegt, diejenige, welche die innern Kämpfe des menschlichen Gemüths durch die Gegensätze ihrer Motive und deren Verarbeitung gleichsam dramatisch darstellt, entsprach nicht seiner Eigenart. Seine Musik im Ganzen drückt nicht einen durch Kämpfe errungenen, sondern einen von Anfang an gegebenen Frieden aus, nur diesen entwickelnd, so sehr auch hochsentimentale und weltschmerzliche Stimmungen, der Richtung der Zeit der Eichendorff, Lenau, Geibel entsprechend, in den meisten Werken sich zeigen mögen. Mendelssohn-Bartholdy’s Bedeutung ruht überhaupt mehr im Vocalen als im Instrumentalen; seine Werke zeigen durchweg einen melodischen Zug, während Symphonie und Sonate weniger melodische, als harmonisch und rhythmisch charakteristische und deshalb fruchtbare Motive erfordern. Daher seine Neigung zu liedmäßigen Sätzen ebenso in seinen Instrumentalwerken, wie in den Oratorien, zu Cavatinen und Canzonetten, und zugleich die zu häufige Wiederkehr ihm eigner Modulationen. So sehr er alle imitatorischen und contrapunktischen Kunstmittel beherrscht, seinem edel und harmonisch gestimmten Gemüth ist nicht in Kämpfen wohl, nicht in Affecten der Leidenschaft, vielmehr rein melodisches Ausströmen schöner Empfindungen Bedürfniß. Ein continuirlicher Psalmengesang, bald zu gewaltiger Stärke anschwellend, bald lieblich säuselnd, durchzieht seine Werke von Anfang bis zu Ende, ein „Gott loben wollen wir vereint“, wie es sein Schwanengesang verheißt; man hört ihn gleichsam stets beim Componiren singen und psalmodiren. Fehlt daher seinem Satze die strenge logische Consequenz Beethoven’s, vielleicht auch wegen des früheren nicht günstigen Weber’schen Einflusses, so erreicht auch seine Themenbildung nicht das Beethoven’sche Vorbild. Ihm, wie Fr. Schubert, sagte überhaupt die kritische themenbildende Schmiedearbeit jenes Vorbildes nicht zu; seine Themen erscheinen oft zu wenig ausgiebig, wie das Hauptthema des ersten Satzes der A-moll-Symphonie, zu passagenartig, wie das des ersten Satzes des C-moll-Trio, oder zu liedmäßig, als daß sich das Höchste mit den so angelegten Werken hätte erreichen lassen. Gerade er, als ein so bewußt Schaffender, Reflectirender, stellte um so höher das Unbewußte, die Eingebung des Augenblicks, an der er nicht ändern mochte; er besaß, was die Franzosen nennen, le respect de sa pensée. Diese subjective Wahrheit seiner Tonsprache jedoch, verbunden mit der ihm zur zweiten Natur gewordenen formellen Meisterschaft, gibt seinen stets innerem Drange entströmenden Werken den hohen Werth. „Nicht zu componiren, würden Sie nicht ertragen können“, sagte er einmal zu L. Ehlert. So führte ihn seine künstlerische Individualität auf andere Wege als die der absoluten Musik, er war eben nicht ein Epigone unserer großen Symphoniker, schuf vielmehr in den Concertouverturen und den beiden aus Reiseerinnerungen gewobenen Symphonien eine ihm eigene malerische Gattung, „episch-landschaftliche Bilder“, nach R. Wagner’s Bezeichnung, ein Mittelglied zwischen der Programm- und der absoluten Musik. Auch die „Lieder ohne Worte“ sind nicht nur einer demonstrativen Abwendung von dem Tande der Zeit, sondern einem innern Bedürfnisse der Seele entsprungen, „Gefühle, Stimmungen, Situationen“ nach seinen Worten; sie zeigen in ihrer Reinheit, Schmucklosigkeit und Formvollendung eine Filiation von Bach’s temperirtem Klavier. Sie ersetzen die unter seinen Werken fehlenden Klaviersonaten, wie die einzelnen Hefte auch suitenartig zusammengestellt sind. Der Componist pflegte die äußere Wirkung dieser Stücke keinswegs durch den [344] Vortrag zu heben, im Gegentheil sie durch die äußerste Schlichtheit des Spiels noch zu verringern, allein der innern Seele seiner Musik vertrauend. Er erschien sich dann wol dem im Salonschmuck strahlenden, Goldstaub und Perlen umherstreuenden und in Morbidezza schwelgenden Chopin gegenüber, wie ein deutscher Schulmeister. Aber dieser Schulmeister stand in der großen Natur, in der Wahrheit und in der hohen Poesie.

Mendelssohn-Bartholdy’s Größe suchen wir auf vocalem Gebiet, in seinen Oratorien, Psalmen, Liedern und gemischten Quartetten. Hier wird er leben, so lange es deutsche Musik gibt. Nannten ihn englische Kritiker im Jahre 1846 the first composer of the age, so müßte er im Deutschen heißen: der erste Oratoriencomponist unseres Jahrhunderts. Man nennt ihn auch wol den Romantiker unter den Classikern. Denn ihm gelang die Vereinigung des scheinbar Entgegengesetzten, der Weber’schen Romantik und der Bach’schen Classicität, dadurch, daß er das Romantische nach einem andern Maßstabe erfaßte, als seine Zeit ihm bot, daß er es in Bach selbst suchte und fand. Nach Luther hat es keinen musikalischen Ausleger des Bibelwortes gegeben wie Seb. Bach; ihm reiht M.-B. sich an als Dolmetscher desselben im Geiste des wiedererwachten religiösen Bewußtseins, auf dem Grunde von Bach und Händel, aber nach der melodischen Seite und hinsichtlich der Instrumentalbegleitung unter dem Einflusse der Wiener Classiker. Daß Mendelssohn-Bartholdy’s Contrapunkt sich erweichte und seine Polyphonie ein homophones Gelüste zeigt, liegt in der Natur seines neuen Standpunkts. Erst nach seiner Vorarbeit wird es möglich werden, die Musik als integrirenden Theil des Gottesdienstes in die protestantische Kirche einzugliedern. Entwickelt er auch die malerische Seite der biblischen Stoffe, wozu die an erhabenen Naturschilderungen so reiche heilige Schrift selbst anleitet, läßt er – eine seiner höchsten Eingebungen – im Elias den Herrn im Säuseln vorübergehen und im Psalm 98 das Meer erbrausen, immer bleibt ihm das Wesentliche die treffendste, bestimmteste Wiedergabe des Bibelworts, eine den religiösen Kern zwar innig, enthusiastisch, liebevoll sich aneignende, aber stets charakteristisch dolmetschende, ihm mit der Musik möglichst nahe kommende Declamation. Er erstickt nicht das Bibelwort, nach Drobisch’s Ausdrucke, sondern er erschließt es mit allen Mitteln seiner Kunst und erreicht so die höchste befreiende und erlösende Wirkung, deren sie fähig ist. Es bricht immer ein Festabend für unsere Vereine an, wenn eins seiner größeren Chorwerke zur Aufführung gelangt und damit ein edler Enthusiasmus in allen Gemüthern erwacht. Noch lange wird er hierin allein stehen, da der Natur die Vereinigung der solcher allgemeinen Wirkungen fähigen Eigenschaften in Einer Person nur selten gelingt.

Die Litteratur über M.-B. ist durch die Veröffentlichung eines großen Theils seiner Correspondenz eine sehr umfassende geworden. Wir beschränken uns auf eine chronologische Angabe der ihn betreffenden Bücher und Broschüren und führen das außerdem in Zeitschriften, namentlich in R. Schumann’s N. Zeitschrift f. Musik und im englischen Athenäum befindliche Material nicht einzeln an: Ueber das Oratorium Paulus von F. M.-B., Halle 1839 [nicht von O. Jahn]; Mosewius, Zur Aufführung des Orat. Paulus von F. M.-B., Breslau (o. J.); O. Jahn, Ueber F. M.-B.’s Orat. Paulus, Kiel 1842 (auch in dessen Gesammelten Aufsätzen über Musik, Leipz. 1866, S. 13–37); Derselbe über dessen Oratorium Elias in der Allg. Musik. Ztg. v. 23. Febr. 1848 und in den Ges. Aufsätzen S. 40–63; W. A. Lampadius, Felix M.-B., Leipz. 1848; Jules Benedict, A Sketch of the Life and Works of the late F. M.-B., London 1850, 2. ed. 1853; O. L. B. Wolff, Ein Sommernachtstraum, verbindendes Gedicht zu M.-B.’s Composition, Erfurt 1851; Lobe, Fliegende Blätter für Musik, Leip. 1853; W. Neumann, F. [345] M.-B., Kassel 1854; Modern German Music by H. F. Chorley, 2 Vol., London 1854; L. Rellstab, Aus meinem Leben, 2 Bde., Berlin 1861; Paul M.-B., Reisebriefe von F. M.-B., Leipz. 1861; George Hogarth, The Philharmonic Society, London 1862; Paul und Karl M.-B., Briefe aus den Jahren 1833–1847 von F. M.-B., Leipz. 1863 (billige Ausgabe 1870); M.-B.’s letzte Tage, nach Horsley, in der Berliner Musik-Ztg. Echo, 1863, Nr. 26–28; Schubrig, Erinnerungen an F. M.-B. (Daheim, Leipz. 1866, Nr. 26); Reißmann, F. M.-B., 1867, 2. Aufl. 1872; Nohl, Musikerbriefe, Leip. 1867 (darin 30 Briefe von M.-B.); Elise Polko, Erinnerungen an F. M.-B., Leipz. 1868; Ed. Devrient, Meine Erinnerungen an F. M.-B., Leipz. 1869; Therese Marx, A. Bernh. Marx’ Verhältniß zu F. M.-B., Leipz. 1869; Ein Brief von F. M.-B. an Goethe, Berlin 1869; Erinnerungen an M.-B. von Meßner (Neue Evangel. Kirchenzeitung 1869, Nr. 47); Karl M.-B., Goethe und Felix M.-B., Leipz. 1871; M.-B., Acht Briefe und ein Facsimile, Leipz. 1871 [an Frau Voigt das.]; Aus Moscheles’ Leben von seiner Frau, 2 Bde., Leipz. 1872 u. 1873; Chr. Edw. Horsley, Reminiscences of M. (in The Choir, Lond. 1873); Memoirs of H. F. Chorley, 2 Vol., Bentley 1873; H. Giehne, M.’s verdienstvolles Wirken als d. Tondichter, Karlsruhe 1873; Ferd. Hiller, F. M.-B.’s Briefe und Erinnerungen, Köln 1874, 2. Aufl. 1878 (auch dessen Besuche im Jenseits); H. A. Köstlin [Sohn der Josephine Lang], Gesch. d. Musik im Umriß, Freib. u. Tübingen 1874, S. 401–413 (3. Aufl. 1884); Seligmann, Leben Georg Grote’s, Leipz. 1874 (S. 214 ff.); Adolphe Jullien, M.-B., Paris 1877 [nach Hiller]; Louis Ehlert, Aus der Tonwelt, Berlin 1877, 2. Aufl. 1882; Hensel, Die Familie Mendelssohn, 1729–1847, 3 Bde., Berlin 1879; George Grove, A Dictionary of Music and Musicians, Vol. II, p. 253–310, London 1880; Sittard, F. M.-B., Leipz. 1881 (Nr. 33 der Samml. musikal. Vorträge); O. Gumprecht, Neuere Meister, Bd. l, Leipz. 1883. Ferner: Heinr. Dorn, Erinnerungen an F. M. und seine Freunde; Berlioz, Voyage musical: Bunsen’s Leben; Hauptmann’s Briefe an Hauser; Dr. Stromeyer’s Erinnerungen (s. o. S. 329); Zelter’s Briefw. mit Goethe; v. Ledebur, Tonkünstlerlexikon Berlins; A. Dörffel, Geschichte d. Gewandhauskonzerte, Leipz. 1884. – Eine kritische Gesammtausgabe der Werke M.-B.’s von J. Rietz, gr. Fol., 19 Serien mit 157 Nummern, seit September 1874, bei Breitkopf & Härtel in Leipzig; ebenda das Verzeichniß der im Druck erschienenen Compositionen von F. M.-B. von J. Rietz 1863, neue Aufl. 1873 und 3. vervollst. Aufl. 1882.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Eberhard Freiherr von der Recke (1744-1816), preußischer Staatsmann und Justizminister
  2. Vorlage: das