Das Passionsspiel in Schwäbisch-Gmünd
Als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
|
in
Schwäbisch-Gmünd.
Heuer sind es am siebenten und achten April dreiundfünfzig Jahre, daß in der ehemaligen des heiligen römischen Reichs freien Stadt Schwäbisch-Gmünd am Grünendonnerstag und Charfreitag das letzte Mal ein Passionsschauspiel öffentlich und feierlich aufgeführt wurde.
Wenn wir, solange es noch Zeit dazu ist, dieses Passionsspiel vor dem Untergange retten, so glauben wir mit ihm die Trösteinsamkeit durch einen willkommenen Beitrag bereichert zu haben.
Es ist freilich kein feines Stück der Dichtung, das wir in diesem Passionsspiele unsern Lesern vorführen; man darf weder an das Ganze, noch an den Bau und Inhalt der einzelnen Verse den Maaßstab der Kunst anlegen. Wer in diesen schlichten Darstellungen ein Kunstwerk erwarten wollte, würde das Büchlein sehr unbefriedigt aus der Hand legen müssen.
Wer aber eine Freude hat an den alten Gebräuchen, die in unsern katholischen Orten an die Feier der heiligen Feste sich ansetzten, wer aus Kundgebungen dieser Art einen Schluß zu machen weiß auf die Geltung der religiösen Anschauungen einer Zeit, [118] wer Nichts, auch das Kleine nicht mißachtet, um aus ihm seine Erkenntniß vergangener Zeiten und Zustände zu bereichern, wird sicher dieses alte Passionsspiel freudig und darum auch nachsichtig willkommen heißen.
Es ist rührend, die alten Leute, die aus der reichsstädtischen Zeit noch übrig sind, über ihr Passionsspiel sprechen zu hören. Alsbald fangen sie an, die Strophen ihrer Rolle, die sie in der Jugend dargestellt, „ihre Sprüche,“ wie sie sagen, zu declamiren, sie versetzen sich so lebendig in die Darstellung zurück, daß es Mühe kostet, sie zu einer ordentlichen Erzählung des ganzen Herganges zu bringen. Sie standen ihrem Spiel nicht als fremde, gleichgültige Zuschauer gegenüber, darum regt jede Erinnerung an jene von ihnen so hoch gepriesene Zeit ihr ganzes Herz und ihre volle Liebe auf, und statt ruhig zu berichten, declamiren sie und ergießen sich in Ausrufungen; „ja das war eine Zeit! Da kam eine Masse Volkes! Das war rührend! Da weinten die Protestanten, die viele Stunden Weges aus dem Württembergischen kamen, ihre hellen Thränen, wie wir es thaten!“ Dieß und Aehnliches muß man alle Augenblicke hören und hat Mühe, durch fortwährende Fragen aus einzelnen Bemerkungen den ganzen Hergang des Spieles sich zusammenzubauen.
Da aber Viele der Mitspielenden noch leben und ich unter ihnen aufwuchs, so wurde es mir nicht sehr [119] schwer, einen ziemlichen Theil des Personals, das bei der letzten Aufführung betheiligt war, zusammenzufinden und von Jedem den Gang seiner Rolle zu entheben.
Schwerer wurde es, das Schauspielbuch, in dem der vollständige Text des Stückes enthalten war, aufzufinden. Es kann nicht in vielen Exemplaren vorhanden sein, ich fand auch nur ein einziges, das vollständig war.
Da die Leitung der Aufführung lange Zeit in Einer Familie sich erhielt, so vererbte sich das Textbuch bei ihr, und die Spielenden erhielten jedes Jahr ihre Rollen, welche nach der Aufführung wieder zurückgegeben werden mußten. Die Sprüche waren leicht im Gedächtniß zu behalten, und es war vielleicht keine Familie in der ganzen Stadt, die nicht ein oder das andere ihrer Glieder unter den Mitspielenden ein oder das andere Mal gehabt hatte. So war die Kenntniß des Stückes und seiner einzelnen Sprüche überall lebendig aufbewahrt, und hieraus ist leicht zu erklären, daß man nicht daran dachte, viele Abschriften vom Ganzen zu nehmen.
Weil aber die Träger der Ueberlieferung reichsstädtischer Zustände nach und nach heimgehen und es die Art des jungen Geschlechtes ist, keinen Sinn für die alten Verhältnisse zu haben, so wird auch von diesem Passions-Schauspiele in wenigen Jahren die Erinnerung bis auf dürftige Spuren seines ehemaligen [120] Daseins verschwunden sein. Darum ist es Zeit zu retten, was noch zu retten ist; und wenn kein anderer Gewinn aus dieser Veröffentlichung zu ziehen wäre als dieser, den Alten, welche jene Zeit noch gesehen und mitdurchlebt haben, in den letzten Stunden noch eine Freude gebracht und den Andern Zustände einer vergangenen Zeit, die zu den ehrenwerthesten gehören, zur Betrachtung und Beherzigung hingestellt zu haben, so würde immerhin Vieles geschehen und erreicht worden sein.
Die Handschrift, nach welcher der gegenwärtige Abdruck gemacht wurde, ist von einer Schülerin ungefähr im Jahre 1812 nach dem Originale gefertigt, das den letzten Vorstellungen zu Grunde gelegt worden war.
Daß auch dieses Passionsspiel in Folge der Zeiten eine Aenderung erlebte, wie das bei ähnlichen Stücken in der Regel der Fall war, ist begreiflich. Es kommen zu viele Sachen darin vor, welche den Geschmack des vorigen Jahrhunderts verrathen, als daß noch ein Zweifel bestehen könnte über Aenderungen, die es in dieser Zeit erfahren hatte.
Es lebt noch ein Bürger, der davon gehört hat, daß in den ganz alten Zeiten, die sein Leben nicht mehr berührt, die Sprache des Stückes viel „gmünderischer“ gewesen sei. In unserer Handschrift [121] kommt auch eine Stelle vor, in welcher es heißt, daß die „Reue Petri“ nach dem alten Werke gegeben worden sei.
In wiefern unser gegenwätiges Stück vom alten verschieden sei, kann nicht angegeben werden.
Es ist sicher, daß das Spiel sehr weit hinaufreicht. Gmünd hat in der Darstellung derartiger Spiele keine Ausnahme von andern Städten in Schwaben gemacht. Aber die ursprüngliche Gestalt konnten die Passionsspiele nicht beibehalten, weil sie wirkliche Volksschauspiele waren. Wie nun der Geschmack des Volkes, seine ganze Art mit der Zeit eine andere wird, so wechseln auch solche Werke volksthümlicher Auffassung und künstlerischer Gestaltung der Masse.
Kam man Anfangs darauf, die kirchlichen Gebräuche der heiligen Charwoche durch einzelne Reden zu erweitern, so setzten sich an diese ersten Erweiterungen mit der Zeit noch andere an, bis Einer kam, der dem Ganzen eine bestimmte Gestalt gab, die es dann solange trug, bis ein Anderer wieder neue Scenen hinzusetzte und andere wegschnitt.
Gewann so der Unterbau eines Stückes in verschiedenen Zeiten eine verschiedene Gestalt, so zeigt sich in der Ausführung im Einzelnen, in Sprüchen und Reimen, in Witz- und Scheltworten, in Allegorien u. dgl. ganz klar die Färbung einer bestimmten Zeit.
[122] So aber können Sitten und Bräuche, die religiösen Anschauungen, die Bildung, Freud und Leid unseres Volkes aus den letzten dreißig, vierzig Jahren einer schwäbischen Reichsstadt aus gegenwärtigem Passionsspiele mit Sicherheit erkannt werden.
Wir haben es nicht über uns gebracht, Abänderungen zu machen. Ob der Reim klinge oder nicht, ob eine Rede in ihrer Weitschweifigkeit ermatte und eine andere fast unverständlich sei u. dgl. – Das haben wir Alles stehen lassen, wir wollen ja an diesem Passionsspiele kein künstlerisches Behagen schöpfen, sondern die Gebräuche unserer Väter kennen lernen und an ihnen uns erfreuen und dessen uns getrösten, daß wenn auch Vieles faul war in den letzten Zeiten des heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, doch mancher brave Brauch die Gemüther erhob und erquickte.
Man hat sicherlich nicht recht gethan, diese Schauspiele zu verbieten. Die Kirche würde sie nicht geduldet und ihre Priester würden sie da und dort nicht befördert haben, wenn eine Gefahr für die Religion oder öffentliche Sitte durch sie nahe gelegt worden wäre.
Nachdem man in Tyrol und dem bairischen Gebirg sich eine Zeitlang alle Mühe gegeben hatte, diese Spiele, die aus den weiten Gauen des deutschen Vaterlandes zu den Bauern in den einsamen [123] Gebirgsthälern geflüchtet waren, zu verbieten und auszurotten; erfreuen sich jetzt alle zehn Jahre viele Tausende aus allen Ständen des Bauernspiels in Oberammergau, und selbst Leute vom Theater finden es in der Ordnung, mit rühmenden Worten jener einfachen Darstellungen zu gedenken.
Ob man auch in Schwäbisch-Gmünd die Anfführung des Passionsspieles verboten, weiß ich nicht. Die Franzosenzeit, die ewigen Kriegsunruhen, trugen viel zum Untergang bei, dann wurde Gmünd württembergisch, es kam eine neue Zeit und mit ihr neue Anschauungen, die alten Herrn konnten nicht mehr und die jungen wollten nicht mehr. Es hat von selber aufgehört, sagen die alten Leute.
Ist das der Fall, so ist es wohl gut, daß die Aufführung nicht mehr versucht wird, denn nur was gesund und lebenskräftig steht, fällt nicht von selbst dem Untergange anheim.
Aber aus der rührenden Anhänglichkeit der alten Leute an das Spiel ihrer Jugend dürfte hervorgehen, daß ein gesunder Kern immerhin noch vorhanden gewesen – aber wir haben hier die Ursachen nicht zu erörtern, warum die Aufführung des Passionsspieles aufgehört habe.
Wichtiger ist es zu wissen, daß noch in den letzten Jahren vor seinem Untergange die Theilnahme eine allgemeine und bei sehr Vielen eine herzliche war.
[124]
Wer hat bei dem Spiele sich betheiligt? wer hat sich als Zuschauer eingefunden?
War die Theilnahme eine allgemeine, schloß kein Stand sich aus, so mußte das Schauspiel tief in das Herz des Volkes sich eingesenkt haben; und haben die Spielenden und die Zuschauer die ergreifenden Bilder nicht äußerlich an sich vorübergehen lassen, sondern haben die Einen als eine religiöse Handlung, als ein frommes Werk ihre Bethätigung beim Spiele angesehen und die Andern getrauert, wenn der Oelberg und die Verurtheilung und der martervolle Kreuzweg in ernsten Bildern und Tönen an ihnen vorüberzog; – so ist das wohl ein rühmliches Zeugniß für die ehrsamen Bürger der schwäbischen Reichsstadt, daß die Feier der kirchlichen Feste bei ihnen aus den heiligen Mauern des Gotteshauses herausgetreten und mitten hinein in das Volksleben anregend und erhebend, erfreuend und ergreifend sich gestellt hat.
Wirklich war die Theilnahme eine allgemeine. Kein Stand schloß sich vom Spiele aus, und die ganze Masse des Volkes aus der Stadt und Umgegend und in einzelnen Schaaren weit über diese hinaus fand sich bei der Aufführung ein, die unter freiem Himmel stattfand und viele Stunden dauerte.
Es war das noch eine Zeit, wo in dieser schwäbischen Reichsstadt der Unterschied der Stände noch [125] nicht so schroff sich geltend machte, wie das nachgerade eintrat. Die Geschlechter, die Patricierfamilien waren längst vertrieben, und es fand sich der Bürger nur seinesgleichen gegenüber. Nur der Besitz bildete im öffentlichen Leben den Unterschied; aber der Kaufmann hieß eben „Handler,“ mochte er den Zucker lothweise verkaufen oder mit seinen Goldwaaren in Frankfurt und Leipzig die Messe beziehen; der Goldschmied hieß eben Goldschmied und war Geselle oder Meister und noch nicht Fabrikherr und Arbeiter.
Es war noch eine Zeit, wo in den Mauern dieser Stadt die äußern Abzeichen des katholischen Glaubens etwas galten, wo die Rathsherrn mit dem Rosenkranz in der Hand auf das Rathhaus gehen mußten; weil es so die Bürgerschaft, wie die Chronik erzählt, im Zeitalter der Glaubenstrennung von seinem Magistrat verlangte, da sie einmal von ihm fürchtete, er denke die Stadt in den Abfall anderer Reichsstädte Schwabens hineinzuziehen. Es war noch eine Zeit, wo ein ehrsamer Rathsherr Freimaurer sein und doch alle Samstag Abend mit der versammelten Familie den Rosenkranz auf den Knien beten konnte.
Bei Verhältnissen, von denen diese wenigen Züge ein ungefähres Bild entwerfen können, ist es leicht begreiflich, daß die Darstellung des Passionsspieles nicht bloß den Armen und Niedrigen zufallen konnte. Die vornehmen Rollen mußten wohl Reiche übernehmen, da die Kleidung manch’ schönes Stück Geld [126] erforderte und bei den übrigen großen Kosten und dem niedrigen Eintrittspreiß wenig überblieb, für Alle die kostbaren Kleider zu beschaffen. Von einem der reichsten Kaufherrn wurde mir erzählt, daß er bis in sein höchstes Alter seine Rolle nicht abgegeben habe. Und als er nicht mehr zu Pferd steigen konnte, wie ihm als Kaiphas beim Kreuzwege zukam, ließ er sich noch in seinem Wagen bei der Prozession mitführen.
Jedermann machte sich eine Ehre daraus, bei der Vorstellung sich betheiligen zu dürfen. Wenn Keines aus der Gesellschaft unter dem Jahre starb, so waren es immer die Nämlichen, welche das Spiel aufführten. Wurde eine Rolle erledigt, so riß man sich darum. Aber den Reichen fiel es nicht bei, die Ehre des Spiels allein für sich in Beschlag zu nehmen. Auch die Armen betheiligten sich. Und diese erhielten vom Ueberschuß der Einnahme ein kleines Trinkgeld, oder einige Speise ins Haus für ihre Familie.
Wie man durch den Puzenmann die Kinder schreckt und durch Prämien sie zum Fleiß ermahnt, so wurde den braven Kindern versprochen, sie dürfen mitspielen, und den Unartigen wurde mit dem Ausschluß gedroht. Ich kann mich noch gut des Jubels in der Kinderwelt erinnern, als einmal in den dreißiger Jahren das Gerede ging, man werde die Passion wieder spielen. Wie man uns damals erfreute, so that man es früher mit den Kindern, die nun als alte Leute mit inniger [127] Freude an die Rollen sich zurückerinnern, die sie einst vertreten durften.
In Schwäbisch-Gmünd hatte zu alten Zeiten fast jede Familie ihren Uebernamen oder Spitznamen geführt. Und nun heißt man die Familie, in der die Rolle Christi durch einige Generationen hindurch verblieben war, bis auf diesen Tag „s’ Hergettle’s“[1]. Ist das nicht ein Wink, daß das Passionsspiel für die Stadt wirklich eine Bedeutung hatte?
Kamen die Bauern in hellen Haufen zur Aufführung in die Stadt herein, so war das Schauen nicht das Einzige, was sie thaten. Sie hatten in ihren Wäldern das Holz zum Gerüste gefällt, es unentgeldlich zur Stadt gebracht und die große Bühne bauen helfen. So trug Stadt und Land seinen Theil zum frommen Werke bei.
Für die Größe der Volksmasse, welche zur Aufführung sich versammelte, wissen die alten Leute, die mir davon erzählten, fast keinen Ausdruck zu finden.
Der öffentliche Platz bei der Kirche, wo die Aufführung stattfand, mag seine fünfzehntausend Menschen fassen; und er war gedrängt voll, und zu allen Fenstern der benachbarten Häuser hingen sie heraus und alle Dächer waren bevölkert. Als der Kreuzweg über den Marktplatz zog, der vielleicht der größte im Lande ist, sagte einer vom Rath der Juden, der hoch zu Rosse über die viel tausend Köpfe hinwegsah, zu [128] seinem Nachbar, man könnte über die Köpfe wegschreiten, es würde Keiner auf den Boden kommen, so dichtgedrängt war die Masse Volkes.
Und wie wohnte sie der Vorstellung an? Daß nicht Alle gerührt wurden und die Gerührten auch wieder lachen konnten, wer mag Das verwunderlich finden? Der gesunde derbe Sinn unseres Volkes bricht auch bei traurigen Anlässen gerne durch, und einem Herzen kann es bitterer Ernst und ein schmerzliches Leid sein, und doch lächelt es auch wieder durch die Thränen heraus.
Daß viele Weltlichkeit sich einschlich, und mancher leichtsinnige Gesell nur um des Spektakels willen mitmachte, wer wollte es bezweifeln? Die Juden schlugen so grob auf den kreuztragenden Christus ein, daß Einer unter seinem Kreuze hervor einmal rufen mußte: „Jetzt macht es nur gnädig.“ Die Teufel, welche den Zug beim Gange durch die Straßen der Stadt umschwärmten, trieben allerhand Possen mit den Leuten, die in den Straßen wogten.
Aber wenn der Herr an den Oelberg ging, wurde ein allgemeines Schluchzen laut, und in Freud und Leid erinnert sich manches Gemüth bis auf diesen Tag der ersten Eindrücke des Spieles aus der längst vergangenen Jugendzeit. So sagte mir eine Frau, die mir über das Spiel erzählen mußte, gleich bei meiner ersten Frage: Es sei noch keine Stunde, daß sie an einen Spruch gedacht. Man habe sie erzürnen [129] wollen, da sei ihr das Bild des Simon von Cyrene eingefallen und der Spruch Simons, als man ihn zwang, dem Herrn sein schweres Kreuz tragen zu helfen:
Und muß das Kreuz getragen sein,
So sei’s in Gottes Namen;
So geb’ ich meinen Willen drein,
Sonst seyn zwei Kreuz’ beisammen.
Im Jahre 1803 lag ein Trupp Franzosen in der Stadt, vor denen man sich fürchtete, so daß man vom Spielen abstehen wollte. Als das der commandirende Offizier erfuhr, so setzte er sein Ehrenwort ein, daß von seinen Leuten das Spiel nicht gestört werden solle. Ein französischer Soldat zog beim Kreuzweg den Säbel. Warum? Es erbarmte ihn die Marter Christi und er wollte den groben, unfläthigen Juden wehren.
Auf den Grünen-Donnerstag war die Bühne und Alles bereitet, und Abends sieben Uhr begann das Spiel.
Auf der nördlichen Seite der sehr großen, herrlichen Pfarrkirche ist ein freier Platz, der sich der ganzen Länge der Kirche entlang und noch soweit darüber hinaus ausdehnt, daß auch der östliche Chor und die westliche Wand vollständig frei stehen.
Liest man in alten Büchern, daß die Aufführung von Passionsspielen gerne auf den Kirchhöfen stattgefunden [130] habe, so darf man unter dem Kirchhof nur nicht gerade einen Gottesacker verstehen. Wie sich’s schon aus dem Worte ergibt, so ist der Kirchhof der freie, die Kirche umgebende und zu ihr gehörende Platz.
So war denn nun auch in Schwäbisch-Gmünd der Ort für die Darstellung ein Theil des Kirchhofes, jener nördliche Theil, welcher nicht zur Ruhe der Todten diente, die ihren Begräbnißort auf dem südlichen Theile des Kirchhofes hatten.
Ungefähr ein Dritttheil der Länge des Platzes war durch Schranken eingehegt. Hier standen die Teufel und andere vermummte Figuren, z. B. der Tod, als Einnehmer an den Pforten. Was draußen stand, konnte frei zuschauen, war aber auch vom Hören befreit, denn man stand zu weit von der Bühne ab. Der Preiß der Plätze war, wie es für ein heiliges Spiel nicht anders ziemte, äußerst gering. Aber man war zufrieden, wenn nur die großen Kosten gedeckt werden konnten und für die Armen unter den Mitspielenden noch ein Brosamen abfiel.
Die Zuschauer standen und saßen unter freiem Himmel, nur die Bühne war überdeckt. Auf dieser standen drei tempelartige Gebäude, deren breite Eingangsthüre durch einen Vorhang verhüllt war. Wurden diese Vorhänge zurückgezogen, so lag ein Saal vor den Augen der Zuschauer. Aber wir halten uns bei dieser Beschreibung nicht auf, da die [131] Oertlichkeit bei der jedesmaligen Beschreibung eines Auftrittes im Spiel deutlicher werden wird. Und es sei nur noch bemerkt, daß links von der Bühne der Oelberg sich befand.
Was endlich noch die Kleidung betrifft, so war diese ein Gemisch der altjüdischen und der bürgerlichen Tracht des vorigen Jahrhunderts. Bei meinem Aufwachsen hatte der Meßner in einem Kasten unter der Stiege die Reste dieser alten Herrlichkeit aufbewahrt. Gelang es uns Knaben, durch einige Kreuzer oder ein Päckchen Tabak den Meßnerknecht zu bestechen, daß er den Kasten heimlich öffnete, so lagen da Turbane, zweihörnige Priesterkappen, kurze seidene Hosen, Westen, reich bordirt, die mit ihren Schößen bis auf die Beine herabfielen, und ähnliche Dinge.
Wenn bis sieben Uhr die „Actores“, wie die Darsteller sich nannten, beisammen waren, begann die Musik ein Trauerlied zu spielen. Der Decan trat unter die Spielenden und hub ein Gebet an. Man schloß einige Vater Unser und den christlichen Glauben an, dann sprach der Decan: „Im Namen Jesu fanget an“ und die Spielenden traten auf die Bühne.
Zwölf Auftritte wurden an diesem Abend gespielt; dann ging man um zehn Uhr in der Nacht auseinander.
[132]
oder
Geschichte des leidenden und sterbenden Heilandes
in 24 verschiedene Auftritt abgetheilt, und öffentlich aufgeführt in der Hochlöblichen des heiligen Römischen Reichs Kaiserlichen Freien Stadt Schwäbisch-Gemünd;
Daß die ersten 12 Abänderungen am Grünen-Donnerstag, die übrigen aber am heiligen Charfreitag vorgestellt wurden.
Christus nimmt Urlaub von seiner liebsten Mutter.
Es tritt auf Christus mit seinen heiligen Aposteln Petrus, Jakobus und Johannes; und Christus beginnt mit dem Gebet zum himmlischen Vater:
Sieh Vater! sieh herab vom Thron,
Mein’ Stund’ bereits erscheint!
Verklär’ nun deinen liebsten Sohn,
Mit deinem Willen stets vereint!
Mich auf die Erd begeben
Und g’führt in diesem Jammerthal
Ein armuthvolles Leben.
Sehr eifrig hab ich nachgetracht
Du weißt, ich suchte Tag und Nacht
Denselben zu erfüllen.
Christus wendet sich zu seinen heiligen Aposteln und spricht:
O Peter und ihr Donnersöhn’
Jetzt denkt an jene Zeiten!
Ihr saht nur Herrlichkeiten!
Elias, Moses zwar zugleich
Auf Tabors Spitze stunden,
Doch habt ihr mich alleinig reich
Auch heut auf einen Berg ich geh’
Doch dort gibt’s keine Freuden,
Denn sehen werd’t ihr nichts als Weh’,
Als Angst, als Sorg und Leiden.
Petrus.
Bei dir ich Herr will bleiben,
Mein Leben sei das Unterpfand,
Kein Furcht soll mich vertreiben.
Johannes.
O liebster Meister! wie ich dort
So standhaft heut’ an alle Ort
Johannes dich begleitet.
Jakobus.
Ach sag’s, o Herr, ich bitte dich,
Wohin denn willst uns führen?
Mein Bitten laß dich rühren!
Christus.
Ihr wißt ja selbst aufs allerbest
(Was braucht denn ferner fragen!)
Das jährlich hohe Osterfest
Zu welcher Zeit des Menschen Sohn
Die Heiden werden richten,
Damit er sterb’ mit Spott und Hohn,
Das sind der Sünde Früchten.
Den Tod mein Seel umfasset;
Mein Seel hat dessen Wink zum Ziel,
Sie liebt mit ihm und hasset.
Nur meine Mutter schmerzet mich,
Im Geist dieweil ich vor schon sieh,
Wie sehr sie sich betrübet.
Hier tritt Maria auf mit den heiligen Frauen Martha und Magdalena, und der Herr spricht zu ihnen:
Ihr kommt, da euch wollt suchen ich,
O Mutter und Bekannte,
Die andere Bekannte?
Denn wißt, nun ist diejenig Stund,
So mich von euch abtrennet,
Die mir der göttlich Liebesfund
Dir Mutter ist’s kein fremde Sach,
Daß muß am Kreuz ich sterben,
Damit der Mensch könn’ allgemach
Den Himmel wieder erben.
Für alle Lieb’ und Güte,
Erzeigt so du mir hast ohn’ Zahl! –
Betrüb’ dich nit, ich bitte!
Maria.
O Schmerz! o Schwert! von Simeon
O Zeit! o Stund! – o liebster Sohn!
Was Qual mein Herz empfindet!
So soll ich denn, o liebstes Kind,
Dich ferner nit mehr sehen?!
In Tod mit dir will gehen!
Martha.
Ach Meister! ach ein’ kurze Zeit
Dich schenk’ noch deinen Freunden,
Flieh’ länger noch der Juden Neid,
Magdalena.
Du bist ja jener beste Theil,
Den du mir selbst verheißen,
Der mir um alle Welt nicht feil,
Wer darf dich mir entreißen?
Christus zu Maria.
Und mäßige die Thränen,
Die Oberhand nit laß dem Schmerz,
Nit thu’ zu sehr dich sehnen!
Des Vaters Will erfüllt muß sein,
Zu trinken aus den Kelch der Pein
Hab’ ich auf mich genommen.
Inzwischen Dank dir sage ich
Vor alle Mutterliebe;
Mit größtem Liebestriebe.
Maria.
Was dir, o Jesu, ich erwieß,
Ist Mutterpflicht gewesen,
Zur Mutter aber mich gewiß
Dich sehen einst war meine Freud,
Dich küssen war mein Glücke,
Nun aber nichts als Herzeleid
Mir bringen deine Blicke.
Hast auserwählen wollen,
O Leid! daß nur zum Kreuz ich dich
Geboren haben solle!
Magdalena.
Mein’ Schwester durft nit trennen mich
Drum gib nit zu, daß jetzt soll ich
Von selber scheiden müssen.
Martha.
Ach der du meinem Bruder hast
Das Leben erst gegeben,
Und frist auch mir das Leben!
Christus.
Es war ja meines Vaters Will’,
Daß sollt’ am Kreuz ich sterben;
Und diesen ich mit Freud’ erfüll’,
Maria.
Weil nit für dich, auch nit mit dir
Zu sterben mir wird erlaubet,
Gib wenigst, gib den Segen mir,
Weil du mir wirst geraubet.
Christus.
Und meine Mutter segne,
Auch Allen, die mir anverwandt,
Mit Gnad’ und Heil begegne!
Maria.
O liebster Sohn!
Christus.
Maria.
Dieß Schwert mein Herz durchrennet.
Christus.
Gott sei mit dir!
Maria.
Ach bleib’ bei mir!
Christus.
Der Will’ des Vaters trennet.
Christus geht mit seinen Jüngern ab. Nun spricht Maria.
Ich schmacht’ vor Lieb’ und Schmerzen!
O Wunden, die ich schon empfind
In meinem Mutterherzen!
Ihr Freundinnen! Ihr Gespielinnen,
O Sohn, o Jesu! – Soll’ ich denn
Dich nicht mehr sehen wieder!
Magdalena.
Maria! ach! erhole dich
Und dich nit so betrübe!
Weil ich dich herzlich liebe.
Martha.
O Mutter Jesu! doch gedenk’,
Dieß seie Gottes Willen,
Nach selbem auch den deinen lenk’,
Maria.
Es gescheh! Du deinen Sohn, o Gott,
Zum Sohn mir hast gegeben!
Es gescheh’ dein Will’, er geh’ in Tod,
Er end’ am Kreuz sein Leben!
Nach deinem höchsten Willen,
So sterb’, mein Sohn! mein Jesus sterb’,
Mein Leid dein Will’ soll stillen!
Die Priester und Schriftgelehrten halten Rath wider Jesum in dem Haus des Caiphas.
Nun wird der Vorhang vor einem der drei Pavillone weggezogen und man sieht die Versammlung des hohen Rathes. Es spricht
Caiphas.
Ihr Herren! was bedeut’ die Sach’,
Zu dessen Tod mit gerechter Rach
Wir uns so oft vereinet?
Daß er so g’schwind die Stadt vermeid’,
Mir seltsam will fürkommen!
Hat er die Flucht genommen?
Annas.
Wo immer man erfragen ihn kann,
Muß man nach ihme trachten,
Sonst käm’s so weit, daß Jedermann
Ismael.
Geraumet aus dem Weg muß sein
Der boshaft Volksverwirrer;
Und holt man ihn mit Gewalt nit ein,
So trozt uns der Verführer.
Psolomas.
Das Volk ihm angehangen;
Drum daß nit komm’ die Sach zu weit,
Bei Zeit man ihn muß fangen.
Joram.
Wir haben schon oft ihm nachgetracht’
Er hat uns ja nur ausgelacht
Und ist allzeit entronnen.
Jozachael.
D’rum wird auf’s Höchste nöthig sein,
Ihm heimlich aufzulauern,
Zu unserm Leid und Trauern.
Mesa.
Kein And’re meine Meinung ist,
Ich hab’ genug erwogen;
Bezahlt auch werden muß mit List,
Isaak.
Auch ich glaub’, daß das Beste sei,
Ganz still auf ihn zu streifen,
Und heimlich ohn’ viel’ Meuterei
Nach ihme bald zu greifen.
Psolomas.
Wird er die Wunder mehren;
Mir gehet vor schon allgemach,
Wie er uns noch wird scheeren.
Ismael.
Er wiegelt auf das ganze Volk,
Wie leicht ein dürstend Kriegesvolk
Wird Land und Leut beschweren!
Caiphas.
Recht so, ihr Herrn! Denn besser ist,
Daß Ein Mensch solle sterben,
Das ganze Volk verderbe.
Simeon.
Doch jetzt ihr Herren, kann’s nit sein,
Ihr müßt die Sach verschieben;
Jetzt Geistlich, Weltlich, groß und klein
Aminadab.
Wenn heut’ wir würden fangen ihn,
Ein Aufruhr könnt’ entstehen;
Drum besser wär’s nach meinem Sinn,
Man ließ ihn heut’ noch gehen.
Caiphas.
Wie ist die Sach zu thun?
Soll man bis nach dem Osterfest
Noch Alles lassen ruhn?
Der ganze Rath der Juden spricht zugleich:
Es dünket uns, es sei das Best’,
Man kann es nach gehalt’nem Fest
Mit größ’rem G’walt betreiben.
Während die Versammlung des Raths durch den Vorhang verdeckt wird, tritt Judas auf, der sich entschließt, seinen Meister zu verrathen, und meldet sich dessentwegen bei den hohen Priestern.
Judas spricht zuerst allein.
Jetzt Judas hast Gelegenheit
Im Werke zu erfüllen,
Was längstens war dein Willen.
Dein Meister dich nit achtet mehr
Und wenig dir vertrauet,
Er meint, er sei alleinig Herr,
Er ließ von Magdalena sich
Mit theurer Salb’ begießen,
Doch wart’ nur Jesu! sicherlich
Die Salb’ du bald wirst büßen!
Gewiß an allen Orten,
Und wär’ dieß noch nit viel gewest,
Verkauft wenn’s wäre worden.
Doch wart’, du sollst es zahlen mir,
Zu legen eine Maschen dir,
Den Kopf mir wird nit brechen.
Gar recht du dich beurlaubt hast
Bei deinen guten Freunden,
Die Menge deiner Feinden;
Denn heut’ noch (glaub’ es sicherlich),
Dich also will ich kleiden,
Dein Lebtag daß du denkst an mich;
Mit dir jetzt mach ich nit mehr viel,
Es soll mir gewiß nit fehlen,
All’ deine böse Ränk’ ich will
Den Priesteren erzählen.
Vor dem Thor der Rathsversammlung steht ihr Diener. Zu diesem spricht jetzt Judas.
Die Priester und Gelehrte?
Ich hätte ’was zu bringen für
Wenn’s sein könnt’ ohn’ Beschwerde.
Levi, der Diener.
Geduld! ich will es bringen an
Der Diener geht in die Rathsversammlung hinein und Judas ruft ihm nach:
Sag, Judas seie jener Mann,
Der etwas hätt’ zu klagen.
Nun spricht Judas wieder mit sich selbst.
Jetzt biete deinen Kräften auf,
Jetzt Judas laß dich hören,
Und spar’ auch nicht das Schwören!
So schwarz du kannst den Meister malen,
So wirst du desto schöner,
Sag, daß kein Werk mehr kann gefallen
Levi der Diener.
Komm’ nur! es seind die Herren heut
In einem guten Zeichen;
Du wirst auch ohn’ Beschwerlichkeit
Dein Ziel und End’ erreichen.
Jetzt wird der Vorhang vor der Rathsversammlung wieder weggezogen, Judas tritt ein, verneigt sich vor den Herren und Caiphas ruft ihm freundlich entgegen:
Mit Jesu dich entzweiet?
Dein Klagen all’n zum Trost gereicht,
Dein Hiersein uns erfreuet.
Judas.
Ihr Herren! weis’ und hochgelehrt,
Mein Meister ist es nit mehr werth,
Daß ihn die Erd’ soll tragen.
Sein Jünger ich mich schäm’ zu sein,
So boshaft ist sein Leben,
Sagt, was ihr mir wollt geben?
Annas.
Auf meine Mühl du Wasser tragst,
Ich hab oft selbst betheuert,
Dein Meister seie wie du sagst,
Mesa.
Er hat mit seinen Zauberkünst’
Sehr Viele schon verwirret,
Es wird auch durch sein Lehrgespinnst
Das ganze Volk verführet.
Psolomas.
Hat einen Bund errichtet.
Durch welchen uns’re Anschläg’ er
So oft schon hat zernichtet.
Ismael.
Er ist halt ein Samaritan
Auch in des Teufels Nam der Mann
Die Teufel thut austreiben.
Judas.
Nun sagt, was ihr mir geben wollt,
Ich will ihn euch verrathen,
Ohn’ euch viel abzumatten.
Alle sprechen.
Zu nah’ für jetzt die Ostern seyn,
Es läßt sich jetzt nicht machen,
Man muß behutsam gehen drein
Judas.
Laßt wachsen euch kein graues Haar,
Ich will ihn übergeben,
Dieweil er ja nicht werth fürwahr,
Daß länger er soll leben.
Dann will ichs so betreiben,
Daß euch es mit gereuen sollt,
Dabei hat’s sein Verbleiben.
Caiphas.
Hör’ Judas! Dreißig Silberling
Doch mach’ uns keine leere Spring’
Und führ’ uns nit darneben.
Alle sprechen.
Dein Wort fein halt und bring’ ihn ein,
Du sollst den Lohn nit missen.
Judas.
Auf Dieses höchst beflissen,
Er verneigt sich vor den Herren und tritt heraus. Der Vorhang verdeckt die Versammlung des Rathes und Judas spricht übermüthig, lustig und dann pfiffig.
Gelt Jesu! jetzt hab ich eins dir
Recht meisterlich versetzet,
Erfahren wirst jetzt bald von mir,
Ich muß mich doch noch stellen an,
Als wäre ich dein Freunde.
Damit vermerken Niemand kann,
Daß Judas sei dein Feinde.
Es wird der Vorhang vor einem andern Pavillon auseinandergezogen. Da sieht man Christus mit seinen Jüngern, der sie aussendet, das Ostermahl zu bereiten.
Christus spricht:
Ihr selbsten dieses wisset,
Damit denn g’scheh’, was sich gebührt,
Damit nichts werd’ vermisset,
Nimm Peter den Johannes mit
Bereit’, was noch bereitet nit,
Dieß ist die letzte Liebe.
Johannes.
Du weißt, daß wir bereitet seyn
Zu thun nach deinem Willen;
Damit wir ihn erfüllen.
Petrus.
Sag’ Meister! wo zum Osterlamm
Wir Anstalt sollen machen?
Für dich und uns in deinem Nam,
Johannes.
Wo ist das Haus? wer ist der Herr,
Zu dem wir sollen gehen?
Damit wir nit Gespött vielmehr,
Als Trost und Freud’ ersehen!
Christus.
Es wird sich Alles schicken;
Und g’wiß wird widerfahren gleich
Man euch in allen Stücken.
Dieß solle euch das Zeichen sein,
Sobald ihr kommt in d’ Stadt hinein,
Gleich werdet ihr ersehen,
Ein Mensch, der euch begegnen wird,
Im Krug Der Wasser traget,
Nit um den Herren fraget;
Nur folget auf dem Fuß ihm nach
In’s Haus, wohin er gehet.
Alldorten, wenn ihr allgemach
So sagt ihm: „Unser Meister spricht,
Hier will ich Ostern halten.
Wo ist ein Zimmer zugericht’
Nach des Gesetzes G’stalten?“
Wird unverweilet weisen;
Bereitet dort das Abendmahl,
Dort wollen wir s’ letztmal speisen.
Petrus.
Was redst, o Meister? willst du denn
O weh’ uns armen Jüngeren,
Wer wird uns ferner weiden?
Jakobus.
O Meister! trau’ den Juden nit,
Im Sinn nichts Gut’s sie führen,
Man kann’s schon g’nug verspüren.
Christus.
Bekümmert euch um mich nit zuviel,
Ich weiß schon, was zu thun,
Ich weiß, was meines Vaters Will,
Der Vorhang wird zugezogen und Petrus und Johannes erscheinen auf der Straße.
Petrus.
Du weißt, Johannes, kaum sicher ist
Für uns schier eine Gassen,
Wer weißt es, wo der Juden List
Auf uns vielleicht thut passen!
Wenn nur des Meisters Willen
Wir können bald und sicherlich,
Geh’s wie es will’, erfüllen.
Johannes.
Ein Mensch, sieh’ Petre, kommt herfür,
Wer weiß es, ob er im Geschirr
Auch nit ein Wasser traget?
Petrus.
Mein Freund! was tragst du in dem Krug,
Zu fragen wenn erlaubet?
Eleazag.
Damit ihr’s besser glaubet!
Petrus.
O nein, mein Freund! uns dürstet nit,
Was anders wir begehren,
Wir bitten, laß uns kommen mit
Eleazag.
Hier könnet ihr schon allgemach
Das Haus von ferne sehen.
Johannes.
Erlaub, daß wir dir gehen nach,
Erlaub’ uns mitzugehen!
Pesalinas, der Wirth, tritt aus seinem Hause und spricht:
Wen wollt ihr hier erfragen?
Petrus.
Gesandt wir von dem Meister seind,
Der laßt dir freundlich sagen:
Wo ist die Mahlzeit, wo der Saal,
Der Meister und wir Jünger all’?
Den Ort uns wollst benennen!
Pesalinas.
Ich werd’ es für die größte Ehr,
Für gleiches Glück auch halten,
Er kann nach G’fallen walten.
Ich sag’ es (glaubt mir’s) frei heraus
So lieben, werthen Gästen,
Was immer ist in meinem Haus,
Ein wohlgebrat’nes Osterlamm,
Auch and’re gute Bissen,
Auch guten Wein werd’ allzusamm
Ich aufzutragen wissen.
Schon stehet euch bereitet!
Nun gehet, und zum Abendmahl
Den Meister herbegleitet!
Johannes.
Weils du erlaubt, wir alsobald,
Den Meister, wie’s ihm wohlgefallt,
Alsdann hieherbegleiten.
[150]
Hier wird vorgestellt die Genießung des Osterlamms, die Fußwaschung, das letzte Abendmahl. Es gibt auch Christus seinen Aposteln viele gute Lehren, und betet den Lobgesang.
Christus ist mit seinen Jüngern beim letzten Abendmahl. Der Vorhang verdeckt noch ihn und den Saal. Da tritt Judas auf und spricht:
Judas.
Die Sach ist trefflich g’sponnen an;
Heut wird mein Meister sehen,
Und wie es ihm werd gehen!
Doch wenn zu ihm ich wieder komm,
Darf ich nichts merken lassen;
Ich muß mich stellen noch so fromm,
Ja, ja, so geht der Handel an,
So will, so muß ich’s machen;
Damit mir nit entgeh’ der Mann,
Sonst gäb’ es böse Sachen.
Ich hätt’ es bald vergessen.
Ich glaub’, sie sind schon all’ beisamm,
Muß auch mit ihne fressen.
Ich will mich in der Still geschwind
Und wie ein fromm’s, unschuldigs Kind
Mit ihnen thun dergleichen.
Nun theilt sich der Vorhang, und man sieht den Herrn und seine heiligen Jünger beim Abendmahl. Auf der vordern Bühne begegnen sich Pesalinas der Wirth und Eleazag der Knecht.
Pesalinas.
O Gott! was Wunder sah ich heut
Bei diesen frommen Leuten!
Erblickt man schon von Weitem.
Eleazag.
Das Herz im Leib bewegte sich,
So sehr wurd’ ich gerührt.
Vom Weinen kaum enthielt ich mich,
Pesalinas.
Wie eifrig wird das G’setz erfüllt!
Ich konnt mich selbst kaum fassen.
Auf Gottes Ehr und Andacht ziehlt
All’ deren Thun und Lassen.
Nun wird von unsichtbaren Engeln gesungen, während der Herr sich anschickt, seinen Jüngern die Füße zu waschen.
Dieweil keine ist seinesgleichen,
Denn du allein sahest bei dem Feuer der Liebe
In keinem andern als göttlichen Herzen mögliche Liebe,
Die Himmel selbst erstarren drob,
Uns Jesu wollte geben.
Komm, o Christ, und höre,
Merk auch wohl, was ich dich lehre!
1.
O Demuth ohne Grund,
Des Heilands höchster Finger
Wascht ab die Füß der Jünger!
Hast du, o übertünchtes Grab,
Du Sündenbrut vor Allen
Dem Heiland zu gefallen?
2.
Doch hat die Lieb kein Ziel,
Nein, ihm ist nichts zuviel,
Sie sammelt alle Flammen
Nehmt ihn und esst, Das ist mein Leib,
Spricht er, in Brodsgestalten,
Bei euch bis an das End ich bleib,
Eure Liebe zu erhalten.
Die dir gegeb’ne Lehr weit höher als bisher des Heilands achte!
Gleichwie sich wend’t die Sonnenblum
Nach dem Gestirn zu ihrem Ruhm,
So wollt’ auch als ein Mensch,
Der mit dem Vater gleicher Gott,
Den G’horsam bis in Tod,
Bis in den bittern Tod
Vollziehen und erfüllen.
So einst gestift’ den alten Bund!
Jetzt will er heilig und gerecht
Die fremden Sünden büßen;
Und eh’ er setzt den Neuen ein,
Neigt sich gleich einem Knecht
Zu seiner Jünger Füßen!
Eleazag.
Dergleichen hab ich niemal noch
Mein Lebenlang gesehen.
Pesalinas.
Daß ihm die Gnad geschehen!
Komm laß uns ferner sehen zu,
Was sie noch weiter machen!
Ich kann sonst haben keine Ruh’
Jesus will dem Petrus die Füße waschen. Aber dieser spricht:
O Meister! was soll Dieses sein?!
Das laß ich nicht geschehen!
Christus.
Was jetzt ich thu, (red’ mir nicht ein!)
Du wirst hernach schon sehen!
Petrus.
Die Füß von dir nit lasse.
Christus.
Wenn ich nit waschen werde dich
(Zu Herzen dieses fasse!)
Auch haben wirst du keinen Theil
Es liegt daran dein ewigs Heil;
Wirst länger annoch streiten?
Petrus.
O Herr! nit mir die Füß allein
Das Haupt und auch die Hände,
Laß waschen mir geschwinde.
Christus.
Wer sauber schon gewaschen ist
Kein Mehreres hat vonnöthen;
Als daß die Füß ihm wasche ich,
Wer gwaschen, ich sag’s noch einmal,
Der ist schon aus den Reinen;
Auch Ihr seid rein, jedoch nicht all’,
Die Sach wird bald erscheinen.
Jetzt ist die Fußwaschung vorüber und der Herr spricht weiter:
Hört, was euch vor ich trage.
Ihr wisset, was ich erst gethan;
Jetzt hört auch, was ich sage;
Ihr nennet euren Meister mich
Zu thun auch, was gethan hab’ ich,
Soll euch mein Beispiel lehren.
Ich neigte mich erst kurz vorher
Gar bis zu euren Füßen,
Mit Wasser mich begießen.
Doch! und Das bringt mir großen Schmerz,
Ihr seid nit All gereinigt;
Und dieß durchschneidet mir das Herz,
Aus euch wird Einer heut noch mich,
O unerhörte Thaten!
Aus euch: (Das wahrlich sag’ euch ich)
Wird Einer mich verrathen.
Johannes.
Wenn doch man es darf wissen.
Christus.
Der ist’s, Johannes, sei vergewisst,
Dem ich geb diesen Bissen.
Judas.
Sag’s Meister! wenn es dir gefällt,
Christus.
Du hast’s gesagt, d’rum thu’ nur bald,
Was du zu thun entschlossen.
Gwiß besser es dem Menschen wär,
Wenn er nit wär geboren;
Wenn er nit ging verloren.
Die Schrift doch muß erfüllet sein,
Der Hirt muß sein geschlagen,
Die Schaaf’ zerstreut, o große Pein!
Judas stiehlt sich heimlich fort, ein Teufel erscheint bei ihm und begleitet ihn. Christus spricht weiter zu den Jüngern:
Ihr All’ an mir werd’t ärgern euch,
Die Flucht ihr werdet nehmen;
Verlassen ihr mich allzugleich
Und meiner euch werdt schämen.
Des Todes Reich zernichtet,
Erstehen werd’ ich von dem Grab;
Auf dieses All euch richtet!
Petrus.
Wenn, liebster Meister, heut’ an dir
Mich weder Kerker (glaub’ es mir!)
Noch Tod besiegen sollen!
(Es kräht der Hahn.)
Christus.
O Peter! du bist nit der Mann,
Der sich so stark darf nennen.
Wirst dreimal mich nit kennen.
Inzwischen nehmet an das G’satz,
So euch auf’s Neu’ ich gibe:
Der Nächstenliebe gebet Platz,
Dir Herr des Hauses Dank ich sag’
Für all’ erzeigte Ehren,
Begehr’, was dir gefallen mag,
Ich will dein’ Bitt erhören!
Pesalinas.
Noch mehr von mir begehre!
Verbunden weil vielmehr ich dir
Für solche große Ehre.
Doch weil es selbst du tragst mir an,
Bei mir, so oft es g’schehen kann,
Dich würd’ge einzukehren.
Inzwischen gib den Segen mir
Und gnädig mir vergibe,
Mit zu geringer Liebe.
Christus.
So sei’s! Anstatt des Dankes dich
Mein Vater wolle segnen.
Kein Unheil soll getrauen sich
Beglücket leb und selig schließ
Die fernere Lebenszeiten,
Mein Gnad, mein Segen solle gwiß
Dich überall begleiten!
Pesalinas.
Wo willst dich hinbegeben?
Zu retten ach doch besser tracht’
Dein viel zu edles Leben!
Christus.
Der Will des Vaters rufet mich
Der Kelch der Peinen nähert sich,
Es kommt die Zeit des Leidens.
Es bleibt allzeit mein Gnad bei dir,
Du wirst mich nit mehr sehen! –
Auf’n Oelberg laßt uns gehen!
Das Lobgesang wir wollen doch
Zuvor mit Andacht sprechen,
So viel ist übrig Zeit schon noch,
Christus.
Kommt, ihr Kinder, all’ zusammen,
Helft mir loben Gottes Namen!
Apostel.
Jetzt und bis in Ewigkeit
Sei sein Nam’ gebenedeit!
Christus.
Wo sie unter pflegt zu gehen,
Apostel.
Ist der Nam’ des Herrn bekannt,
Hochgelobt in alle Land!
Christus.
Alle Völker hin und wieder
Apostel.
Und die Himmel nit so breit,
Als sein Lob und Herrlichkeit.
Christus.
Wer wie unser Herrscher thronet
In dem Himmel? welcher wohnet
Apostel.
Wird von ihm die Demuth g’ehrt.
Christus.
Die im Staub der Erde lagen
Dankbar werden annoch sagen:
Apostel.
Er hat uns zu Fürsten g’macht,
Christus.
Kommt, ihr Kinder, all’ zusammen,
Helft mir loben Gottes Namen!
Apostel.
Jetzt und bis in Ewigkeit
Sei sein Nam’ gebenedeit!
Der jüdische Rath ist wieder beisammen, Judas bekommt von ihm sein Geld und bestimmt die Zeit der Gefangennehmung und Verrathung.
Bevor der Vorhang vor der Versammlung weggezogen wird, kommt Judas auf die Straße und spricht:
Der Handel wird gelingen,
Die härtest’ Sach, wer frisch es wagt,
Kann oft ohn’ Müh bezwingen.
In Busen einen Schelmen zwar
Doch wachst mir drum kein graues Haar,
Judas darnach nix fraget.
Jetzt geht erst recht der Handel an,
Bei Priestern und Gelehrten;
Was aus der Sach soll werden.
Holla! eröffnet g’schwind das Thor,
Damit ich ein möcht gehen!
Laßt mich bei denen Herren vor,
Levi, der Diener, kommt und spricht:
Was machst schon wieder Judas hier,
Was Unruh’ thust verüben?
Judas.
Geschwind mach, daß ich komme vor,
Es laßt sich nit verschieben.
Levi.
Gleich will ich’s hinterbringen.
Allhier ein kleine Zeit verharr,
Die Antwort will ich bringen.
Levi geht hinein.
Judas.
Man sing’, man sag mir, was man will,
Wenn heut ich nur erreich mein Ziel,
Ohn’ Aufschub und Beschwerden.
Levi kommt heraus und spricht:
Ich hab’s gemeldt, komm nur herein,
Man tragt nach dir Verlangen,
Wenn Alles gut gegangen.
Man sieht in die Rathsversammlung. Caiphas ruft dem Judas entgegen:
Was bringst für Zeitung Judas her,
Was hast du unternommen?
Sag’, ob man Jesum ohn’ Gefähr
Judas.
Hochwürdigster und weiser Herr
Die Sach sich so befindet,
Und laßt sich nicht verschieben mehr,
Denn List er sonst ergründet.
Simeon.
So könnt’s vielleicht sich schicken,
Doch weil sich Das nicht schieben läßt,
Wird uns die Sach nit glücken.
Aminadab.
Ein Aufruhr zu befürchten wär,
Vielleicht auch würden nimmermehr
Wir unser Ziel erlangen.
Simion.
D’ Verwirrung könnt nit ärger sein
Bei solcher Menge Leuten,
In heiligsten Osterzeiten.
Judas.
Ihr Herren sagt nur, ob ihr wollt
Mit meiner Meinung halten?
Die Sach ist b’schaffen, wie’s sein sollt,
Auf Sionsberg jetzt sitzet er
Mit Jüngern zwar umgeben,
Die doch als ihne schätzen mehr
Gewiß ihr eignes Leben.
Ich selbst hab’ beigewohnet,
Und was mir in der Seel verdroß,
Er hat mir nit verschonet.
Er warfe vor mir offentlich
Drum greift nach ihm, denn ihr und ich
Bei ihme sind verrathen.
Er hat mir in das G’sicht gesagt,
Ich seie sein Verräther,
Ich fürcht kein solches Wetter.
Darum beschließet euch geschwind,
Ich will mich brauchen lassen,
Und euch ihn liefern so in d’ Händ,
Annas.
Die Sach hat Judas überlegt
Und weiß es auszuführen,
Und wer es so wie er erwägt,
Muß gleichen Antrieb spüren.
Judas.
Wir in die Sache gehen,
Damit auch nit entkomme er,
Und wir betrogen uns sehen,
Zur Sicherheit für euch und mich
Und liefern will ich sicherlich
Euch bald den Nazarener.
Caiphas.
Ihr Herren, Alles schickt sich gut
Und wohl ist’s überleget;
Damit sich Niemand reget.
Doch eure Knechte schicket her
Mit Dolchen, Prügeln, Stangen,
So wollen, eh’s verhoffet er,
Judas.
Den Lohn zuvor doch gebet mir,
Laßt länger mich nit leiden.
Den Handel ich zu Ende führ’
Mit desto größern Freuden.
Caiphas.
Zum Voraus wir dir geben,
Nach g’schehener Sach’, wenn dieß zu g’ring,
Kannst noch mehr hier erheben.
Judas.
Weil nun mit dreißig Silberling
So geh’ ich an die Sach ganz ring,
Mein Gelddurst ist gestillet.
Caiphas.
Ich zum Pilatus schicken will
Und eifrig mich bestreben,
Auch seine Rott muß geben.
Annas.
Wie wär’s, ihr Herren, wenn aus euch
Auch etlich würden gehen?
Mit Ernst, mit Rath und That zugleich
Mesa. Isak. Aminadab.
Auch dieses uns’re Meinung ist,
Wir wollen gleich uns rühren,
Und seh’n, wie mit Gewalt und List,
Hieher wir bald ihn führen.
Caiphas.
Den Schwärmer überwinden.
Alle im Fortgehen.
Wenn unser Will sein Ziel erreicht,
Wir wollen g’wiß ihn finden.
Der Vorhang fällt vor der Rathsversammlung. Unterdessen ist der Oelberg beleuchtet worden.
In diesem wird der Oelberg und die Angst vorgestellt.
Christus kommt mit seinen Jüngern in den Oelgarten und spricht:
Verbleibet sitzen hier ihr acht,
Damit euch meines Vaters Macht
Von allem Unheil rette.
Du aber Petre folg’ mir nach,
Wie auch ihr Donnerskinder,
In Händ und G’walt der Sünder.
Jakobus.
O Meister! o was Traurigkeit
Auf deiner Stirn ich liese,
Wo ist die g’wöhnlich Fröhlichkeit?
Nachdem Christus mit den Drei auf den Oelberg gegangen, spricht er:
Ach ja, mein Seel’ bis in den Tod
Betrübt ist über d’ Massen.
Ach liebster Vater! höchster Gott!
Ach wollt’st mich nit verlassen!
Mit großer Sorgfalt wachet!
Mich Angst und Qual entseelet schier,
Und ganz mich kraftlos machet.
[165] Christus fällt auf die Knie und betet mit aufgehobenen Händen.
Ach Vater, wann
Den Kelch von mir laß gehen!
Jedoch erfüll’
Nit meinen Will’,
Was dir g’fallt, soll geschehen!
Christus kommt und sieht nach seinen drei Jüngern.
In Tod mit mir zu gehen?
Auf dich hinfüran besser merk’,
Sonst wird es übel stehen.
O allerliebste Jünger wacht!
Damit von des Versuchers Macht
Ihr werden mögt errettet!
Christus geht wieder weg, kniet nieder und betet:
Ach Vater hör’,
Was ich begehr’!
Doch nur dein Will
Soll sein mein Ziel!
Ich will kein Qual vermeiden.
Christus kommt abermals zu seinen drei Jüngern, und da er sie schlafend findet, spricht er:
So schlaft ihr denn schon abermal,
Da doch so groß am Abendmahl
Ihr euch habt wollen machen!
So sei es! schlafet sorgenfrei
Ich nochmal geh’ zu beten,
Daß euch er woll’ erretten!
Christus kniet und betet:
Wenns sein kann nit,
Was ich erbitt,
So gescheh, o Gott, dein Willen!
Zu aller Zeit
Denselben zu erfüllen.
Nun schwebt auf der Höhe des Oelbergs aus einer erleuchteten Wolke der Engel des Trostes, der den Kelch des Leidens trägt, und singt:
1.
O Jesu sieh,
Dein Vater dich
Doch nur allein
Dein Trost soll sein,
Daß ihm dein Leiden g’fallet!
2.
Du selbst ja hast
Ganz frei auf dich genommen!
Du frei erwählt
Hast, in die Welt
Zum Heil der Welt zu kommen.
3.
Der Kelch der Pein
Von dir kann nit mehr gehen.
Der Mensch sonst hat
Bei Gott kein Gnad,
4.
O Mensch betracht!
Was du gemacht,
Für dein Schuld thut Gott leiden!
Sein Vater doch
Wenn nur die Sünd thust meiden!
Christus.
Es g’scheh’ dein Will,
Ich auch erfüll’,
O Vater, deinen G’fallen,
Verderbe nit
Sein Schuld will ich bezahlen.
Christus kommt zu seinen schlafenden Jüngern und spricht:
Was macht ihr Jünger ihr?
Ach ja sie schlafen alle,
Aus euch daß Keiner falle!
Doch schlafet, weil ihr ja so schwach,
Daß ihr nit könnet wachen,
Es wird die Zeit doch allgemach
Während die Jünger schlafen und Christus wieder auf dem Oelberg kniet, geht der achte Auftritt vor sich.
Christus wird von dem Judas verrathen und von seinen Feinden gefangen.
Es hat sich die Rotte der Juden gesammelt und Judas spricht:
Wie steht’s? Ist Alles zubereit,
Was nöthig ist zur Sache?
Damit ich zur bestimmten Zeit
Der Sach’ den Anfang mache?
Mesa.
Die Sach ist gut ang’fangen,
So kann’s nit fehlen, daß ihn wir
Ohn G’fahr ganz sicher fangen.
Vom ganz hochweisen Priesterrath
Nimm Judas dich nur wohl in Acht,
Daß es an dir nit fehlet.
Isaak.
Vor den dir noch bedingten Lohn
Ohn Anstand nit darfst sorgen,
Noch heut und nit erst morgen.
Simon.
Noch Eins Judas dir sagen will,
Hab Sorg’, brauch alle Listen,
Daß Alles g’schehe in der Still
Aminadab.
Sieh’ Alles ist bereitet schon,
Weil keine Müh’ wir sparten,
Auf dich, als auf die Hauptperson,
Wir ganz begierig warten.
Judas.
Schon Alles ist entwickelt,
Daß werde diese große That
Ohn’ alle Forcht ausg’richtet.
Laternen, Fackeln nehmet mit,
Damit er uns entwischet nit
Und eine Nasen drehet.
Nun folget auf dem Fuß mir nach,
So könnet ihr nit irren;
Laßt keine Furcht verspüren.
Judenhauptmann.
Kein Zweifel darfst nit tragen du
An uns, nur sicher leite
Auf gute Weg, sonst siehe zu!
Judas.
Verbergt euch hier; ich geh’ zum Haus
Ganz kurz mich zu befragen,
Ob er schon sei gegangen aus,
Man wird es gleich mir sagen.
Judas tritt zum Hause, wo das Abendmahl gefeiert worden war und spricht zum Knechte:
Vielleicht noch hier befinde?
Mit ihm zu sprechen hätte ich,
Geh’ hin und ihms verkünde!
Eleazag der Wirth.
Ach nein, er ist von hier schon fort
Er wird auch sein Gebet alldort
Schon haben angefangen.
Judas.
Gut, Gut.
(Zu den Soldaten.)
Jetzt geht geschwind mit mir,
Doch sehet euch behutsam für
Und merkt, was Judas saget.
Ich will euch geben sicherlich
Ein unfehlbares Zeichen,
Das Ziel und End erreichen.
Zu dem ich werde gehen hin
Und ihn als Meister grüßen,
Und wenn ich überdieß noch ihn
Der ist der recht, das glaubet mir,
Nach dem wir All’ verlangen,
Den uns wir heut genommen für
Zu suchen und zu fangen.
Ergreifet ihn geschwinde,
Und wie er’s längst verdienet hätt’,
G’schwind bindet ihm die Hände.
Mit Strick’ und Ketten fesselt ihn,
Damit er euch nit wischet hin,
Und sich wie sonst verlieret.
Während Judas mit seiner Rotte sich entfernt, tritt Christus wieder zu seinen schlafenden Jüngern und spricht:
Nun liebste Jünger, nun erwacht
Von Eurem langen Schlummer,
Wie auch mein Leid und Kummer.
Jetzt ist die Stund, jetzt ist die Zeit,
Von der ich soviel sagte;
Seht Judas ist von hier nicht weit,
Den Heiden und den Sünderen,
Jetzt in die Händ’ ich falle,
Kommt! laßt uns ihm entgegen geh’n!
Kommt! folget nach mir Alle!
Die Rotte der Juden tritt auf. Christus geht ihnen entgegen und spricht:
Wer hat euch kommen heißen?
Mich dünkt, ihr suchet einen Feind,
Um ihne zu zerreißen.
Alle Juden.
Wir suchen Jesum, den man nennt
Christus.
Seht mich an! ob ihr mich nicht kennt.
Denn selbsten ich bin jener.
Die Juden fallen zu Boden. Nachdem sie in Verwirrung sich wieder erhoben, spricht
Michas:
Jetzt sieh ich selbst sein Zauberkünst,
Ich hab es selbst erfahren;
Sonst stech’ ich ihm den Staaren.
Christus.
Herzliebste Freund! Wen suchet ihr?
Das zweitmal ich euch frage;
Wer that euch Leids? bekennt es mir,
Alle Juden.
Wir suchen Den von Nazareth,
Der sonst sich Jesus nennet.
Christus.
Der ist’s, vor Euch der wirklich steht,
Und selbsten sich bekennet.
So lasset diese gehen,
Kein Hinderniß, noch groß, noch klein,
Wird in den Weg euch stehen.
Judas tritt aus der Menge hervor und spricht:
O Meister sei auf’s Schönst von mir
Christus.
O Freund! was gabe Anlaß dir,
Daß du mich so geküsset?
Wenn auch du warst entschlossen schon,
Von mir ganz abzuweichen,
Durch dieses Freundschaftszeichen?
Judenhauptmann.
Frisch auf, Soldaten, packt ihn an,
Fein fest und stark ihn bindet,
Damit sich nit der lose Mann
Abdenago.
Komm nur, ich will schon binden dich,
Daß gewiß du nit entrinnest;
Du wirst nit übervortheiln mich,
So sehr du nach auch sinnest.
Aminadab.
Die du so oft verwirret,
Die du betrogen Tag und Nacht,
Und hinters Licht geführet.
Petrus tritt vor und spricht in Eifer:
Herr! sag’ nur Ja! so schlag ich drein,
Der Nächst, der Best soll todt mir sein,
Ich will den Rest ihm geben.
(Petrus haut drein.)
Malchus.
O weh! o Schmerz! ich lieg’ im Blut!
Wer hat mir dieß versetzet?
Hat mir das Haupt verletzet?
Christus.
O Peter! steck’ dein Schwert in d’ Scheid,
Denn mit dem Schwert wer richtet,
Gewiß auch sich zu seiner Zeit
Viel tausend Engel sicherlich
Mein Vater würd’ mir senden,
Die gewiß erretten würden mich
Aus meiner Feinde Händen.
Den dar der Vater reichet,
Sein Willen ist mein einzig’s Ziel,
Der mein dem Seinen gleichet.
Und sollt den Kelch nit trinken ich,
Geschrieben was ohnveränderlich
Zum Heil und Trost der Erden?
Zu Malchus.
Komm Malchus mit dei’m Ohr herbei,
Ohn’ Furcht komm ohnverweilet,
Der dich so schnell geheilet.
Zu den Juden.
Ihr aber seid gekommen her
Mit Schwertern, Prügeln, Stangen,
Und mit dergleichen Waffen mehr,
Ich hab’ ja täglich öffentlich
Im Tempel euch gelehret,
Wer hat denn dort zu fangen mich
Euch armes Volk verwehret?
Zu leiden und zu sterben.
Jetzt werd’ ich überliefert euch,
Der Finsternisse Erben!
Jetzt könnt ihr fangen, binden mich,
Michas.
Ja, ja, wir wollen heut’ noch dir
Gewißlich also zünden,
Vor Finsterniß, daß g’wiß kein Thür
Zur Ausflucht du wirst finden.
Aminadab.
Dir g’wiß die Zaubereien,
Und eh’ wir kommen noch nach Haus,
Dir zeigen, wer wir seien.
Abdenago.
Gebt acht, damit er unsichtbar
Er und die ganze Volkesschaar
Ansonst würd’ unser lachen.
Abraham.
Ihr viel zu gut geht mit ihm um,
Ihr müßt ihn besser zwagen,
Auf ihn müßt ihr brav schlagen.
Heli.
Schaut nur den schönen König an,
Wem sollt er nit gefallen!
Mit Speichel huldigt diesem Mann,
Abraham.
Recht so, was braucht’s viel Wortgepräng,
Mit ihm die Faust laßt sprechen,
Recht fest ihn haltet, schließt ihn eng,
Daß er sich nit kann rächen.
Malchus.
Daß man ihn so soll laben,
Und brauchet ihr noch Stricke mehr,
Hier könnt ihr viele haben.
Abraham wirft dem Herrn einen Strick um den Hals.
Es sind zwar unserer Strick so viel,
Doch gib nur her, ich machen will
Noch schöner, daß er pranget.
Michas.
Gelt, wahrheitsloser Wetterhahn,
Der du uns so betrogen,
So viel du uns belogen.
Abdenago.
Du Beelzebub, du loser Kund’,
Du bist zwar oft entronnen,
Doch heut’ man deine Winkel fund,
Aminadab.
Gedenkst noch dran, vor kurzer Zeit
Mit Stricken hast uns g’schlagen,
Heut’ woll’n wir zahlen dich allbereit,
Daß du von uns wirst sagen.
Heli.
Hast unsichtbar gemachet,
Betrügen jetzt nit mehr lassen sich,
Die du so oft verlachet.
Malchus.
Der ganze Rath schon wart’ auf ihn,
Wenn er nit geh’n will, reisset ihn hin.
Judenhauptmann.
Fort, fort mit ihme eilet.
Du Achim geh’ und uns ansag’,
Daß man uns gleich vorlasse
Könn’ kommen aus der Straße.
Sie ziehen, den Herrn mißhandelnd, ab und kommen vor das Haus, wo Annas wohnt. Als sie hineingedrungen, tritt Petrus auf und spricht:
Ich weiß nit, was ich auch thun soll,
Ich weiß mir nit zu rathen;
Hinein auch gern ich gehen wollt,
Johannes zur Magd.
Mein Freundin! dieser gute Mann,
Den ihr hier stehen sehet,
Mit Fug’, wenn es geschehen kann,
[M]öcht’ sehen, wie’s drinnen gehet.
Magd zu Petrus.
So magst du es wohl wagen,
Ansonst die Sach gefährlich ist,
Ich kann’s dir redlich sagen.
Petrus.
O Nein; sein Jünger bin nit ich,
Ich weiß nit einmal, wie er sich
Mit seinem Namen nennet.
Jesus wird dem Hohenpriester Annas vorgestellt, und was er bei diesem erlitten.
Man sieht in das Haus des Hohenpriesters.
Der Judenhauptmann Kneus spricht:
Was mir ein weiser Priesterrath
Ganz ernstlich aufgetragen,
Daß Niemand konnte klagen.
Gebunden stell’ ich dir jetzt für,
Den Alle wollten sehen.
Gewiß was immer oblag mir,
Hochwürdig, hoch und weiser Herr,
Nun prüfe gut die Sachen,
Von deiner Weisheit ich begehr’,
Was ferner sei zu machen.
Annas zum Hauptmann.
Soll auch den Lohn empfangen,
Weil er nun jenen eingebracht,
Den wir sosehr verlangen.
Zu Christus.
Du aber gib jetzt Rechenschaft,
Bestellet wessen Macht und Kraft
Dich hab zu einem Lehrer.
Sag jetzt, wo deine Jünger seind,
Die du an dich gezogen?
Sag’ ob sie sei’n geflohen?
Bekenn’ nun deine Predigten,
Bekenn’ die falsche Lehren,
Sag’! dich bestellet wer und wann,
Wer hat das G’saz des Moses dir
Erlaubet aufzuheben?
Auch ich dieß nit getraute mir,
Weil Gott es selbst gegeben.
Christus.
Wie auch die Synagogen,
Das Volk wo ich, ja da und dort
Die Lehrer selbst bewogen.
Auch wirklich jetzt herum um mich
Im Tempel, die mich öffentlich
Gehöret und gesehen.
Ich hab nit im Geheim geredt,
Was willst nur mich dann fragen?
Frag sie! Sie werden’s sagen.
Heli.
Was? Du mit Hohenpriesteren
Sollst also dörfen sprechen?
Sieh so pflegt man derselbigen
Heli schlägt den Herrn.
Christus.
Wenn Unrecht hab geredet ich,
Den Fehler mir benenne;
Wenn nit; Warum dann schlagst du mich?
Deine Unthat jetzt erkenne!
Annas.
Er will nit haben g’fehlet!
Aus Allen keinen ärgern Mann
Die ganze Erde zählet.
Doch warte nur, du saub’rer G’sell,
Daß g’wiß dir wird vergehen schnell
Das Pochen wie das Lachen!
Jetzt bindet ihn recht fest auf’s Neu!
Recht fest, wie wirs begehren!
Und wen er hab zum Herren.
Gebunden so zum Kaiphas ihn
Jetzt ohnverweilet führet,
Ich selbst folg’: – Stoßt ihn her und hin,
Der Vorhang verdeckt sie.
Die betrübteste Mutter Maria mit Magdalena und Marta will Jesum aufsuchen.
Maria.
O Angst! mein liebendes Mutterherz
Wird allzusehr beklemmet.
All’ Augenblick sich mehrt der Schmerz,
Wer ist, der selben hemmet?
Dein Leben ist mein Leben!
Wer gibt mir, so beglückt zu sein,
Für dich mein Seel’ zu geben?
Ach, schone deinen Sohn, o Gott,
Verein’ zur höchsten Gnad im Tod
Die Mutter mit dem Sohne!
Magdalena.
Ein gleicher Schmerz beängstigt mich,
Ich muß ihn nochmal sehen.
Und g’schwind nach ihme gehen.
Marta.
Ich weiß, daß er das Osterlamm
Auf Sions Bergen ’gessen,
Vielleicht des Leids uns allzusamm
Maria.
So geht denn, meine Freundinnen,
Und laßt uns Alles wagen!
Damit wir finden nochmal den,
Nach dem wir Sehnsucht tragen.
Marta.
Von Herzen daß ich liebe,
Zu gehn darum bin b’reit schon ich,
Dich ferner nit betrübe!
Magdalena.
Du Mutter Jesu weißt es schon,
Daß liebe ich nur deinen Sohn,
Nur Er daß mich ergöze.
Maria.
O daß mein liebends Mutterherz
Ein Mensch ergründen könnte!
Ein Schmerzenmeer mich nennte.
O Gott mich nur so weit verschon’,
Daß ich noch lebend sehe,
Den du mir ’geben hast zum Sohn,
Marta.
Mit uns Maria komm sodann,
Wir wollen dich begleiten.
Maria.
Nit mich, nur meinen Jesu nenn!
O säh’ ich ihn von Weitem!
Magdalena.
Ich muß ihn nochmal finden.
Marta.
Ich laß vom Suchen g’wiß nit ab.
Maria.
Nichts soll mich überwinden!
Hier wird abgehandelt die falsche Verklagung, Verdammung und Verspottung Jesu; (und) wie die zweimalige Verleugnung des Herrn von dem Petro geschehen.
Im Hause des Caiphas, wo der Rath der Juden versammelt ist. Der Judenhauptmann bringt den Herrn gebunden herein und spricht:
Judenhauptmann.
Hochwürdig hoch und weiser Rath,
Mit List und Macht hab ich vollbracht,
Was man von mir begehrte.
Ich stell den Nazarener vor,
Beschwert mit Kett’ und Bande,
Zu seiner größten Schande.
Bisher hab ich mein Pflicht erfüllt,
Wie es war eu’r Begehren,
Was mir ein Priesterrath befiehlt,
Caiphas zu dem Hauptmann spricht.
Gewiß Er hat recht meisterlich
Sein Treu anheut bezeiget,
Der Lohn kommt nach, inzwischen ich
Mit Gnad euch bleib geneiget.
Allhier Euch habt vereinet,
Ein Jeder red’ jetzt ohngescheut
Im Herzen, wie ihr’s meinet.
Annas.
Er ist gewiß ein Zauberer;
Man sah ihn ja (was will man mehr?)
Sich unsichtbar oft machen.
Ismael.
Er truge falsche Lehren vor
In denen Synagogen;
Das Volk wurd’ ihm gewogen.
Psolomas.
Er trieb zwar viele Teufel aus,
Doch nur ins Teufels Namen;
Und so gewann er manches Haus; –
Joram.
Er war bei aller Freßerei
Der öffentlichen Sünder,
Und legte noch ganz kühn uns bei
Den Nam’ der Teufelskinder.
Josaphat.
Des Moses G’setz und Lehren,
Und macht’ sich noch ein Ehr daraus,
Das Volk so zu verkehren.
Mesa.
Er ist, der soviel Aufruhr macht,
Er ist, der unser G’setz veracht’,
Und alles Volk verführet.
Isak.
Wer ist, den nit betrogen er?
Er hat bei sich den Teufel,
Ich glaub’ es ohne Zweifel.
Simon.
Er hat durch falsche Wunderwerk
Das dumme Volk verblendet;
Heut’ sieht man aber seine Stärk’,
Aminadab.
Dem G’satz zuwider schützte er
Ein Weib, so d’ Eh’ gebrochen,
Und macht, daß Viel’ durch solche Lehr
Auf ihre Sünden pochen.
Annas.
Mithin Gott selbst verletzet;
Ich hab noch keinen Schelm gekennt,
Der Gott sich gleich geschätzet.
Die Wahrheit haben g’redt wir All’,
Zu sagen es in diesem Fall
Sei Jedermann beflissen.
Ein falscher Zeuge.
Er sagte, daß den Tempel er
Bald niederreißen wolle,
Doch wied’rum stehen solle.
Durch sechsundvierzig ganze Jahr
Am Tempel wurd’ gebauet,
Und dieser ihn zu stellen dar
Caiphas spricht zu dem gebundenen Christus.
Jetzt hast du wirklich angehört
Sehr viel und große Klagen;
Ein Antwort man von dir begehrt,
Laß länger dich nit fragen.
Abdenago.
Wenn du nur reden wolltest;
Warum denn mit der Sprach nit fort
Du jetzund können solltest?
Abraham.
Red! Antwort gib du grober Knopf,
Setztst du dir’s Schweigen in den Kopf,
So wart, ich will’n dir brechen!
Caiphas.
Sag’ uns, ob Gottes Sohn du bist,
Bei Gott ich dich beschwöre,
Was dir gebührt für Ehre.
Christus.
Du hast’s gesagt; und werdet ihr
Von nun an Alle sehen,
Wie aus den Wolken kommt herfür,
Zur Rechten der Kraft Gottes ich
Werd sitzen und auch richten,
Umsonst vor meinem Grimme sich
Wird woll’n die Bosheit flüchten.
Caiphas.
Jetzt Alle selbst gehöret;
Wer hat dich, derbe Lästerzung,
Zu reden so gelehret?
Euch weise Herren frage ich,
Versichert bei eurm G’wissen mich,
Ob ferner man soll ruhn.
Weil nun ich höchster Priester bin
In so verworr’nen Zeiten,
Wer ist auf meiner Seiten?
Alle.
Wohl tausendmal er hat den Tod
(So urtheil’n wir) verschuldet,
Uns wundert, daß solang ihn Gott
Michas.
Pfui dich! du saubrer Gottessohn,
Du schöner Herr und König!
(Speit den Herrn an.)
Die Speicheln sollen sein dein Lohn,
Doch das ist noch zu wenig.
Abdenago.
Und laß ihn dir wohlschmecken!
Es sind mir noch viel tausend feil,
Wenn dieser nit soll klecken!
Heli.
Wie steht es jetzt, du Zauberer,
Probire was! kannst gar nix mehr,
Ist All’ dein Kunst z[er]flossen?
[187] Während sie so den Herrn mißhandeln, vor ihm knien und ihn verspotten, kommt nebenan in den Vorhof Petrus und die Magd spricht zu ihm:
Du Kerl, was machst schon wieder hier?
Was hast daher zu stehen?
Man muß auf dich wohl sehen.
Zu den Soldaten.
Auch dieser oft mit Jesu war,
Er kann es nit verneinen;
Ich glaub’, er ist sein Jünger gar,
Ein Soldat.
Ha! ha! bist du ein solcher Mann,
Jetzt kannst bald fort dich machen!
Sonst wird man so dich sehen an,
Daß g’wiß du wirst nit lachen.
Petrus.
Ich muß, was wahr, bekennen;
Auch hundertmal wenn du mich fragst,
Ich kann ihn dir nit nennen.
Der Judenhauptmann kommt heraus und spricht zu den Soldaten:
Was gebt auf diesen Mann ihr Acht,
Es wird ohn euch schon ausgemacht,
Laßt ihn nur ferner streiten!
Mesa ruft drinnen:
Jetzt bringt uns einen Lumpen her,
Die Augen zu verbinden,
Man wahrhaft mög ergründen!
Ismael.
Das Volk als ein Propheten dich
Hat öftermal geehret;
Jetzt muß die Wahrheit zeigen sich
Aminadab.
Wer gschlagen dich, uns Christe sag’,
Sag wessen Faust es war,
Gib Antwort, was ich ferner frag,
Wer zieht dich bei dem Haar?
Malchus.
Und weißt nit zu errathen,
Wer g’schlagen dich hat mit der Hand,
Wie schmeckt dir dieser Braten?
Schlägt ihn.
Ein Soldat zu Petrus im Vorhof.
Es sei wie immer woll’ die Sach,
Du bist ein Galiläer;
Eh’ man dir kommet näher.
Abraham.
Jetzt läugn’s nur nit, denn selbst ich dich
Im Garten hab gesehen;
Du weißt, was dort ereignet sich,
Petrus.
Ich schwör bei meiner Ehr’ und Treu,
Bei Gott und dem Gesetze,
Daß ich nit wisse, wer er sei,
Daß ich ihn auch nit schätze.
Wenn sein ich soll sein Freunde;
Es reiß mich hin der jähe Tod,
Wann ich nit bin sein Feinde.
Es kräht der Hahn.
Michas zu Petrus.
Geh! geh nur, jetzt grad ist es Zeit!
Er tritt hinein und spricht zu Christus.
Erzeige deine Herrlichkeit
Uns seind ja unterthänig.
Caiphas.
Bis morgen frühe noch Geduld
Mit ihm wir wollen tragen.
Wir können ihn verklagen.
Jetzt schleppt ihn ins Gefängniß fort
Und ihn fein wohl bewachet,
Mit ihme auch ohn Sorg alldort,
Judenhauptmann.
Dem sollen wir gleich kommen nach
Und uns sogleich bereiten,
Um Jesu in ein neu’s Gemach
Mit Freuden zu begleiten.
Caiphas.
Doch laß nur Witz verspüren,
Wenn morgen wir in aller Fruh
Ihn zu Pilatus führen.
Maria bekommt Zeitung von Johannes, Jesus sei gefangen, will ihn sodann mit Magdalena und Marta aufsuchen, welches aber Johannes für dießmal mißrathet.
Maria.
Warum Johannes kommst allein,
Ich bitt’, es mög’ was immer sein,
Du wollst mir Alles sagen.
Johannes.
Ach Jungfrau, ach erschrecket nicht,
Dem Schmerz nit unterlieget
Daß Gott es also füget.
Maria.
Entdeck mir, was es immer sei,
Ich will, was Gott hat wollen,
Des Höchsten Will bringt Trost mir bei,
Johannes.
Entschlossen, weil denn so du bist,
So will ich es erzählen.
Mein Meister ist durch Gwalt und List
– Wen soll dieß nit entseelen?
Ist wirklich schon gerathen,
Und Judas war’s, ich hab ihn ’kannt,
Der ihne hat verrathen.
Maria.
O Bitterkeit! o Leid! o Schmerz!
Als daß mein liebends Mutterherz
Dieselbe könnt ertragen.
Was that mein Sohn, o Judas, dir?
Was wolltest also rächen?
Nur dieß war sein Verbrechen.
Ist dieß der Dank für All’, daß er
Dich gar zum Schaffner machte?
Und wann dieß auch nit g’wesen wär,
Du Leib und Seel ihm schuldig bist
Und raubst ihm doch das Leben;
Wann dieses keine Bosheit ist,
Wo soll’s ein Bosheit geben?
Viel tausend schöne Worte;
Die That von dir jetzt anders spricht,
Du wolltest uns ermorden.
Marta.
Hilf Magdalena! hilf geschwind!
Magdalena.
Erheb’ sie von der Erd geschwind!
Marta.
Ach was soll Dieses werden!
Magdalena.
Maria! ach erhole dich!
Uns hilf’, o Himmel, schicke!
Marta.
Magdalena.
O ja! o großes Glücke!
Maria.
Ach dir, o Himmel! dir, o Gott!
Mein Elend kann ich klagen.
Du weißt allein, wie groß mein Noth,
Johannes.
O daß du sähst, dein Leiden mir
Wie heftig dring’ zu Herzen!
So groß mein’ Liebe ist zu dir,
So groß sind auch die Schmerzen.
Marta.
Daß du dich sehr betrübest;
Doch mach’ uns nit die G’fahr so groß,
Wenn wahrhaft du uns liebest.
Magdalena.
Johannes hat ganz recht gethan,
Und was man nit mehr ändern kann,
Das muß man lassen g’schehen.
Maria.
Ich lobe, Magdalena, dich,
Auch dich ich Marta lobe,
Eure Lieb’ hält gleiche Probe.
Doch du, Johannes! weil die Sach
Weit leichter kannst erfahren;
Nach meinem Sohn sieh’ allgemach,
Johannes.
Ich werde thun, was ich nur kann,
Und wie’s mit Jesu stehe,
Nachforschen will bei Jedermann,
So lang, bis ich ihn sehe.
Maria.
Weil Jesu dich sehr liebet,
Und weil ich deine Tugend kenn’,
So in der That sich übet.
Drum bitt ich, daß mit großem Fleiß
Für Jesum mir die Lieb erweis,
Du siehst ja, wie ich leide.
Johannes.
Du weißt es ja, daß inniglich
Ich Jesum und dich liebe;
Dich nit so sehr betrübe!
Magdalena.
Ich wag’ mich mitten in die Feind,
Ich laß mich nit abtreiben;
Kommt! laßt uns gehen, liebste Freund,
Marta.
Auch alsbald will mitgehen ich,
Nichts soll mich überwinden.
Ich will nichts lassen schrecken mich,
Bis daß wir Jesum finden.
Maria.
Kommt! kommt und laßt uns eilen!
Johannes geh! Wir folgen dir,
Ohn’ Aufschub, ohn’ Verweilen.
Johannes.
Ach Jungfrau! ach ihr Freundinnen,
Die Sach’ ich besser g’wiß erkenn’,
Heut hilft nichts unser Gehen.
Mich aller Beschwärnuß, glaubt es mir,
Gewiß will unterwinden,
Und werden ihn auch finden.
Maria.
Es g’scheh’, ich folge deinem Rath,
Weils anders nit kann g’schehen;
Doch in der Früh’, weils jetzt zu spat,
Magdalena.
O daß es nur bald Morgen wär!
Marta.
O Morgenroth erscheine!
Maria.
O Jesu! o mein Sohn und Herr,
Mich bald mit dir vereine!
Alle Uebrigen.
Petrus geht bei dem mittlern kleinen Pavillon heraus, sprechend:
Ach Petre! ach was hast gethan,
Daß solch groß Sünd begangen!
Dein Meister dich gleich g’sehen an,
Da er dort stund gefangen.
Mit einem Menschen z’ sprechen.
Ich förchte, Gott werd solch Untreu
An mir ganz grimmig rächen.
Jesum dreimal verläugnet hab,
Ja bringt mich vor der Zeit ins Grab
Wird mich alsbald entseelen.
O Spott! o Schand! zuvor woll’st geh’n
Mit ihm in Tod und Streiten!
Daß seist aus dessen Leuten.
Ach Hahneng’schrei, ach Hahneng’schrei
Werd deiner ewig denken,
Daß mir vorg’rupft hast mein Untreu,
Ach! wer wird meinen Augen geben
G’nug der Zähr’ und Wasser viel,
Daß ich bewein’ mein gottlos Leben
Heimlich und ganz in der Still.
Daß gemein das Sprichwort wahrhaft sei,
Wer d’ G’fahr liebt, der zu Grunde gehen
Wird darin mit später Reu.
Schlechte Dienstmägd mich erschreckten,
In mir solche Forcht erweckten,
Daß gethan hab groß Unrecht.
Der hohe Priester mich nit fragte,
Kein Schriftgelehrter mich verhört,
Rede dannoch ganz verkehrt.
Bei dem Feu’r zwar that ich stehen,
Aber ganz kalt in der Liebe.
Ach Gott! vor Leid möcht ich vergehen,
Weichet von mir, o ihr Engel,
Wendet ab eu’r Angesicht,
Seht nicht an mein’ Sünd und Mängel,
So von Herzen mich anficht!
Der ich schnell gefallen bin!
Bin drein ’gangen wie ein Blinder,
Ganz verwirrt war ich im Sinn.
Jesu mir wollt’ anvertrauen
Auf mich als ein’ Felsen bauen
Seine Kirch auf dieser Erd.
Aber weil ich jetzt gefallen,
Fehlt’s ja schon im Fundament;
Ein Treuloser werd genennt.
Ich soll binden und auflösen
Andre von der Sünden Band;
Jetzt bin selbst Derjenig g’wesen,
Nun will ich in dreien Tagen
Nehmen weder Speis noch Trank,
Sondern weinen, trauern, klagen,
Weil mein Seel ist ganz todtkrank.
Heiße Zähr’, ganz Wassergüß,
Will mir richten rechte Laugen,
Daß ich meinen Fehler büß!
Hier kniet Petrus nieder und spricht:
O Lamm Gottes! Der Welt Sünden
Wollt’st mich gnädig auch entbinden,
Da ein großer Sünder bin.
Ach erleucht mit Gnadenstrahlen
Seel’ mir und betrübtes Herz,
Wahre Reu und bittern Schmerz!
Ach laß mich doch nit verderben,
Willst ja nit des Sünders Tod!
Sondern laß mich Heil erwerben,
Straf’ mich nit nach mein’m Verbrechen
In dem Zorn und G’rechtigkeit;
Ach thu dich an mir nit rächen,
Sondern zeig Barmherzigkeit!
Nachlaß haben in der Zeit,
Bei dir Jesus Hoffnung finden
In der Buß zur Seligkeit!
Nun wird die Vorstellung für heute geschlossen.
heiligen Charfreitag,
Mittags 12 Uhr, nimmt die Vorstellung ihren Fortgang und wird mit einem Vorspiel eröffnet.
Die Vorspiele wechselten in den verschiedenen Jahren. In unserer Handschrift steht Folgendes:
Christus ist im Kerker. Auf der Bühne erscheint Petrus und bei ihm der Engel der Hoffnung, auch Judas tritt auf, und diesen begleitet der Fürst der Hölle. Recht bezeichnend für die Geschmacklosigkeit der Zeit hält der Engel der Hoffnung dem Petrus einen Anker vor, und der Fürst der Hölle, der eine brennende Fackel trägt, klopft dem Judas immer wieder vertraulich auf die Schulter.
Judas spricht:
Ist denn schon hin aller Gnaden Glanz,
Fürst der Finsterniß.
Ja, ja, du bist verloren ganz,
Der Höll’ ein Opfer werden.
Petrus.
O mich Treulosen! Ach wie lang
Soll ich des Lichts noch g’nießen!
Engel der Hoffnung.
Laß nur die Zäher fließen!
Judas.
Das böse G’wissen beißt und nagt,
Will mir kein Ruh gestatten.
Fürst der Finsterniß.
Dasselbe billig dich verklagt,
Petrus.
O Schmerz, was habe ich gethan,
Darf mich kaum sehen lassen.
Engel der Hoffnung.
Nur hange Christo fürder an,
Tritt an die Zäherstraßen.
Judas.
Kann mich nit mehr ertragen.
Engel der Hoffnung.
Zu Gott nur geh! Bitt um Pardon,
Kein Zeit ist, zu verzagen.
Judas.
So sei’s, zu Gott ich wiederkehr!
Fürst der Finsterniß.
Du hast beleidigt ihn sosehr,
Sein Gnad dir g’wiß entlaufet.
Petrus.
Obschon ich dich zum Drittenmal,
O Gott, verläugnet habe!
Mich Sünder nicht verwerfen!
Judas.
Ach ist dann übrig mir kein Gnad?
Fürst der Finsterniß.
Zu schwer sind deine Sünden!
Christus spricht aus seinem Kerker hervor:
Kommt doch ihr Alle! ich euch lad’,
Kommt! eilet Alle zu mir her,
Die Süße meiner Gnaden
Verkostet, wenn auch noch so sehr
Mit Sünd euch habt beladen.
Judas.
Ach könnt’ ich Gnad erwerben!
Fürst der Finsterniß.
Bei dir sie finden doch kein Ort,
Der bist schon im Verderben.
Petrus.
Dein’ Jünger, sieh o Jesu, an,
Engel der Hoffnung.
Dir ist gezeigt die Himmelsbahn!
Erlösungsblut ist schon vergossen.
Christus.
Wenn als Erlöser ich nit wollt
Aus sonderer Erbarmung,
Zur Gnad und Liebsumarmung,
Ließ ich mich nit beladen so
Mit Qual und tausend Schmerzen.
Den Untergang erst dort ich droh’,
Engel der Hoffnung.
Hörst nit? wie möglich es so leicht
Verzeihung zu erhalten.
Gott g’wiß mit seiner Gnad nit weicht,
Wenn d’ Lieb nit lasst erkalten.
Petrus.
Dich wiedrum hab gefunden.
Engel der Hoffnung.
Mit Lieb und Treu, vollkommentlich
Ihm ewig bleib verbunden.
Christus.
Wer auf mich hofft, wie auch getreu
Wer über seine Sünd hat Reu,
All’ Tröstung g’wiß erfahret.
Mein Güte ist unendlich groß,
Mein Lieb erwartet Alle!
Petrus.
Aus Reu dir z’ Füßen falle.
Nun kniet Petrus nieder und betet sein Gebet wie am Abend vorher:
O Lamm Gottes! Der Welt Sünden
Kommen bist zu nehmen hin,
Wollt’st mich gnädig auch entbinden,
Ach erleucht mit Gnadenstrahlen
Seel’ mir und betrübtes Herz,
Daß ich schöpfen mög dermalen
Wahre Reu und bittern Schmerz!
Willst ja nit des Sünders Tod!
Sondern laß mich Heil erwerben,
Jesu, liebster Herr und Gott!
Straf’ mich nit nach mein’m Verbrechen
Ach thu dich an mir nit rächen,
Sondern zeig Barmherzigkeit!
Auf daß ich und alle Sünder
Nachlaß haben in der Zeit,
In der Buß zur Seligkeit!
Judas.
So hat mich nur alleinig dann
Das Unglück so getroffen,
Daß ich als ein verstockter Mann
Fürst der Finsterniß.
Nun ferners keine Gnad mehr such,
Weil voller Fluch dein Leben!
Judas.
So sei es dann! – Mich nichts als Fluch
Engel der Hoffnung.
Gesprochen selig wird der Mann,
Obschon mit Sünd erfüllet,
Der tapfer auf Gott hoffen kann,
Dein Buß den Zorn g’wiß stillet.
Petrus.
Zu dir, Geliebter, wende;
Die Sünd mich ewig reuen soll,
In Buß mein Leben ende!
Christus.
Von Herzen will ich alle Schmach,
Besänftigt und ohn alle Rach
Den Sünderen vergessen.
Fürst der Finsterniß.
Nit trau! denn du sein theures Blut
Wirst nit ersetzen können!
Laß uns der Höll zu rennen!
(Geht ab.)
Judas.
Ich bin verflucht und ewig nicht
Soll seiner ich genießen;
Wie schrecklich ist sein Angesicht,
(Geht ab.)
Engel der Hoffnung.
Du aber allzeit halte fest
Den sichern Hoffnungsanker!
Durch diesen allzeit wird getröst
Ein jeder Seelenkranker.
Jetzt wieder ist vorhanden
Die ’vor erlosch’ne Liebeshitz’,
Die Hoffnung macht nit z’ Schanden.
Petrus.
So komm, o Hoffnung, mich begleit
Versüße mir die Bitterkeit,
Die ich zur Buß mir wähle!
Christus.
Ich nit den Tod des Sünders will,
Vielmehr, daß er auflebe,
Und dort in Freuden schwebe!
Ende des Vorspiels.
Caiphas spricht zu dem versammelten Rath:
Daß ich euch g’laden hab zu Rath,
Nicht wundert, weise Herren;
Sehr wichtig das Begehren.
Wir waren gestern All’ beisamm,
Doch wurde nichts vollendet;
Nun aber fordert Jedermann,
Jesus, den man geliefert hat
Gefangen und gebunden,
Viel großer, schwerer Missethat
Er schuldig wird befunden.
Recht viel Verdruß gemachet,
Der auch des Höchsten G’setz sogar
Im Uebermuth verlachet,
Des Moses und der Väter Lehr
Den Sabbath schändt, raubt Gott die Ehr,
Sich selbst zu Gottes Sohn machet. – –
Nun stehet einem Jeden frei,
Sein’ Meinung klar zu geben,
Ob er verdient das Leben.
Bei mir kein Gnad er z’ hoffen hat,
Er ist ein Missethäter;
Den Tod verdienet seine That,
Darum bedenkt ihr Herren euch,
Was mit ihm anzufangen;
Ob ihr ihn wollet richten gleich,
Wie es ist mein Verlangen.
Annas.
Die sich all’ Stund verkehren;
Doch ihn zu sehen abermal
Wär heut’ noch mein Begehren.
Caiphas.
Ganz g’wiß, Herr Schwäher! alsobald
Wir wollen sehen, wie’s ihm g’fallt,
Daß wir’s mit ihm so meinen.
Zum Diener spricht er:
Du geh’ geschwind und Anstalt mach,
Daß man mit ihm soll eilen!
Es leidet kein Verweilen.
Diener.
Ich werd’ die Sach betreiben so,
Als wär’ sie schon geschehen.
Caiphas.
Wir werden Alle sein sehr froh,
Bei mir ist es beschlossen schon,
Er soll kein Huld erwerben.
Der Tod ist sein verdienter Lohn,
Er soll ohn’ Gnad heut sterben.
Annas.
Uns All’ herumgeführet;
Mein Ehr ist mir um ihn nit feil,
Daß ich noch würd’ gerühret.
Ismael.
Ja, ja, es liegt daran die Ehe
Wer würd’ uns künftig schätzen mehr,
Wenn wir uns da nit rührten?
Psolomas.
Auch ich pflicht dieser Meinung bei,
Man muß die Sach betreiben.
Und bei dem B’schluß verbleiben.
Joram.
Wenn unter uns wird zeigen sich
Ein Einigkeit der Schlüssen,
So wird er ohnverhinderlich
Isaak.
Recht so! Jedoch mit alter Macht .
Muß auf die Sach man dringen;
Wir würden sonst nur ausgelacht,
Wenn es uns würd’ mißlingen.
Mesa.
Hernach wir werden führen,
Muß Alles sein Ein Herz und Sinn,
Kein Zwietracht darf man spüren.
So ist’s; allein die Einigkeit
Ansonst auch selbst die Billigkeit
Nicht selten unterlieget.
Josaphat.
Die Vorsicht selbst beseelet euch,
Wohl überlegt die Sache.
An Härtigkeit und Rache.
Was billig, recht und rechtens ist,
Das soll und muß geschehen.
Doch prüfet, daß nicht falsche List
Die Klagen, die man vorgebracht,
Sind groß und viel, – muß sagen,
Doch untersucht auch wohlbedacht,
Ob wahr auch sind die Klagen.
Ein Bosheit will anschwätzen;
Die Prob davon zu machen hat,
Laßt Euch nit z’ viel aufhetzen.
Judas ist’s, der ihn klagt an,
Daß dieser ist ein falscher Mann,
Die Prob’ ist leicht zu heben.
Wie? – War nicht Judas selbst sein Freund,
Dem Alles Er vertrauet?
Auf den sein Glück er bauet?
Wahr ist, daß Jesus den Judas hat
Zum Schaffner selbst erkiesen.
Doch dieß zum Raub ihm Anlaß gab,
Die Salb, die Magdalena that
Auf Jesu Füß ausgießen,
Hat ihn aus Neid hieher gebracht,
Daß Jesu sie sollt’ büßen.
Er wollte sie erhaschen.
Aus Geiz hat er das Geld begehrt,
Zu schieben in die Taschen.
Verdient wohl ein so schlechter Mann,
Da man von Jesu sagen kann,
Daß heilig sei sein Leben?
Ihr wollt verdammen einen Mann,
Von dem die Unschuld zeuget;
So bin ich überzeuget.
Mein’ Meinung ist, ich halt’s für gut,
Man lasse ihn jetzt gehen;
Man schone das unschuldig Blut,
Caiphas.
Was? Was? – Auch du bist aus der Zahl,
Die nicht mit uns so denken?
Du schützest Jesum abermal?
Sein List thut dich nicht kränken?
Sich freventlich gemachet.
Weißt nit, daß er dem G’setz spricht Hohn,
Die Obrigkeit verlachet?
Weißt nit, daß er all’ Lasterthat
Wer so viel Schlecht’s begangen hat,
Der werd’ nit mehr geduldet.
Annas.
Ja wohl! Sie haben Recht, Herr Schwäher,
Ich kann es nit ertragen,
Hat sich erfrecht zu sagen,
Daß wir Betrüger, Gleißner sei’n,
Daß wir die Bosheit schützen,
Daß wir nur unsern Sinn allein
Dieß ist ein Frevel, der auch muß
Gebüßt und gestrafet werden.
Sonst würden wir zur größten Buß
Verlacht auf dieser Erden.
Dir vor ganz klar benennet,
Was greulich große Lasterthat,
Welch’ Bosheit er anspinnet.
Mit Stolz und mit Vermessenheit
Und erst mit was Vermessenheit
Den Königs Nam er führet!
All’ Dieses dünkt dich nichts zu sein?
Hiefür soll er nicht tragen
Wie magst von Unschuld sagen?! –
Dein Rettungsg’schwätz gibt klar an Tag,
Daß du bist Jesu Freund!
Ich dir denn unverholen sag,
Hochwürdig hoch und weiser Rath,
Nicht kann geduldet werden
Ein Feind, der widersprochen hat.
Aus dem Rath muß g’jagt er werden.
Dem Rathe widersetzet,
Der ohne Scheu vermessentlich
Auch uns’re Ehr verletzet!
Du willst noch retten jenen Mann,
Von dir man wahrlich sagen kann,
Du seiest ganz verblendet.
Ich glaub, du bist aus jener Rott,
Die ihm so angehangen,
Seine Freiheit zu erlangen.
Du falscher Schmeichler, glaubst du wohl
Das Urtheil hinterz’treiben?
Ich schwör dir hoch und theu’r, es soll
Josaphat.
Was eiferst du so wider mich,
Da ich gered’t von Herzen?
Ich hab erklärt mich öffentlich,
Mit Blut sei nicht zu scherzen.
Das Recht ich nicht verletze;
Allein bei dir zeigt deutlich sich
Verletzung der Gesetze.
Glaubst du, daß ich verblendet sei,
Ich sag dir: Ja! – ohn’ alle Scheu,
Ihr hörts All’, die da sitzen.
Dein ganz Gemüth verblendt muß sein,
Vom Neidesgeist ang’hauchet,
Dein Herz vom Rauchfeu’r rauchet!
Dein schäbig’s G’müth voll böser Ränk
Sich immerdar muß zeigen;
Du steckst ganz voller böser Schwänk,
(Zu Annas und Caiphas.)
Ihr Beide sehr Viel g’schwätzet habt,
Doch ohn’ alle Rechtesgründe
An Jesum keine Lasterthat,
Kein Bosheit auch ich finde.
(Zum ganzen Rath der Juden.)
Ein Wort noch d’rein zu reden.
Ihr bringet viele Klagen für
Und könnt doch nichts erheben.
Ihr beschuldigt Jesum böser That,
Beweist, was er begangen hat,
Sagt, was ihm g’reicht zur Sünde!
Hat er nicht schon im zwölften Jahr
Recht weislich uns gelehret?
Habt ihr’s nit selbst gehöret?
Caiphas.
Was bringst du noch dieß Kinderg’schwätz?
Was willst du daraus machen?
Schweig gleich von Dem, man wird zuletzt
Josaphat.
Wer’s hell Licht nit ertragen kann,
Dem sind auch all’ Wahrheiten
Nur leere Träume, wenn gleich der Mann
Als Gott sie thut verbreiten.
So glaubet seinen Werken,
Die noch kein Mensch hat ausgericht,
Thut diese euch wohl merken!
Zu Kana in der größten Noth
Mit etlich Fisch und wenig Brod
Fünftausend Mann er labte.
Aus Menschen er die Teufel treibt,
Die Lahmen heißt er gehen,
Habt ihr’s nit selbst gesehen?
Den Blinden kann er’s Augenlicht,
Das G’hör den Tauben geben,
Und wie viel Todte hat er nicht
Hier müßt ihr sehen, wenn euch nicht
Die Augen sind verblendet!
Begreifen müßt ihr sicherlich,
Daß Gott ihn selbst gesendet!
Annas.
Hat diese Werk geschaffen.
Du aber seines Gleichen bist –
Was hast mit uns zu schaffen?
Josaphat.
Wer selbst die Unschuld ist wie Er,
Wo auch die That mit seiner Lehr
Einstimmend sich beweiset:
Ein solcher Mann, der so viel That
Und Tugend hat beisammen,
Zum Tode nit verdammen.
Die Gesetze euch erlauben’s nicht,
Daß er getödtet werde,
Weil man nicht findet vor Gericht
Caiphas.
Was braucht’s ihr Herren? Kurz bekennt!
Ob ihr euch wollet rächen?
Ob ihr ihn für schuldlos erkennt,
Oder’s Todes schuldig sprechen?
Alle stehen auf und schreien.
Kein Gnad soll er erlangen!
Pilato ihn gleich führ man für,
Am Kreuzholz muß er hangen!
Abdenago.
Gelt gestern kam’s dir seltsam für,
Das hast nit eingebildet dir,
Sonst wär’st du uns entsprungen.
Misach.
Wie hat dir g’fall’n die heutig Nacht?
Hat dir All’s wohl geschmecket?
Wenn dieses dir nit kleket.
Abraham.
Glaub nur, daß wir so dumm nit seyn,
’Was Neues zu erfinden;
Der Teufel gibt uns g’wiß noch ein,
Aminadab.
Und wenn alleinig wäre ich,
Ich wollt’ dich so zerzausen,
Daß dir an mir ganz sicherlich
Alleinig schon würd’ grausen.
Heli.
Die Herren dich verlangen!
Du wirst den längst verdienten Lohn
Ohn Zweifel heut empfangen.
Malchus.
Noch einen Dank dir schuldig bin,
Hier hast ihn, nimm ihn willig hin!
(Schlägt den Herrn.)
Hauptmann.
Marschirt und mit ihm eilet!
Als sie in die Versammlung des Raths getreten sind, spricht der Hauptmann.
Den Gefang’nen, den wir diese Nacht
Verwahrt und eng gehalten,
Wie’s ferner sei zu halten.
Ich schätze mir’s für eine Gnad,
Den Auftrag zu erfüllen,
Darum ich auch mit Eifer hab
Da ich nun meine Schuldigkeit
Erfüllt mit Lust und Freuden,
Das Uebrig’ eurer Wohlweisheit
Verbleibet zu entscheiden!
Caiphas spricht zu Christus.
Du Schand und Last der Erden!
Jetzt gib uns Antwort auf der Stell,
Was wir dich fragen werden!
Sag’ ob du der Messias bist,
Bekenn, ob Gott dein Vater ist,
Wie man dich hörte pochen.
Christus.
Wenn schon ich euch die Wahrheit sag’,
Ihr werdet’s doch nit glauben;
Hieraus zusammenklauben.
Ihr werdet mich erkennen nicht,
Vielmehr auf’s Neue hassen;
Es wird eu’r boshaft Volksgericht
Jedoch! – Von nun an, sag’ ich euch, –
Und Das wird bald geschehen! –
Ihr werdt mich in mein’s Vaters Reich
Zur Rechten sitzen sehen!
Alle.
Und ist Gott selbst dein Vater?
Christus.
Ihr sagts; denn ich bin Gottes Sohn
Und Gott ist selbst mein Vater.
Caiphas.
Ihr Herren habt nun selbst gehört
Selbst wider Gott hat sich empört
Er mit sein’ Lästerzungen.
Alle schreien zusammen, sich erhebend.
Man braucht kein and’res Zeugniß mehr,
Wir Alle selbst seind Zeugen,
Kann Bosheit höher steigen ?
Caiphas.
So soll es denn beschlossen sein,
Der Bös’wicht soll heut sterben!
Von jetzt vermehret ihm die Pein!
Alle schreien zusammen.
So wahr Gott lebt, er ist nit werth,
Daß er soll länger leben!
Wir müssen diese Pest der Erd
Den Römern übergeben!
Caiphas..
Ihr Herrn gelehrt und weise!
Ihr habt gethan eu’r Schuldigkeit,
Ich Alles selbst gutheiße!
Maria spricht
Die Augenblick mir Stunden seind,
Für ihn, ach gönnten’s mir die Feind,
Daß ich mein Leben gebe!
Es ist noch fruh! doch nit zu fruh!
Mein Lieb’ ja allzeit wachet!
Marta.
Die Sorg’ mir bange machet.
Magdalena.
Und ich kann keinen Augenblick
Der g’ringsten Ruh’ genießen.
Nur Jesu ist mir Freud und Glück,
Marta.
Nur Jesu bringet Freud auch mir,
O Jesu ich dich liebe!
Maria.
Und ich noch größ’re Qualen spür’,
Weil ihn als Sohn ich liebe. –
Dich annoch deiner Worten,
Daß heut seh meinen Sohn ich noch,
Es sei an was für Orten.
Drum führ’ all’ Drei uns jetzt dorthin,
Ach! wo wir wenigst sehen ihn!
Wer sollt’ uns Das nit gönnen?
Johannes.
Des Caiphas Haus war jener Ort,
Wo ich von ihm mußt scheiden.
Auch heut noch Viel muß leiden.
Es kommt heut dort der Rath zusamm’
Der Priester und Gelehrten,
Auch gestern, als ich dort ankam,
Maria.
So führe! ach führ uns dorthin!
Wo Jesum sie verwahren!
Die Lieb ist wie der Tod so kühn,
Sie fürchtet keine G’fahren.
Sie sind nun an das Haus des Caiphas gekommen. Johannes zeigt mit dem Finger nach dem Hause und spricht
Der höchste Priester wohnet,
Hier gestern Jesus viel stand aus
Und wurd’ ihm nit geschonet.
(Es lassen sich Juden sehen.)
Marta.
Genug schon hab’ ich g’sehen hier
Seht! seht nur diese grausam’ Thier!
Wie spöttlich sie sich stellen!
Magdalena.
Ich achte ihres Spottens nicht,
Könnt ich nur Jesum sehen;
Mit ihm in Tod zu gehen.
Maria.
Ach! so beglückt wenn ich doch wär,
Die ich so Vieles leide,
Ach daß ich sterben könnt für dich,
O Gott! o Herr! o liebstes Kind!
O Ursprung aller Dinge!
Wie theur kommt dir der Menschen Sünd’,
Die sie so frech vollbringen!
Hier horcht Johannes vor der Pforte des Hauses. Dann spricht er:
Die Unruh’ sich vergrößert;
Ich fürchte, meines Meisters Sach
Hab heut sich nicht verbessert.
Er führt die heilige Jungfrau an das Portal und spricht:
Hier Jungfrau, wenn es dir gefällt,
Bis daß, wie sich’s mit ihm verhält,
Wir Alle können sehen.
Maria.
Ja, also wollen’s machen wir,
Doch du nit wollest weichen!
Johannes.
Maria zu den heiligen Frauen.
Ihr Beide thut deßgleichen!
Nun wird der Lärm größer, die Rotte tritt heraus und Christus wird vorbeigeführt.
Maria.
O Gott! Mein Sohn soll dieses sein,
Den du mir selbst gegeben!
O Schmerz!
Johannes.
Marta.
O große Pein!
Magdalena.
Dieß bringt mich um das Leben!
Pilatus sitzt auf einem Throne. Draußen auf der Straße hält der Zug. Christus in Mitten der Soldaten.
Der Hauptmann spricht zu Pilatus.
Im Judenland der Kaiser dich
Zum Pfleger hat gesetzet.
Wenn Jemand würd’ verletzet.
Darum gelanget auch zu dir
Des Judenraths Beschwerde,
Damit Das, was er bringet für,
Pilatus.
So kommt ihr Herren nur herein,
Ich bin bereit zu hören;
Was nur gerechte Klag möcht sein
Und wer sich will empören.
Annas.
Zu dir hinein zu gehen.
Doch diesen nach Verdiensten richt,
Den du hier siehest stehen.
Pilatus.
Es g’scheh, ich komm heraus zu euch,
Ich werd die Sach entscheiden gleich,
Betreibt nur eure Klagen!
Alle schreien.
Wenn als ein Uebelthäter er
Nit hätt’ verwirkt sein Leben,
Ihn dir zu übergeben!
Pilatus.
Wenn so beschaffen ist die Sach,
Das Urtheil selber fället;
Verübt an ihm gerechte Rach,
Caiphas.
Gebunden hier ist unsre G’walt,
Wir dörfen Niemand tödten.
Du weißt ja selbst, daß dergestalt
Dein Ausspruch sei von Nöthen.
Alle schreien:
Beschweret hat die Erde;
Drum unverweilt das Urtel fäll’,
Daß er gekreuzigt werde!
Annas.
Er hat ganz kühn das G’setz veracht’,
Mithin des Tod’s sich schuldig g’macht
Durch sein verkehrtes Leben.
Er hat durch seine falsche Lehr’
Das ganze Land verwirret;
Das dumme Volk verführet.
Caiphas.
Er ist’s, der es verboten hat,
Den Zins dem Kaiser z’ geben;
Erwäg’, ob solche Missethat
Psolomas.
Er zog das Volk durch List an sich
Und wider d’ Obrigkeiten
Zu setzen sich, boshaftiglich
Hat er’s g’lehrt aller Zeiten.
Ismael.
Ja wider Kaisers Ehre;
Und einmal fehlt’ es kaum ein Haar,
Gekrönt er worden wäre.
Pilatus spricht zum schweigenden Christus:
Die Klagen hast du angehört,
Gib’ Antwort! Hast du falsch gelehrt,
Und Aufruhr woll’n erregen?
Ist’s wahr, daß du verboten hast,
Den Zins dem Kaiser z’ geben.
Und kosten könnt’s das Leben.
Alle schreien:
Ja wir bezeugen Alles dieß
Ohn’ Skrupel, ohn’ Beschwerden;
Darum ganz billig und gewiß
Pilatus.
Du siehst, wie schlecht es steht um dich,
Nur Ich kann dich erretten.
Darum bekenn’ als gütiglich,
Laß dich dazu nit nöthen!
Pilatus wartet eine Zeitlang auf Antwort. Dann spricht er weiter zu Christus:
Ich muß dich ferner fragen,
Ich muß erforschen noch aus dir,
Ob wahr all diese Klagen.
(Christus wird zu Pilatus hineingeführet.)
Ihr Herren geht inzwischen hin,
Wenn ich verhört werd haben ihn
Und Alles wohl vernommen.
Alle schreien.
Wir ehren deine Oberg’walt
Wir trauen deinen Pflichten;
Und förcht’ die bösen Früchten!
Die Hohenpriester und der Judenrath haben sich in ihren Versammlungssaal begeben. Unterdessen kommt Judas und spricht für sich das Folgende, bis ihn Caiphas anredet.
Ach daß so weit, o Judas, dich
Der Geldgeiz bringen können!
Man darf forthin dich sicherlich
Die Unschuld selbsten hast du ja
Der Bosheit übergeben!
Ein Blinder auch erkennet da,
Wie b’schaffen sei dein Leben!
Viel lieber als dein Meister,
Der dich doch schätzte nit gering,
Dein allerbester Meister!
Er hatte zum Apostel dich
Du Ursach bist! Daß jämmerlich
Er jetzo wird gequälet!
Er hatte dich zum Schaffner g’macht,
Dir Alles übergeben!
Und g’schoben viel daneben!
Er war der allerbeste Mann,
Wie konnt’ ich ihn doch hassen!
Ach Judas! ach, was hast gethan!
Sein Leben war nur Heiligkeit,
Unschuldig all’ sein’ Thaten!
Wie kam mein’ Bosheit doch so weit,
Daß sie ihn konnt’ verrathen!
Und ich bring’ ihn ums Leben!
Durch einen Kuß hat seinen Feind
Kein Feind in’ Tod gegeben!
Caiphas sieht ihn und ruft ihn an:
Wo fehlt es lieber Judas dir?
Du kommst mir ganz verwirret für,
Ich kann es nit verstehen!
Wer hat dir etwas Leid’s gethan?
Wer hat dich so verwirret?
Daß Jedermann es spüret.
Judas.
Ihr Herren selbst! Was fragt ihr lang?
Ihr habt mich so betrogen!
Ihr habt mich –, dieses macht mir bang,
Annas.
Wir haben dich bezahlet baar,
Wie darfst du dich beklagen?
Mit Grund und ohne Lug fürwahr
Kannst von Betrug nicht sagen.
Judas.
Es bringt mich um mein Ehre!
Und wollte Gott! daß es gefehlt
Nit mit der Seel auch wäre!
Hier habt’s das Geld! es reuet mich,
Er ist unschuldig, b’haupte ich,
Zur Prob’ ich mich erbiete.
Caiphas.
Ob du, und wie gesündigt du,
Sind unsre letzten Sorgen.
Wie’s geh’ heut oder morgen.
Hätt’st du ihn uns verrathen nit,
Wärst nit so weit gekommen;
Das Geld und Schuld und Sorg damit
(Geht aus dem Rath weg.)
Annas.
Geh’ du nur hin, doch wird das Geld
Schon finden einen Herren;
Es gibt noch Leut g’nug in der Welt,
Die selbes sehr begehren.
Isaak.
Das Blutgeld nit mehr legen –
Man muß darum, so gut man kann,
Die Sach bei sich erwägen.
Mesa.
Es ist ein’s Hafners Acker feil,
Um in denselben mit der Weil
Die Fremdling zu begraben.
Alle.
Das wird wohl sein der beste Rath,
Bei diesem soll’s verbleiben!
Dieß wollen wir betreiben.
(Der Vorhang wird vor der Rathsversammlung zugemacht.)
Er kommt aus der Rathsversammlung und spricht:
Jetzt Judas ist es aus mit dir!
Es ist mit dir verhauset!
Du stehst schon vor der Höllenthür,
O Himmel! Was hab’ ich gethan!
Daß Jesum ich verrathen!
Was das verfluchte Geld nit kann!
O lastervolle Thaten!
Ganz heilig war sein Leben!
Und meiner Bosheit sein Geduld
Gar oft hat nachgegeben!
Er hatte zum Apostel mich
Ach da hab ihn verkaufet ich –
Wie grob hab’ ich gefehlet!
Er hat mir Alles anvertraut,
Mir Alles übergeben!
Ob ich nichts schob daneben!
Was Er mir that, nur Gutthat war,
Ich muß, was wahr, bekennen.
Er wollt’ mich größten Schelm sogar
Und ich! – durch einen falschen Kuß –
O ärgerliche Thaten!
Und ich! – O Gmüthes Finsternuß! –
Hab boshaft ihn verrathen!
Kann Alles dieß erzwingen!
Da doch sollt’ selbst ein Marmelstein
Von Leid und Schmerz zerspringen!
Komm nur, o Strick! ein Ende mach’
Ich will mich der gerechten Rach
Verzweiflungsvoll ergeben!
O daß ich! – ich sag’s frei und rund! –
Nie wär’ geboren worden!
Nit auf die Höllenpforten!
Kommt nur, ihr Teufel! kommt geschwind!
Was wollt ihr lang verweilen?
Wie billig den Verdienst der Sünd
Ich stirb, wie ich gelebet hab,
Voll Bosheit, ohne Reue,
Die Höll wird sein mein ewigs Grab,
Hol Teufel mich ohn’ Scheue!
Als Gott und seine Gnade,
Aus allen Theilen dieser Welt
Zur Leich’ in d’ Höll’ ich lade.
Mich holt, – ich hab es wohl verschuld’t!
Auch meines Gleichen! – Nur Geduld!
Wird holen er ohn’ Zweifel.
Judas geht mit dem Strick fort und bindet diesen an einen Baum, dann verdeckt ihn der Vorhang.
Man sieht in die Gerichtsstube des Pilatus.
Pilatus.
Erkläre jetzund dich vor mir,
Ob wahrhaft du ein König!
Gewiß sei unterthänig.
Christus.
Ist dir dieß selbst gefallen ein,
Daß ich ein König seie?
Der Königs Nam’ ist nit so g’mein,
Pilatus.
Daß ich kein Jud, ist dir bekannt,
Wie darfst denn also fragen?
An dir sehr Vieles hat genannt
Dein Volk mit schweren Klagen.
Hat dich mir übergeben,
Sie hat dich g’nommen in Verhaft,
Sie tracht’ dir nach dem Leben.
Sie kommen Alle überein,
Und daß du wollt’st ihr König sein,
Mit vollem Mund sie sagen.
Christus.
Mein Reich ist nit von dieser Welt,
Jedoch bin ich ein König;
All’s ist mir unterthänig.
Dieweil doch ist mein Königreich
Nit wie die Reich der Erden,
Beobacht’ man auch nit die Bräuch’,
Ich prang mit keiner Königskron,
Kein Hofstaat mich begrüßet,
Ich sitz auf keinem goldnen Thron,
Kein Leibwach’ mich umschließet.
Wie and’re Länder wäre,
Mein Kriegsheer würde kommen gleich,
Zu schützen meine Ehre!
Pilatus.
Du nennest einen König dich,
Das ist fürwahr verwunderlich,
Du mußt dich mehr erklären!
Christus.
Du hast es ja schon selbst gesagt,
Und König mich genennet;
Weil es mich nit erkennet.
Ich bin kein König dieser Welt,
Jedoch der größte König.
Erfahren wird’s, wie sehr er fehlt,
Der Wahrheit gebe Zeugnuß ich,
Ich bin darum gekommen!
Ich hab nie – glaub’ es sicherlich! –
Ein’ Falschheit unternommen.
Der höre meine Stimme!
Dieß, weilen du ein Richter bist,
Dir wohl zu Herzen nehme!
Pilatus.
Du sprichest von der Wahrheit hoch,
Worin die Wahrheit b’stehe doch,
Um dieß ich dich noch frage.
(Pilatus ruft jetzt zu einem Diener.)
Du aber ruf zusamm’ geschwind
Die Priester und Gelehrten,
Weil’s dieß von mir begehrten.
Diener.
Sie kommen eben All’ daher
Ganz hurtig ohn’ Verweilen;
Es braucht alsdann jetzt gar nichts mehr,
[231] Die Hohenpriester, Schriftgelehrte und viel Judenvolk sind unterdessen beim Hause des Pilatus zusammengeströmt. Nun spricht Pilatus zu ihnen:
Ihr habt vorher mir diesen Mann
Zu richten übergeben;
Doch weil kein’ Schuld ich finden kann,
So laß ich ihne leben!
Alle schreien:
Und laß dich nit verblenden!
Verfahr’ mit ihm nach deiner Macht,
Du hast ihn ja in Händen.
Von Galiläa bis hieher
Das ganze Land! Was will man mehr?
Hat dieser Schalk verwirret.
Pilatus.
Gut, wenn ein Galiläer ist
Der Mensch, den ihr so hasset,
Von ihm verurtheil’n lasset!
Was geht mich Galiläa an?
Hier bin ich Landespfleger.
Was hier vorgeht, ich richten kann,
Caiphas.
Hiedurch uns eine Gnad’ geschieht,
Herodes wird schon sprechen;
Er kann durch lang verlangtes G’richt
Sich heut an ihme rächen.
Annas zu den Juden spricht:
Die Sach ist schon gewonnen!
Ein End bekommt sein Königreich
Vor Untergang der Sonnen.
Während sie Christum fortführen, spricht Pilatus für sich:
Ich weiß nicht, was ich noch thun soll,
Das Urtheil ist gefahrenvoll,
Es ist gar bald geirret.
Die Juden klagen greulich an
Ihn mit vereinten Stimmen,
Was soll sich nun geziemen?
Der Haß hat schon die Oberhand,
Ich merk’s aus allen Dingen;
Sie setzen selbst das Leben zum Pfand,
Doch was! Es sind ja g’lehrte Leut’,
Die also mich berichten;
Sie werden es nit thun aus Neid,
Sie wissen ihre Pflichten.
Ihn mit dem Tod zu strafen,
Muß seiner ich annehmen mich
Und ihme Ruh’ verschaffen.
Jedoch! – Was geht’s mich ferner an?
Was dieser thut, das sei gethan,
Er mag sich mein’thalb rächen.
Herodes war bisher mein Feind,
Doch kann es heut geschehen,
Das Spiel kann sich verdrehen.
Bis die Juden ihre Klage bei Herodes anbringen, sieht man in die Hölle, wo viele Teufel sind. Man hört aus dem höllischen Feuer den Judas klagen.
1.
Ach Weh! ach Weh! ach Bitterkeit!
Ach Elend! Noth in Ewigkeit!
Hätt’ ich den Meister nit verrathen,
2.
O Feu’r! o Flamm! o Hitz! o Gluth!
Wer ist’s, der mich erretten thut?
O Rauch! o Nebel! finstre Nacht!
Was hat d’ Rach Gottes nit erdacht!
3.
O G’sellschaft der Verdammten Heer!
O G’spenst! o Larven allerlei!
O G’heul! Gebrüll und Mordgschrei!
4.
Ach Hunger! Durst! o ach Gestank!
Was aber mir die größte Pein,
Ich muß des Himmels b’raubet sein!
5.
Beraubt von Gott, von Sonn und Mon,
und hab’ dazu den Spott zum Lohn!
O Pein! und doch, ach kein Befreiung!
6.
Ach wie wird jetzt mein Herz gebrennt,
O Ewigkeit! wann hast ein’ End?
Verflucht sei’st Geld, so mich eing’nommen,
7.
Verflucht der Tag! Verflucht die Nacht!
In der ich ward in d’ Welt gebracht!
Verflucht der Leib, der mich empfangen,
Von dem ich in die Welt gegangen!
8.
Verflucht die Brust, die mich gesäugt,
Der mich erschaffen, sei verflucht!
Auch der mich zu erlösen g’sucht!
9.
Verflucht, verflucht o Judas bist,
Mußt sitzen, schwitzen in der Pein,
Ein Höllenbrand mußt’ ewig sein!
(Die Hölle wird zugedeckt.)
Zu Herodes wird Christus von der tobenden Judenrotte hineingeführt, dann spricht
Caiphas.
Hier stellen einen Mann wir dar,
Durchlauchtigster König!
Weil er dich acht’ sehr wenig.
Sein Vaterstadt ist Nazareth,
Und Jesus ist sein Namen,
Dein Kron durch dessen Tod errett!
Herodes.
Fürwahr wir haben schon lange Zeit
Verlanget, ihn zu sehen;
Dieweil durch ihne weit und breit
Viel Wunder sind geschehen.
Können wir es erfahren,
Ob wahr, was wir gehört davon,
Oder ob es Lügen waren.
Annas.
Gib aber wohl, o König, acht,
Und wie er’s vielen Andern g’macht,
Dich meisterlich belüge!
Judenhauptmann.
Pilatus deiner Majestät
Durch mich läßt übergeben,
Weil er auch hat sein Leben
In Galiläa meist vollbracht,
So stellet er die Sache
Dir heim, damit durch deine Macht
Ismael.
Und daß man nehm’ ein’ große Rach,
Ist schon daran gelegen;
Sonst könnten werden allgemach
Noch Andre so verwegen.
Psolomas.
Daran darf man nit zweifeln;
Man hat’s erkannt aus seiner Lehr,
Daß ers hielt mit den Teufeln.
Joram.
Er hat verkehrt des Moses G’satz
Der Sabbath fand bei ihm nit Platz,
Weil er Gott nit wollt ehren.
Ismael.
Mit off’nen Sündern hielt er Schmaus!
Zur Freud der Judenfeinde,
Zum Aergerniß der G’meinde.
Mesa.
Er hat im Galiläer Land
Wie hier die Leut verhetzet,
Und wider deine Kron’ und Stand,
Isaak.
Er hat durch seine Lehr vergift
Viel einfaltvolle Seelen;
Er hat so viele Uebel g’stift,
Daß man sie nit kann zählen.
Simion.
O König, selbst genennet,
Und also dir boshaftiglich
Die Ehr nit anerkennet.
Aminadab.
Er wollt’ den Tempel reißen ein,
Konnt’ eine größ’re Bosheit sein,
Wer hat je so ’was g’höret?
Annas.
Er warf selbst auf zum König sich
Zum Nachtheil deiner Krone,
Zum wohlverdienten Lohne.
Caiphas.
Er hat den Höchsten selbst veracht’t,
Den Tempel auch entehret;
Er hat zu Gott’s Sohn sich gemacht,
Alle zusammen sprechen:
Darum mit höchster Billigkeit
Soll er des Todes sterben!
Er solle kein’ Barmherzigkeit
In Ewigkeit erwerben!
Herodes.
Die vorgebrachten Klagen,
Doch weil er sich daran nit kehrt,
Muß man ihn ferner fragen:
Er spricht zu Christus:
Sag’ an, bist du der theure Mann,
Daß er auf’s Neu erwecken kann,
Was vor viel Täg’ gestorben?
Bist du es, der das Augenlicht
Den Blinden kann ertheilen?
Bekenn’ es unverweilen!
Bist du es, der verborg’ne Ding’
Erkennt, eh’ sie geschehen?
Ich will dich b’schenken nit gering,
Sag’, wer dir G’walt gegeben hat,
Als König einzureiten?
Warum auch wollt’ die ganze Stadt
In Tempel dich begleiten?
Gewirket nach dem Hundert;
Zeig’ auch vor uns die Wunderwerk,
Die man so sehr bewundert!
Mach Wein aus diesem Wasser hier,
Und alsobald soll Gnade dir
Von mir selbst widerfahren!
Mach, daß sich dieses kleine Brod
Vor unsern Augen mehre!
So soll’s dir bringen Ehre! – –
Da Christus fortwährend schweigend dasteht, spricht Herodes weiter:
Was b’sinnst dich lang? Ein Wunder thu!
Ich schwör’ bei Thron und Krone,
Daß ich dir will verschaffen Ruh’,
Ein Diener spricht:
Er schweigt; er schaut aus ganz verwirrt,
Entfärbet und erblasset!
Ich glaub’ darum, weil er verspürt,
Daß ihn sein Kunst verlasset.
Herodes.
Als wär’st du ganz verzücket?
Uns dünkt vielmehr, du seist ein Narr
Und in dem Hirn verrücket.
Geht! – Legt ihm an ein Narrenkleid
Weil ja mit Leuten, so nit g’scheid,
Nichts anders ist zu machen.
Ein Diener.
Komm’ her, du saub’rer Wundermann,
Du Spötter deiner Herren!
Verdienst wohl solcher Ehren!
(Er wirft das weiße Kleid über den Herrn.)
Herodes.
Fürwahr ein schöner Gottessohn!
Fürwahr ein saub’rer König!
Der gegenwärtig Spott und Hohn
Das Töchterchen des Herodes.
Recht so, mein Vater, Herr und König,
Hier verlachet werde er;
Denn sein Verlangen war nit wenig
Zu bekränken deine Ehr!
Daß viel tausend Knaben
In Bethlehem wurden umgebracht,
Sind das nit g’rechte Klagen?
Caiphas.
Jetzt lehr! jetzt schrei! jetzt rühme dich,
Jetzt kehr’ All’s unter, über sich,
Jetzt thu die Leut’ bethören!
Herodes.
Wir haben nun genug g’seh’n ihn,
Pilatus mag selbst sprechen,
Er kann den Stab selbst brechen!
Ihr Herren habt sehr wohl gethan,
Daß ihr ihn mir vorg’führet,
Jetzt kenn ich doch auch diesen Mann,
Ich weiß, daß er mich längst geschimpft,
Daß er mich nur verachtet,
Daß er mich einen Fuchs genennt
Und nach dem Reich mir trachtet.
Mit Narren ist nichts z’ machen,
Auch ihn zu seh’n nit mehr begehr’
Bei so bewandten Sachen.
Betreibt den Handel tapfer fort,
Bis ihm Pilatus spricht den Tod,
Thut alle Kräft’ aufwecken!
(Zum Judenhauptmann spricht er:)
Du führ’ ihn zu Pilato hin,
Sag’ ihm in meinem Namen,
Jesum soll er verdammen.
Nun wird Christus fortgeführt, und als Herodes noch allein zurückgeblieben, spricht er zu sich selbst voll Freuden:
Der heut’ge Tag erfreut uns hoch,
Es ist ein’ Ehr’ uns g’schehen,
Daß wir den Nazarener doch
Pilatus ihn verdammen mag,
Ich acht’ es um kein Haar.
Genug, daß uns vereint der Tag
Mit dem, der Feind uns war.
Im Galiläer Lande.
Zu einem Freundschaftsunterpfand
Geb’ ich ihm heut die Hande.
Die Rotte der Juden bringt den Herrn wieder vor Pilatus, zu welchem der Judenhauptmann spricht:
Wir haben diesen Bösewicht da
Doch was wir glaubten, nicht geschah,
Das Urtheil wurd’ nicht g’fället,
Er hat’s zwar als ein Freundschaftsstück
Ganz gnädig aufgenommen;
Von dir soll’s Urtheil kommen!
Pilatus.
Was halten Sie nun von der Sach’,
Gelehrt’ und weise Herren?
Getrau’n Sie wider Jesum Rach
Annas.
Wir bleiben bei dem ersten Schluß,
Der Böswicht muß heut sterben.
Am Kreuz er heut’ noch hangen muß,
Er soll kein Heil erwerben.
Zum Tod zwar billig sollen,
Ich weiß nit, war er nit so kühn,
Oder hat er halt nit wollen.
Dir sei genug, daß er ihn dir
Genug sei, Jesum gleich wie wir,
Daß auch Herodes hasset.
Pilatus.
Daß ihr ihn hasset, sieh’ ich klar,
Jedoch nit, mit was Gründe,
Daß ich kein Todschuld finde.
Auch selbst Herodes fand kein Schuld,
Drum wollt’ er ihn nit tödten,
Darum auch soll er finden Huld,
Alle schreien:
Ist All’s umsonst, den Tod er hat
Viel tausendmal verschuldet,
Nit länger seine Missethat
Kann werden mehr geduldet.
Pilatus zu seinen Soldaten spricht:
Der längst schon liegt gefangen,
Der hat’s verdienet, daß er sollt’
Am Kreuzesgalgen hangen.
(Nun spricht er wieder zu den Juden:)
Es ist ein’ hergebrachte Sach’,
Dem sonst man aus gerechter Rach
Benehmen sollt’ das Leben.
[243] Nun wird Christus neben den Mörder Barrabas gestellt und
Pilatus spricht:
Hier stehen der Gefang’nen zwei,
Ihr seht sie steh’n beisammen,
Ihr nennet dessen Namen.
Ich fand an ihm kein Uebelthat,
Doch will ich euch nachgeben;
Es sei, daß er gesündigt hat,
Den Andern man Barrabas nennt,
Ein Ungeheu’r der Erden!
Den Menschenmord er selbst bekennt,
Weil’s nit kann g’läugnet werden. –
Soll ich das Leben schenken?
Ich mein’, es wär’ das allerbest,
Ich ließ den Mörder henken!
Caiphas.
Nein! Nein! Gib uns den Mörder frei!
Und Jesu! – Also bleit’s dabei! –
An dessen Statt soll sterben!
Pilatus.
Ihr Juden All’! Ich frage euch,
Wem aus diesen Zweiten
Gnad’ lassen angedeihen?
Alle schreien:
Du hast es einmal schon gehört,
Barrabas ist derjenig,
Den los das ganze Volk begehrt,
Pilatus.
Was soll ich denn mit Jesus thun,
Der Christus wird genennet?
Mein G’wissen lasset mich nit ruh’n,
Weil es sein’ Unschuld kennet.
Alle schreien:
Er soll gekreuzigt werden!
Nit anders es geschehen soll,
Nimm weg ihn von der Erden!
Pilatus.
Wo keine Schuld find einen Platz,
Wär wahrlich wider alles G’satz
Und wider meine Pflicht!
Alle schreien:
Er muß, es sei nun, wie ihm woll’,
Er muß gekreuzigt werden!
Ihn länger noch die Erden!
Pilatus.
Obwohl an ihm ich find kein’ Schuld,
Will ich ihn dennoch strafen;
Und zwar ohn’ alle Gnad und Huld,
Ihr Götter! ach verzeihet mir,
Wenn Unrecht ihm geschiehet;
Ich kann ja einmal nit dafür,
Die ganze Stadt es siehet.
Ihr nöthigt mich zur Rache!
Obwohl ganz anderen Bescheid
Erforderte die Sache.
Alle schreien:
Um dieß nit viel bekümm’re dich!
Die jetzig Welt weiß z’ schicken sich
In vielerlei Begehren.
Pilatus.
Ich thu’ zu Lieb ihr Herren euch
Mehr, als erlaubt mein G’wissen.
O harte Richtersbissen!
Doch sei es: Euer Will’ gescheh’,
Weil ihr nit nach wollt’ geben!
Man geißle ihn! Doch daß ich seh,
Judenhauptmann.
Ich werd’ betreiben d’ Sach so wohl,
Als wenn’s schon wär’ geschehen,
Man wird g’wiß, eh’ man’s hoffen soll,
Ihn recht gegeißelt sehen.
Aminadab.
Wir wollen dich so zahlen,
Daß man an dir kein Plätzlein find’,
So nit mit Blut gemalen.
Pilatus.
Verfahr’n mit ihm, wie’s euch beliebt,
Doch daß nichts Böses ihr verübt,
Bei euch wohl überleget!
Achim kommt mit einem Arm voll Ruthen und Geißeln, und spricht:
Ruthen, Geißeln bring’ ich euch hier,
Thut ihne nur brav streichen!
Und keinem Menschen er thut gleichen.
(Sie führen den Herrn fort zur Geißelung.)
Pilatus.
Wir aber wollen sinnen nach,
Zu thun was ferner seie,
Damit nit diese üble Sach’
Einmal das Todes-Urtheil ich
Kann über ihn nit sprechen,
Dieweil an ihm nit zeiget sich
Ein Schuld und ein Verbrechen.
Man sieht in den Geißlungssaal, wo Christus mit seinem Blut überronnen und übergossen an die Säule gebunden ist. Die Henkersknechte liegen auf dem Boden herum. Auf dem Vordergrund der Bühne aber steht ein Engel, welcher eine Seele an der Hand führt und auf den gegeißelten Herrn hindeutet.
Der Engel singt:
Wie weit gebracht die Sünd
Den Schöpfer aller Ding’!
Du sündigst ohne Scheu
Und rühmst dich noch dabei,
Die Seele singt:
So bin denn Ursach’ ich,
Daß läßt entblößen sich
Der Sohn des Ewigen!
Die Seele kniet nieder und singt:
Verzeih’ o Jesu mir,
Mein Leben all’ zu ändern.
Der Engel singt:
Zur Buß dich wende,
Das Leben ende,
Es ist die höchste Zeit!
Gott kann dich finden,
Fürcht’ sein’ Gerechtigkeit!
Die Seele singt:
Ach schlimmes Leben,
Dem ich ergeben,
Mit bittern Schmerzen
Ruf ich von Herzen,
O Gott, Barmherzigkeit!
Der Engel singt:
Sieh’ was für Grausamkeit
Mit was für Heftigkeit
Dein Gott dich Seele liebt!
Geh’ und die Wunden zähl’,
Verboste Menschenseel!
Die Seele singt:
Gegeißelt dich,
O Gottessohn!
Die Sünd’ ach mir
Zu süß kam für
Der Engel spricht:
Ach Jesum hast du hart getroffen!
Nun wund’re nit, daß d’ Höll’ steht offen,
Das macht dein’ Sündenbrut.
Die Seele spricht:
Es rette mich sein Blut!
Die Henkersknechte haben den Herrn von der Säule gebunden und er sinkt unter seinen Schmerzen zusammen.
Der Engel singt:
Die Schönheit ohne Zier!
Wer hat sie so zernichtet?
Wer also zugerichtet?
Wer hat’s gethan?
Dein Sünden-Wust!
Du hast’s, o Mensch, gethan!
Die Seele singt:
Ich bekenne mein Verbrechen,
Selbst will ich die Unbild rächen!
Der Engel singt:
In seinem Blut liegt Gott!
O mein Menschenkind!
Die Seele singt:
Nie mehr soll es geschehen!
Mich nit mehr will vergehen!
O weh’! was thate ich,
Daß ich ließ reizen mich
Zur grausenvollen Sünd!
Sieh’, ich bekenn’ mein’ Schuld.
Dem armen Menschenkind!
Ein Bube hat Dornen herbeigebracht, welche die Juden zu einer Krone flechten. Nun reißen die Juden den Herrn auf, drücken die Dornenkrone auf sein Haupt und setzen ihn auf einen Stuhl. Unterdessen singt
Der Engel:
Die Rosen aller Ueppigkeit,
Weil du für dich gebrochen,
Das Haupt dem Herrn der Ewigkeit
Dein’ Hoffart ist die Ursach’ des Spottes,
Daß leidet der Eingeborene Gottes!
Die Seele singt:
Ich sieh’ es, meine Eitelkeit,
Mein Hochmuth, meine Zärtlichkeit
O Jesu, krönet dich!
Meine Hoffart belegt, dich o Gott!
O König der Ehren mit Spott!
Der Engel singt:
Wie lang’ noch wird der Wollust Ros’
Wie lang wird Hochmuth, Eitelkeit,
O Sünde, sein dein Ziel und Looß!
Nun jag’ jetzt fort aus deinem Schooß
Betrügliche Ergötzlichkeit!
Der Dorn der Buße sei dein’ Ros’.
Der Engel singt wieder:
Pilatus dem Herodes war
Gewiß kein guter Freund!
Herodes gleichfalls offenbar
Wie kommt es dann,
Daß beid’ sich also lieben
Und sich in Freundschaft üben?
Wer ist der Mittelsmann?
Die einzig’ Friedensquell!
Den Frieden stiften ist sein Ziel!
O komm’, wer sich versöhnen will!
Die Seele singt:
Versöhnt zu werden ich verlang’,
Ich wußt nit was zu thun!
Ich konnte nit mehr ruh’n!
Du aber tröstest mich,
Auf’s Neue lebe ich!
Ich liebe meinen Feind,
Aus Lieb zu dir!
Gib’, daß ich Gnade find!
Ach wehe meine Sünd!
Der Engel singt:
O umfang mit Lieb den Feind,
So machst dir Gott zu deinem Freund,
Buß, Tugend zeig’ mit Werk und Wort,
Und haß die Sünd, Gott liebe fort!
Die Seele singt:
Werd’ lieben bis in Tod!
Buß, Tugend üben allezeit,
Gott lieben in all’ Ewigkeit!
Das ist nun mein Entschluß!
Der Engel.
(Beide treten zurück.)
Verspottung Christi durch die Juden und Henkersknechte.
Der Judenhauptmann spricht:
Der König sitzt auf seinem Thron,
Um seine Pracht zu zeigen!
Vor seiner schönen Königskron’
Sollt’ ihr euch niederbeugen!
Die Juden fallen auf Ein Knie nieder vor dem Herrn.
Judenhauptmann.
Wie ihn der Kummer quälet!
Ihr denket nit einmal daran,
Daß ihm der Szepter fehlet.
Ein Judenbub spricht:
Zu einer solchen Königskron
Ihr Männer hättet früher schon
An dieses denken sollen!
Er geht fort, das Rohr zu holen.
Judenhauptmann.
Wenn ferner noch ’was fehlen kann,
Befehle nur, o König!
Ist diese Ehr zu wenig!
Mit seiner großen Königsmacht
Sich viel Geduld verbindet;
Ich zweifle, ob man solche Pracht
Der Judenbub bringt das Rohr und spricht:
Hier ist ein Szepter, nimm ihn hin
Und groß damit dich mache!
Es ist nichts Klein’s nach meinem Sinn
Um deine Königssache.
Abdenago.
Das könnt’ dir wohl anstehen!
Dein’ Majestät und Herrlichkeit
In diesem laß’ uns sehen!
Sie werfen dem Herrn den rothen Mantel um die Schultern.
Aminadab.
Ei was ein’ Zierd! ei was ein’ Pracht!
Nimm dein’ Gewalt doch wohl in Acht,
Uns sind ja unterthänig!
Michas.
Gelt dieses hätt’st du nit geglaubt,
Daß wir so höflich wären!
Gereichen solche Ehren!
Heli.
Wahrhaftig trotz dem Salomon
Der neue König pranget,
Nur Schad! daß er am Kreuz nit schon
Aminadab.
Der Kaiser führt kein’ solche Pracht,
Und nit so triumphiret!
Du hast dein Sach recht weit gebracht,
Dir große Ehr’ gebühret!
Abdenago.
Drum müssen wir auch sehen,
Da man dich ein’ Propheten nennt,
Ob dir nit Unrecht g’schehen.
Abraham schlägt den Herrn und spricht:
Da hast ein’ Ohrfeig! Schmeckt sie dir?
Was für ein Garten, sag’ es mir,
Mit solchen Früchten pranget?
Malchus speit den Herrn an und spricht:
Wer hat mit diesem Speichelwust
Dein Angesicht benetzet?
Dir diesen Streich versetzet?
Michas.
So viel ich merk’, wird er ganz schwach,
Wir müssen ohn’ Verweilen,
Damit ein End’ gewinnt die Sach,
Zu einem Knechte:
Inzwischen laufe du voran
Und sag’, daß wir gleich kommen;
Wir haben mehr, als man fordern kann,
Mit ihm nun vorgenommen.
Heli.
Die Herren werden lachen!
Der Teufel selbst mit seiner Macht
Könnt’s ihm nit ärger machen.
Malchus.
Nun Brüder laßt ihm keine Ruh’,
Judenhauptmann.
Doch laßt uns dem Pilatus zu
Nun aber mit ihm laufen.
Sie ziehen mit dem Herrn über die Straße.
Pilatus ist in seiner Gerichtsstube. Der Rotte, die den Herrn führt, geht der Judenhauptmann voraus, der zu Pilatus spricht:
Hier stell’ ich den Gezüchtigten!
Er hat sein’ Sach’ bekommen.
Ihn tapfer mitgenommen.
Er ist gewiß um seiner Streich’
Von Niemand zu beneiden;
Ich um ein ganzes Königreich
Pilatus.
Führt ihn nur gar zu uns herein,
Damit wir mögen sehen,
Was ferner uns zu thun wird sein,
Und wie ihm sei geschehen.
Mehr als wir es begehrten;
So glaub’ ich, daß genug geschieht
Den jüdischen Gelehrten.
Man hat den Herrn zu ihm hinaufgeführt, Pilatus spricht zu einem Diener.
Du geh’ und ruf die Herren zusamm’,
In meinem und in ihrem Nam’,
Wie Uebels ihm geschehen!
Diener.
Ich eile: – doch sie kommen schon,
Es strömt auf allen Wegen;
Hier sind die Herren zugegen!
Pilatus tritt mit dem Herrn ganz vor und spricht zu den Hohenpriestern und allem jüdischen Volke:
Seht einen Menschen hier vor euch,
Gelehrte, weise Herren!
Er siehet keinem Menschen gleich,
D’rum will ich ihn jetzt lassen frei
Und nit mehr weiter plagen;
Denn daß zuviel schon g’schehen sei,
Liegt sonnenklar am Tage.
Alle schreien.
Er soll kein’ Gnad’ erwerben!
Wie er’s verschuld’t, durch dein Gericht
Soll er am Kreuze sterben!
Pilatus.
So ist denn kein’ Barmherzigkeit
Soll ich durch eu’r Gehäßigkeit
Mich lassen überwinden?
Caiphas.
Weil er zuwider dem Gesatz
Gelehrt und g’führt sein Leben,
Man muß den Rest ihm geben!
Er gab sich aus für Gottes Sohn,
Er wollt’ sein unser König,
Der Tod muß sein der Frechheit Lohn,
Pilatus.
Komm Jesu noch einmal herein,
Ich muß dich nochmal fragen;
Ihr aber sollt bedacht wohl sein,
Ob g’recht auch eure Klagen.
Pilatus tritt mit Christus zurück und spricht:
Sag’ dein Geschlecht und Namen!
Woher denn dein Regierungsgeist
Und Gottessohnes Namen?
Gib’ Antwort! Warum schweigest du?
Ansonsten meß dir selber zu,
Wenn ich dich ferner plage.
Weißt nit, daß hab’ als Richter ich
Gewalt über dein Leben?
Mir darum übergeben.
Christus.
Käm’ nit der G’walt von oben dir,
Du würdest nichts vermögen;
Kein Härlein könntest krümmen mir,
Wer aber deinem G’richte mich
Hat boshaft übergeben,
Macht größ’rer Sünde schuldig sich,
Und größ’rer Straf daneben.
Pilatus spricht mit sich selber.
Bedachtsam überlegen,
So find’ ich nichts, zu fern’rer Rach’
Was könnte mich bewegen! –
Zu den Juden spricht er nun.
Ihr Herren ändert euren Sinn,
Ich will somit entlassen ihn,
Laßt eure Wuth auch fahren!
Alle schreien.
Einmal das soll, das kann nit sein,
Er muß gekreuzigt werden!
Vertilg’ ihn von der Erden!
Annas.
Wer selbsten sich zum König macht,
Das Volk dabei verhetzet,
Des Kaisers Majestät veracht’
Ein Kaisersfreund gewiß nit kann
Allhier durch d’ Finger sehen,
Wenn du nit kreuzigst diesen Mann,
Gib’ Acht, was dir wird g’schehen!
Hier tritt Pilatus verwirrt und zornig zurück, und es wird der Gerichtssaal zugeschlossen. Diener bereiten vorn den Richterstuhl. Die Hohenpriester und Juden bleiben heraußen stehen.
Caiphas spricht zu den Priestern.
Von Dem, was wir beschlossen;
Ihr wißt, was ich geredet hab’,
Sein Blut muß sein vergossen.
(Zum Volke spricht er.)
Ihr Alle, die ihr Mosis G’saz
Gebt keiner Huld, noch Gnade Platz,
Zum Tod ihn kühn begehret!
Alle schreien.
Was einmal schon verlanget wir,
Bei Dem soll es verbleiben!
Bis g’schieht, was wir betreiben!
Annas.
Recht so, ihr Kinder Israels,
Ihr wackere Hebräer,
Steht unverrückt, als wie ein Fels,
Abdenago.
Der Henker heut uns Alle holl’,
Wenn er dem Kreuz entgehet!
Pilatus muß, wenn er nit woll,
Kein List das Spiel verdrehet!
Heli (schreit gegen des Pilatus Haus.)
Was braucht es viel Verweilen?
Wenn ich heut’ zu befehlen hätt’,
Man würd’ g’wiß müssen eilen!
Alle schreien.
Den Stab einmal Pilatus brich’,
Sonst fällt die ganze Schuld auf dich,
Wenn’s Laster wird gelitten!
Pilatus tritt wieder heraus und spricht:
Ich sieh’ es schon, ich richte nichts,
Ihr nöthigt mich zur Rache,
Daß ändert sich die Sache.
Inzwischen weil ihr zwinget mich,
Will ich das Urtheil sprechen,
Den Richterstuhl besteige ich,
Während Pilatus den Richterstuhl besteigen will, springt sein
Söhnchen herbei und ruft:
Herr Vater!
Pilatus.
Was willst du, liebstes Kind?
Söhnchen.
Mich die Frau Mutter schicket,
Daß Sie entlassen doch geschwind,
Der Mensch ist ein gerechter Mann,
Den Sie verdammen sollen!
Die Bosheit Viel erdichten kann,
Thun Sie, was d’ Götter wollen!
Denn sie hat Viel gelitten.
Pilatus.
Und wie?
Söhnchen.
Im Traume und in ei’m Gesicht
Wurd sie sehr hart bestritten.
Er droh’te harte Strafen,
Dieß machte auch, so sagt’ sie mir,
Daß sie nicht konnte schlafen.
Pilatus.
Mein Söhnlein, Das verstehst du nicht,
Nit leicht thun sie ein’ schelen Schritt,
Ich thu’, was sie begehren.
Söhnchen.
O mein! Der Mutter Angst und Qual
Wird sich sobald nit enden!
Wenn sie nit Gnad wird finden.
Pilatus.
Geh’ hin, mein Sohn, und einen Gruß
Der Mutter überbringe!
Sie hat schon recht, jedoch ich muß
(Sein Söhnchen geht fort, und Pilatus spricht zu den Juden:)
Nun seht, ihr Herren! Alles sich
Auf Jesu Seite lenket,
Nur ihr ganz unbarmherziglich
An keine Huld gedenket!
Alle schreien.
An’s Kreuze laßt ihn henken!
Erwart von uns kein’ and’re Stimm!
Nichts Anders wir gedenken.
Pilatus (wird ganz zornig und ruft:)
Was soll ich euren König dann
Zur ew’gen Schand gereichen kann
Dieß eurem ganzen Namen!
Alle.
Des Kaisers Majestät allein
Wir unsern König nennen.
Kein Anderen erkennen.
Pilatus (steht von seinem Richterstuhle auf und spricht:)
Weil denn bei euch Nichts helfen will,
Die ihr so gar verhartet!
Bevor ich euren Will’ erfüll’,
So wisse nun die ganze Welt,
Daß ich Dieß’ thu’ gezwungen;
Ich thät’ es nicht um Gut und Geld,
Ich thu’ es nothgedrungen.
Ihr Herren und Gelehrte,
Ihr sehet zu! Mir gilt es gleich!
Ich thu’, was man begehrte.
Unschuldig bin und will ich sein
Wir eine solche G’wissenspein
Nit auf uns nehmen möchten!
Alle schreien.
Es komme über uns sein Blut,
Und über uns’re Kinder!
So geh’s uns nit gelinde!
Pilatus.
S sei es denn! den Stab ich brech’,
Es sterb’ der Nazaräer!
Und zwar am Kreuz! So will es ich,
(Zum Notar)
Notari! Ist das Protokoll
Ins Reine abgefasset?
Ist’s so? – Man es mir bringen soll,
Dieß Volk mich sonst mehr hasset!
Der Notar.
Der du nur Recht und Tugend liebst,
Der du für Böswicht und Verbrecher
Allzeit gerechte Strafe üb’st,
Sieh, schon ist jetzt nach dei’m Befehle,
Und auch, damit ich nichts verfehle,
Was du mir aufgetragen hast,
Sieh diesen Titel da beineben,
Damit man wisse, wer da hangt,
Sag’ an, was ferner man verlangt.
Pilatus (zum Notar.)
Damit das ganze Volk doch weiß’
Den Hergang dieser Sache,
Aufmerksam und mit großem Fleiß
In der Neunzehnten Jahresregierung des großmächtigsten und unüberwindlichsten Kaisers und Beherrschers des Erdenkreises Tiberius, in der zweihundert und dritten griechischen vierjährigen Zeitrechnung; da Herodes im Galiläerland Fürfürst war; und bei den Juden das oberste Priesterthum Caiphas und Annas verwalteten – haben wir Pontius Pilatus, des Römischen Kaisers wirklicher Landpfleger im Judenland, aus habender Gewalt zur Ehr und Erhöhung Höchstgedachter glorreicher Majestät, zur Beförderung des römischen Gemeinen Wesens, auf Anklag und deren vielfältigen [263] Gezeugnußen einer Jüdischen Hohenpriesterschaft, und deren selben Gelehrten, nach eingenommenen, auch peinlichen Verhören, jedoch nicht Bekenntniß, doch Erkennung der Sachen; wie auch auf Verlangen des ganzen, in jetziger Zeit in allen Städten und Ländern, beiderlei Geschlechts so sehr herrschenden Judenvolks – um des Monats Märzens Mitte zum Tod erkannt, verurtheilt und verdammt, – erkennen, verurtheilen und verdammen auch nochmal hiemit zum Tod gegenwärtigen Jesum von Nazareth, welcher von dem Volk Messias oder Christus, das ist der Gesalbte, genennt wird, daß Er, dieser Jesus, ein Uebelthäter, an das schmähliche Kreuz angenagelt, und also Andern zur fürchterlichen Warnung aufgestellt werde, und zwar darum, weil Er
Erstens: ein aufrührerischer Mann ware wider das Gesetz der Juden, welches sie das Mosaische nennen;
Zweitens: Weil er wider obengesagten Volks Hohepriesterschaft sich aufgelehnt;
Drittens: Weil er die Abänderung der jüdischen Gemeindsordnung, die Zerstörung ihres geheiligten Tempels und die ganze Tilgung der ganzen großen und mächtigen Stadt Jerusalem vorzusagen sich nit gescheut hat;
Und über alles Dieß, weil er sich
Viertens lästerlich zu Gottes Sohn gemacht und als einen solchen unter dem Titel eines Königs der Juden sich ausgegeben: –
Und Dieses zwar auf Seiten der Juden;
In Betreff der Römer aber:
Weil er sich nit nur (wie die Juden sagen) zu deren König aufgeworfen, sondern auch überdas
[264] Fünftens sowohl in der Stadt, als auf dem Land unter allerhand Leuten einen Anhang sich gemachet, unter deren Schutz er
Sechstens vor sechs Tägen zu großem Nachtheil unsers mächtigsten Römischen Kaisers Tiberius mit Palmen und Siegszweigen unter fröhlichem Zurufen des jauchzenden Volkes als ein Sieger in gegenwärtige Hauptstadt und deroselben Tempel eingezogen, auch alldorten durch verschiedene, aufrührerische Reden das Volk rege gemacht, aus welchem allem vorgegangenen Betragen mißliche Folgen erwachsen konnten; und was
Siebentens das Größte ist, so verbot er (wie die Juden sagen) dem Römischen Kaiser den Zins zu geben.
Daher
ergehet Unser, als des bevollmächtigten, wirklichen Landpflegers Pilati Gericht, förmliches Urtheil, daß gegenwärtiger Jesus von Nazareth wegen ersterwähnter hoch- und leibsträflicher Ursachen und Uebelthaten, nach dem römischen Gebrauch gemäß schon vorgegangener Geißlung durch den Kreuzestod hingerichtet werde.
Wir wollen also aus aufhabendem Römischen Landpfleger-Amt, daß zu Vollziehung dieses gefällten Urtheils Unser Hauptmann Cornelius Longinus ihm, dem Jesus von Nazareth, sein Gericht und Kreuz auflade, ihn hinaus zum Hochgericht, die Schädelstatt genannt, führen, mit Nägeln an das Kreuz anschlagen, und allen Uebelthätern zu einem heilsamen Schrecken also angenagelt aufrichten lassen solle, auch was ferners mit seinem Leichnam vorzunehmen Unseres Bescheides warte.
Endlich wollen wir auch, daß allen Aufrührern zur Warnung, zur Anzeig der verschuldeten Straf in den heutiges Tags gemeinsten und fürnehmsten Sprachen, [265] als: griechischen, hebräischen und lateinischen Buchstaben zu oberst an das Kreuz gesetzt werde folgender Titel:
Jesus von Nazareth, ein König der Juden.
Gegeben und geschehen zu Jerusalem an dem Ort Likostrathon, zu hebräisch Gabbatha genannt, um die sechste Stunde des Tages.
Nachdem das Schriftstück verlesen, ruft
Psolomas.
Pilatus, Dieses ist nit recht!
Ismael.
Er ist nit Judenkönig,
Schreib, daß er wider alles Recht
Sich selbst aufwarf zum König!
Pilatus.
Laßt ab, uns fern zu plagen,
Sonst macht ihr uns den Kopf zu voll
Durch euer b’ständigs Klagen!
Alle.
Wir danken vor das Urtheil dir
Daß du, wie es verlangten wir,
Die Sache wolltest schlichten.
Caiphas.
Wir schätzen es vor eine Gnad,
Als solche wir’s erkennen;
Uns deine Freunde nennen!
Judenhauptmann.
Jetzt auf, ihr Männer! zeigt im Werk,
Daß ihr seid tapf’re Leute!
Zeigt euren Muth, zeigt eure Stärk’,
Michas.
(Reißt dem Herrn den Spottmantel ab und hält ihm seinen Rock hin.)
Komm! schliff in deinen Rock hinein,
Das Lustspiel wird angehen!
Fein hurtig schicke dich darein,
Laß uns nit lang hier stehen!
Man wirft dem Herrn das Kreuz vor die Füße und es spricht
Abdenago.
Jetzt bald anklammern werden!
Ich wüßt’ wahrhaftig heut für mich
Kein’ größ’re Freud auf Erden!
Christus.
Kniet zu seinem Kreuze nieder und umarmt es, sprechend:
O edles Kreuz! zu tausendmal
Du bist’s, an dem des Menschen Fall
Der Sohn des Höchsten büßet!
Nach dir schon drei und dreißig Jahr
Geht alle mein’ Begierde!
O daß die Welt es einseh’n würde!
Doch mir ist’s g’nug, daß wird hiemit
Des Vaters Will’ erfüllet!
Weil also nur, und anders nit
Ich lieb’, umfang’, ich küsse dich!
O süßer Kreuzesstammen!
O Mensch sieh und betrachte mich,
Erwäg’ die Liebesflammen!
Abraham.
Er kann’s allein nit zwingen.
(Hier kommt Simon von Cyrene des Weg’s gegangen.)
Wenn nur zugegen Jemand wär,
Der Hülf’ ihm könnte bringen.
Abdenago zu Simon.
Du kommst uns grad’ zur rechter Stund!
Komm nur, du alter, grauer Hund,
Und hilf das Kreuz ihm tragen.
Simon von Cyrene.
Ich bin nit darum kommen her,
Ich geh’ nach andern Sachen,
Würd’ ich mir hiedurch machen.
Heli.
Komm’ nur und sprütze dich nit lang,
Sonst will ich dir ’was sagen,
Daß dir wird werden angst und bang
Simon.
Und muß das Kreuz getragen sein,
So sei’s in Gottes Namen;
So gieb’ ich meinen Willen drein,
Sonst seyn zwei Kreuz beisammen.
(Es wird das Kreuz dem Herrn und Simon aufgeladen.)
Judenhauptmann.
Und handelt nach Belieben;
Ohn’ alle Scheu, was euch gefallt,
Könnt ihr an ihm ausüben.
Michas.
Gesellen kommt! ein’ kurze Zeit
Laßt uns nun ohn Barmherzigkeit
Mit Schlägen ihm zusprechen!
Malchus.
Kameraden jetzt recht wacker d’rauf!
Zur Schädelstatt thut eilen!
Ohn’ Aufschub und Verweilen!
Achim.
All’ Marterzeug habt hier beisamm’,
Strick, Nägel und Beißzangen!
Gebt keine Ruh’, bis dieser Mann
(Während sie den Herrn fortführen, kommt die betrübteste Mutter Maria mit Johannes und den heiligen Frauen und hinter diesen viele Töchter Jerusalems.)
Maria.
O Jesu! liebster Sohn!
Wan muß ich noch erleben!
Ist das der höchsten Liebe Lohn,
Wird dir das Kreuz gegeben!
O wär’ mir das vergönnet!
O daß an deiner Statt man mich
Mit Dörnern hätt’ gekrönet!
O daß für dich am Kreuzesbaum
Erlaub’ es mir! Ich mich nit saum’,
Ich will’s mit Freud umfangen!
Christus.
Ach Mutter! Deine Wort all’ sind
Stich’, die mein Herz durchdringen!
Ans Kreuzesholz thut bringen!
Mein Vater mich zum Kreuz hat g’sandt,
Er will, daß ich nur leide;
Dieß ist dir längstens ja bekannt,
Johannes.
O Herr! an deiner Liebesbrust
Die Liebe ich hab’ gesogen.
Wie groß mein Lieb’, ist dir bewußt,
Das hat mich denn bewogen,
Daß mir dein Last aufbürdest!
Für dich würd’ geh’n in Tod hinein,
Ein Gnad erweisen würdest!
Christus.
Johannes! Du der liebste bist
Doch kann’s nit sein, um was du bitt’st,
Dein G’schäft ist nit Erlösen.
Marta.
Ach daß ich leider könnt’ die Qual,
Die du mußt, Herr, ertragen!
All’ Schmerzen, alle Plagen
Könnt leiden und du würd’st befreit
Mit Freuden meines Herzens!
Ich will sie tragen, gib, o Herr,
Laß sterben für dich, o Meister, mich,
Du Freude meines Herzens!
Tochter Sion.
Ach daß ich leiden könnt’ für dich
Doch einen Theil der Schmerzen!
Veronika.
Dem alle Schönheit weichet,
Wie übel ist es zugericht’,
Wie tödtlich ist’s erbleichet!
Wie voller Wunden ist es nicht!
Ach daß man dir so fahret mit
Dein’ Ung’stalt mich entrüstet!
O daß dir meine Liebsdienst ich
Erzeigen möchte können.
Wie mich beglücket nennen!
Zum Liebeszeichen nimm von mir,
Nimm diesen Schleier inzwischen!
Mit diesem kannst du wenigst dir
Tochter Sion.
spricht zu den Zuschauern:
O Menschen, die ihr hier da steht,
Dem Trau’rspiel habt zug’sehen!
Ohn Mitleid nit von hinnen geht,
Betracht’, was hier geschehen!
Von Feinden läßt sich fangen.
In jeder Qual geduldig blieb,
Aus Lieb’ am Kreuz wollt hangen.
Aus Lieb all’ Schmerzen ohne Zahl
Damit er von der Höllenqual
Euch rett’, was wollt ihr sagen?
Habt ihr’s gesehn, ein solcher Schmerz,
Den Jesu wollt’ ausstehen,
Für eure Sünd’ ists geschehen!
Seht an das theure Gottesblut,
Das aus den Adern g’flossen,
Das eure lose Sündenwuth
Damit euch Jesu Leiden sei
Zur Nachlaß eurer Verbrechen,
Geht nicht von hier ohn’ wahre Reu’,
Sonst förcht’, er werd’ sich rächen!
Christus.
Ach über mich nit weinet!
O über euch, daß selbst nit komm’
Das Elend, eh’ ihrs meinet!
Ohn’ Unterlaß beweint vielmehr
Die Strafe eilet schon daher,
Drum förchte dich, o Sünder!
In Acht euch nehmt, euch vor ich’s sag,
Es werden kommen Zeiten,
Wird über euch verbreiten.
„O daß kein’ Mutter wäre ich,
Wird manche Mutter sagen!
Das Elend trifft alleinig mich
Ihr Hügel uns vergrabt zusamm’!
Ihr Berg wollt uns bedecken!
Denn wenn dieß g’schieht am grünen Stamm,
Wie geht es dürren Stöcken!“
Judenhauptmann.
Daß wir verblendet seien!
Ihn wird von seiner Kettenlast
Sogleich der Tod befreien!
Drum eilen wir zur Schädelstatt,
Ihm wird, was er verdienet hat,
Mich kann kein Bitten rühren!
Alle Juden.
Fort! fort! was braucht’s dieß leere G’schwätz,
Nichts kann dich mehr erretten!
Es hilft kein Droh’n, kein Beten!
Judenhauptmann.
Den Auftrag von Pilato habt
Bereits ihr All vernommen;
Habt Sorg, ihn fleißig nehmt in Acht,
Drum Männer spannt die Kräfte an,
Ihn tapfer abzuschlagen!
Schlagt drein! stoßt zu! wer immer kann,
Thut nicht an ihm verzagen.
Aminadab.
S’ ist theu’r und hoch geschworen!
Ich dir es g’wiß vorsagen kann,
Dein Leben ist verloren!
Malchus.
Schlagt drein! stoßt zu! laßt keine Ruh’
Statt Peitschen schlagt mit Prügeln zu,
Ich gib’ sie euch mit Freuden.
Michas.
Ha! ha! ein’ guten Einfall hast,
Laß mich ein’ starken wählen,
Recht tapfer kann aufzählen!
Heli.
Auch mir gib diesen Knittel her,
Er möchte sonst faul werden!
Ich will ihm geben, daß er nit mehr
Malchus.
Recht so! nimmt hin und schlagt brav zu
Auf den, der uns gepeitschet
Im Tempel, und zwar noch dazu
Uns gar so oft getäuschet!
Abraham.
Ich hab’s dir nit vergessen;
Jetzt will dir’s wieder messen ein,
Wie du hast ausgemessen.
Abdenago.
Jetzt Christe hab nur gutes Herz,
Vergehen soll dir aller Scherz,
Darfst nit auf Bessers besinnen!
Unter diesen Reden hat sich der Zug der Kreuziger gesammelt. Während Christus abgeführt wird und auf einige Zeit den Augen der Zuschauer verdeckt ist, treten die Vorbilder aus dem Alten Testament [274] auf die Bühne. Jedes derselben hat seinen Spruch. Es treten auf Adam und Eva, Joseph und seine Brüder, Samson, die Tochter Jephtha’s und Andere. Auch Bilder aus dem Neuen Testament treten auf, z. B. die heilige Genovefa mit dem Schmerzenreich, auch allegorische Figuren, wie die sieben Hauptsünden.
Der Kreuzzug bewegt sich durch mehrere Straßen der Stadt und zwar in folgender Ordnung.
Voraus auf weißem Rosse ohne Sattel reitet der Tod, mit Krone und Scepter.
Dann kommt zu Roß ein Sardenbläser, der mit einzelnen abgestoßenen, überaus traurigen Tönen den nahenden Zug ankündigt.
Jetzt kommen Adam und Eva. Zwei uralte Leutchen, weiß gekleidet, mit Pflug und Ochsen. (Eine lange Reihe von Jahren ist Ein und dasselbe Ehepaar in dieser Rolle aufgezogen.)
Der hohe Rath der Juden zu Pferd. Es sind alte, angesehene Bürger, welche den Rath bilden.
Der Judenhauptmann auch zu Pferd. Ihm folgt die Rotte der Henker, welche die Leidenswerkzeuge, Nägel, Hammer, Zange, Rohr mit Schwamm und Stricke tragen.
Christus mit dem Kreuz. Simon von Cyrene hilft ihm dasselbe tragen.
Dem Herrn folgt Maria, die heiligen Frauen, Johannes und die Töchter Jerusalems.
[275] Dann kommen die sieben Todsünden, Joseph von Kindern an einem Band geführt.
Simson von vier schwarzen Rittern geführt.
Ein Tod und ein Teufel führen in einem Wägelchen das Söhnchen des Pilatus und das Töchterchen des Herodes.
Die heil. Genovefa mit dem Schmerzenreich von vier Jägern begleitet.
Nun folgt eine Menge von Büßern, welche schwere Kreuze schleppen, Andere, welche die Arme ausgespannt tragen, auch Kinder als Pilger verkleidet mit kleinen Kreuzen.
Dreimal fällt der Herr an bestimmten Plätzen unter seinem Kreuze.
Wenn der Zug auf den Platz bei der Kirche zurückgekommen, wird der Herr in den Kerker geführt, das Kreuz bereitet und das Spiel hat sein Ende erreicht.
- ↑ Des Herrgottle’s, das ist die Familie des Herrgotts.