RE:Fames

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Personifikation des Hungers
Band VI,2 (1909) S. 19791980
Fames in der Wikipedia
Fames in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register VI,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VI,2|1979|1980|Fames|[[REAutor]]|RE:Fames}}        

Fames, der Hunger personifiziert, vgl. Limos und Bulimos (böser Dämon des Heißhungers zu Chaironeia, Plut. quaest. conv. VI 8, 1, s. o. Bd. III S. 1046, 33ff.; vgl. Roscher Myth. Lex. s. Nosoi III 467f.), ferner Bubrostis (Smyrna) und auch Adephagia (Sizilien). Bei Verg. Aen. VI 276 erscheint F. neben der Egestas und andern Schreckgestalten (Luctus, Curae, Morbi, Senectus, Metus, Letum, Labos, Sopor, mala mentis Gaudia, Bellum, Eumenides, Discordia), die ungefähr der Sippe der Nacht bezw. der Eris bei Hesiod entsprechen, theog. 224ff. (v. 227 wird Limos unter diesen Ausgeburten der Nacht genannt), am Eingang der Unterwelt (vestibulum ante ipsum primisque in faucibus Orci); malesuada, Verführerin zum Bösen, heißt F., weil der Hunger den Menschen zu allem Bösen verleitet, vgl. Hom. Od. XV 344. XVII 286ff. Eurip. El. 375f. Menandri monost. bei Meineke Frg. com. Gr. IV 349, 320f. Ovids Erfindung scheint die Einführung der F. in die Erysichthongeschichte zu sein, met. VIII 784ff. Crusius bei Roscher Myth. Lex. I 1377, 13ff. o. S. 573, 29f. F. heißt da pestifera (v. 784), ieiuna (v. 798), und der Dämon haust mit Frigus iners Tremorque Pallorque in der skythischen Wüste am Kaukasos, in den fernsten Gegenden des eisigen Skythien, auf einem unfruchtbaren steinigen Gefilde (vgl. das sprichwörtliche Λιμοῦ πεδίον); für die Schilderung des Wohnsitzes vgl. v. 788ff., für die Beschreibung der F. selbst v. 799ff. Der Dämon ist dürr wie ein Gerippe, ein gräßlich Ungeheuer, struppig das Haar, die Augen hohl, Blässe auf dem Antlitz; er fliegt nachts durch [1980] die Lüfte, um seinem Opfer im tiefen Schlafe sich selbst einzuhauchen, Heißhunger und Abzehrung, v. 814ff. Ohne Zweifel hat der Dichter in seine Darstellung wertvolle volkstümliche Züge verwoben, griechischem und auch römischem Volksaberglauben entlehnt; in den offenen Mund des Tiefschlafenden dringt der Dämon, wie man nach griechischem Aberglauben durch Gähnen zum Werwolf wird (vgl. Aisopos 196 H. κλέπτης καὶ πανδοχεύς, erklärt durch das Material bei Felix Liebrecht Zur Volkskunde 320f.); doch finden sich verwandte Anschauungen auch bei den Römern (vgl. die Candelifera o. Bd. III S. 1464, 47ff. Liebrecht a, O. 31), und so könnte Ovid diesen Zug recht wohl neu angefügt haben, vgl. Crusius a. O. 1377f. Aen. VI 273ff. hat verschiedentlich Nachahmung gefunden; so erscheint die F. maesta gleicherweise bei Seneca Herc. fur. 691 in der Beschreibung des Tartaros zusammen mit Sopor, Pudor serus, Metus, Pavor, Funus, Dolor, Luctus, Morbus, Bella, Senectus; bei Sil. Ital. Pun. XIII 581ff. ist es folgende Gesellschaft an den Pforten der Unterwelt: Luctus, Macies (der F. nächstverwandt), Morbi, Maeror, Pallor, Curae, Insidiae, Senectus, Livor, Egestas, Error, Discordia; ferner vgl. Claudian. in Rufin. I 29ff., wo wiederum v. 31 die imperiosa F. zusammengenannt wird mit Discordia, Senectus, Morbus, Livor, Ludus, Timor, Audacia, Luxus, Egestas, Avaritia, Curae, alles pestes Erebi, Ausgeburten der Nox; vgl. noch Claudian. panegyr. de VI. cons. Honorii 321ff,, wo atra F. zusammen mit Pallor, Luctus, Morbi (vgl. z. St. Ovid. met. IV 484f.) und Prudent. psychom. 464ff., wo Cura, F., Metus, Anxietas, Periuria, Pallor, Conruptela, Dolus, Conmenta, Insompnia, Sordes, Eumenides erscheinen. Vgl. Rob. Engelhard De personif. quae in poesi atque arte Romanor. inveniuntur, Diss. Gött. 1881, 25ff. Usener Götternamen 365ff.

[Waser. ]