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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

bestimmt präzisierte Ablehnungsgründe nicht geltend gemacht worden sind, muß ich annehmen, daß die Verteidigung vielleicht vermutet, jene Äußerung, der Angeklagte werde zu einem Jahr Gefängnis, unter Anrechnung von sechs Monaten der erlittenen Untersuchungshaft verurteilt, rührt von mir her. Ich weise diese Vermutung mit Entschiedenheit als falsch zurück. – Landrichter Menard gab eine ähnliche Erklärung ab. – R.-A. Dr. Alsberg und R.-A. Dr. Jaffé verwahrten sich entschieden gegen den aus der Auslassung des Direktors Crüger herauszulesenden Vorwurf, daß die Verteidiger vertrauliche Mitteilungen hier verwendet hätten. Weshalb nicht gestattet worden, daß Staatsanw.-Rat Schwickerath über seine Eindrücke, die er bei Gelegenheit einer Strafsache über den Charakter der Frau Wolff-Wertheim erhalten, hier aussage, sei unerfindlich, denn durch diese Aussage würde doch nimmermehr das Staatswohl gefährdet. Landgerichtsdirektor Crüger habe ausdrücklich gesagt: „Ich lasse eine Zeugin, die nicht hier ist, nicht an den Pranger stellen, und das kann ich Ihnen sagen: wenn solche Sachen vorgebracht werden, dann werde ich vertagen!“ – Staatsanw.-Rat Porzelt: Der Angeklagte hat bestritten, geisteskrank zu sein; es scheint aber, als wollte er durch solche Behauptungen doch wieder Zweifel an seiner Geistesklarheit wachrufen. Für die Einbringung dieser Anträge des Angeklagten habe ich sonst keine rechte Erklärung. Der Angeklagte ist ein ausgestoßener Sprößling einer hochangesehenen Familie, im übrigen aber ist er ein Betrüger, der seit Jahr und Tag viele Personen geschädigt hat. Der Angeklagte schätzt sich doch sehr niedrig ein, denn ein Mann, der so lange betrogen hat, verdient mindestens zwei Jahre Gefängnis. Außerdem sitzt der Angeklagte auch wegen der Sache Stallmann in Untersuchungshaft. – Die Verteidiger traten den Ausführungen des Staatsanwalts in sehr scharfer Weise entgegen. – Nach kurzer Beratung des Gerichtshofes erklärte Landgerichtsrat Brieskorn: Der Gerichtshof hat den Antrag

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/161&oldid=- (Version vom 10.2.2024)