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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

der Verteidigung und des Angeklagten abgelehnt, da zu einer Ablehnung der vier Richter nicht der geringste Grund vorhanden ist. – Der ordnungsmäßige Gerichtshof unter dem Vorsitz des Landgerichtsdirektors Crüger trat darauf wieder in Tätigkeit. Es wurde der Anklagebeschluß verlesen und darauf zur Vernehmung des Angeklagten geschritten. Der Angeklagte gab an: Er sei am 15. November 1886 zu Schloß Arcem in Holland als Sohn des Rittergutsbesitzers und Königlichen Kammerherrn Grafen Lewin v. Wolff-Metternich geboren. Er habe die Klosterschulen und Gymnasien zu Betburg, Bonn und Münster besucht. Er habe als sehr junger Gymnasiast einmal einen Selbstmordversuch unternommen. Auf den Rat des Professors Dr. Aschaffenburg sei er von seinem Vater vorübergehend in eine Privat-Irrenanstalt gebracht worden. Auf Befragen des Vorsitzenden äußerte sich darauf der Angeklagte über seine Beziehungen zu der Familie Wertheim: Frau Dolly Landsberger, geb. Pinkus, Stieftochter des Herrn Wolff Wertheim wurde mir auf einem Fest im hiesigen Landwehrkasino von einem Leutnant der Reserve vorgestellt. Einige Tage später lernte ich die Mutter der jungen Dame, Frau Wertheim bei einem bei Kroll stattgefundenen Wohltätigkeitsfest kennen. Auf Einladung der Frau Wertheim besuchte ich die Familie Wertheim, und zwar fast täglich. Ich habe von Anfang an die Absicht gehabt, mich um die Tochter zu bewerben. Zeuge hierfür ist der Leutnant Rittweger, ein Schwiegersohn des Justizrats Prerauer. Andere Zeugen wissen, daß ich den Silvestertag als den Termin meiner Erklärung angegeben habe. Sie haben mir viele Avancen gemacht, ich bin aber am Silvesterabend nicht mit der Erklärung hervorgetreten, da ich die Einladung der Frau Wertheim zu der Reise nach dem Süden erhalten hatte. Bei dieser Reise hatte ich keinesfalls die Rolle eines „Reisemarschalls“ gespielt. Ich habe stundenlang täglich mit Frau Dolly Landsberger verkehrt, wir haben allein ein Auto genommen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/162&oldid=- (Version vom 10.2.2024)