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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

und sind spazierengefahren; es ist auch vorgekommen, daß die Eltern abends zu Bett gingen und ich der Tochter, auf Aufforderung der Mutter, noch bis ein Uhr nachts Gesellschaft leistete. Sie legte sich dann auf eine Chaiselongue und ich saß auf einem Tabouret vor ihr. Wir haben uns Du genannt und auch geküßt und der ganze Verkehr ließ mir keinen Zweifel, daß ich als Schwiegersohn angenehm sei. Ich habe mit Frau Dolly Landsberger verkehrt wie Braut und Bräutigam; es ist mir jedenfalls nirgends angedeutet worden, daß ich nicht angenehm sei. Herr Wolff Wertheim hatte auch einmal gesagt, er habe ein Gut bei Cladow, das er seiner Stieftochter als Hochzeitsangebinde geben werde. Ich habe auch manchmal den Vermittler in der Familie spielen müssen, da sehr starke Gegensätze bestanden. Eines Morgens habe ich Mutter und Tochter in Tränen und in einer heftigen Aussprache gefunden. Die Tochter sagte zur Mutter: Du mit deiner Vergangenheit, darfst dir doch überhaupt nichts erlauben. Ich beruhigte beide, und da hat Frau Wertheim den Kopf an meine Schulter gelehnt und mir gedankt. Mehr als einmal hat Herr Wertheim zu mir gesagt: „Ich danke Ihnen, daß Sie zu mir kommen. Sie üben einen so guten Einfluß auf meine Tochter aus.“ – Vors.: Wie war es nun am Silvesterabend? – Angekl.: Die Reise war also vorbereitet und ich dachte, daß ich auf der Reise bessere Gelegenheit haben würde, meine Werbung anzubringen. Silvester war ich schon zum Frühstück von Wertheims eingeladen. Abends war eine Gesellschaft von dreißig Personen geladen, alle Arrangements waren mir übertragen worden. Da kam Frau Wertheim auf die große Reise zurück. Sie forderte mich auf, im Februar mit ihr nach Italien zu reisen und erbot sich für die Kosten aufzukommen. Sie wiederholte dabei mehrfach, daß die Tochter mich sehr gern habe und ich ihr sehr angenehm sei. Ich habe über diesen Heiratsplan auch mit meiner Schwester korrespondiert. –

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/163&oldid=- (Version vom 20.2.2024)