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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

handelt sich um blanke Hochstapeleien. Dort Leute, die doch etwas sind und schließlich Rückhalt an ihrer Familie haben, hier aber ein im Leben gescheiterter Mann, der von der Familie verstoßen und nichts weiter als ein Graf Metternich ist. Das ist doch etwas anderes als die Fälle, die Herr Fedor v. Zobeltitz und Herr Dr. Oskar Blumenthal im Auge haben. Gott sei Dank ist das Rechtsempfinden in Deutschland so, daß derartige Handlungen, wie sie hier in Frage stehen, bestraft werden müssen. Ein Vergleich mit den gewöhnlichen Pumpereien kann nicht gezogen werden. – Ich komme nun zu dem bekannten Briefe des Amtsgerichtsrats Grafen v. d. Schulenburg. Dieser schrieb, daß er von dem Angeklagten in der gröblichsten Weise betrogen worden sei und die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft übergeben wolle. Einen besseren Beweis, daß das Verhalten des Angeklagten auch in den Kreisen, denen er angehört, als gemeiner Betrug angesehen wird, kann es gar nicht geben. Jetzt hat allerdings Graf Schulenburg unter seinem Eide uns eine andere Auffassung mitgeteilt und gesagt, daß er nur einen zivilrechtlichen Betrug für vorliegend erachte. Das ist verkehrt; gerade er als Strafrichter, der sich dreimal wöchentlich mit Strafsachen beschäftigen muß und den § 263 ebensogut kennt wie wir, hat damals das Kind beim richtigen Namen genannt. Gerade er sprach von einem strafrechtlichen Betrug und drohte mit der Staatsanwaltschaft. Ich will gegen das Zeugnis des Grafen Schulenburg nicht zu scharf vorgehen, da es möglich ist, daß er jetzt freundlich gestimmt ist, weil ihm die Ehefrau des Angeklagten zugesichert hat, ihn schadlos zu halten. Ich betone hierbei ausdrücklich, daß es gar nicht darauf an- kommt, ob der Schaden später ganz oder teilweise gedeckt ist, deshalb bleibt der Betrug. Viele Leute, besonders die kleineren Gewerbetreibenden, haben hier bekundet, sie fühlten sich nicht mehr geschädigt, da ihre Forderung bezahlt worden sei. Darauf ist der Umfall dieser Zeugen, die zuerst

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/249&oldid=- (Version vom 29.12.2022)