Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/276

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einen Spinnrocken zum Geschenke, und nennt sich dabey ihren Freund. Ein Beweis der immer wachsenden geselligen Freyheit unter beyden Geschlechtern in einer Residenz und Handelsstadt, wie Alexandrien war.

Dem Theokrit wird ein Epigramm auf eine Statue der himmlischen Venus zugeschrieben, welche eine Gattin in dem Hause ihres Mannes zum Dank für ihr häusliches Glück aufstellte. „Sie hatte, heißt es darin, Kinder und Leben mit ihm gemein, und mit jedem Jahre mehrte sich ihre Zufriedenheit unter dem Einfluß der Göttin!“

Bion und Moschus sind eben so wie Theokrit zu beurtheilen. Alle drey verwechseln in ihren Hirtengedichten leidenschaftliche Begierde mit Liebe. Noch findet man bey ihnen Anspielungen auf die ausgelassene Liebe zu den Lieblingen. Aber man trifft auch deutliche Spuren des Werthes an, der auf Gattenliebe gesetzt wurde, und der anerkannten Abhängigkeit von dem geliebten Weibe. In dem lieblichen Gespräche, das sowohl dem Theokrit als dem Moschus beygelegt wird, sagt das Mädchen: „In der Ehe herrschen Beschwerden.“ Der Liebhaber antwortet: „Hymen, Stifter der Freuden, giebt weder Verdruß noch Gram.“ – „Aber man behauptet, erwiedert das Mädchen, das Weib sey des Mannes Sklavin.“ – „Sag lieber, seine Gebieterin, versetzt jener. Wann lernten die Schönen gehorchen?“