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Walther Kabel: Treibjagd auf Schlangen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 11, S. 221–225

Jetzt wird die Hitze unerträglich. Das Feuer ist keine 100 Meter mehr von uns entfernt. Wir müssen weichen. Ich postiere mich 30 Meter zurück auf einer vom Sturm umgeknickten Dattelpalme, so daß ich den kahlen Ring noch immer überschauen kann. Das Brandmeer zieht mit Knistern und Brausen langsam an uns vorüber. Viermal komme ich noch zum Schuß. Drei weitere Kettenvipern und eine mächtige Brillenschlange krummen sich in letzten Zuckungen auf der schwarzen Erde.

Die Hitze, die einem fast den Atem benahm, läßt endlich nach. Ich suche meinen alten Platz wieder auf. Unsere Arbeit ist jedoch getan. Da vor uns in den noch immer glimmenden Büschen, wo hie und da noch einzelne Flammen hochschießen, ist alles Lebende vernichtet. Die Eingeborenen beginnen schon, unsere Beute zusammenzutragen. Was davon noch lebt, wird mit Knütteln vollends totgeschlagen. Mein Diener Monsa gerät mit dem des Leutnants Ranlay in einen heftigen Streit um die zuletzt von mir geschossene Brillenschlange. Ich hatte aber das bessere Recht auf sie, und so kommt sie zu meinem Haufen, der sieben zerfetzte Schlangenleiber aufweist.

Nach einer weiteren halben Stunde ertönt das Signal, daß die Jagd beendet ist. Auf dem Sammelplatz herrscht ein Leben und Treiben wie bei einem Volksfest. Die Eingeborenen tanzen wie die Besessenen um die Körper ihrer gefürchteten Feinde herum. Und immer neue Beute wird herbeigeschleppt. Als alles beieinander ist, wird die Strecke genau durchgezählt. 262 Giftschlangen, 2 Lippenbären, 1 Tiger, 16 Wölfe und wilde Hunde sind’s. Ein Tiger ist, wenn auch schwer angeschossen, durchgebrochen und entkommen. Leider hat sich auch ein ernster Unfall ereignet. Einer der Unteroffiziere hat einen bösen Kugelschuß durch die linke Schulter erhalten.

Am Nachmittag war die Erde so weit abgekühlt, daß wir das niedergebrannte Gebiet nach vielleicht noch vorhandenen Reptilien absuchen lassen konnten. Hierbei wurden noch 42 halbverkohlte Schlangen gefunden. Im ganzen hatte diese eine Treibjagd also ein Ergebnis von 304 Giftschlangen aufzuweisen, eine Zahl, die unsere Erwartungen bei weitem übertraf.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Treibjagd auf Schlangen. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 11, S. 221–225. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1913, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Treibjagd_auf_Schlangen.pdf/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)