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ich mich erkundigt. Die Film-Claire soll jetzt Kellnerin in der Goldenen Traube in der Gartenstraße sein. Wenn Sie zehn Emmchen spendieren, Herr, hole ich sie Ihnen heraus für ’n Momang.“

Harst witterte eine Falle, denn Claire Ruckser konnte nicht Kellnerin sein – seit längerer Zeit nicht mehr! Trotzdem ging er zum Schein auf den Vorschlag des Blassen ein. Er wollte feststellen, in welchen Beziehungen dieser Schielende nun wieder zu dem an Marga verübten Morde stand. – Bis zur Gartenstraße war es nicht weit. Aber Harst hatte Eile, und da konnte es ihm nur recht sein, daß ein geschlossenes Auto jetzt langsam an ihnen vorüberfuhr. Er rief es an. Es war frei. Der Blasse nannte dem Chauffeur das Fahrtziel, öffnete die Tür mit einem höflichen: „Bitte!“ – Harst zögerte. Da erhielt er einen furchtbaren Stoß ins Genick, flog halb in den Kraftwagen hinein, wurde von innen vollends hineingezerrt, spürte zwei Hände wie Eisenklammern an seinem Halse. –

Karl beobachtete in der Vorhalle der Ballsäle stehend, wie der Zylinder-Onkel und der bleiche Kellner sich auf der Straße voneinander verabschiedeten. Da – eine Hand legte sich schwer auf seine Schulter. Er sah sich zwei Herren gegenüber, von denen der eine jetzt sagte: „Wir sind Kriminalbeamte von der Wirtshauspatrouille und hinter Dir schon eine Weile her. Du hast Dich durch Deine fortwährenden –“ – Karl ließ den Beamten nicht aussprechen, denn auch der lange Hagere ging jetzt eilends davon, dem er um jeden Preis auf den Fersen bleiben wollte. Mit knappen Worten klärte er die beiden Beamten darüber auf, daß er im Auftrage des Assessors Harst hier tätig wäre. „Bitte – begleiten Sie mich,“ fügte er hinzu. „Ich lüge nicht. Ich erzähle Ihnen draußen das weitere.“ – Harst! – die Beamten wußten sofort Bescheid: 20 000 Mark-Verlobter der ermordeten Marga Milden.

So kam es, daß sie ebenfalls Zeugen wurden, wie der Hagere ein Auto anrief, mit dem[1] Chauffeur verhandelte, ihm Geld reichte, einstieg, und wie nun dieser Kraftwagen langsam davonfuhr. In einem zweiten folgten sie. Einer von

  1. Vorlage: der
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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)