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schwört dem, der ihn hat verhaften lassen, und der dann auch Vertreter der Anklage ist, und das war ich, noch im Gerichtssaal in sinnloser Wut Rache. – Vor vier Wochen war seine Strafzeit vorüber. Er vereinigte sich wieder mit jener Claire, die inzwischen als Filmstatistin sich mehr schlecht als recht durchgeschlagen hat. Er weiß von ihrer früheren Freundschaft mit Marga und zwingt sie nun, wobei er einen doppelten Zweck verfolgt, sich meiner Braut zu nähern und sie anzubetteln. Marga hebt von ihrem Sparbuch 400 Mark ab und händigt sie der Pensionsschwester auf der Straße aus. Ihre Eltern verbieten ihr jeden weiteren Verkehr mit der so tief Gesunkenen aufs strengste. Eine Weile läßt Claire meine Braut unbelästigt. Dann verschafft sie sich heimlich Zutritt zu deren Zimmer, als Mildens und die Köchin Marie abwesend sind. Nur das Stubenmädchen Helene weiß von diesem Besuch, verspricht Marga aber, zu schweigen. Claire fleht in wilder Verzweiflung über ihre trostlose Lage meine Braut abermals um Geld an und bittet diese, ihr die Summe in derselben Laube auszuhändigen, in der Marga dann am nächsten Tage von Paul Menkwitz ermordet wird, der sehr wohl wußte, daß der Verlust meiner Braut mich schwerer treffen würde als alles andere. Der Mord war also ein Racheakt von Menkwitz, dem Claire hierbei ahnungslos Helferdienst leistete, denn er hatte ihr geraten, Marga in jene Laube zu bestellen. Um nun Claire, die doch sofort geahnt hätte, wer allein der Mörder meiner Braut sein könnte, für immer stumm zu machen, beseitigt er sie in der Nacht vor Margas Tode, warf die verstümmelte Leiche ins Wasser, vergaß dabei aber eines: aus der Tasche des Kleiderrockes des armen Weibes ein Taschentuch zu entfernen!

Er vergaß ein Taschentuch! Und genau das gleiche Tüchlein hatte Claire damals in Margas Zimmer vergessen. Der Detektiv findet es, findet auch das Sparbuch. Er fragt Helene über die Herkunft dieses billigen, patschuliduftenden Taschentuches aus. Sie schweigt verlegen, will nichts verraten, reist dann unter einem Vorwand zu ihren Eltern, wohin der Helfer Max ihr folgt. – So kommt der Stein durch das Tüchlein ins Rollen. – Der Detektiv erfährt von dem anderen

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)