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erst kürzlich kennen gelernt, den Rauch einer ganz bestimmten Zigarettensorte. Dieser süßliche Geruch war unverkennbar. Nur Harsts Mirakulum duftete so. Und Harst führte im Futter seines Filzhutes sechs Päckchen Mirakulum mit sich. – Der Wind kam von Westen. Man sah’s am Kräuseln des Wassers. Schraut drehte also den Kopf nach links und – erstarrte zur sitzenden Bildsäule, – denn links, keine vier Schritt von ihm entfernt, lag – der Drehorgelspieler-Kollege lang auf dem Bauch, hatte die Arme aufgestützt auf den weichen Moosboden und nickte ihm nun gemütlich zu. – „Kommen Sie etwas näher herangerutscht, Schüler,“ meinte Harst und blies dabei den Zigarettenrauch von sich. „Es ist nicht nötig, daß wir hier zu laut uns unterhalten. – So, – guten Abend also. Wie geht’s? – Sie wundern sich, daß ich hier bin? – Ich habe obrigkeitliche Erlaubnis dazu. Der Amtsrichter Mörner in Malchin und der Gefängnisaufseher, sein Untergebener, machen sich eine Ehre daraus, mich zu unterstützen. Ich habe mich Mörner zu erkennen gegeben, und zwar, nachdem der Graf heute vormittag bei ihm gewesen und ihn gebeten hatte, mich wegen Landstreichens und Bettelns zur Abschreckung mindestens vierzehn Tage da zu behalten. Der Graf vermutet nämlich in mir jenen Harald Harst, der – und so weiter. Und da er mir auf diese Weise vierzehn Tage Loch verschaffen wollte, natürlich um mich als Detektiv hier kaltzustellen, kann man annehmen, daß er, was das Seeleuchten angeht, Entdeckungen fürchtet, die – ihn vielleicht ins Loch bringen können. – Übrigens habe ich das gräfliche Paar vorhin im Schloßpark bemerkt. Eine etwas späte Stunde selbst für eine Mondscheinpromenade. Doch – hierüber ein andermal. Waren Sie bereits bei Schimmeck, Kollege? – So, dann erzählen Sie mal, was Sie da erfahren haben. – Aha – der Graf war also während des Telephongesprächs dabei. Hab’ ich mir gedacht. – Die Ehegeschichte – zweite Heirat – kenne ich haarklein vom Amtsrichter. Auch den Diebstahl. Das können Sie sich schenken. – Wie?! Tatsächlich – Schimmeck hat den Grafen und die Gräfin nachts im Boot auf dem See gesehen – und wiederholt? Ah – das ist etwas ganz Neues! Davon weiß Mörner nichts, dem gegenüber

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/72&oldid=- (Version vom 1.8.2018)