Über einem Grabe
[11] Über einem Grabe.
Blüthen schweben über deinem Grabe.
Schnell umarmte dich der Tod, o Knabe,
Den wir Alle liebten, die dich kannten,
Dessen Augen wie zwei Sonnen brannten,
Dessen Pulse stark und feurig pochten,
Dessen Worte schon die Herzen lenkten,
Den wir weinend gestern hier versenkten.
Maiennacht. Der Sterne mildes Schweigen ...
Unterm Rasen quillt hervor es leise,
Flatterflammen drehen sich im Kreise,
Ungelebtes Leben zuckt und lodert
Aus der Körperkraft, die hier vermodert,
Letzte Glut verraucht in Wunschgestalten,
Eine blasse Jagd:
Voran ein Zecher,
In der Faust den überfüllten Becher!
Die entflatternd nicht sich haschen lassen,
Luftgestachelt ruft er hinter jenen,
[12] Ein verhülltes Mädchen folgt in Thränen.
Durch die Brandung mit verstürmten Haaren
Einen jungen Krieger seh’ ich toben,
Helmbedeckt, das lichte Schwert erhoben.
Einer stürzt sich auf die Rednerbühne,
Weites Volksgetos beherrscht der Kühne.
Arme strecken sich und Kränze schweben –
Kränze wenn du lebtest, dir beschieden,
Nicht erreichte!
Knabe, schlaf’ in Frieden!