„Und alles ohne Liebe“ (Fontane)
Die Mutter spricht: „lieb Else mein,
Wozu dies Grämen und Härmen?
Man lebt sich in einander ein,
Auch ohne viel zu schwärmen;
Daß sie nicht sitzen bliebe,
Und dünkte sich im Himmel dann
Und – alles ohne Liebe.“
Jung-Else hört’s. Sie schloß das Band,
Und lächelnd nahm des Gatten Hand
Den Kranz aus ihrem Haare;
Ihr war’s, als ob ein glühend Roth
Sich auf die Stirn ihr schriebe,
Und – alles ohne Liebe.
Der Mann ist schlecht; er liebt das Spiel
Und guten Trunk nicht minder,
Sein Weib zu Hause weint zu viel
Spät kommt er heim; er kost, er schlägt,
Nachgiebig jedem Triebe,
Sie trägt’s wie nur die Liebe trägt
Und – alles ohne Liebe.
Wenn nicht die Kinder wären,
So aber sucht sie stets aufs neu
Zum Guten es zu kehren,
Sie schmeichelt ihm und ob er dann
Sie nennt ihn „ihren liebsten Mann“
Und – alles ohne Liebe.