ADB:Apel, Johann August

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Artikel „Apel, Johann August“ von Heinrich Schmidt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 501–502, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Apel,_Johann_August&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 23:33 Uhr UTC)
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Apel, Johann
Band 1 (1875), S. 501–502 (Quelle).
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Apel: Johann August A., geb. 17. September 1771 zu Leipzig, wo sein Vater Bürgermeister war, † daselbst 9. Aug. 1816, genialer Forscher auf dem Gebiete der Theorie der poetischen Formen, vornehmlich der Rhythmik und Metrik, deren wahres Verhältniß und Wechselwirkung auf einander er zuerst in größerem Maßstabe erkannte. Er studirte in Leipzig und Wittenberg die Rechte, widmete aber auch der Musik eine große Aufmerksamkeit. 1795 promovirte er als Dr. jur., später wurde er in seiner Vaterstadt Rathsherr.

A. war mehr zum Gelehrten, als zum Dichter geschaffen; zwar wurde eine Reihe von Novellen („Das Gespensterbuch“) zu seiner Zeit viel gelesen; doch besteht weder hierin noch in seinen jetzt verschollenen Tragödien „Polyidos,“ „Die Aitolier“ und „Kallirrhoe,“ in denen er seinen Ideen über das antike Drama Eingang zu verschaffen suchte, sein größeres und bleibendes Verdienst. [502] In der antiken Metrik dagegen bereitete er eine neue Epoche vor. In mehreren lesenswerthen Abhandlungen theils musikalischen theils metrischen Inhaltes in Band II–XII der Leipziger Allg. Mus.-Ztg., unter welchen diejenige „Ueber Rhythmus und Metrum“ (Bd. X) bereits die Hauptsätze seiner Theorie veranschaulicht, suchte er den modernen Takt auch in der antiken Poesie nachzuweisen. Darauf unternahm er es, in einer ausführlichen „Metrik“ (Leipzig 1814 bis 1816) sein System wissenschaftlich zu begründen und dasselbe auch einem weiteren Publikum zugänglich zu machen. Aber noch bevor der Druck des zweiten Bandes vollendet war, raffte den Verfasser ein jäher Tod hinweg.

A. ging von der durchaus richtigen Anschauung aus, daß die mus. Composition der griechischen Gedichte sich eng an die schon dem declamirten Verse zu Grunde liegenden Rhythmen anschlösse. In diesem Falle mußten nun auch die musikalischen Rhythmen sich aus den Worttexten wiederfinden lassen; und A. nahm an, daß überall dieselben Taktarten herrschten, als in der modernen Musik. Seine Bestimmung des sog. kyklischen Dactylus, seine Erklärung der irrationalen Silben, und vieles Andere ist auch in der heutigen Wissenschaft trotz heftiger Widersprüche noch anerkannt; und erst die Consequenzen dieser Forschungen haben eine höhere Theorie, welche der Ueberlieferung volle Rechnung trägt und doch den hohen musikalischen Werth der classischen Schöpfungen zu erkennen vermag, ermöglicht. Freilich ging A. in der Gleichsetzung antiker und moderner Rhythmen zu weit, z. B. in der Messung des Bacchius, des Päon, des Dochmius etc. Eben so verfehlt sind seine Taktzerlegungen bei vielen künstlichen Versen; aber es war in der That von dem ersten Bahnbrecher einer gesunderen Theorie nicht zu erwarten, daß er bis zur Theorie der größeren Strophen und ganzer Gesänge fortschritte.

Apel’s System fand bei den strengeren Philologen, an deren Spitze G. Hermann stand, nichts als heftigen Widerspruch. Hermann konnte doch mit philosophischen Speculationen die Grundwahrheiten jener Anschauung nicht erschüttern. Die neueste Zeit erst hat den Werth der Apel’schen Theorien erkannt, wenn auch unter den strengen Philologen der Name des Urhebers noch verpönt sein mag; und ein Forscher wie R. Westphal hat zwar seine metrischen Arbeiten mit dem scharfen Proteste gegen die Apel’schen Theorien begonnen, ist aber in der Folge bis zu einer Anerkennung selbst offenbarer Fehler und Schwächen derselben fortgeschritten. – Apel’s Schriften sind am vollständigsten bei Ersch und Gruber verzeichnet.