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ADB:Apelt, Ernst Friedrich

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Artikel „Apelt, Ernst Friedrich“ von Heinrich von Eggeling in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 502–504, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Apelt,_Ernst_Friedrich&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 22:46 Uhr UTC)
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Band 1 (1875), S. 502–504 (Quelle).
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Apelt: Ernst Friedrich A., Philosoph, geb. 3. März 1813 zu Reichenau in der sächsischen Oberlausitz, † 27. Oct. 1859, erhielt seine erste Ausbildung auf der Bürgerschule, dann auf dem Gymnasium in Zittau. Früh erwachte in [503] ihm das Interesse für Astronomie; die hierfür unternommenen Studien führten den Knaben schon zu jenen Fragen, welche eines der größten philosophischen Räthsel sind, – zu den Fragen nach der Unendlichkeit des Raumes und der Zeit. Die Lösung dieses Räthsels suchte er vergeblich in verschiedenen philosophischen Werken; da gab ihm der Zufall Fries’ „Neue Kritik der Vernunft“ in die Hände. Hier glaubte er klare Antwort auf jene Fragen zu finden. Alsbald trat der 17jährige Jüngling mit Fries in Briefwechsel und suchte und erhielt weitere Belehrung, welche ihm das Verständniß für jenes Werk mehr und mehr eröffnete. 1831 bezog A. die Universität Jena, um hier weiter unter Fries’ Leitung sich philosophischen und mathematischen Studien zu widmen. Fries ward Apelt’s Vorbild im Leben, sein Meister in der Lehre. Nach 2½ jährigem vorwiegend den logischen und metaphysischen Formen der Dialektik zugewandtem Studium ging A. nach Leipzig. Hier studirte er mit großem Eifer während zweier Jahre Mathematik und Naturwissenschaften, blieb jedoch mit Fries in beständigem Briefwechsel, hauptsächlich über philosophische Fragen. Nachdem A. im Herbst 1835 promovirt hatte, verließ er die Universität und fand in seiner Heimath Gelegenheit, seine mathematischen und physikalischen Studien in markscheiderischen Arbeiten für das von seinem Vater gekaufte Bergwerk praktisch zu verwerthen. – Der Zug zur akademischen Wirksamkeit und der Wunsch, unter Fries’ Leitung seine philosophische Ausbildung zu vollenden, führten A. im Herbst 1836 nach Jena zurück, jedoch veranlaßten ihn das Interesse und die Sorge für den väterlichen Besitz, in den folgenden Jahren verschiedene Male längere Zeit in der Heimath zu verweilen. Im Sommer 1839 habilitirte er sich in Jena und begann, da die philosophischen Disciplinen besetzt waren, mit mathematischen und naturwissenschaftlichen Vorlesungen; später war seine Lehrthätigkeit allein der Philosophie gewidmet. Das erste Auftreten Apelt’s war von sehr günstigem Erfolge begleitet. Schon 1840 erhielt er eine außerordentliche Professur. Verschiedene Aussichten auf Berufung nach einer anderen Universität, welche sich in den nächsten Jahren eröffneten, zerschlugen sich stets wieder. – Einem Jeden, welcher die Geschichte des geistigen Lebens jener Zeit kennt, wird es klar sein, daß es dem treuen Jünger der durch Fries fortentwickelten reinen Kant’schen Lehre sehr erschwert war, Anerkennung zu finden. Befand sich doch die Fries’sche Lehre in entschiedenster Opposition gegen jene Philosopheme, welche damals die Geister in Deutschland beherrschten. – A. ertrug es mit bewundernswerther Resignation, daß man in den philosophischen Kreisen Deutschlands seine Stimme überhörte, daß man hier seinen im Dienst der Wahrheit unternommenen und mit wunderbarer Klarheit durchgeführten Arbeiten kaum irgend welche Beobachtung zollte. Dankbaren Herzens aber erfreute er sich der Anerkennung, welche seine Arbeiten im Auslande und in den mathematischen und naturwissenschaftlichen Kreisen Deutschlands fanden. – Fest harrte er aus, trotz aller Ungunst, auf dem eingenommenen Posten, ein treuer Apostel der kritischen Philosophie!

Im Kreise seiner Freunde hochgeachtet, geliebt und verehrt von seinen Schülern, wie selten ein Lehrer, lebte A. still seinem Berufe, die Lehre weiter zu bilden und zu vertreten, von deren Wahrheit er fest überzeugt war und von deren endlichem Siege er mit begeisterter Zuversicht sprach. Neben seinen philosophischen Arbeiten folgte A. stets mit lebhaftem Interesse den Fortschritten in der Mathematik und den exacten Naturwissenschaften. Erst im Jahre 1854 ward A. zum außerordentlichen Honorarprofessor und 1856 zum ordentlichen Professor der Philosophie befördert. Des lang ersehnten, endlich errungenen Zieles sollte er sich nur kurze Zeit erfreuen. Schon drei Jahre nachher ward er dem Leben entrissen.

[504] Apelt’s philosophischer Standpunkt war im Wesentlichen der seines Lehrers Fries. Die grundlegende Wissenschaft für die Philosophie ist nach dieser Schule die Kritik der Vernunft. Nur durch strenge Befolgung der von Kant entdeckten kritischen Methode ist es möglich, die sehr in Verwirrung gerathenen philosophischen Dinge in das sichere Gleis ruhiger Fortentwicklung zu bringen. Durch Kritik der Vernunft ist zu allererst der ganze Gehalt an philosophischer Erkenntniß, welchen die menschliche Vernunft besitzt, aufzuweisen. Nachdem dieses geschehen, läßt sich das System der philosophischen Wahrheiten mit ebenso großer Evidenz aufführen, wie dasjenige der reinen Mathematik. – Gestützt auf Kant und Fries hat A. in seiner „Metaphysik“ (Leipzig 1857), dem Hauptwerke seines Lebens, das vollständige System der philosophischen Wahrheiten entwickelt. In dem mit meisterhafter Klarheit geschriebenen Werke hat er viel zur Begründung und größeren Deutlichkeit der schwierigen Lehren der kritischen Philosophie beigetragen. – Insbesondere hat A. sowol durch seine Metaphysik, als durch seine „Religionsphilosophie“ (Leipzig 1860) der Hauptaufgabe der Fries’schen Philosophie, welche ist: dem religiösen Glauben eine speculative Grundlage zu geben, wesentliche Dienste geleistet. Von Apelt’s übrigen litterarischen Arbeiten erwähnen wir noch:

„Ernst Reinhold und die Kantische Philosophie“ (Leipzig 1840), eine Kritik der Reinhold’schen Erkenntnißtheorie. „Die Epochen der Geschichte der Menschheit“, 2 Bände (Jena 1845, 1846), geben im ersten Bande einen weiten Ueberblick über die Entwickelung des geistigen Lebens der Menschheit, im zweiten die Fortschritte, welche die Erkenntniß der philosophischen Wahrheit durch Kant und Fries erhalten. – „Die Theorie der Induction“ (Leipzig 1854), eine gründliche logische Untersuchung jenes Schlußverfahrens. –

Unter Apelt’s naturwissenschaftlichen Werken sind die bedeutendsten: „Johann Keppler’s astronomische Weltansicht“ (Leipzig 1849) und „Die Reformation der Sternkunde“ (Jena 1852)

Vgl. „Erinnerungsblätter der mathematischen Gesellschaft zu Jena“ von 1862.