ADB:Böhl von Faber, Johann Nikolaus
J. H. Campe nach Hamburg kam, so bewog ihn der Vater B. mit seinem Philanthropin in Hamburg zu bleiben und die Erziehung seiner vier Söhne zu übernehmen. In dem Campe’schen Robinson kommt B. unter dem Namen Johannes, vor und noch in seinem Alter versammelte sich in Mecklenburg einst eine ganze Schuljugend, um den ihr aus dem Robinson bekannten Johannes von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Als Campe im Anfang des Jahres 1783 sein Institut aufgab, kehrte Johannes in das elterliche Haus zurück. Im J. 1784 reiste er allein nach England und kam in eine Erziehungsanstalt zu Andover. Schon im folgenden Jahr 1785 trat er in Cadix in das Handlungshaus seines Vaters. Nachdem er 1789 eine Reise in die Heimath gemacht und 1792 eines Augenübels wegen mehrere Monate im südlichen Frankreich zugebracht hatte, trat er Ende 1794 mit seinem Bruder Gottlieb als Compagnon in die Handlung. Im Jahre 1796 verheirathete er sich mit einer katholischen Spanierin, Frasquieta de Larea, der Tochter einer Irländerin. Im J. 1798 machte B. einen Versuch, nach Deutschland zurückzukehren; er kaufte [60] sich in Braunschweig an, um mit Campe und seiner Familie wieder in nahe Beziehung zu treten, aber seine Frau und deren Mutter konnten sich an Deutschland nicht gewöhnen, und bei seiner nicht eben sehr festen Haltung ließ er sich bewegen, um den häuslichen Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu gehen, sein Besitzthum in Braunschweig zu verkaufen und nach Spanien zurückzukehren. Er ließ sich jetzt in Chiclana, einem Dörfchen vier Meilen von Cadix, nieder. Da durch die politischen Verhältnisse der Handel sehr darnieder lag, beschäftigte sich B. mit Mathematik und Astronomie und ließ sich zu seinem Studium viele Bücher von Hamburg schicken. Im J. 1800 wüthete das gelbe Fieber in Cadix und B. verlor durch dasselbe seinen Bruder Gottlieb und dessen Gattin Therese, geb. Meyer aus Hamburg. Im J. 1802 wurde er hamburgischer Consul, 1807 Generalconsul für das ganze Königreich Sevilla. Die Widerwärtigkeiten des Geschäfts verleideten ihm den Handel, er beschäftigte sich jetzt vorzugsweise und mit großem Interesse mit der spanischen Litteratur. Dabei lebte aber die Sehnsucht nach Deutschland beständig in ihm auf. Daher kaufte er 1805 das Gut Görslaw in Mecklenburg, in der Nähe von dem Landgut seines Bruders Fritz und seines Schwagers Berckemeyer. Am Ende des Jahres 1805 kam er mit seiner Familie in Deutschland an, aber auch diesmal konnten seine Frau und deren Mutter in Deutschland nicht aushalten, sie reisten daher bald mit den beiden jüngsten Kindern nach Spanien zurück. B. blieb in Mecklenburg mit seiner ältesten Tochter und seinem einzigen Sohn. Im J. 1806 wurde B. von seinem Stiefvater, Martin Jakob v. Faber, königl. preußischem Geheimrath, adoptirt und dadurch geadelt, er nannte sich seitdem Böhl v. Faber. Er beschäftigte sich damals viel mit der Landwirthschaft, unterrichtete selbst seine Kinder und wandte die übrige Zeit auf die deutsche Litteratur; die Wintermonate brachte er zum Theil jährlich in Hamburg im Kreise seiner Verwandten und Freunde zu. Indessen hatten sich die Vermögensumstände Böhl’s sehr verändert, sein Handlungshaus in Cadix ging dem Ruin entgegen. Bald mußte B. sein Gut in Mecklenburg mit großem Verlust verkaufen. Unter diesen Verhältnissen trat er im August 1813 öffentlich zur katholischen Kirche. Weder in dem Campe’schen Philanthropin, noch späterhin hatte er eigentlich den protestantischen Lehrbegriff gründlich kennen gelernt, zu Görslaw hatte er sich viel mit den deutschen Mystikern beschäftigt, dazu kam der Einfluß der Frauen und der seines Freundes, des Dr. Julius. Er ging darauf mit den Seinigen nach Spanien zurück, um zu retten, was zu retten war, aber es war zu spät, das Handlungshaus war total ruinirt. Durch seine Freunde gelang es ihm, eine Assecuranz-Compagnie zu errichten und späterhin statt dessen die Oberaufsicht über das Weingeschäft des englischen Hauses Duff Gordon u. Comp. zu führen. Auf diese Weise hatte er bei mäßigen Ansprüchen eine sorgenlose Existenz und Zeit genug, um von jetzt an vorzugsweise die alten spanischen Dichter zu studiren, von denen er nach und nach eine äußerst werthvolle Sammlung von mehreren 1000 Bänden erwarb. – Für die Uebersendung seines „Floresta“, einer Sammlung altspanischer Dichter, wurde er von der Real Academia Española zum Academico honorario ernannt. Im Juni 1830 hatte er das Unglück, das rechte Bein zu verletzen; dies gab bei seiner großen umfangreichen Gestalt zu ernsten Besorgnissen Veranlassung, auch hat er seitdem nie wieder ohne Krücken gehen können. Am 9. November 1836 erlöste ihn ein sanfter Tod von allen seinen Schmerzen. Er hatte ohne gehörige Rechtsform den Willen ausgesprochen, daß seine Büchersammlung altspanischen Inhalts der Hamburger Stadtbibliothek geschenkt werden solle; die spanische Regierung wollte aber nicht zugeben, daß eine so werthvolle Sammlung außer Landes geführt werde, sie kaufte die Sammlung den Erben ab und schenkte sie der Madrider Bibliothek. Unter seinen Schriften sind besonders zu nennen: [61] „Floresta de rimas antiguas castellanas“. Thl. 1–3. 1821–1825. Zweite Ausgabe 1825–43; „Teatro español anterior a Lope de Vega“, 1832. – Seine älteste Tochter Cäcilia trat unter dem Namen Caballero[1][2] mit Erfolg als Schriftstellerin auf.
Böhl v. Faber: Johann Nikolaus B. v. F., der älteste Sohn des Kaufmanns Johann Jakob Böhl und der Cäcilia Ilhabe, geb. Lütkens, ward geboren in Hamburg 9. December 1770. Sein Vater hatte in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Cadix ein Handlungshaus gegründet, das zu den ersten in Europa gehörte. Da damals der bekannte- (Elise Campe geb. Hoffmann) Versuch einer Lebensskizze von J. N. Böhl von Faber. Nach seinen eigenen Briefen (als Handschrift) gedruckt. Leipz. 1858.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 61. Z. 3 v. o. l.: unter dem Namen Fernan Caballero mit Erfolg als Schriftstellerin auf und † im August 1876. Ihre Werke erschienen in deutscher Uebersetzung in 17 Bänden, Paderborn 1859–64. [Bd. 4, S. 794]
- ↑ S. 61. Z. 3 v. o.: Die in den Berichtigungen des IV. Bandes nach den Zeitungen mitgetheilte Nachricht vom Tode der Cäcilie Böhl v. Faber (Fernan Caballero) beruhte auf einem Irrthum. Sie ist nach dem Imparcial vielmehr erst am 7. April 1877 zu Sevilla gestorben. [Bd. 5, S. 794]