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ADB:Beck, Christian Daniel

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Artikel „Beck, Christian Daniel“ von Friedrich August Eckstein in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 210–212, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Beck,_Christian_Daniel&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 07:03 Uhr UTC)
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Beck: Christian Daniel B., als Sohn eines Silberarbeiters geboren in Leipzig 22. Jan. 1757, † 13. Decbr. 1832. Seinen Unterricht erhielt er durch Hauslehrer und als der letzte derselben, Katechet Irmisch, als Pfarrer nach Großpörthen bei Zeitz versetzt wurde, zog er mit ihm. Erst im Januar 1772 kam er in die zweite Classe der Thomasschule, wurde aber schon nach wenigen Monaten Primaner. Wie der Conrector Thieme dadurch, daß er ihn als Amanuensis bei der Stadtbibliothek verwendete, seine litterar-geschichtlichen Interessen weckte, so förderte ihn der Rector Fischer in den alten Sprachen und zeigte ihm den Weg für seine philologischen Studien, von denen er bei seinem Abgange von der Schule in dem „Specimen observationum criticarum in Euripidis Hippolytum“, 1775, die erste Probe lieferte. Da er die Absicht hatte Lehrer zu werden, setzte er jene Studien auf der Universität eifrig fort und verband damit Theologie und Geschichte, meist für sich studirend, weil unter den Professoren nur Morus und der Historiker Böhme ihn in den Vorlesungen gefesselt zu haben scheinen. Am 21. Febr. 1778 wurde er Magister und am 8. Mai 1779 habilitirte er sich durch Vertheidigung des „Spec. historiae bibliothecarum Alexandrinarum“, welches 1829 noch einmal gedruckt wurde. Seit der Zeit begann er eine akademische Thätigkeit, wie sie in Bezug auf den Umfang der behandelten wissenschaftlichen Gebiete und auf die Menge der täglich gehaltenen Vorlesungen wol ohne Beispiel ist. Nachdem er 1780 einen Ruf als außerordentlicher Professor der [211] Rechte nach Göttingen abgelehnt hatte, wurde er 1782 außerordentlicher, und schon 1785 ordentlicher Professor graecarum et latinarum litterarum; 1819 trat er diese Stelle an Spohn ab und übernahm die Professur der Geschichte, nach Spohn’s Tode, 1825, kehrte er zu der früheren Professur zurück. Er las 4–5 Stunden täglich nach einem vierjährigen Turnus über die sämmtlichen Bücher des N. T., Dogmatik, Dogmen- und Kirchengeschichte, hielt eine hodegetische Vorlesung, behandelte eine große Zahl griechischer und lateinischer Schriftsteller, wechselnd zwischen Dichtern und Prosaikern, dazu Antiquitäten und sogar für einen ausgewählteren Kreis Archäologie. Als Spohn eingetreten war, beachtete er weniger die alte Litteratur und wendete sich der Geschichte zu, die er als Universalgeschichte und als Geschichte einzelner neueren Staaten vortrug. Auch durch die immer mehr sich verringernde Zahl der Zuhörer hat er sich von diesem Fleiße nicht abschrecken lassen, weil es ihm nicht um das Honorar zu thun war. Dazu kamen noch die Uebungen einer societas philologica, zu der im Herbst 1784 acht Studirende zusammentraten und die 1809 in das philologische Seminar überging. Außerdem war er Universitäts-Bibliothekar, Ephorus der königlichen Stipendiaten, Präfect der Universitätsdörfer, Büchercommissar, Aufseher des Taubstummeninstituts, Censor – in bleibenden Aemtern, daneben in vorübergehenden Functionen Decan und Procancellarius in der philosophischen Facultät und seit 1791 zwölfmal Rector der Universität, deren alte Verfassung in den vier Nationen und in dem Uebergewicht der Magister er 1830 noch mit zu Grabe tragen mußte. Sein Magister-Jubiläum wurde 1828, das Docenten-Jubiläum 1829 unter großer Theilnahme gefeiert, wie es ihm überhaupt an äußeren Ehren nicht gefehlt hat. Schon 1808 wurde er Hofrath, 1816 erhielt er den sächsischen Verdienstorden, 1829 das Comthurkreuz desselben; die theologischen Facultäten von Erlangen und Leipzig verliehen ihm die Doctorwürde, viele gelehrte Gesellschaften nahmen ihn als Mitglied auf; ehemalige Schüler ließen eine goldene Denkmünze mit seinem Bilde prägen. Verheirathet war er seit 1785 mit einer Tochter des Botanikers Hedwig.

B. bot das vollkommene Bild eines Leipziger Gelehrten von altem Schlage nicht blos in seiner äußerlichen Erscheinung, sondern auch in seiner gelehrten Thätigkeit. Noch blieb die Philologie wie bei seinem Vorbilde J. A. Ernesti mit der Theologie vereinigt; das historische Wissen überwog, Kritik und Grammatik traten zurück. Als diese beiden Gebiete durch G. Hermann’s geniale Leistungen einen neuen Impuls erhielten, trat der Gegensatz in den Schülern beider Männer scharf, sogar leidenschaftlich hervor, ohne daß sich B. durch derartige Angriffe (wie von dem jugendlichen Reisig) stören oder gar von seinem Wege abbringen ließ. Er ist der Letzte, der die Philologie als Polyhistorie aufgefaßt hat; sein reiches Wissen, sein gutes Gedächtniß, sein wunderbarer Fleiß befähigten ihn dazu. Das ist auch der Charakter seiner Schriftstellerei, denn er hat mehr als 200 Schriften drucken lassen, unter denen freilich eine große Zahl von kleinen Gelegenheitsschriften sich befindet, zu denen er als Programmatarius der Universität genöthigt war. Uebersetzungen aus dem Französischen, wie Macquer’s[WS 1] „Römische Jahrbücher“ 1783, und d’Ohsson’s [WS 2] „Schilderung des ottomanischen Reichs“ (2 Bde., 1788 und 1793), oder aus dem Englischen, wie Ferguson’s[WS 3] „Römische Geschichte“ (seit 1783 in 3 Bdn.), Goldsmith’s „Geschichte der Griechen“ (2 Bde., 1792 und 1793, neu bearbeitet 1806 und 1807), und Gregory’s[WS 4] „Geschichte der christlichen Kirche“ (1 Bd., 1797) sind durch Buchhändler veranlaßt. Aus solchen Anregungen ging der dritte Band des Euripides[WS 5] von Barnes[WS 6] (1788), der Abdruck der Aristophanes[WS 7] von Invernizzi[WS 8] seit 1792 hervor, zu dem die weitschichtige Sammlung der verschiedensten Erklärungen von ihm nur bis zum 6. Bde. (1819) geführt, das Ganze durch W. Dindorf[WS 9] abgeschlossen ist, auch 1804 die [212] Vollendung der Gottleber-Bauer’schen Ausgabe des Thucydides[WS 10], zu der auch ein Glossar versprochen, aber niemals geliefert wurde. Ueberhaupt sind gar manche seiner Schriften unvollendet geblieben, so Euripides (nur ein Band Text 1792, und ebenso commentarii 1799), Apollonius von Rhodus[WS 11] (1797), Plato[WS 12] (drei Bändchen 1813), Cicero[WS 13], von dem (1795–1807) nur 4 Bände Reden, aber auch diese nicht vollständig erschienen sind. Nur kleinere Ausgaben sind abgeschlossen, wie „Aristophanis Aves“ (1782); Pindar[WS 14] (1792 und 1802), Plutarch[WS 15] „de physicis philosophorum decretis“ (1787) und Demosthenes[WS 16] „de pace“ 1799; von Lateinern die zweifelhafte „Consolatio ad Liviam“ (1783 und 1803) und „Calpurnii eclogae“ (1803). Ein anderer Theil seiner Schriften sollte als Grundlage bei seinen Vorlesungen dienen; so der Anfang einer „Historia litterarum Graecarum“ (1788), „Artis latine scribendi praecepta“ (1801), „Grundriß zu hodegetischen Vorlesungen“ (1808) und der unvollendete „Grundriß der Archäologie“ (1816). Dahin gehörten auch die theologischen Werke „Institutio historica religionis christianae“ (1793 und 1811), „Commentarii historici decretorum religionis christianae et familiae Lutheriae“ (1801) und die „Hermeneutica N. T.“ 1801. Ja selbst seine „Anleitung zur Kenntniß der allgemeinen Welt- und Völkergeschichte“ (1787–1807 in vier Bänden) und der Auszug daraus in der „Kurzgefaßten Anleitung“ (2 Bde., 1788–1790) können hierher gerechnet werden, obschon sie wegen der reichen bibliographischen Angaben ein allgemeineres Interesse beanspruchen und es bedauern lassen, daß die 1813 begonnene neue Auflage nicht über den ersten Band hinausgekommen ist. Er war zum Sammeln geschaffen. Dafür zeugen die „Commentarii societatis philologicae Lips.“ (1801–4, vier Bände) und die „Acta regii seminarii philol. Lips.“ (1811–13 in 2 Bänden); noch mehr die Zeitschriften, die er früh übernahm und bis zu seinem Tode fortgeführt hat. 1781 übernahm er von Adelung das „Allgemeine Verzeichniß neuer Bücher“ und lieferte 6 Jahrgänge, 1789–1797 die „Litterarischen Denkwürdigkeiten“, 1812–1818 die Hauptredaction der „Allgemeinen Leipziger Litteraturzeitung“, endlich 1814 das „Allgemeine Repertorium der neuesten in- und ausländischen Litteratur“, das er bis zum 14. Jahrgange fortgeführt hat. Auffallend ist, daß er nur ein biographisches Werk geschrieben hat, 1792 die „Recitatio de Moro summo theologo“, ein Denkmal der Pietät gegen seinen hochverehrten Lehrer. Ein gleiches hat ihm gewidmet sein dankbarer Schüler Robbe in der „Narratio de Chr. D. B.“ in drei Leipziger Schulprogrammen 1833–1837, und dann umgearbeitet als „Vita Chr. D. B.“ Lips. 1837. 8. Unbefangener urtheilt G. Hermann in der „Oratio post obitum Chr. D. B.“ in der Opusc. T. V. p. 312.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Französischer Historiker; Siehe franz. Wikipedia: Macquer, Philipp (1720–1770)
  2. Schwedischer Gesandter armenischer Abstammung; Siehe Wikipedia: Mouradgea d’Ohsson, Ignaz (1740–1807)
  3. Englischer Geschichtsforscher; Siehe Wikipedia: Ferguson, Adam (1723–1816)
  4. Gregory, George (1754–1808), englischer Prediger und Schriftsteller
  5. Griechischer Tragödiendichter; Siehe Wikipedia Euripides (ca. 480 v. Chr.–406 v. Chr.)
  6. Englischer Professor der griechischen Sprache; Siehe englische Wikipedia: Barnes, Joshua (1654–1712)
  7. Griechischer Komödiendichter; Siehe Wikipedia: Aristophanes (ca. 445 v. Chr.–386 v. Chr.)
  8. Invernizzi, Filippo (?–1832), italienischer Philologe
  9. Hellenist; Siehe Wikipedia: Dindorf, Wilhelm (1802–1883)
  10. Griechischer Historiker; Siehe Wikipedia: Thucydides (ca. 460 v. Chr.–ca. 400 v. Chr.)
  11. Griechischer Epiker und Grammatiker; Siehe Wikipedia: Apollonios von Rhodos (295 v. Chr.–215 v. Chr.)
  12. Griechischer Philosoph; Siehe Wikipedia: Platon (427 v. Chr.–347 v. Chr.)
  13. Römischer Politiker und Philosoph; Siehe Wikipedia: Cicero, Marcus Tullius (106 v. Chr.–43 v. Chr)
  14. Griechischer Dichter; Siehe Wikipedia: Pindaros (ca. 520 v. Chr.–ca. 445 v. Chr.)
  15. Griechischer Schriftsteller; Siehe Wikipedia: Plutarch (ca. 45–125)
  16. Griechischer Redner; Siehe Wikipedia: Demosthenes (384 v. Chr.–322 v. Chr.)