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ADB:Berckmann, Johann

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Artikel „Berckmann, Johann“ von Adolf Häckermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 353–355, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Berckmann,_Johann&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 20:49 Uhr UTC)
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Berckmann: Johann B. (Bergmann), Theologe und Chronist, geb. im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts, vermuthlich zu Stralsund, war nach eigener Mittheilung bereits längere Zeit vor Beginn der Reformation Prädicant daselbst und wird von Barthol. Sastrow als Augustinermönch im St. Johanniskloster bezeichnet, während Dinnies (Gadebusch, Pommersche Sammlungen I. [354] S. 154) ihn nach Anklam versetzt, weil ein Augustinerkloster zur Zeit nicht am Sunde bestand. Vielleicht war er Beichtiger der Augustinerinnen zu St. Annen (in Stralsund) und wohnhaft im Johanniskloster daselbst. Bald nach 1520 nahm auch B. das evangelische Bekenntniß an und trat nach Luther’s Beispiel in den Ehestand, begab sich jedoch seiner Sicherheit wegen nach Neubrandenburg unter den Schutz des Herzogs Albrecht VI. und dessen Gemahlin Anna, Tochter Joachims I. von Brandenburg, und trat daselbst, obwol von der katholischen Geistlichkeit und namentlich vom Bischof von Havelberg heftig verfolgt, als Prediger der neuen Lehre auf. Während seines Aufenthaltes daselbst verletzte er sich den Fuß, so daß er fortan hinkte und in Spottversen „Hinkelpes“ genannt wurde, ein Unfall, welcher nicht ohne Einwirkung auf die in seinen Aufzeichnungen häufig hervortretende Bitterkeit geblieben sein mag. Nachdem inzwischen die Mehrzahl der Bewohner von Stralsund sich der neuen Lehre zugewandt hatte, kehrte er wahrscheinlich gegen Ende des J. 1524 dorthin zurück und betheiligte sich eifrig an der Ordnung und Befestigung des Kirchenwesens, namentlich an der ersten stralsundischen Schul- und Kirchenordnung vom J. 1525. In jener Zeit, als der Protestantismus durch die wiederholt mit Hülfe des streng altgläubigen Herzogs Georg und des kaiserlichen Reichskammergerichts erfolgten Angriffe der katholischen Geistlichkeit bedroht wurde, war B. eine Hauptstütze der neuen Lehre und predigte das Evangelium in verschiedenen Kirchen. Eine feste Anstellung erhielt er von 1527–55 als Prediger an der Marienkirche, begleitete auch als Schiffsgeistlicher 1531 die überseeische Expedition der Lübecker nach Falsterbo und betheiligte sich 1549 als erklärter Gegner des Interims an den darauf bezüglichen Streitigkeiten. Als jedoch der Generalsuperintendent Knipstrow im J. 1555 die neue Kirchenordnung für Stralsund entwarf, erhielt er in Johannes Stüblinger aus Greifswald einen Amtsnachfolger. Seine Verabschiedung erfolgte wegen vorgeblicher Alters- und Leibesschwäche, er selbst aber schreibt sie vielmehr den Feindseligkeiten seines Amtsgenossen Zepelin und des Bürgermeisters Franz Wessel sowie dem Umstande zu, daß sein Gönner und Beschützer, der schon seit längerer Zeit erkrankte Bürgermeister Lorbeer, eben damals starb. Nachdem er nun noch kürzere Zeit als Seelsorger der Brigittinerinnen vom 10. Nov. 1555 bis zum 19. Juli 1556 gewirkt, aber auch dieses Amt durch Anfeindung der übrigen Geistlichen, besonders des Peter Nonneke zu St Jacobi, verloren hatte und dann bis zu seinem Tode ohne Anstellung blieb, starb er, nach Dröge in „Franz Wessel’s Leben“, am 12. März 1560, wahrscheinlich über 80 Jahre alt. Seine Frau Ursula war bereits 1532 und seine, wie es scheint, einzige Tochter 1545 verstorben. Die bis zum J. 1510 aus anderen Quellen, hinterher aus eigener Erfahrung und Erlebniß zusammengetragenen und mit dem 21. Febr. 1560 abschließende „Stralsundische Chronik“ ist nicht blos als sachliches und geschichtliches Zeugniß für das Reformationszeitalter und die Begründung und Ausbreitung des Protestantismus in Norddeutschland, sondern auch wegen der darin angewendeten niederdeutschen Mundart von höchster Wichtigkeit. Dieselbe, 1548 begonnen, ging aus der mit der Reformation erwachenden Liebe zu vaterländischer und städtischer Geschichtschreibung hervor, ward in der Folge häufig von Freunden heimischer Geschichte, unter anderen von Bartholomäus Sastrow und von Henricus Busch in seinen „Congesta“ benutzt, ging dann aber für längere Zeit verloren und ward erst 1819 von Mohnike bei einer Bücherversteigerung als Manuscript entdeckt und 14 Jahre später in den „Stralsunder Chroniken“ Th. I herausgegeben. Sie atmet demokratischen Geist und enthält bittere Ausfälle gegen die damaligen Machthaber in der Stadt, denen die Volkspartei erlag; daher denn Barthol. Sastrow übel auf Berckmann’s Chronik zu sprechen ist. Gerade deshalb aber ist sie als einziges [355] aus dem Geiste des Volkslebens geschriebenes Actenstück um so unentbehrlicher für eine unparteiische Geschichtschreibung, weil alle übrigen Annalisten als Mitglieder oder Beamte des Stralsunder Rathes einseitige Vertreter der Optimatenpartei sind.

Mohnike, Joh. Berckmann’s Stralsundische Chronik, Stralsund 1853, Einleitung S. VII ff.