ADB:Boeckler, Heinrich

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Artikel „Böcler, Johann Heinrich“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 792–793, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Boeckler,_Heinrich&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 15:59 Uhr UTC)
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Böcler: Joh. Heinrich B., geb. im J. 1611 zu Cronheim (im heutigen Königreich Baiern, Kreis Mittelfranken, Bezirksamt Gunzenhausen), † 1672. Der Sohn eines Pfarrers, erhielt er seine erste Bildung in den Schulen zu Heilsbronn und Nürnberg und wendete sich dann den Universitäten von Tübingen und Straßburg zu. In letzterer Stadt zog er frühreif wie einer durch Geist und Kenntnisse schnell die Aufmerksamkeit auf sich und fand darum hier auch seine erste Stellung als Lehrer der lateinischen Sprache an der oberen Classe des Gymnasiums. Aber schon nach kurzer Zeit wurde ihm die Professur der Beredsamkeit an der hohen Schule daselbst übertragen, womit im J. 1640 ein Canonicat an der Stiftskirche von St. Thomas verbunden wurde. Als Lehrer hoch gefeiert, folgte er im J. 1648 gleichwohl einem Rufe der Königin Christine an die Universität Upsala und wurde das Jahr darauf von ihr durch die Ernennung zum schwedischen Reichshistoriographen ausgezeichnet. Indeß schon nach [793] verhältnißmäßig kurzer Zeit entschloß sich B., der sich in seiner neuen Heimath schwer acclimatisirte, seine Entlassung aus dem schwedischen Dienst zu nehmen, und kehrte, von der Königin Christine mit einer ansehnlichen Pension bedacht, nach Straßburg zurück. Hier wurde er mit offenen Armen aufgenommen und wurde ihm die eben erledigte Professur der Geschichte übertragen. Der Beifall, den B. hier früher gefunden, lebte jetzt im erhöhten Grade wieder auf, und die noch übrigen zwanzig Jahre seines Lebens hindurch war er vielleicht der berühmteste und beliebteste Lehrer der Hochschule, der stets einen zahlreichen und aufmerksamen Kreis von Schülern um sich versammelte und durch das lebendige Wort wie durch eine immer wachsende litterarische Fruchtbarkeit in ungewöhnlich hohem Grade anregte und wirkte. An Anerkennung verschiedener Art konnte es ihm unter diesen Umstände nicht fehlen. Im J. 1662 ernannte ihn der Mainzer Kurfürst Joh. Philipp v. Schönborn, der sich seiner Feder in Streitigkeiten mit der Stadt Erfurt bediente, zu seinem Rath, das Jahr darauf Kaiser Ferdinand III. zum kaiserlichen Rath und zum Pfalzgrafen. Was freilich bedenklicher, König Ludwig XIV. faßte den überall hoch angesehenen Gelehrten bei Zeiten in das Auge und begnadete ihn wiederholt mit Geldgeschenken, ja, wenn wir recht unterrichtet sind, mit einer ständigen Pension. Es ist bekannt, daß B. zwar nicht der einzige war, dem diese zweideutige Auszeichnung zu Theil wurde, und man vermag gegen den so Bedachten allerdings nicht den Vorwurf der Käuflichkeit erheben, aber die Sache bleibt darum nicht weniger bedauerlich. Die gelehrte Thätigkeit Böcler’s war nach der Art seines Zeitalters polyhistorischer Natur und bewegte sich in den Gebieten der Philosophie, der classischen Philologie, der Geschichte, des Staatsrechtes und der Politik. Einen wirklich originellen Kopf wird man B. kaum nennen dürfen; imponirend bleibt aber trotzdem der weite Umfang seines Wissens und die Leichtigkeit, mit welcher er dasselbe beherrschte. Auf die pädagogische Seite seines praktischen und litterarischen Wirkens wird ohne Zweifel überall das Hauptgewicht gelegt werden müssen, und diese war eminenter Natur. Seine Arbeiten im Bereiche der classischen Philologie, seine Commentare und Ausgaben griechischer oder römischer Schriftsteller können eine tiefer gehende Bedeutung kaum in Anspruch nehmen. Aehnliches gilt von seinen historischen Werken; sie sind fast ausschließlich Compilationen ohne sichere kritische Methode, mit Ausnahme etwa der Geschichte des schwedisch-dänischen Krieges, die mehr einen zeitgeschichtlichen Charakter trägt. Ein feiner und scharfsinniger Geist bleibt B. nichts desto weniger, auch wo er theoretisch von der Aufgabe, dem Nutzen und der Kunst der Geschichtschreibung spricht. Unter seinen kleinen Aufsätzen z. Th. historischer Natur ist mancher schätzenswerth, wie z. B. die Abhandlung über die Rechtsansprüche des deutschen Reichs auf Livland u. dgl. m. Seine staatswissenschaftlichen Doctrinen, in erster Linie seine „Institutiones politicae“, sind erst wieder in neuester Zeit von competenter Seite in rühmender Weise in Erinnerung gebracht worden (W. Roscher, Geschichte der Nationalökonomik S. 262). Als Redner war B. vorzüglich, sein Latein ist ebenso elegant als seine Wendungen geistvoll und seine Gedanken glücklich sind. Man begreift den Beifall, den er auf dem Katheder gefunden hat. Von seinen Schülern ist Veit von Seckendorf hervorzuheben. Ein Verzeichniß seiner Schriften findet man bei Jöcher; sein Leben ist am frühesten, wenn auch lückenhaft, von J. G. Müller in seiner Ausgabe der „Historia universalis quatuor seculorum post. Chr. n.“ (Rostock 1695) beschrieben worden.