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ADB:Borowski, Ludwig von

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Artikel „Borowski, Ludwig Ernst“ von Wilhelm Heinrich Erbkam in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 177–178, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Borowski,_Ludwig_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:30 Uhr UTC)
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Borowski: Ludwig Ernst B., früher auch Borowsky geschrieben, evangelischer Erzbischof in Preußen, geb. 17. Juni 1740 zu Königsberg in Preußen, † ebendas. 10. Nov. 1831. Die Voreltern Borowski’s stammen aus einer wohlhabenden polnischen Familie, die um des Glaubens willen aus Polen auswanderte und nach Preußen zog, hier indeß in dürftige Verhältnisse kam. Der Vater, Andreas Ernst B., besaß in Königsberg eine Lackfabrik, übernahm aber zugleich das Amt eines Hofküsters bei der königl. Schloßkirche. Der junge B. bekam dadurch frühzeitig Gelegenheit mit dem damals sehr gefeierten Oberhofprediger Johann Jakob Quandt in persönliche Berührung zu treten, indem er als Chorknabe nach der damaligen Sitte bei der Austheilung des Abendmahls Hülfe leistete. Ohne Zweifel ist dadurch in ihm der Entschluß, Theologie zu studiren, entstanden. Seine vorzüglichen Gaben und sein Fleiß erleichterten ihm die Absolvirung der erforderlichen Gymnasialbildung, so daß er noch nicht 15 Jahr alt die Universität beziehen konnte. Hier trat er bald in nähere freundschaftliche Verbindung mit Immanuel Kant, der um dieselbe Zeit als Privatdocent auf der Königsberger Universität seine Lehrthätigkeit begonnen hatte. Auf Empfehlung Kant’s wurde B. im Jahre 1758 Hauslehrer und Führer der jüngern Söhne des Generals v. Knobloch, wobei er indessen Königsberg nicht zu verlassen genöthigt war und daher öfter Gelegenheit bekam, daselbst zu predigen. Die Auszeichnung, mit der dies geschah, und die im Hause seines Principals gemachte Bekanntschaft mit den ersten adlichen Familien der Provinz lenkte die Aufmerksamkeit des damaligen Feldmarschall und Gouverneur von Preußen v. Lehwald auf den jungen Candidaten und er erwählte ihn sich zum Prediger seines Regiments. So ward B. schon in seinem 22. Lebensjahre Feldprediger und mußte, nachdem er am Juli 1762 in Berlin vom Propst Süßmilch ordinirt war, sogleich nach Sachsen zu seinem Regiment abreisen. Der siebenjährige Krieg neigte sich zum Ende, und schon im folgenden Jahre 1763 war deshalb B. wieder in seiner Heimathprovinz, in Bartenstein, wo sein Regiment in Garnison stand. Hier blieb er bis zum J. 1770, wo er zum Pfarrer und Superintendenten (damals Erzpriester genannt) von Schaaken bei Königsberg ernannt wurde. Seine mannigfachen Freunde in Königsberg und der ehrenvolle Ruf, den er sich in seinen bisherigen Aemtern erworben hatte, bewirkten im J. 1782 seine Versetzung nach Königsberg, wohin er vom Magistrat an die vorstädtische Neuroßgärtner Kirche berufen wurde. Hier erweckten seine geistvollen Predigten allgemeine Aufmerksamkeit. Als in Folge der unglücklichen Schlacht von Jena 1806 der König Friedrich Wilhelm III. mit seiner Familie zuerst nach Memel und von da 1807 nach Königsberg reiste und dort bis zum Dec. 1809 verweilte, war B. ohne Frage der ausgezeichnetste Prediger der Stadt, und obwol er nur an einer vorstädtischen Kirche angestellt war, so wurden seine Predigten von [178] Personen aller Stände mit Vorliebe besucht. Auch der König und seine Gemahlin, die Königin Louise, wurden bald die fast regelmäßigen Zuhörer Borowski’s. Es knüpfte sich daran ein engeres fast beichtväterliches Verhältniß an; die Königin legte dem von ihr besonders hochverehrten Geistlichen schriftliche Aufsätze zur Beurtheilung vor, die sie über religiöse Gegenstände in einsamen Stunden verfaßt hatte. Der König fand sich besonders durch die trostreichen Zusprachen des vom unerschütterlichen Gottvertrauen beseelten Mannes gestärkt und von seiner fast an Verzweiflung grenzenden Verzagtheit bei den schweren Schicksalsschlägen, die er erfahren, geheilt. Insofern darf der Einfluß Borowski’s, obwol er sich ganz im Gebiete des persönlichen innern Lebens bewegte, nicht gering geschätzt werden, ja er greift selbst einigermaßen in die öffentlichen Angelegenheiten über, sofern die moralische Haltung des Königs dadurch mitbestimmt wurde. Wie innig und tief gehend der Eindruck der Persönlichkeit Borowski’s auf den König war, spricht sich nicht allein in den wiederholten Beweisen königlicher Huld, die er seitdem erfuhr, sondern vor allem in dem Briefwechsel aus, den der König nach dem Tode seiner Gemahlin auf Grund einer ihm zum Andenken an dieselbe von B. gesandten Gedächtnißpredigt angeknüpft und bis zum Tode Borowski’s fortgesetzt hat. – Die hervorragende Tüchtigkeit des Mannes wurde bald allerseits anerkannt und verschaffte ihm auch vermehrte Ehren und Aemter. Im J. 1793 wurde er zum Kirchen- und Schulrath ernannt, 1805 zum Consistorialrath; 1809 erhielt er das Recht der Ordination für die in der Provinz Preußen anzustellenden Prediger und wurde zum Oberconsistorialrath ernannt. 1812 wurde ihm bei seinem Amtsjubiläum die General-Superintendentur von Preußen übertragen, 1815 wurde er Oberhofprediger und als solcher an die königliche Schloßkirche berufen, 1816 ernannte ihn der König zum Bischof der evangelischen Kirche und im J. 1829 zum Erzbischof. Nachdem er früher die verschiedenen Grade des rothen Adlerordens erhalten, ernannte ihn der König zum Ritter des schwarzen Adlerordens, womit zugleich der Adel verbunden war. Alle diese Auszeichnungen konnten den einfachen und pflichttreuen Mann nicht von seiner würdigen und demüthigen Haltung, die er stets bewahrt hatte, abbringen. „Was habe ich Sonderliches oder mehr gethan, als so viele meiner Brüder“? pflegte er zu sagen, „und habe ich etwas Gutes gewirkt, ei nun, Er gab ja Kraft, Er gab mir Willen; Er konnte es auch von mir fordern.“ – Seine theologische Denkungsart war die des Supranaturalismus des vorigen Jahrhunderts und seine Predigten möchten am ersten denen des Hofprediger Reinhardt in Dresden zu vergleichen sein. Besonders geschätzt waren seine Ordinationsreden, die obwol nur an Wochentagen gehalten, stets ein zahlreiches Publicum anzogen. Borowski’s Schriften sind im Vergleich zu seinem hohen Lebensalter nicht sehr zahlreich und haben keinen wissenschaftlichen Werth. Die bekannteste Schrift von ihm ist die „Darstellung des Lebens und Charakters Kant’s“, Königsberg 1804. Diese Lebensbeschreibung war bereits 1792 entworfen und damals von Kant selbst revidirt und nach dem Tode Kant’s vervollständigt und herausgegeben. – Sodann verdiente die von ihm verfaßte „Neue preußische Kirchenregistratur, die neuern Verordnungen und Einrichtungen in Kirchen- und Schulsachen im Königreich Preußen enthaltend“, Königsberg 1788, 4. wegen der dazu gehörigen, die Kirchengeschichte Preußens betreffenden Aufsätze Beachtung. Endlich ist die von ihm herausgegebene „Preußische Kirchenagende“ 1789, 4. durch die hinzugefügte Abhandlung über die historische Entwicklung der preußischen Liturgien auch jetzt noch von Werth.

Ausgewählte Predigten und Reden in den Jahren 1762–1831, gehalten von Dr. Ludwig Ernst v. Borowski … und nach dessen Tode herausgegeben von Karl Ludwig Volkmann, Pfarrer in Thierenberg. Nebst einem kurzen Lebensabrisse und einer Charakteristik des Verewigten als Prediger. Königsb. 1833.