ADB:Braumüller, Wilhelm Ritter von

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Artikel „Braumüller, Wilhelm (von)“ von Karl Friedrich Pfau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 184–186, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Braum%C3%BCller,_Wilhelm_Ritter_von&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 11:32 Uhr UTC)
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Braumüller: Wilhelm (von) B., Begründer der weltberühmten gleichnamigen Verlagsfirma in Wien, wurde am 19. März 1807 in Zillbach bei Meiningen als Sohn eines Pfarrers geboren. Als der Vater im December 1820 starb, trat B. im Februar des nächsten Jahres als Lehrling in die [185] Baerecke’sche Buchhandlung in Eisenach ein und ging nach beendeter fünfjähriger Lehrzeit zu Gerold nach Wien. Hier blieb er bis zum Jahre 1836, zu welcher Zeit er infolge eines schon im vorhergehenden Jahre mit seinem Landsmann L. W. Seidel abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages (er als öffentlicher, Seidel als stiller Gesellschafter) in die seit 1783 bestehende Buchhandlung „R. von Mösle’s Wittwe“ eintrat. In Gemeinschaft mit Seidel leitete er die Buchhandlung bis zum Jahre 1840, wo beide dieselbe durch Kauf an sich brachten, und unter der Firma „Braumüller & Seidel“ fortführten. Obschon sich einzelne Fachwerke über Medicin, Naturkunde, Mathematik, Landwirthschaft und Geschichte vorfanden, so war der Verlag damals doch hauptsächlich nur durch die Rechtswissenschaft vertreten (z. B. Bergmayr’s Bürgerliches Recht der Armee, Erläuterung der Kriegsartikel, Das militärische Strafverfahren, Dolliner’s Handbuch des österreichischen Eherechts u. a.). Von 1839–1849 erschien auch eine Zeitschrift: Der Jurist. Neben rechts- und staatswissenschaftlicher Litteratur pflegte die Firma noch besonders Medicin, Land- und Forstwirtschaft, welche Materien auch heute noch die Grundlage ihres Verlags bilden. 1848 wurde die Gesellschaftsfirma Braumüller & Seidel aufgelöst und Einzelfirmen „Wilhelm Braumüller“ und „L. W. Seidel“ gegründet. Durch keine contractlichen Fesseln mehr gehemmt, entfaltete B. nun eine ausgedehnte Thätigkeit. Sein Sortiment wurde bald eines der bedeutendsten und konnte sich unmittelbar neben das Gerold’sche, bisher das größte in Wien, stellen. Ebenso nahm sein Verlag, in dem fast alle Wissenschaften vertreten sind, eine nie geahnte Ausdehnung an. Im Kataloge finden sich die meisten Disciplinen. In richtiger Würdigung des Einflusses der Zeitschriften auf die Hebung der Wissenschaft war B. bestrebt, solche ins Leben zu rufen; es erschienen in seinem Verlage die österreichischen Vierteljahrsschriften für Dermatologie und Syphilis, für Forstwesen, katholische Theologie, Rechts- und Staatswissenschaft, für wissenschaftliche Veterinärkunde, die „Medicinischen Jahrbücher“, die „Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik“. Den Glanzpunkt des Verlages bilden die medicinisch-chirurgischen Werke, und die Gesellschaft der medicinischen Schriftsteller, die sich in demselben zusammenfindet, ist die glänzendste, die man sich denken kann. Wer seinen Verlag überblickt, wird von Bewunderung erfüllt für diesen Mann, der in unbeirrter Verfolgung seines Wahlspruches „per noctem ad lucem“ in verhältnißmäßig kurzer Zeit einen solchen Aufschwung seines Geschäfts und einen solchen Aufschwung des gesammten österreichischen Buchhandels, der bis in die vierziger Jahre arg darniederlag, erzielte, denselben nicht nur auf dem Continente, sondern auch in überseeischen Ländern zu Ehren gebracht und somit im besten Sinne des Wortes einen Weltverlag begründet hat. Seitdem B. 1848 zum k. k. Hofbuchhändler ernannt worden war, erfuhr er in ununterbrochener Reihe die ehrenvollsten Auszeichnungen, so erhielt er auch den Titel eines „Universitätsbuchhändlers“. Die k. k. geographische Gesellschaft und die österreichische Gesellschaft für Meteorologie ernannten ihn zum ordentlichen resp. zum außerordentlichen Mitgliede, auf den internationalen Ausstellungen in London, Paris und Wien wurden ihm die ersten Auszeichnungen zu Theil; außerdem eine Reihe hoher Orden. Eine besonders seltene Auszeichnung erfuhr er gelegentlich seines 50jährigen Buchhändlerjubiläums am 1. Februar 1871, indem ihm da der Orden der Eisernen Krone verliehen wurde, womit zugleich die Erhebung der Familie Braumüller in den erblichen Adelstand verbunden war. Fast alle regierenden Fürsten haben Braumüller’s Thätigkeit für die Förderung und Verbreitung der Wissenschaft und Kunst durch Ordensverleihungen und sonstige Auszeichnungen anerkannt, die Universität [186] Würzburg außerdem durch Verleihung des Doctors der Medicin honoris causa, sodaß weder vor noch nach ihm irgend ein Standesgenosse in gleicher Weise mit Ehren überhäuft erscheint. Diese Fülle von Anerkennung und irdischem Lohn erklärt sich zur Genüge, wenn man bedenkt, daß B. der Nestor des österreichischen Buchhandels, der Begründer des gegenwärtigen Aufschwunges desselben war. Von der Zeit nach Josef II. bis in die dreißiger Jahre dauerte in Oesterreich eine trübe Periode schimpflichen Nachdruckes, und besonders Wien und Graz waren als Nachdrucksorte berüchtigt. Erst in den dreißiger Jahren wieder begann Wien mit neuen Verlagsartikeln hervorzutreten, aber nur spärlich, und man merkte, daß Autor und Verleger sich nur zufällig gefunden. Die daraus entspringende schlechte Meinung über den österreichischen Buchhandel erhielt sich noch lange Zeit, im Lande selbst, wie in Deutschland. Und was noch schlimmer war: das Vorurtheil wurde für den österreichischen Buchhandel zum Vorwande für geistige Trägheit. Während man beklagte, daß die namhaften österreichischen Autoren sich nach dem Auslande wandten, nöthigte man sie thatsächlich dazu. Mit Geringschätzung sah man überall auf den österreichischen Verleger, dem der auswärtige Markt so gut wie verschlossen war. Mit Braumüller’s Eintritt in den österreichischen Buchhandel begann eine neue Epoche. Er hat einen Verlag geschaffen, der vermöge seiner Universalität und der Nationalität der Autoren die ideale Einheit aller deutschredenden Stämme Mitteleuropas in sich verkörpert. Nicht zu vergessen ist ferner Braumüller’s Verdienst um eine mustergültige Typographie. Bislang waren die in Oesterreich gedruckten Bücher geradezu kläglich ausgestattet gewesen – B. war der erste, der Leistungsfähigkeit forderte und förderte. Wenn ihm endlich der akademische Ehrentitel eines Doctors verliehen wurde, so wurden damit nur seine Verdienste um die Wissenschaft anerkannt, denn die Anregung zu vielen Werken, welche eine fühlbare Lücke ausfüllten, kam nicht aus dem Kopfe des Autors, sondern des Verlegers. War von ihm irgend einmal ein Werk als Bedürfniß anerkannt, so hatte er auch schon mit sicherem Blicke die Persönlichkeit gefunden, welche die Aufgabe lösen konnte.

Nach Braumüller’s am 25. Juli 1884 erfolgten Tode ging die Firma an seinen Sohn gleichen Namens: Wilhelm Ritter v. B. über, geboren am 19. Februar 1838, und seit 1868 öffentlicher Gesellschafter der väterlichen Firma, der das umfangreiche Geschäft den von seinem verdienstvollen Vater überkommenen Traditionen gemäß weiterführte. Jedoch waren ihm nach seines Vaters Tode nur noch wenige Jahre wirkungsvollen Schaffens vergönnt. Bereits am 30. December 1889 folgte der Sohn dem Vater in die Ewigkeit nach, die umfangreichen Geschäfte seiner Wittwe und seinen Kindern hinterlassend.