Zum Inhalt springen

ADB:Braun, Heinrich (bayerischer Schulreformer)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Braun, Heinrich“ von August von Kluckhohn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 265–266, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Braun,_Heinrich_(bayerischer_Schulreformer)&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 00:03 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Braun, Karl Ludwig
Band 3 (1876), S. 265–266 (Quelle).
Heinrich Braun bei Wikisource
Heinrich Braun (Bildungsreformer) in der Wikipedia
Heinrich Braun in Wikidata
GND-Nummer 118659871
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|3|265|266|Braun, Heinrich|August von Kluckhohn|ADB:Braun, Heinrich (bayerischer Schulreformer)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118659871}}    

Braun: Dr. Heinrich B., kurfürstl. bairischer geistlicher Rath zu München, geb. als Sohn eines Bäckers zu Trostberg in Oberbaiern 17. März 1732, † 8. Nov. 1792, erwarb sich als Reformator des niedern Schulwesens und als Vorkämpfer deutscher Volksbildung in Baiern hohe und bleibende Verdienste. In der Schule der Benedictiner zu Salzburg gebildet, trat er 18 Jahre alt im Kloster Tegernsee in diesen Orden und entfaltete dann als Lehrer der schönen Wissenschaften in Freising und, in sein Kloster zurückgerufen, als Professor der Theologie in Tegernsee eine ersprießliche Thätigkeit. Verschiedene deutsche Aufsätze und der erste Theil einer deutschen Sprachlehre verschafften ihm 1765 einen Ruf als Lehrer der deutschen Sprache, der Dicht- und Redekunst an die 1759 unter den Auspicien des trefflichen Kurfürsten Max III. Joseph gegründete Akademie der Wissenschaften in München. Während er hier als öffentlicher Lehrer auf einem bis dahin unbebauten Felde eine höchst anregende Wirksamkeit entfaltete, gab er in rascher Folge außer der „Deutschen Sprachkunst“ ein „Deutsch-orthographisches Wörterbuch“, eine „Anleitung zur Dicht- und Versekunst“, sowie „Redekunst“, ferner eine Sammlung von guten Mustern der deutschen Sprache und von Mustern der geistlichen Beredsamkeit heraus und verfaßte außerdem „Briefe“, „Versuche in prosaischen Fabeln“ etc. Von den Gegnern der Aufklärung und der beginnenden deutschen Bildung längst angefeindet, brachte [266] er sich als Uebersetzer der „Heiligen Evangelien und Lectionen“ vollends in den Geruch des Ketzerthums. Gleichwol eröffnete ihm der Kurfürst, welcher ihn zum Canonicus am Marienstift und zum geistlichen Rath ernannt hatte, ein weiteres Feld bedeutungsvollster Thätigkeit, indem er ihm mit dem Titel eines Schulcommissars die Ausarbeitung eines Planes für die Reform der Volksschule und die Abfassung deutscher Schulbücher übertrug. So an die Spitze des solange vernachlässigten deutschen Unterrichtswesens in Baiern gestellt und als Organisator wie Schriftsteller unermüdlich thätig, zog er sich durch Herrschsucht und Eitelkeit auch die Feindschaft gleichstrebender Männer zu, fuhr aber, nachdem er im J. 1773 nicht ohne seine Schuld des Schulcommissariats enthoben war, fort, auf dem Gebiete, das er als seine Domäne zu betrachten gelernt hatte, als Schriftsteller zu wirken. Im J. 1774 veröffentlichte er seine „Gedanken über die Erziehung und den öffentlichen Unterricht“ und hielt am wenigsten mit neuen Lehrplänen zurück, als die Aufhebung des Jesuitenordens dem Staate die Möglichkeit gewährte, mit den niederen auch die mittleren und höheren Schulen durchgreifend zu reformiren. Nachdem Vorschläge auf Vorschläge sich gedrängt und die Planmacherei Berufene wie Unberufene Jahre lang beschäftigt hatte, gelang es dem schmiegsamen B. sich im Jahre 1777 zum „Director der sämmtlichen Lyceen und Gymnasien, dann der Stadt- und Landschulen in Baiern“ empor zu schwingen und einen Unterrichtsplan durchzuführen, der gegen den von Ickstatt entworfenen und wenigstens in Ingolstadt durchgeführten kaum einen Fortschritt bezeichnete. Soweit es sich um die Lyceen und Gymnasien handelte, hatte der Braun’sche Plan nur bis zum J. 1781, wo die humanistischen Studien den Klostergeistlichen übergeben wurden, Dauer. Die „Verordnung für die bürgerliche Erziehung der Stadt- und Landschulen“ dagegen, die der Nachfolger Maximilians Karl Theodor 1778 publicirte, blieb für ein paar Decennien die Grundlage des Volksschulwesens in Baiern. Indeß lagen B. in den späteren Jahren seiner öffentlichen Wirksamkeit (1777–1781) nicht sowol die Volksschule, die doch seine Schöpfung war und für die zu ihrem Schaden immer neue Commissäre und Commissionen bestellt wurden, als die höhern Schulen am Herzen, und so beschäftigte er sich auch u. a. mit der Hebung des Studiums der Theologie, mit der Einrichtung eines Predigerseminars und einer „Journalbibliothek“, ja sogar mit der Abfassung von Lehrbüchern der lateinischen Sprache und der Herausgabe von römischen Classikern für den Gymnasialgebrauch. Zu den leidenschaftlichen Gegnern, die er sich zuzog, gehörte der als Schulmann nicht unverdiente und als Schriftsteller sehr bekannte A. v. Bucher, welcher die von ihm anonym herausgegebenen „Beiträge zu einer Schul- und Erziehungsgeschichte in Baiern“ (1778) zu heftigen und jedenfalls theilweise ungerechten Angriffen benützte. B. veröffentlichte dagegen eine „Ehrenrettung“ und auch die von ihm herausgegebene „Pragmatische Geschichte der Schulreformation in Baiern“ (1783), die für die Geschichte des bairischen Schulwesens von bleibenden Werthe ist, hatte die Bestimmung, die eigene Thätigkeit in das rechte Licht zu stellen. Nachdem der Uebergang der Gymnasien an die Klostergeistlichen seiner Verwaltung ein Ziel gesetzt, widmete er seine Muße, tief verstimmt durch die erlittenen Kränkungen, vornehmlich einer Uebersetzung der Bibel, vor deren Vollendung er starb. Seine bleibenden Verdienste feierte der zeitgenössische Geschichtschreiber Westenrieder, ohne seine Schwächen zu verbergen, jene findet er so groß, „daß der, welcher mit glänzenderen Geistesgaben auch nur die Hälfte derselben sich sammelte, noch immer daß digito monstrari verdiente“.

H. Braun’s Thatenleben und Schriften, München 1793. Westenrieder, Beiträge V. und Geschichte der Akademie I. Schriftenverzeichniß auch in Braun’s „Pragmatischer Geschichte der Schulreform“ 1783 und in Meusel, Lex. I. 651.