ADB:Bugenhagen, Johannes
Melanchthon’s und Paul Eber’s 1485 zu bezeichnen; er selbst jedoch erklärte in einem Brief vom 7. Juli 1554 an den König von Dänemark: „auf nächste Johannis bin ich siebzig Jahr voll alt.“[1] Eine Verwandtschaft zwischen ihm und dem adelichen Geschlechte Bugenhagen, das jetzt noch in Pommern besteht, ist nicht nachgewiesen. – Er studirte in Greifswald, wo er am 23. Jan. 1502 inscribirt wurde, Theologie und classische, wenigstens lateinische Litteratur, welche damals durch Hermann v. Busch dort vertreten wurde, vielleicht auch schon die Anfangsgründe der griechischen Sprache. Die humanistische Wissenschaft betrieb er sehr eifrig und mit Erfolg. Schon vor Ablauf des J. 1503 wurde er, nachdem er Magister geworden, durch den von gleichem Streben beseelten Abt des Klosters Belbuck bei Treptow an der Rega zum Lehrer und Rector der großen Treptower Schule ernannt (die Zeitbestimmung, welche hier wieder streitig ist, ergibt sich aus einer Angabe Bugenhagen’s vom Ende des J. 1517, wonach er damals schon 14 Jahre in Treptow zugebracht hatte, und aus der Angabe Melanchthon’s, daß er nach seinem Eintritt ins zwanzigste Lebensjahr dorthin berufen worden sei). Er hielt auch theologische Vorträge, wurde ins Collegium der städtischen Geistlichkeit aufgenommen und erhielt die Stelle eines Lectors in der Schule für die Klosterbrüder, welche der Abt 1517 in Belbuck einrichtete. Die Treptower Schule nahm großen Aufschwung; es kamen besonders auch Zöglinge aus Westfalen und Livland. Mit B. arbeiten in Kloster und Stadt der Abt Bolduan, der Lehrer Knöpke, die Geistlichen Kureke und Ketelhot eifrig für humanistische und biblische Wissenschaft. Im Sommer 1517 wurde B. durch Herzog Bogislaw X. auch beauftragt, eine Geschichte Pommerns abzufassen. Er sammelte Stoff aus den Archiven des Landes, war übrigens schon im Mai 1518 mit seinem Werk, „Pommerania“, fertig; es ist die erste Geschichte Pommerns, freilich noch ohne strenge historische Kritik. Was seine religiöse Gesinnung und Thätigkeit betrifft, so war er, wie er selbst später von sich bezeugen durfte, jederzeit redlich bemüht, die Lehre Christi vorzutragen und gegen Laster und Unsittlichkeit zu streiten, blieb aber noch ganz in den kirchlichen Satzungen haften und war noch nicht bekannt mit derjenigen Lehre vom christlichen Heil und von den tiefern Grundlagen eines tiefern christlichen Lebens, welche Luther aus der heil. Schrift und vornehmlich aus den paulinischen Briefen entnahm. Nachdem er aber im Jahr 1520 Luther’s Buch „Vom babylonischen Gefängniß der Kirche“ (De captivit. Babylon.) gelesen, erklärte er, hier erst die Wahrheit gefunden zu haben, während [505] die Welt sonst überall in Finsterniß liege. Er wandte sich brieflich um weitere Belehrungen an Luther und zog im Frühjahr 1521 selbst nach Wittenberg. Dieselbe reformatorische Gesinnung ergriff seine oben genannten Genossen, wogegen aber der Bischof von Cammin einschritt; durch Köpke begann alsdann in Riga, wohin derselbe 1521 sich wandte, die reformatorische Bewegung. In Wittenberg traf B. kurz vor Luther’s am 2. April erfolgter Abreise zum Wormser Reichstag ein. Während er zum Behuf seiner eigenen weiteren Ausbildung in derjenigen Theologie, welche ihm allein noch für die echte galt, dorthin gekommen war, begann er bald selbst auch für pommersche Studenten Vorträge über die Psalmen in seinem Hause zu halten. Auf Melanchthon’s Aufforderung setzte er sie öffentlich bei der Universität fort. Man bedurfte darin einen Ersatz für den abwesenden Luther, der selbst vorzüglich über die Psalmen gelesen und in ihrer ganz dogmatisch gehaltenen Auslegung die evangelischen Hauptlehren ausgeführt hatte. Auch in dieser Art der Behandlung folgte ihm B. Im J. 1524 gab er seine Arbeit heraus („Bugenhag. in librum psalmorum interpretatio“, Basil.). Luther versah sie mit einer Vorrede, worin er den B. für würdig erklärte, der erste Psalmenausleger zu heißen; er verwandte sich dahin, daß er mit einem Gehalt bei der Universität angestellt werde, der er dann auch zeitlebens als Docent biblischer Exegese angehörte. – Schon im J. 1523 wurde ihm die erledigte Wittenberger Stadtpfarrerstelle übertragen: eine um so wichtigere Aufgabe, da es galt, die durch die Karlstadtische Bewegung gestörten Gemeindeverhältnisse wieder friedlich zu ordnen, die vernachlässigte Seelsorge neu und evangelisch zu beleben und die durch jene Bewegung zu Grunde gerichtete, mit der Kirche verbundene Schule wieder herzustellen. – 1525 betheiligte er sich an dem Streit über die Abendmahlslehre: er war der erste der lutherischen Theologen, welcher direct gegen Zwingli’s Lehre schrieb, in einem „Sendbrief wider den neuen Irrthum“ etc. an den Breslauer Pfarrer Heß; sodann griff er Butzer an, der seinen Psalmencommentar ins Deutsche übersetzt und darin Sätze gegen die lutherische Behauptung der realen Gegenwart des Leibes Christi im Abendmahl aufgenommen hatte. – Seine eigenthümliche Begabung lag jedoch nicht in der wissenschaftlichen Theologie (von seinen späteren exegetischen Schriften ist besonders noch zu erwähnen ein Commentar zu Jeremias, welcher 1546, und zu Jonas, welcher 1550 erschien). Größere Bedeutung als seine Bibelcommentare gewann im Gebrauch der Kirche sein weit verbreitetes Passional, d. h. eine Zusammenstellung der Leidens- und Auferstehungsgeschichte aus den vier Evangelien, welche, nachdem er schon in Belbuck an ihr zu arbeiten begonnen, seit 1524 in einer Reihe lateinischer und hoch- und niederdeutscher Ausgaben erschien und auf welche aus seinem Nachlaß 1566 auch noch eine vollständige „Evangelienharmonie“ folgte, und vorzüglich seine Theilnahme an einer Uebertragung der lutherischen Bibelübersetzung ins Niedersächsische, von der das Neue Testament 1523, das Ganze 1534 herauskam. Seine Hauptstärke endlich war die pastorale Wirksamkeit durch Predigt und Seelsorge und seine Thätigkeit in der Gestaltung der kirchlichen und gemeindlichen Ordnungen, welche theils unmittelbar theils mittelbar durch ihn in einem großen Theile des Gebiets der lutherischen Reformation eingeführt worden sind. Durch das in weiten Kreisen anerkannte Vorbild, das er in jener Hinsicht gab, und durch seine organisatorischen Leistungen ist er nächst Luther und Melanchthon die bedeutendste Persönlichkeit unter den Mitarbeitern der deutschen Reformation geworden, freilich neben jenen und namentlich neben Luther nur ein abhängiger Mann zweiten Ranges, dabei aber nie über das Maß seiner Gabe hinausstrebend und innerhalb derselben stets treu und unermüdlich. Mit aufrichtigem und geradem christlichen Sinn und Eifer und treuherzigem Gemüth verband sich bei ihm eine gesunde, ausdauernde, derbe [506] natürliche Kraft des Geistes und Leibes und ein klarer Blick in die concreten praktischen Verhältnisse, mit denen er zu thun bekam. Als Prediger stand er in Hinsicht auf einfache und kräftige Popularität Luthern am nächsten; Luther’s mystische Tiefe und poetischer Schwung fehlte ihm; auch ließ er sich gern in behaglicher Breite zu sehr gehen. Als Seelsorger machte er sich speciell auch um den oft körperlich leidenden und im Gemüth angefochtenen Luther verdient, der für solche Zustände oft in vertrautem Gespräch mit Freunden und im christlichen Zuspruch derselben Hülfe suchte und B. zu seinem ordentlichen Beichtvater hatte.
Bugenhagen: Johann B., Dr. Pommer genannt, geb. 24. Juni 1484 (?), † 20. April 1558. Sein Geburtsort ist Wollin, wo sein Vater Rathsherr war. Als Jahr seiner Geburt pflegt man nach den AngabenAußerhalb Wittenbergs wurde B. seit 1528 persönlich thätig, nachdem er schon 1526 der „ehrenreichen“ Stadt Hamburg, in welcher damals seine Berufung auf eine Pfarrstelle beabsichtigt, jedoch durch die Altgläubigen noch hintertrieben worden war, in einer Druckschrift die Lehre von „dem christlichen Glauben und rechten guten Werken“ auseinandergesetzt und Anweisungen über die Bestellung des geistlichen Amtes und der Schulen gegeben hatte. 1528 berief ihn der Rath der Stadt Braunschweig, damit er hier ein evangelisches Kirchenwesen einrichte. Ebenso ordnete er vom October 1528 bis Juni 1529 die Kirchen Hamburgs und seit dem October 1530 die der Stadt Lübeck, wo er bis in den April 1532 festgehalten wurde und von wo aus er auch nach andern niedersächsischen Orten hin Rath ertheilte. Die Kirchenverordnungen, welche er hier alle nach einem Typus herstellte, sind für eine Reihe weiterer Städte maßgebend geworden: nach ihrem Vorbild haben sich namentlich Minden, Osnabrück, Göttingen, Soest, Bremen eingerichtet. Sie ruhen auf den allgemeinen Grundsätzen, welche Luther mit Anschluß an die bestehenden Verhältnisse vorgetragen hatte. B. hatte das besondere praktische Geschick, dieselben in bestimmte gesetzliche Formen zu fassen und durch seine persönliche Einwirkung die unter Bürgern und Predigern noch vorhandenen zwiespältigen Elemente zur Eintracht zu bringen. Die Einrichtungen beziehen sich überall zugleich auf die Ausspendung des göttlichen Wortes und der Sacramente durch ordentlich hierzu bestellte Diener oder durch das geistliche Amt, auf die Erziehung der Jugend zum christlichen Glauben und Leben sowie zur Tüchtigkeit für den weltlichen Beruf, auf die Verwaltung des kirchlichen Vermögens und auf das gesammte Armenwesen. Die Träger des geistlichen Amtes sind an den einzelnen Kirchen der Pastor und Diaconen oder Capellane; über ihnen steht ein Superintendent der ganzen Stadt mit einem Adjuncten. Auch die geistliche Zucht gegen grobe, offenkundige Sünder und die Ausschließung derselben vom Abendmahl soll durch die Prediger geübt werden: diese aber sollen dabei ihr Urtheil im Namen der Gemeinde aussprechen. Das kirchliche Vermögen, aus welchem der Unterhalt der Kirchendiener bestritten wird, steht, in „Schatzkästen“ gesammelt, unter der Verwaltung besonderer Schatzkastenherren. Die Gestaltung des Kirchenregiments ruht durchweg auf der hergebrachten und von allen Reformatoren (auch Zwingli) angenommenen Voraussetzung, daß die bürgerliche und kirchliche Gemeinde eines sein oder daß die bürgerlich vereinigte Stadtgemeinde als solche auch zum lautern Evangelium sich bekennen, den rechten Gottesdienst herstellen, evangelische Prediger annehmen müsse etc. Als Haupt und Repräsentant jener Gemeinde wird der Rath der Stadt angesehen, ohne daß die Kirchenordnungen Rücksicht darauf nähmen, wie derselbe constituirt sei, – und neben ihm, wo ihm nach der städtischen Verfassung ein solches zur Seite stand, ein Collegium von Verordneten der Bürgerschaft (so in Lübeck die 1529 von der Bürgerschaft ernannten Vierundsechzig). Ueberall war es der Rath, der, von der Bürgerschaft gebeten und gedrängt, die Reformation beschloß und B. berief. In der neu organisirten Kirche behält der Rath fort und fort kirchenregimentliche Stellung und zwar in Gemeinschaft mit den Schatzkastenherren, welche theils aus dem Rath, theils aus jenen Bürgerverordneten, theils aus [507] einer Wahl der bisherigen Schatzkastenherren hervorgehen; für die geistlichen Fragen und Interessen aber werden die Superintendenten und die Prediger beigezogen. Der Rath bestellt in Gemeinschaft mit den Kastenherren und unter Beirath der Pastoren den Superintendenten. Aehnlich werden die Prediger eingesetzt mit Beirath des Superintendenten und der bisherigen Pastoren. Mit den Kirchen sind dann auch die städtischen Schulen verbunden und zwar so, daß sie unter dem Rath und zugleich unter der Aufsicht des Superintendenten stehen. Es sind lateinische und deutsche Knabenschulen, ferner Mädchenschulen. In Hamburg (wo die lateinische Johannisschule am 23. Mai 1529 eröffnet wurde) sollte auch ein Lectorium mit juristischen, medicinischen und theologischen Vorlesungen für Gelehrte eingerichtet werden. Für das Armenwesen wurde ein besonderer Armenkasten hergestellt mit eigenen Verwaltern oder Armendiakonen, welche ähnlich wie jene Schatzkastenherren erwählt wurden und welche zum Theil auch bei der Ernennung der geistlichen Capellane mitwirkten. Die Ehehändel wurden dem Rath überwiesen, der bei schwierigen Fällen den Superintendenten beiziehen sollte. – Im J. 1534 drang die Reformation auch in Pommern durch. Auch hier trieben dazu besonders die städtischen Bürgerschaften. Die Herzöge Philipp I. und Barnim IX. nahmen sie selbst in die Hand, beriefen dazu B. und erklärten auf dem Landtag von Treptow trotz des Widerspruchs der Prälaten und eines Theils der Adelichen, daß es in den Kirchen fernerhin nach der von B. und den andern Predigern entworfenen Ordnung gehalten werden sollte. Durch diese Ordnung wurden (wie schon nach der kursächsischen von 1528) Superintendenten für größere Kreise (die Vogteien), ferner Visitatoren aus dem weltlichen und geistlichen Stand für die ganze Landeskirche eingesetzt. Auch dem Bischof von Cammin wurde, falls er zum evangelischen Bekenntniß übertrete (was indessen der damalige Bischof, von Manteufel, nicht that) eine Stelle in der Verfassung offengelassen: die von den Räthen und Kirchenkastenvorstehern zu ernennenden Prediger solten ihm präsentirt, wichtige Disciplinarfälle der Geistlichen ihm von den Superintendenten angezeigt werden; die Prüfung der anzustellenden Geistlichen und die Ordination derselben wurde jedoch nicht ihm übertragen, sondern jene sollte durch die Prediger von Stettin, Greifswald und Kolberg, diese jedesmal durch die Prediger und etliche von der Gemeinde des betreffenden Ortes vorgenommen werden: so wurde bei Beibehaltung des Episkopats die katholische Auffassung von der Bedeutung desselben aufgegeben. In Betreff der Stellung, welche B. der Gemeinde und dem Laienelement zutheilen wollte, ist noch eine Bestimmung der von ihm im J. 1542 revidirten pommerschen Ordnung zu erwähnen, wonach die Geistlichen bei der Uebung des Bannes, d. h. beim Ausscheiden grober Sünder vom Abendmahl, auch die Kastenvorsteher beiziehen sollten. – Im Sommer 1537 folgte B., der im August 1535 nach Wittenberg zurückgekehrt war, einem Ruf gleicher Art nach Dänemark, wo der protestantische Christian III. 1534 von den Ständen zum König gewählt worden war und 1536 mit dem Reichstag die Absetzung der Bischöfe und allgemeine Durchführung der Reformation beschlossen hatte. Die nach Bugenhagen’s Grundsätzen verfaßte neue Kirchenordnung wurde 1539 vom Reichstag zum Gesetz erhoben; die Kirche wurde auch hier unter Superintendenten gestellt: diese sollten von den Hauptpastoren der Städte jeder Diöcese erwählt, vom König aber bestätigt und eingesetzt werden. B. wurde zwei Jahre lang in Dänemark festgehalten. Er hielt auch Vorlesungen an der zerfallenen und neu aufgerichteten Kopenhager Universität und war eine Zeit lang Rector derselben. Ferner hatte er bald nach seiner Ankunft, am 12. Aug. 1537, den König Friedrich zu krönen: das erste Mal, daß ein Geistlicher der evangelischen Kirche diesen Act vollzog; B. sprach hierbei mit Nachdruck aus, daß dem Könige seine Gewalt von Gott gegeben [508] werde, zugleich aber bemerkte er bei der Salbung, daß eine solche Weihe an sich nicht nöthig sei, und bei der Krönung erklärte er, daß er sie auf Geheiß der Reichsräthe vollziehe, ließ die Reichsräthe die Krone mit anfassen und setzte sie dem König mit den Worten auf: „Empfahet von uns die Krone des Reiches im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes“; so war die römisch-kirchliche Auffassung von einer Weihe und gar Uebertragung der königlichen Gewalt durch die Kirche grundsätzlich ferne gehalten. Bei der Rede aber, die er hielt, legte er in kräftigem Bewußtsein des ihm als Geistlichen zustehenden höheren Berufes die von oben kommenden sittlichen Gebote und Mahnungen dem König und den Versammelten vor: sie ist ein Muster würdiger, männlicher und populärer Sprache. – Im J. 1542 kam er nach Christians Wunsch in dessen Stammlande Schleswig-Holstein, um hier die nämliche Kirchenordnung mit wenigen Veränderungen einzuführen; das Bisthum Schleswig, das ihm schon im Jahr zuvor angetragen worden war, lehnte er ab. – Ferner nahm er in jenem Jahr, nachdem Herzog Heinrich von Braunschweig durch den sächsischen Kurfürsten und den Landgrafen von Hessen vertrieben war, die Reform der Kirche von Hildesheim nach dem Wunsch dieser Stadt vor und leitete eine Kirchenvisitation im Herzogthum Braunschweig, für welches 1543 eine Kirchenordnung veröffentlicht wurde.
Inzwischen war er 1533 von der Wittenberger Facultät zum Doctor der Theologie und 1539 vom sächsischen Kurfürsten zum Generalsuperintendenten des Kurkreises ernannt worden. Fernerhin verblieb er in seiner amtlichen Thätigkeit zu Wittenberg; einem Ruf auf das erledigte Bisthum Cammin, welchen er 1544 erhielt, nahm er nicht an. Beim Abschluß der Wittenberger Concordie zur Beilegung des Abendmahlsstreites war er 1536 mit thätig, ebenso beim Schmalkalder Convent im Februar 1537. Bei Luther’s Revision der deutschen Bibelübersetzung waren Melanchthon, Cruziger und er die Hauptmitarbeiter. 1546 hielt er die Leichenpredigt für Luther, dem er stets innig befreundet war. Während des schmalkaldischen Krieges und der Belagerung Wittenbergs hielt er treulich bei seiner Gemeinde aus. Als er mit dieser Stadt unter die Herrschaft des Kurfürsten Moritz überging, wurden über ihn wegen angeblicher schnöder Untreue und Impietät gegen den bisherigen Landesherrn Vorwürfe verbreitet, die er selbst für böse Lügen erklärte und die auch schon durch die Maßlosigkeit ihres Inhalts sich als solche kennzeichneten. Nicht minder wurde er zur Zeit des Leipziger Interims von lutherischen Eiferern angegriffen, weil auch er hinsichtlich katholischer Bräuche zu viel nachgegeben habe. Beim Streit über Osiander’s Rechtfertigungslehre stimmte er 1551 dem gegen sie sich erklärenden Gutachten Melanchthon’s bei, worauf der ihm bisher befreundete Herzog Albrecht von Preußen den Verkehr mit ihm abbrach. So brachte ihm sein letzter Lebensabschnitt mancherlei Sorge und Kummer. In seinen beiden letzten Lebensjahren war er auch körperlich sehr schwach und leidend und auf einem Auge blind; er entschlief ruhig in der Nacht vom 19. auf den 20. April 1558.
B. war seit dem 13. Oct. 1522 glücklich verheirathet. Sein Sohn Johann wurde Professor der Theologie in Wittenberg und 1588 Propst in Kemberg; er starb 1592.
- Vgl. besonders: Vogt, Johannes Bugenhagen, 1867; jene Kirchenordnungen, sein wichtigstes Werk, sind in Richter’s Sammlung (Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts) größern Theils abgedruckt.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 504. Z. 16–20 v. o.: Bertheau hat in Theol. Studien Jahrg. 1885 S. 312–321 nachgewiesen, daß Bugenhagen am 24. Juni 1485 (nicht 1484) geboren ist. Sein Brief an den König von Dänemark vom 7. Juni (nicht 7. Juli, wie vermöge eines Druckfehlers in der Allg. D. Biogr. l. c. Z. 19 steht) ward nicht, wie bisher angenommen ist, 1554, sondern, wie Bertheau unwiderleglich beweist, 1555 geschrieben. Die 70 Jahre dieses Briefes ergeben mithin als Geburtsjahr 1485 und zwar in Einklang mit zwei anderen eigenen Angaben Bugenhagen’s. [Bd. 21, S. 795]